Der Meister der Stille

von Andrea Kroner

Wirkliche Ereignisse in Terrence Malicks Film „To the Wonder“ sind bloß zu erahnen, da es kaum Gespräche gibt, die Informationen vermitteln könnten. Aber darauf liegt auch nicht das Hauptaugenmerk des Films.

 

Auf der Suche nach Handlung

Die Geschichte beginnt in Paris mit der frischen Liebe des Amerikaners Neil (Ben Affleck) und der Französin Marina (Olga Kurylenko). Beide wollen ihr Leben gemeinsam verbringen, weshalb Marina mit Neil in eine Kleinstadt in Oklahoma zieht. Doch sie bleibt dort eine Fremde und fühlt sich nicht verstanden – nicht einmal von Neil. Auf der Suche nach Unterstützung flüchtet sie sich zu Pater Quintana (Javier Bardem), der jedoch seinen eigenen Glauben verloren hat und ihr deshalb auch nicht weiterhelfen kann. So zieht sie schließlich zurück nach Frankreich, woraufhin Neil eine neue Beziehung mit seiner Jugendliebe Jane (Rachel McAdams) anfängt. Doch sowohl Marina, als auch Neil können ihr Leben ohne den anderen nicht bewältigen und so kehrt die Französin schließlich wieder in die USA zurück und heiratet Neil. Vordergründig scheinen sie eine glückliche Beziehung zu führen, die jedoch geprägt ist von viel Streit und einer Affäre Marinas. Der Zuschauer merkt anhand kleiner Gesten und Blicke schon von Anfang an, dass diese Beziehung nicht funktionieren kann, doch die beiden Protagonisten sind geblendet von ihrer Zuneigung und der Hoffnung auf eine gemeinsame Utopie – doch am Ende müssen sie einander dennoch loslassen.

Auf den ersten Blick hört es sich nach einer gewöhnlichen Liebesgeschichte an. Doch im Gegensatz zu vielen anderen Filmen, sind die meisten Aspekte der Handlung hier vage und unbestimmt gehalten. Einiges lässt sich sogar nur mithilfe von Zusammenfassungen oder dem Klappentext erschließen.

 

Die Macht der Bilder

Durch die Handlungsarmut wird der Schwerpunkt des Films auf die beeindruckende Kraft des Visuellen gelegt. Dabei liegt Malicks große Stärke in besonders atemberaubenden Naturdarstellungen. In „To the Wonder“ hat er sogar das Bild einer Herde wilder Bisons eingefangen, zwischen denen Neil und Jane andächtig dahinschreiten. Diese eindrucksvollen Darstellungen versetzen den Zuschauer zwar in Staunen, tragen aber nicht wirklich zur Handlung bei. Durch diese Aneinanderreihung von einzelnen Szenen ist es schwierig, eine Chronologie oder Zusammenhänge zu erkennen.

Als Kontrast zur Weite und Schönheit der Natur dient das Haus von Marina und Neil. Selbst nach der Hochzeit finden sich hier kaum Möbel oder persönliche Gegenstände. Die meisten Zimmer sind leer oder werden lediglich von Umzugskartons gefüllt. Dadurch bekommt das Haus eine bedrückende, triste und leblose Aura, die auch das Innere der Protagonisten widerspiegelt.

 

Es fehlen die Charaktere

Der Pfarrer Quintana ist „die einzige Figur aus Fleisch und Blut“, so beschreibt ein Redakteur der ZEIT die Personenkonstellation. Der Pater führt als einziger reflektierte innere Monologe und setzt sich intensiv mit seinen Problemen und seiner Glaubenskrise auseinander. Doch über die anderen Personen erfährt man äußerst wenig, denn ihre Interaktion beschränkt sich hauptsächlich auf Mimik und Gestik.

Dabei lässt Malick den Schauspielern viele Freiheiten. Es gibt kein festes Drehbuch und dadurch auch viel Raum für Improvisation. Sie sollten bewusst frei spielen, um ihren Gedanken und Gefühlen freien Lauf zu lassen. Dabei erkennt man aber gerade bei Marina immer wiederkehrende Bewegungsmuster: Sie befindet sich des Öfteren auf einer freien Fläche und dreht sich mit ausgebreiteten Armen im Kreis. Grundsätzlich ist es keine schlechte Idee, die spontanen Einfälle und Aktionen der Schauspieler einzufangen, doch auf Dauer wirken diese Bewegungen bei Marina, als würde ihr nichts anderes einfallen. Das verfehlt dann leider in derart ausgeprägter Form die intendierte Wirkung und führt zu einer schlechten Nachvollziehbarkeit der Handlung, an Empathie ist gar nicht zu denken.

 

Ein Poet kommt an seine Grenzen

Malick gilt als ein Meister Hollywoods, doch mit „To the Wonder“ kommt er bei Weitem nicht an seine früheren Werke wie „Badlands“(1973) oder „The Thin Red Line“(1998) heran. Dieser Film glänzt zwar durch seine atemberaubenden Bilder, doch Handlung und Charaktere sind viel zu unscharf und verwirrend angelegt, was es für den Zuschauer äußerst schwierig macht, sich auf den Film einzulassen.

Foto: flickr.com/Fougerouse Arnaud (CC BY-NC 2.0)

Weitere Artikel aus dieser Reihe:

Teil Eins: Vergessene Filme – verborgene Schätze

Teil Zwei: Der Meister der Stille

Teil Drei: „Faust“ – die Geschichte lebt wieder auf

Teil Vier: „Erleuchtung garantiert“ – wirklich?

Teil Fünf: „5×2“ – Wieso ging es schief?

Teil Sechs: „Moolaadé“ – Bann der Hoffnung

Play the Game! – Abschlussartikel

von Miriam Gerstenlauer

Die Spiele sind beendet. In meiner Artikelreihe haben wir die verschiedenen Facetten der Spiele und Spieler und der Welt um sie herum kennengelernt. Zentral sollte die Erkenntnis sein, dass der Kulturraum rund um das Medium herum, und vor allem die Videospieler, genauso wichtig sind wie die Spiele selbst.

 

Die Geschichten

Spiele zeichnen sich, in Abgrenzung zu Filmen, vor allem durch ihre Interaktivität aus. Doch unlängst können die Geschichten von Videospielen mit jenen in anderen Medien mithalten. Das geht sogar so weit, dass Videospiele zu Filmen adaptiert werden.

Doch anders als Filme, können Videospiele verschiedene Wege gehen und dadurch, je nach Gusto des Spielers, unterschiedlich Enden, wie wir in unserem Spieldurchlauf von The Stanley Parable gesehen haben. Weniger Meta-Spielentscheidungen als solche tiefst menschlicher Art zeichnen Spiele wie The Walking Dead aus, ein Beispiel für ein transmedial angelegtes Franchise, mit der Original Graphic Novel, einer Serie und mehreren Videospielen.

 

Die Industrie

Zwischen Film- und Videospielindustrie gibt es mittlerweile viele Parallelen: beide sind Milliardenschwer, schlachten gern mehrteilige Franchises für Profit aus und der Indie-Markt spielt mittlerweile eine große Rolle. Auf der E3 und der GamesCom, zwei der größten Spielemessen der Welt, werben jedes Jahr Spielepublisher und Konsolenhersteller mit noch besserer Grafik, Steuerung, oder neuer Story um ihre Produkte. Und Spiele wie Pokémon zeigen uns, dass ein Spielefranchise auch 15 Jahre lang erfolgreich sein, und dabei mit jedem neuen Titel die Spieler immer noch begeistern kann. Aber auch junge, aufstrebende Spieledesigner schaffen Kunstwerke, die sich, dank der weitreichenden Gaming-Community im Internet, zumindest in Spieler-Kreisen oft großer Beliebtheit erfreuen.

 

Die Menschen

Die Spielemacher, die Spieler, die Spielejournalisten. Am Medium Spiel sind viele Menschen beteiligt, und in Verbindung mit dem Internet sind viele neue Berufe entstanden. Let’s Player sind aus YouTube kaum noch wegzudenken und um Star-Let’s Player wie Gronkh und PewDiePie hat sich bereits eine regelrechte Fankultur gebildet. Sogar eigentliche Spielejournalisten wie die Rocketbeans um das ehemalige GameOne Team erfreuen sich des Rückhalts einer großen Community. Das liegt wohl vor allem daran, dass sie selbst Gamer sind. Denn sich durch ein 40 Stunden dauerndes Rollenspiel zu kämpfen und dann darüber auch noch zu berichten – dafür muss man das Medium wirklich lieben.

 

Fazit

Über die Kunst und Kultur der Videospiele wird man sich gewahr, sobald man sich in ihrem Kosmos bewegt. Sei es im echten Leben auf einer Spielemesse, wo sich Menschen wie ihre Lieblings-Spielcharaktere verkleiden und YouTuber dabei gefeiert werden wie sie live ein Spiel spielen, oder beim Spielen selbst, in tiefer Immersion in einer Story, oder einer abgehobenen Meta-Ebene. „Videospiele sind Kunst“ sagen manche Entwickler, für viele Nicht-Spieler sind sie vor allem immer noch #Neuland. Es gibt viel zu lernen, zu entdecken, zu lieben und auch zu hassen an Spielen. Wie man selbst am Ende zu ihnen steht, muss jeder selbst entscheiden. In diesem Sinne: Play the Game!

Pokémon Podcast 3

von Miriam Gerstenlauer

Die Media-Bubble Redakteure Miriam Gerstenlauer, Henrike Ledig und Marius Lang haben eine gemeinsame Leidenschaft: Pokémon. Und das schon seit 15 Jahren. Was sie daran so begeistert, welche Erinnerungen sie an die Spiele haben und warum sie auch heute immer noch sehnsüchtig auf die nächste Edition warten, erfahrt ihr in einem dreiteiligen Media-Bubble Podcast-Special: Pokémon.

Teil 3.1

Teil 3.1

Teil 3.2

Teil 3.2

Teil 3.3

Teil 3.3

Teil 3.4

Teil 3.4

Teil 3.5

Teil 3.5

Teil 3.6

Teil 3.6

 

Foto: Miriam Gerstenlauer

Pokémon Podcast 2

von Miriam Gerstenlauer

Die Media-Bubble Redakteure Miriam Gerstenlauer, Henrike Ledig und Marius Lang haben eine gemeinsame Leidenschaft: Pokémon. Und das schon seit 15 Jahren. Was sie daran so begeistert, welche Erinnerungen sie an die Spiele haben und warum sie auch heute immer noch sehnsüchtig auf die nächste Edition warten, erfahrt ihr in einem dreiteiligen Media-Bubble Podcast-Special: Pokémon.

Teil 2.1

Teil Zwei. Eins

Teil 2.2

Teil Zwei. Zwei

Teil 2.3

Teil Zwei. Drei

Teil 2.4

Teil Zwei. Vier

Teil 2.5

Teil Zwei. Fünf

Teil 2.6

Teil Zwei. Sechs

Pokémon Podcast

von Miriam Gerstenlauer

Die Media-Bubble Redakteure Miriam Gerstenlauer, Henrike Ledig und Marius Lang haben eine gemeinsame Leidenschaft: Pokémon. Und das schon seit 15 Jahren. Was sie daran so begeistert, welche Erinnerungen sie an die Spiele haben und warum sie auch heute immer noch sehnsüchtig auf die nächste Edition warten, erfahrt ihr in einem dreiteiligen Media-Bubble Podcast-Special: Pokémon.

Teil 1.1

Teil Eins.Eins

Teil 1.2

Teil Eins.Zwei

Teil 1.3

Teil Eins.Drei

Teil 1.4

Teil Eins.Vier

Foto: Miriam Gerstenlauer

Let’s play: The Stanley Parable

von Miriam Gerstenlauer

Videospiele gibt es mittlerweile schon so lange, dass die Spieler schon darauf konditioniert sind, wie sie funktionieren und auf welche Art sie ihre Geschichten erzählen. Und auf genau dieser Tatsache baut The Stanley Parable auf. In diesem kleinen Let’s Play seht ihr ein Spiel auf der Metaebene, in der Metaebene und um die Metaebene rum, lineares und non-lineares Storytelling und der Frage nach der Bedeutung der Geschichte in Videospielen.

 

Wanted: Kluge Köpfe für den Wandel

von Andrea Kroner

Interessiert an einem Job in einem modernen Buchverlag? Auf dem „Recruiting Day“ der Akademie der Deutschen Medien gab es am letzten Wochenende wieder viel zu entdecken. Verschiedene Vorträge Lektoren oder Mitarbeitern der Marketing- und Werbeabteilungen ließen einen kleinen Einblick in den Alltag eines Verlags zu. Zudem gab es die Möglichkeit, mit Vertretern von Ravensburger, Random House, Bonnier oder Holtzbrinck persönlich ins Gespräch zu kommen, wodurch den wissbegierigen Besucherinnen und Besuchern noch einige ganz neue Perspektiven aufgezeigt wurden.

Es braucht nicht nur fachliche Kompetenzen

Schon zu Beginn der Veranstaltung am letzten Samstag machten die Vortragenden deutlich, worauf es in der Verlagsbranche ankommt: Wissen kann man sich aneignen, Leidenschaft für den Beruf muss man aber selbst mitbringen. Darüber hinaus sollte man sehr kommunikativ sein und gut im Team arbeiten können – denn an der Entstehung eines Buches sind viele verschiedene Bereiche beteiligt, deren Zusammenarbeit für den Erfolg von entscheidender Bedeutung ist. Der derzeitige Wandel in der Buchbranche stellt zudem ganz neue Anforderungen an Neueinsteiger: Alles geht in Richtung Digitalisierung. Es müssen Konzepte für eBooks, Apps und das Internet entwickelt werden, denn es reicht bei Weitem nicht,  die Inhalte eines Buches einfach in ein digitales Format zu kopieren. Stattdessen kann das Medium Buch mithilfe der neuen Medien und Technologien beispielsweise um interaktive Komponenten erweitert werden. Die Veränderungen in der Buchbranche bringen neben den enormen Chancen durch die Digitalisierung auch Herausforderungen mit sich. Der Anspruch an  Bewerber erhöht sich laufend und es wird zunehmend schwieriger, überhaupt eine Stelle zu finden. So wird die Zukunft zeigen, wie sich diese Entwicklung auf die Berufseinsteiger auswirkt.

Der Lektor als Projektmanager

Die Vorstellung des Lektors, der gemütlich in seinem Ohrensessel vor einem prasselnden Kaminfeuer sitzt und den ganzen Tag gute Bücher liest, ist in vielen Köpfen immer noch verankert. Doch das Berufsbild des Lektors entspricht dieser weit verbreiteten Meinung schon lange nicht mehr.

Denn ein Lektor verbringt seine Zeit nicht nur mit dem Lesen verschiedenster Bücher. Ein wesentlicher Teil seines Aufgabenbereichs besteht in der Autorengewinnung, auch Akquise genannt. Dabei spielen sogenannte Literaturagenturen eine immer wichtigere Rolle. Sie bieten verschiedenen Verlagen Manuskripte ihrer Autoren an und wer den höchsten Preis bietet, bekommt den Zuschlag. Doch es bleibt oft wenig Zeit, das angebotene Material eingehend zu prüfen. Deshalb müssen angehende Lektoren ein gutes Gespür für Texte und Trends haben, sich aber auch manchmal auf ihr Bauchgefühl verlassen können. Auch Kontakte zu bestehenden Autoren müssen gepflegt werden: Der Lektor muss neue Ideen mit ihnen absprechen und auch in den bestehenden Projekten eng mit ihnen zusammenarbeiten, um eine reibungslose Veröffentlichung zu ermöglichen.

In der verbleibenden Zeit müssen aktuelle  nationale, wie internationale Trends und Entwicklungen beobachtet werden, um darauf reagieren zu können und geeignete Autoren zu finden. Denn sollte im Ausland ein interessantes Projekt entdeckt werden, muss dafür erst die Lizenz beschafft und ein geeigneter Übersetzer gefunden werden.

Aller Anfang ist schwer

Sollte man sich wirklich für die Arbeit in einem Verlag interessieren, muss man schon früh damit beginnen, seine Chancen auf einen der raren Plätze zu verbessern. Praktika in den verschiedensten Programmen und Abteilungen bieten eine gute Möglichkeit, erste praktische Erfahrungen zu sammeln und sein Engagement unter Beweis zu stellen. Nach dem Studienabschluss ist ein Direkteinstieg eher unwahrscheinlich. Der klassische Berufseinstieg in den Verlag erfolgt über ein ein- bis zweijähriges Volontariat. Erst danach kann man sich auf die Suche nach einer Stelle im Verlagswesen machen.

Ein lohnenswerter Besuch

Wer sich für das Verlagswesen interessiert, für den ist ein Besuch des „Recruiting Days“ immer eine gute Möglichkeit Menschen kennenzulernen, die in dieser Branche arbeiten und somit einen  Einblick in diese ganz eigene Welt zu bekommen.

Foto: flickr.com/Maria Elena (CC BY 2.0) ; flickr.com/NiceBastard (CC BY-NC-SA 2.0)

Resümee: Der Film als Fenster zur Welt

von Felix Niedrich

Lügen beinhalten immer auch Wahrheiten. Auch wenn jeder Film auf einer Lüge aufbauen mag, so hat sich gezeigt, dass das Medium durchaus im Stande ist, die Wahrheit zu reflektieren.Genau genommen eignet sich gerade der Film sehr gut dafür, ist ihm doch aufgrund seiner Beschaffenheit der Konflikt zwischen Authentizität und Künstlichkeit, zwischen Realität und Fiktion, praktisch von Beginn an eingeschrieben. Genau damit habe ich mich in meinem Projektstudium beschäftigt.

Filmische Realität unterliegt gewissen Regeln und Bedingungen, die bei der Betrachtung berücksichtigt werden müssen. Der Film folgt eigenen Spielregeln, die auch zu Fehlinterpretationen führen können. Nichtsdestotrotz stellt der Film eine neue Perspektive bereit, die uns auf seine Weise ermöglicht, Themen unserer Realität zu verarbeiten und auch neu zu verstehen. Im Zuge der Produktion und Rezeption entstehen neue Bedeutungen, neue Wahrheiten. Wahrheit ist dabei nicht direkt mit Wirklichkeit gleichzusetzen, wohl aber hängen die beiden eng zusammen. Der Film wird genutzt um Themen unsere Lebenswelt aufzugreifen und zu bearbeiten.

Wir haben gesehen, dass die Wahrheit im Film auf unterschiedlichste Weise behandelt wird.

Jean Rouch, versucht in seinem Film „Die Chronik eines Sommers“, die Eigenschaften des Mediums zu nutzen, um Wahrhaftigkeit herzustellen. Er spielt mit den Konventionen und bezieht alle Akteure in den Schaffensprozess mit ein. Nicht zuletzt wird die Kamera selbst offenkundig als zentrales Instrument in diesem Prozess behandelt. Das Resultat sehen er und sein Kollege aber selbst kritisch.

„The Act of Killing“ reflektiert unseren Umgang mit Wahrheit durch Storytelling. Im Angesicht der Kamera soll dabei die wahre Natur der Protagonisten aufgedeckt und offenbart werden – ganz ohne dabei auf die üblichen und ohnehin bekannten historischen Fakten zu rekurrieren.

Das Vermischen von Realitäten ist auch das Grundprinzip von sogenannten Mockumentaries. Auch in „This is Spinal Tap“ ist nicht immer klar, wo Fiktion endet und Wahrheit aufhört.

In „Rashomon“ und „Die 12 Geschworenen“ wird unser grundliegendes Verständnis von Wahrheit und unsere Wahrnehmung reflektiert. Eine objektive Wahrheit gibt es am Ende nicht. Vielmehr werden Bilder, Erinnerungen und subjektive Eindrücke kritisch hinterfragt.
In „Memento“ macht sich Christopher Nolan diese Prinzipien zu nutze. Mit dramaturgischer Präzision inszeniert er die Suche nach der Wahrheit als herausforderndes Denkspiel für den Zuschauer.

Zuletzt beschäftigen sich „Gone Girl“ und „Die Truman Show“ mit der Konstruiertheit medialer oder medial geprägter Welten, in denen eine verzerrte Wahrnehmung Realität neu definiert und selbst unsere Identität neu betrachtet werden muss.

Bereits in der Einführung war klar, dass es keine eindeutige Konklusion in dieser Frage nach der Wahrheit geben kann. Die behandelten Filme haben dies nur bestätigt. Aus Erkenntnissen entstehen immer wieder auch neue Fragen. Aus neuen Fragen wiederum neue Erkenntnisse. Ganz nach dem Prinzip der Wissenschaft sind Erkenntnisse nicht notwendigerweise von anhaltender Gültigkeit, sondern nur ein nächster Schritt. Die Suche nach Wahrheit ist wohl grundsätzlich ein immer fortlaufender Prozess. Den Abschluss dieser unabgeschlossenen Thematik soll deshalb folgendes Zitat bilden:

„Es gibt da so einen Burschen, einen Deutschen … Fritz … so und so … oder … heißt er vielleicht auch Werner, na egal … der hat eine Theorie entwickelt. Wenn man etwas untersuchen will – ich meine wissenschaftlich – wie sich die Planeten um die Sonne drehen, aus was für einer Materie Sonnenflecken sind, wieso das Wasser aus der Dusche kommt … naja, man muss sich das ansehen. Aber manchmal da verändert die Betrachtung den Gegenstand. Man kann nie objektiv wissen, was passiert ist. Oder was passiert wäre, wenn man nicht mit seiner verdammten Nase drin rumgeschnüffelt hätte. Deshalb kann es nie Gewissheit geben. Indem man etwas betrachtet, verändert man es. Die nennen das das Unschärfeprinzip. Klar, es klingt bescheuert, aber sogar Einstein sagt, dass da irgendwas dran ist. Wissenschaft, Wahrnehmung, Realität… Zweifel. Berechtigter Zweifel. Ich meine: je genauer man etwas betrachtet, desto weniger weiß man. Das steht fest. Eine bewiesene Tatsache. Und vermutlich die einzige Tatsache, die zählt.“ – Freddy Riedenschneider (in „The man who wasn’t there“)

Foto: Wikimedia Commons / by Joseolgon (CC BY-SA 3.0)

Das Oscar-Horoskop

Heute Nacht ist es mal wieder so weit – die Stars werfen sich in ihre Abendgarderobe und begeben sich zu dem wichtigsten Event des Jahres: der Oscar-Verleihung. Und auch dieses Mal versuchen zwei unserer Redakteure Prognosen über ihre Gewinner und Verlierer des Abends zu verteilen.

Außerdem:  Wer sich am häufigsten vertippt hat, muss zur Strafe den schlechtesten Film 2014 ertragen. Diese Wahl dürfen wir wie jedes Jahr freundlicherweise dem Komitee der Goldenen Himbeere überlassen. Dieses Jahr ist der gelobte Verlierer „Kirk Cameron’s Saving Christmas“.

 

 Marius Lang:  Jasmin M. Gerst:

Favorit

Mit jeweils neun Nominierungen führen Alejandro González Iñárritus Birdman und Wes Andersons The Grand Budapest Hotel die diesjährigen Oscars an. Das ist nichts anderes als angenehm, da es sich bei beiden Filmen um Komödien in verschiedenen Graden der Schwärze handelt, angenehm frisch und nicht das übliche bierernste Awardfutter, dass sich sonst so in den vorderen Rängen der Academy Award tummelt.

Auch Boyhood von Richard Linklater (sechs Nominierungen), ein über Jahre hinweg nach und nach gedrehter Meilenstein der Filmgeschichte, kann sich zu den Favoriten zählen, vor allem für die ganz großen Preise.

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Meine persönlichen Favoriten dieses Jahr sind The Imitation Game und Die Entdeckung der Unendlichkeit, da beide absolut faszinierende und schicksalhafte Geschichten erzählen. Mit seinen acht Nominierungen wird für mich aber The Imitation Game Abräumer des Abends werden.

 

Verlierer

Schon vor Vergabe der Preise zeichnet sich ein Verlierer deutlich ab: Die Diversität in der Hollywood-Filmlandschaft. Unter den nominierten Schauspielern weit und breit nur Weiße, unter den Regisseuren keine einzige Frau. Ein bisschen traurig, dass es sich bei der Academy nach wie vor zu großen Teilen um eine elitäre Gemeinschaft weißer Männer handelt.

Auch davon abgesehen wird es einige Verlierer geben. Zum einen verdientermaßen Clint Eastwoods bislang schlechtester Film, American Sniper, bei dem es ohnehin verwundert, warum er so oft nominiert ist. Trauriger ist da schon die Tatsache, dass The Imitation Game wohl weitgehend leer ausgehen wird. Doch die Konkurrenz in allen Kategorien, in denen er nominiert ist, ist einfach zu groß.

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Birdman gilt als großer Favorit der diesjährigen Oscars. Meiner Meinung nach ist die Konkurrenz aber zu stark, es gibt zu viele gute Filme dieses Jahr und deshalb glaube ich, dass es für Birdman eng werden könnte. Leer ausgehen wird er keineswegs, aber neun Oscars wird er definitiv nicht gewinnen. Auch Grand Budapest Hotel muss heute Abend schwer kämpfen, um alle Nominierungen in Oscars zu verwandeln.

Missachtet

Dass Selma-Regisseurin Ava DuVernay nicht ihren mehr als verdienten Platz in der Reihe der Nominierten einnehmen konnte, zeigt, wie weit es mit der Diversität in Hollywood her ist. Gleichermaßen und für den selben Film übergangen wurde David Oyelowo, der in Selma bahnbrechend als Martin Luther King auftritt und eigentlich als bester Darsteller hätte nominiert werden müssen.

Ebenfalls weitgehend missachtet war David Finchers brillanter Thriller Gone Girl und natürlich The Lego Movie, bei dem nicht nur ich nicht verstehen kann, warum er nicht als bester Animationsfilm nominiert ist.

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Die Filmauswahl der Academy ist dieses Jahr sehr gelungen. Allerdings fällt mir vor allem der Gehypteste des letzten Jahres ein: Interstellar galt als Film des Jahrhunderts, Matthew McConaughey und Anne Hathaway wurden bis in den Himmel gelobt. Nominiert wurde allerdings nur das beste Szenenbild, Filmmusik, Ton und Schnitt sowie Effekte. Regie oder schauspielerische Leistung – also die wichtigsten Kategorien – wurden nicht berücksichtigt.

Bester Film

Boyhood kann getrost als der große Favorit in dieser Kategorie genannt werden. Linklater hat es nicht nur geschafft, das Leben eines heranwachsenden seiner Zeit perfekt zu inszenieren, er schaffte es auch, sein Cast beisammen zu halten, was über die Zeitspanne von über zehn Jahren kein leichtes ist. Zwar hätten auch Birdman, The Grand Budapest HotelThe Theory of Everything und natürlich Selma den Preis mehr als verdient, doch Boyhood wird wohl am Ende das Rennen machen. Nicht unverdient, will man anmerken.

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Definitiv The Imitation Game – der Film war einfach grandios, Benedict Cumberbatch in Höchstform und das muss einfach belohnt werden. Die Verfilmung über den britischen Logiker und Mathematiker Alan Turing und dessen Versuche ,den Enigma Code zu knacken, ist unbeschreiblich gut. Außerdem zeigt der Film Turings Homosexualität und die Probleme, die er dadurch in seiner Zeit hatte.

Beste Regie

Und auch wenn mein Verstand sagt, dass Linklater für Boyhood wohl den Goldjungen mit nach Hause nehmen wird, so muss ich hier doch meinem Bauchgefühl folgen. Gebt Wes Anderson seinen Oscar. The Gand Budapest Hotel ist einer der besten Filme seiner Karriere und andere Regisseure träumen nachts davon, ein solches Meisterwerk irgendwann zu schaffen.

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Wie gesagt – Abräumer des Abends wird für mich The Imitation Game sein und deshalb auch Morten Tyldum in der Kategorie beste Regie. Allerdings ist seine Konkurrenz stark, auch Alejandro González Iñárritu (Birdman) und Wes Anderson (Grand Budapest Hotel) werden sehr weit vorne dabei sein. Es wird also ein enges Rennen dieses Jahr beim Oscar – und das nicht nur in der Kategorie Regie.

Bester Haupt-/Nebendarsteller

Zwei Schauspieler sind die großen Favoriten in dieser Kategorie: Michael Keaton für seine phänomenale Darstellung des abgehalfterten Superheldendarstellers Riggan Thomson in Birdman und Eddie Redmayne für seine unter die Haut gehende Rolle als Stephen Hawking in The Theory of Everything. Beide haben sehr gute Chancen, beide haben den Preis mehr als verdient. Und ich schäme mich ein bisschen dafür, dass man mich daran erinnern musste, was für ein großer Schauspieler Michael Keaton ist. Dieser ist auch mein Favorit, auch wenn es sich hier wieder mehr um eine Herzenssache handelt.

Leichter ist da schon die Entscheidung für den besten Nebendarsteller. Die übrigen Nominierten (nebenbei alle wirklich exzellent in ihren jeweiligen Filmen) dürfen brav das gratulieren vor dem Spiegel üben, denn die Entscheidung muss eigentlich für J. K. Simmons ausfallen. In Whiplash und der Rolle des unausstehlichen Terence Fletcher, dem härtesten Musiklehrer der Welt, zeigt Simmons erneut, wie brillant er eigentlich ist.

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Keine ist eindeutiger für mich als diese: Eddie Redmayne wird den Oscar als bester Hauptdarsteller mit nach Hause nehmen. Seine Rolle als Stephen Hawking in The Theory of Everything spielt dieser so genial, er macht dessen Bewegungen zu seinen eigenen und am Ende des Films könnte man sogar meinen er wäre Hawking persönlich. Absolut bewundernswert und absolut verdient.

Als bester Nebendarsteller steigt für mich Mark Ruffalo in den Ring. In Foxcatcher spielt er den erfolgreichen Ringer David Schultz. Sein größter Konkurrent könnte Ethan Hawke werden, der in dem 12-Jahres-Film Boyhood den Vater spielt,

Beste Haupt-/Nebendarstellerin 

Die Besten sind Julianne Moore als die Alzheimer-Kranke Dr. Alice Howland und Rosamund Pike, in Gone Girl in der Rolle der Amy Elliott-Dunne, einer Figur mit zwei Gesichtern, bei dem man nie genau weiß, woran man bei ihr ist. Favorisieren würde ich hierbei allerdings Julianne Moore, schlicht, weil die Academy ähnliche Rollen schon öfter honoriert hat.

Es sind scheinbar immer die Kategorien der Nebendarsteller, die bereits im vorhinein absolut fest stehen. Auch hier sehe ich wenig Konkurrenz für Patricia Arquette als alleinerziehende Mutter des jungen Mason Evans in Boyhood. Ach, und Meryl Streep (Into the Woods) ist ebenfalls nominiert. Welche Überraschung.

Beste Hauptdarstellerin ist für mich Rosamund Pike als die verschwundene Ehefrau in Gone Girl. Ich habe das Buch gelesen und erst vor ein paar Tagen den Film geschaut und ich bin überwältigt von ihrer Leistung eine so kranke und verrückte Frau zu verkörpern.

Allerdings wird es auch hier eng werden für sie, da sie große Konkurrenz von Julianne Moore bekommt. In Still Alice spielt diese eine Frau, die viel zu früh an Alzheimer erkrankt.

Zwar wird Meryl Streep als beste Nebendarstellerin für ihre Rolle in Into the Woords als große Favoritin gesehen, aber die dreifache Oscar-Preisträgerin wird meiner Meinung nach dieses Mal wieder leer ausgehen. Mein Oscar geht an Emma Stone für ihre Leistung in Birdman als Tochter.

 

 

Foto: flickr.com/Prayitno (CC BY 2.0)

Into the Woods – Ich wünsche, also bin ich

von Miriam Gerstenlauer und Henrike Ledig

 

Nach dem großen Erfolg von „Les Misérables“ 2012 schafft es dieses Frühjahr eine weitere Musicalverfilmung eines in unseren Breitengraden eher unbekannten Stückes in die Lichtspielhäuser: Stephen Sondheims Into the Woods.

Unter der Regie von Rob Marshall (den meisten wohl für seine Arbeit an der Musicalverfilmung Chicago ein Begriff) kommt im Februar der wohl untypischste Streifen für die Produktionsfirma Walt Disney daher. In dieser musikalischen Märchenpersiflage bekommen die Helden alle gehörig ihr Fett weg: Zöpfe werden ausgerissen, Wölfe werden direkt gehäutet, jeder bestiehlt jeden und am Ende will trotzdem niemand an der ganzen Misere die Schuld haben. So wirklichkeitstreu waren Märchen noch nie.

 

“Once upon a time, in a far off kingdom…”

Der Kenner weiß: Fast iedes Märchen beginnt mit einem Kinderwunsch. So auch im Falle von Into the Woods. Ein Bäcker (James Corden) und seine Frau (Emily Blunt) wünschen sich nämlich nichts sehnlicher als eigenen Nachwuchs. Leider bricht eines Tages die Nachbarshexe (Meryl Streep) zur Tür herein und offenbart ihnen, dass sie aus Rache einst einen Fluch über die Bäckersfamilie gelegt hat, dieser aber zum Glück aller Beteiligten just in drei Tagen gebrochen werden könne, wenn ein blauer Vollmond über dem (praktischerweise nebenan liegenden) Zauberwald leuchtet. Dazu müssen die Bäckersleute ihr jedoch vier magische Zutaten für einen Zaubertrank bringen: Eine Kuh so weiß wie Milch, einen Umhang so rot wie Blut, einen Schuh so rein wie Gold und schlussendlich Haar so gelb wie Mais.
Welch ein Glück, dass sich sowohl Aschenputtel (Anna Kendrick), Jack (Daniel Huttlestone) und seine Kuhfreundin Milky White, Rotkäppchen (Lilla Crawford) und Rapunzel (MacKenzie Mauzy) im tiefen, dunklen Wald befinden und dort ebenfalls an der Erfüllung ihrer eigenen Wünsche arbeiten.

Auffällig ist, dass es sich bei den Geschichten in Into the Woods tatsächlich um die ursprünglichen Grimm-Versionen handelt: So regnet Aschenputtels Ballkleid aus Gold vom Baum am Grab ihrer Mutter auf sie herab, und ihre Stiefschwestern werden noch traditionell um ihre Zehen beziehungsweise Fersen gebracht, beim Versuch, sich in den glückverheißenden Schuh zu quetschen. Aus diesen Gründen ist Into the Woods vielleicht auch nur bedingt für junge Zuschauer geeignet: zwar ist die Stimmung zuerst vornehmlich fröhlich und humorvoll, aber spätestens im zweiten Akt auch sehr gnadenlos – hier ist keiner mehr sicher, Pro- und Antagonisten gleichermaßen!
Mal ganz abgesehen von Johnny Depps urkomischem aber nicht ganz jugendfreiem Auftritt als trashigem Großem Bösen Päderasten-Wolf.

Von Hollywood und Broadway nur das Beste

Neben Johnny Depp, der nur einen recht kurzen, dafür umso komischeren Auftritt hat, brilliert ein stimmiger und talentierter Cast. Allen voran die dreifache Oscarpreisträgerin Meryl Streep, die mit ihrer Rolle als böse Hexe gute Chancen auf ihren vierten Gewinn bei den Academy Awards hat. Sowohl mit ihrem ausdrucksstarken Gesang als auch ihrem unnachahmlichen Schauspiel sorgt Meryl Streep für emotionale Höhepunkte und trägt die Geschichte voran. Ihre Kolleginnen Anna Kendrick, Cinderella, und Emily Blunt, die Frau des Bäckers, kennt man bisher nur nicht singend auf der Leinwand.

Selten jedoch hat man in Hollywood bisher ein so charakterstarkes Duo von gleich zwei weiblichen Protagonistinnen gesehen, die nicht nur eindimensionale Stereotype darstellen – und das als Märchenfiguren. Daniel Huttlestone ist Musical-Fans schon bekannt als Gavroche in Tom Hoopers Film-Version von Les Misérables (2012), und als naiver Tollpatsch Jack (Hans in der deutschen Version) singt er sich in die Herzen der Zuschauer.
Überrascht hat vor allem Chris Pine, sonst bekannt als Captain Kirk in Star Trek, der als Prince Charming seiner Rolle als Hollywood-Schönling  alle Ehre macht und seiner Perfomance zeigt, dass er dabei auch noch schön (und schnulzig) singen kann.

Es kommt sogar richtiges Broadway-Feeling auf, dank der Besetzung von James Corden als der Bäcker, MacKenzie Mauzy und Billy Magnussen als Rapunzel und ihr Prinz, sowie des 12-jährigen Ausnahmetalents Lilla Crawford als Rotkäppchen. Durch ihre Erfahrungen auf der Bühne wirkten alle Performances durchweg stimm- und rollensicher, was die Mischung aus Gesprochenem und Gesungenem stets organisch wirken lässt.

 

Viel Musik und noch mehr Text

Stephen Sondheim gehört, zusammen mit Andrew Lloyd Webber und Stephen Schwartz, zu den größten Komponisten des Musicalgenres, wenngleich seine Werke in Deutschland eher selten gespielt werden. Am ehesten sind hierzulande West Side Story und Sweeney Todd – The Demon Barber of Fleet Street bekannt, letzterer vornehmlich durch die Verfilmung aus dem Jahr 2007 unter der Regie von Tim Burton.
Die Gründe dafür liegen dabei vor allem in den komplexen Texten in Sondheims Stücken, hier von James Lapine, die sich meist nur schwer ins Deutsche übertragen lassen, und daran, dass diese durch seine nicht sehr eingängigen Melodien auch nicht viel verständlicher werden.

Darunter könnte auch Into the Woods leiden, denn über wirkliche Ohrwürmer a là Memory aus Cats oder dem Phantom der Oper verfügt das Musical nicht. Das tut den musikalischen Nummern des Films (und davon gibt es viele!) jedoch keinen Abbruch, denn für kurzweilige Unterhaltung sorgt die durchweg brillante Inszenierung: In Nummern wie Agony in der die Prinzenbrüder (Chris Pine und Billy Magnussen) versuchen, sich gegenseitig so theatralisch wie möglich in ihrem Liebesleid zu übertrumpfen ist es kaum möglich, sich vor Lachen noch auf dem Kinositz zu halten.

 

„That’s what woods are for: for those moments in the woods”

Charmant und urkomisch, romantisch und gnadenlos ehrlich – Into the Woods scheint auf den ersten Blick eine ganz typische Disney-Schmonzette zu sein, entpuppt sich aber nach und nach immer mehr als ironische Persiflage ebensolcher, indem die Charaktere auch einmal sich und das, was passiert, hinterfragen. Am Ende ist die Hexe vielleicht doch gar nicht so böse, und die Moral von der Geschicht‘: ist jemand nett, ist er noch lange nicht gut. („Nice is different than good.“)

Into the Woods läuft 124 Minuten, ist momentan noch nicht FSK geprüft und startet am 19. Februar in den deutschen Kinos. Zudem ist er für 3 Oscars nominiert in den Kategorien „Beste Nebendarstellerin“ (Meryl Streep), „Bestes Produktionsdesign“ und „Bestes Kostümdesign“.