Größer. Härter. Mehr.

von Marius Lang

Erwartungsgemäß ist Marvels neuestes Superhelden-Stelldichein wieder ein echt dicker Brummer. Der Film lohnt sich auf jedem Level: er ist größer, bunter, wilder und düsterer als der Vorgänger. Vielleicht sogar ein bisschen besser.

 

Supermensch gegen Maschine

Das Spektakel beginnt irgendwo in Osteuropa, wo die Avengers unter Führung von Captain America und Iron Man die Festung des Deutschen Baron von Strucker attackieren, um damit endgültig den Nazi-Todeskult HYDRA zu zerschlagen und das Zepter von Loki, dem Bruder von Thor, zu erobern. Bei dieser ersten Mission trifft das Superhelden-Team zum ersten Mal die Maximoff-Zwillinge. Marvel-Fans sind die Zwillinge besser bekannt als Scarlett Witch und Quicksilver. In diesem Film noch über weite Teile Gegenspieler, werden sie in Zukunft ein Teil des Avengers-Team.

Zuvor schon beschließt Tony Stark, durch eine Vision dahingehend beeinflusst, mithilfe von Hulk Alter Ego Bruce Banner, einen zentralen Teil seiner Forschung weiterzutreiben: die Entwicklung des Ultron-AI, ein intelligentes Programm, welches künftig den Avengers die Weltrettung leichter machen soll. Ultron wird schließlich der Bösewicht des Films, ein selbstgebauter noch dazu.

Ein ganz normaler Dienstag im Marvel-Universum also.

 

Ein Gegner zum Fürchten

So gut die Filme des Marvel-Cinematic Universe bislang auch waren, eine Schwachstelle waren stets ihre Bösewichte. Einige wenige Widersacher ausgenommen (Loki, Red Skull, Alexander Pierce) waren diese stets blass und uninteressant. Doch Ultron hält alles, was sein großer Name verspricht. James Spader spielt den Androiden perfekt in allen seinen Facetten. Ultrons Verhalten ist geprägt von Stimmungsschwankungen, zwischen bitterem, schwarzem Humor, dem blendenden Charme des Bösen und blindem Hass.

Ultron vernetzt sich selbst mit dem World Wide Web, lernt in Sekunden und sieht die Zerstörung, die die Avengers auf ihren Heldenaktionen oft anrichten. Für Ultron ist die Sache klar: Die Avengers wollen die Welt beschützen, doch nicht verändern. Und nur wenn die Welt geändert wird, wird Frieden herrschen. Die Welt muss zum Frieden gezwungen werden und die Avengers, die dies trotz all ihrer Macht nicht tun würden, sind damit für Ultron die Wurzel allen Übels. Ultrons Bewusstsein entkommt über das Internet, er zieht die Zwillinge auf seine Seite und macht sich daran, ebendiese Wurzel auszureißen. Und dabei im Notfall die Menschheit mit in die Vernichtung zu reißen.

Spaders Ultron kann absolut ruhige Gespräche über Massenvernichtung führen und Geschäfte mit Waffenhändlern abschließen, nur um im nächsten Augenblick an die Decke zu gehen und eben diesem Waffenhändler beleidigt kurzerhand den Arm abzureißen: Ultron ist nicht nur ein Bösewicht, er ist ein Charakter. Er verführt gekonnt die Maximoffs auf seine Seite, erzählt ihnen von einer Welt in Frieden, ohne die Avengers.

Geplagt von Selbsthass, begründet in seiner künstlichen Herkunft, den er auf die Avengers und die gesamte Menschheit projiziert, verfolgt er seine Ziele akribisch, Punkt für Punkt und wechselt mehr als einmal ohne Probleme seine Vorgehensweise. Einer der herausragenden Momente, ja, sogar einer der besten Momente aller Marvel-Filme ist die Geburt seines Bewusstseins. Die Sequenz verursacht Gänsehaut und setzt den Ton für den Charakter über den Rest des Films: Ultron ist, endlich, ein Gegner zum Fürchten.

 

Uuund…. Action!

Von Anfang an bietet der Film genau das, was man sich von so einem Film mit den Avengers erwartet: Action Pur. Die Action-Szenen sind generell und erwartungsgemäß sehr gut. Ein Höhepunkt ist vermutlich ein direkter Zweikampf zwischen Iron Man und Hulk. Die Sequenz gehört zu den im Vorfeld am meisten antizipierten Teilen des Films und sie hält alles, was sie versprochen hat. Hulk und Iron Man zerlegen im Kampf gegeneinander eine afrikanische Metropole. Völlig übertrieben, und gewaltverherrlichend, aber egal: es fühlt sich fantastisch an.

 

Helden sind auch nur Menschen

Auch wenn die Actionsequenzen durch ihre Choreografie, das Zusammenspiel der Helden und der Technik des Films ein echter Hingucker sind, seine eigentliche Stärke offenbart der Film in seinen ruhigeren, charaktergetriebenen Momenten. Regisseur Joss Whedon versteht es, auch bei einem Übermaß an Hauptcharakteren niemanden zu kurz kommen zu lassen. Zu den Höhepunkten hierbei zählt unter anderem die Party der Helden im Avengers-Tower. Hierbei offenbart sich eine Romanze zwischen Black Widow (Scarlett Johansson) und Bruce Banner (Mark Ruffalo), die natürlich geprägt ist von Banners Angst, die Kontrolle über Hulk zu verlieren.

Doch auch die übrigen Helden haben durch den Film ihre großen und kleinen Momente der Charakterarbeit, besonders hervorzuheben sind dabei die größeren Charaktermomente von Hawkeye (Jeremy Renner), die weiter ausgebaute und in diesem Film auch auf die Probe gestellte Science-Bromance von Bruce Banner und Tony Stark (Robert Downey Junior), die besonders im Mittelpunkt steht, als die beiden mit vereinten Kräften die Grundlage für Ultron schaffen. Auch die ersten größeren Meinungsverschiedenheiten zwischen Captain America und Tony Stark werden in einer Szene klar, in der die beiden sich mit den anderen Avengers in einem sichern Zufluchtsort von einer dramatischen Niederlage gegen Ultron erholen. Tony verteidigt seine Entscheidung, Ultron als Präventivwaffe gegen fremde Mächte zu erschaffen. Eine Argumentation die Cap nicht einleuchten kann. Diese sind die erste Andeutung auf den dritten Teil von Captain America, in dem die beiden Helden auf zwei verschiedenen Seiten einer Debatte stehen werden.

 

Schneller. Schneller.

Ein kleiner Wehrmutstropfen ist dennoch offensichtlich. Zwischen all der kompakten Charakterarbeit und den Actionsequenzen wirkt der Film nie lang. Im Gegenteil. Age of Ultron scheint bisweilen eher gehetzt zu sein. Der Film ist recht episodisch aufgebaut, die Helden rennen von Plotpoint über Charakterentwicklung und hin zur nächsten Actionsequenz. Der Balance zwischen so vielen Helden ist es geschuldet, dass man innerhalb des Films kaum echte Momente der Ruhe hat, in denen sich alles gesehene setzen kann. Doch dies ist durchaus zu verkraften, hinsichtlich der vielen Stärken des Films. Wer jedoch gerne mal im Kino auf die Toilette geht, sei gewarnt, dass es keine unwichtigen Momente im Film gibt und die nächste wirklich große Sequenz jederzeit auftreten kann.

 

Fazit

Avengers – Age of Ultron setzt den erfolgreichen Lauf, den Marvel in den letzten Jahren hatte, fort. Es ist alles da, was die früheren Filme so gut machte, nur in noch größerem Ausmaß. Die Action ist je nach Bedarf mal sauber, mal dreckig und stets ein neuer Höhepunkt des Films. Die Charaktere sind vielschichtig, jeder bekommt seine glänzenden Momente und jeder bleibt liebenswert. Und für die Nerds unter den Zuschauern gibt es natürlich wie immer allerlei Easter Eggs und Anspielungen, die hoffentlich in späteren Filmen noch ihre Relevanz offenbaren. Alles in allem großes Actionkino mit guter Story und Charakteren voller Herzblut.

 

Foto: Marvel’s Avengers: Age Of Ultron, ©Marvel 2015