Schlagwortarchiv für: Kritik
Macht Social Media uns krank?
/in Medienkritik, Neueste Beiträge/von Ann-Christine StruppDie ständige Selbstinszenierung in den Sozialen Netzwerken kann uns manchmal ziemlich verunsichern. Die anderen scheinen sich immer mehr zu amüsieren, sich besser zu ernähren und zahlreiche Freunde zu haben – da fängt man schnell mal an, sich zu vergleichen und selbst schlecht zu fühlen. Aber machen Social Media uns wirklich krank?
Die Geschichte einer Lüge – Authentizität in TV-Dokumentationen
/in Archiv, Medienkritik, Neueste Beiträge/von Marvin GedigkNachdem wir zuletzt fiktionale Serien auf ihre Authentizität hin untersucht haben, widmen wir uns in den folgenden Beiträgen einem Format, von dem generell eine unumstößliche Authentizität erwartet und gefordert wird. Doch wie verhält es sich bei TV-Dokumentationen wirklich? Dazu nehmen wir zunächst den Begriff ‚Authentizität‘ nochmal unter die Lupe und analysieren im Anschluss, wie Dokumentationen diese in Szene setzen.
Farbfilter, Sixpacks und eine Welt der Klischees – Vikings auf dem Prüfstand Part II
/in Archiv, Medienkritik, Neueste Beiträge/von Marvin GedigkIm zweiten Teil unserer Vikings-Analyse gehen wir der Authentizität der Serie weiter auf den Grund und stellen die Protagonisten in den Fokus: Wie kleiden sie sich? Wie kämpfen sie? Und welches Rollenbild haben sie? Und ist das alles authentisch? Das erfahrt ihr in diesem Artikel, mit dem wir auch den Serienteil unserer Suche nach dem großen A abschließen.
Farbfilter, Sixpacks und eine Welt der Klischees – Vikings auf dem Prüfstand Part I
/in Archiv, Medienkritik, Neueste Beiträge/von Marvin GedigkEingerahmt von zahlreichen TV-Dokumentationen über Wikinger präsentiert uns History Channel die Drama-Serie Vikings. Doch haben die Produzenten der Serie die hauseigenen Dokumentationen gesehen? Skizzieren sie auf deren Grundlage ein authentisches Bild des nordeuropäischen Mittelalters? Oder präsentieren sie uns lediglich ein Fantasy-Produkt? Handlungselemente werden kaum aufgegriffen; leichte Spoilergefahr für alle Staffeln.
Blut und Dreck statt Brot und Spielen – Die Welt von HBOs Rome Part I
/in Archiv, Medienkritik, Neueste Beiträge/von Marvin GedigkMehrere Millionen Fernsehzuschauer faszinierte zwischen 2005 und 2007 die Serie Rome – die bis zur Ausstrahlung von Game of Thrones teuerste Serie. Doch ob mehr Geld auch eine höhere Authentizität der dargestellten historischen Ereignisse bedeutet, erfahrt ihr hier. In diesem Beitrag werden einzelne Szenen der 1. Staffel angesprochen; leichte Spoilergefahr.
Wer hat hier Social Media Marketing nicht kapiert?
/in Archiv, Medienkritik, Neueste Beiträge/von Oliver HäußlerSocial Media Marketing kann auch mal ganz anders funktionieren. Dafür braucht man keine teuren Seminare buchen. Und keine Agentur nach ihren Standardrezepten fragen. Wie das geht, zeigt der analytische Blick auf die Auseinandersetzung zwischen dem irischen Hotel- und Cafébesitzer Paul Stenson und Elle Darby, Social Media Influencer im Bereich Fashion und Beauty. Spoiler: Der Cat Fight hatte einen eindeutigen Sieger.
Der Reiz der Dystopie
/in Archiv/von RedaktionWarum sie gerade jetzt wieder einen Boom erlebt
Von Antje Günther
Einige Zeit war es still um sie geworden, doch in den letzten Jahren boomt die Dystopie wie nie zuvor. Was ist es, was dieses Genre gerade heute so erfolgreich macht?
Culture of fear und die Dystopie
Ein möglicher Grund ist die aktuelle gesellschaftliche Situation. So ungreifbar und zahlreich wie heute war die Bedrohung noch nie. Sah man früher der Gefahr mehr oder weniger direkt ins Auge, so versteckt sie sich heute im Untergrund – oder im Internet. Auf den ersten Blick erscheint dies eine logische Erklärung, verfehlt aber im Kern das Problem. Denn das Leben heute ist nicht risikoreicher als vor einigen Jahren. Im Gegenteil: Wir leben länger als früher, sind gesünder und viele Sachen, die früher große Probleme darstellten, sind heute mit einfachsten Mitteln zu lösen. Was sich geändert hat, ist die Perspektive, die Betrachtung und Einschätzung von Risiken. Wir leben in einer Zeit die Furedi 1998 und Glassner 1999 als „Culture of Fear“ bezeichnet haben, eine Kultur der Angst, in der die banalsten Tätigkeiten plötzlich zum Risiko erklärt werden. War Busfahren lange Zeit eine Sache, der man ohne Bedenken nachging, so kursieren heute die Warnungen vor Taschendieben und Gewalttätern, die einen ausrauben könnten. Dasselbe gilt für Lebensmittel, die wahlweise voll von Antibiotika, Bakterien oder Schadstoffen sind.
Diese Atmosphäre permanenter Bedrohung nutzt die Wirtschaft aus und so boomt nicht nur die Sicherheitsindustrie mit ihren Alarmanalagen und Überwachungskameras. Auch die Dystopie und andere kulturelle Angebote profitieren davon, in dem sie genau an dieser Angst ansetzen. Sie führen dieses Denken, die Verehrung von Sicherheit, konsequent zu Ende, zum Beispiel in Form totalitärer Überwachung. Die Dystopie ist im Moment vor allem deswegen so erfolgreich, weil sie so wahrscheinlich erscheint, die Motive der totalitären Herrscher so nachvollziehbar sind und weil sie so nah am Zeitgeist ist, wie vielleicht noch nie.
Der Boom der Young Adult Dystopie
Aber es ist nicht nur die Dystopie im Allgemeinen, die boomt, sondern im Besonderen die Young Adult Dystopie. Nach den Vampiren und übernatürlichen Kreaturen sind es nun Dystopien, die den Markt für junge Leser überschwemmen. Doch es sind längst nicht nur Jugendliche, welche sich für die Geschichten um Katniss und Co. begeistern. Auch immer mehr Erwachsene greifen zu Büchern, die ursprünglich an ein jüngeres Publikum gerichtet waren. Dieses Phänomen, genannt Crossover Literatur, findet sich nicht nur im Bereich der Dystopie sondern auch in vielen anderen Young Adult Genres, angefangen mit der Harry Potter Reihe oder aber auch Klassikern wie Alice im Wunderland oder Lord of the flies, die ebenfalls für Kinder bzw. Teenager gedacht waren.
Der Trend, als Erwachsener Jugendliteratur zu lesen, liegt dabei vermutlich in den Merkmalen des Genres und den gesellschaftlichen Zuständen begründet. Die Young Adult Literatur beschäftigt sich in ihrem Kern mit dem Erwachsenwerden, der Pubertät; einer Phase voller Umbrüche und Veränderungen. Es ist eine Zeit, in der die eigene Identität geformt wird; eine Zeit, in der Fragen wie „wer bin ich?“ und „was will ich eigentlich?“ eine zentrale Rolle spielen. Die jugendlichen Protagonisten müssen ihren Platz in der Welt erst noch finden und erkennen, was für sie wichtig ist.
Gerade diese Identitätssuche ist aber in der Postmoderne kein Phänomen mehr, das ausschließlich auf die Jugend beschränkt ist. Durch den Wegfall von festen Identitätsgrößen wie der Kirche und der Standesgesellschaft, liegt es nun am Individuum selbst, seine Identität zu bestimmen. Das postmoderne Subjekt, wie Stuart Hall es formuliert, ist fragmentiert und setzt sich aus mehreren, sich manchmal auch widersprechenden Identitäten zusammen. Identität ist nun etwas, das kontinuierlich gebildet und verändert wird, sodass sich die Erlebnisse des postmodernen Subjekts in seiner Identitätssuche an die eines Jugendlichen annähern. Die Verwirrung über die eigene Identität ist somit nicht nur etwas, das die jungen Leser nachvollziehen können; es ist zu einer Art Modus des gesamten Lebens geworden.
In dieser Kombination von gesellschaftlichen Zuständen, in denen Sicherheitswahn und Identitätssuche unser Leben bestimmen, scheint es wenig verwunderlich, dass gerade die Young Adult Dystopie unsere Bücherregale füllt. Sie verbindet das zentrale kulturelle Thema von Risiko und Sicherheit mit einer Narration über das Erwachsenwerden; über eine Phase, die in unserer heutigen Gesellschaft nie ganz abgeschlossen zu sein scheint.
Fotos: flickr.com/Magdalena Hörmann-Prem (CC BY 2.0), flickr.com/elycefeliz (CC BY-NC-ND 2.0), flickr.com/Dominic Sayers (CC BY 2.0)
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Wie man mit sechs Werkzeugen eine dystopische Gesellschaft erschafft
Pubertätsnöte und Regimekämpfe – Die Teenager erobern die Dystopie
Der Silberstreif am Horizont: Die kritische Dystopie
Von Unterdrückung und Gedankenkontrolle – Das Genre Dystopie
Big Brother is still watching you – Dystopie in den Medien
Die Young Adult Dystopie – nur noch Kitsch?
Katzenjammer auf höchstem Niveau
/in Archiv/von RedaktionVon Maya Morlock
Am 29. Oktober 2015 kommt Xavier Giannolis neuer Film in die Kinos. In der Tragikomödie „Madame Marguerite oder die Kunst der schiefen Töne“, die Madame wird von Catherine Frot (Dinner für Spinner) gespielt, geht es vordergründig um eine Frau, die völlig schief und unrhythmisch singt, doch dies durch die durchweg positive Resonanz ihres Publikums nicht weiß. Doch der Film hat auch eine äußerst verletzliche und sentimentale Seite.
Bis die Ohren bluten
In den 1920er Jahren gibt Marguerite Dumont ein Benefizkonzert für die Kriegswaisen in ihrem kleinen Schloss nahe Paris. Einige begnadete Musiker und Sänger treten auf, zarte und wohlklingende Musikstücke der Klassik sind zu vernehmen. Als Höhepunkt betritt Marguerite die Bühne. Die allseits bekannten Anfangstöne der Arie der „Königin der Nacht“ aus Mozarts Zauberflöte erklingen. Dort besingt die Königin der Nacht die Verstoßung ihrer Tochter Pamina. „Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen. Tod und Verzweiflung“, singt Marguerite, doch leider nicht mit den gewöhnlichen Tönen. Völlig falsch intoniert und schwankend im Rhythmus quält sie sich durch das Stück. Bei dem gefürchteten Hochton und der Koloratur gefriert dem Zuschauer fast das Blut in den Adern, so unerträglich ist der Missklang. Gleichzeitig imponiert die Inbrunst, mit der die Gastgeberin ihr nicht vorhandenes Gesangstalent zur Schau stellt.
Das Publikum ist wenig überrascht, im privaten Klub kennt man die Madame und ihr Gejaule bereits. Nur der Journalist Lucien Beaumont (Sylvain Dieuaide) und die spontan eingesprungene Sängerin Hazel (Frankreichs Shootingstar Christa Théret) sind neu. Trotz des unausstehlichen Gekrächzes applaudieren die Zuhörer und überschütten die Gastgeberin mit Lob – die Neuen sind verwundert. Als der Journalist Lucien am Folgetag eine begeisterte Kritik veröffentlicht, fasst Marguerite den Entschluss endlich auf einer großen Bühne in der Öffentlichkeit aufzutreten. Ihr Mann, der sich für sie schämt, versucht dies auf Teufel komm raus zu verhindern.
Der Ursprung der schiefen Töne
Die Geschichte basiert auf der reichen Erbin Florence Foster Jenkins, die in den 40er Jahren in den USA verstarb. Auf YouTube, kann man ihre unverwechselbare und wahrhaftige Interpretation der Königin der Nacht anhören. Auch sie war überzeugt von ihrer Gesangsqualität, obwohl sie keinen Ton traf. Trotzdem ist dieser Film keinesfalls eine Biografie (diese wird momentan in den USA gedreht), sondern entwickelt nach der Basis einen eigenen Handlungsstrang. Denn neben der Belustigung findet der Zuschauer einen Draht zur Innenwelt der Marguerite und begreift, dass sie eigentlich völlig einsam ist. Während den Geschäftsreisen ihres Mannes ist ihr nur die Musik geblieben und ausschließlich durch sie kann sie sich ausdrücken und etwas Aufmerksamkeit vonseiten ihres Mannes erhaschen. Denn im Grunde möchte sie nur, dass er stolz auf sie sein kann.
Die perfekte Besetzung
Catherine Frot brilliert in ihrer Rolle als Marguerite: Sie ist überschwänglich und heiter, behält sich jedoch auch in diesen Szenen einen Kern Traurigkeit. Ihre Mimik spricht Bände, sodass sie vergleichsweise wenig sagen muss, um sich darzustellen. Ein weiterer Augenschmaus ist der exzentrische Gesangslehrer Atos Pezzini (Michel Fau), der Marguerite auf ihr großes Konzert vorbereiten soll. Er lebt für die Musik, erstarrt zur Salzsäule, als er den schaurigen Gesang der Madame zum ersten Mal hört und versucht trotz aller schlechten Omen sie bestmöglich für ihr Vorhaben zu wappnen.
Zu empfehlen
Auch wenn der Film einige Längen aufweist, ist er für jeden Musikliebhaber sehenswert. Der Facettenreichtum ist erfreulich, eine schlichte Komödie, bei der die Madame zur Witzfigur degradiert wird, wäre zu flach und bliebe unter dem möglichen Potenzial. Man lacht Tränen, hält sich die Ohren zu und leidet mit der Hauptfigur mit, die im Grunde nur um ihrer selbst willen geliebt werden möchte. Man fiebert gespannt dem großen Auftritt entgegen und hofft sie möge nun endlich die Töne treffen.
Ob Marguerite Dumonts Ehrgeiz und Wille sich am Ende gelohnt haben, könnt ihr ab dem 29. Oktober auf der Leinwand verfolgen. Von mir gibt es auf jeden Fall drei Daumen nach oben!
Fotos: © 2015 Concorde Filmverleih GmbH