Drücke (X) für Zombies – The Walking Dead: The Game

von Miriam Gerstenlauer

Erfolgreiche Spiele-zur-Serie und Spiele-zum-Film sind eine wahre Seltenheit, vor allem, weil es diese heute wie Sand am Meer gibt und sie meist nur dem Profit dienen. Das Spiel-zum-Comic hingegen scheint ein wahrer Erfolgsgarant zu sein: Neben der Arkham-Spielreihe des Batman-Franchise und dem Adventure The Wolf Among Us zur berühmten Fables Comicreihe, ist The Walking Dead: The Game eines der herausragendsten Spiele der letzten Jahre, und das nicht nur wegen des allgemeinen Zombie-Hypes, der in der Medienlandschaft zu beobachten war.

 

„Ein neuer Tag“

So nennt sich die erste Episode des Spiels. Wir spielen Lee Everett, Geschichtsprofessor an der Uni Georgia, der wegen Mordes  am Liebhaber seiner Frau verurteilt wurde und sich auf dem Weg ins Gefängnis befindet. Er kommt dort jedoch nie an, da der Polizeiwagen bei einem Zusammenstoß mit einem Zombie verunglückt. Noch unwissend darüber, was genau mit der Welt geschehen ist, macht er sich auf die Suche nach anderen Menschen. In einer Wohnsiedlung angekommen wird Lee erneut in einem verlassenen Haus von einem Zombie angefallen und in letzter Sekunde von der achtjährigen  Clementine gerettet. Gemeinsam macht sich das ungleiche Paar auf, aus der Stadt zu fliehen und sich auf die Suche nach Clementines Eltern zu machen, die kurz vor Ausbruch der Zombie-Apokalypse nach Savannah gefahren sind.

Zunächst kommen Lee und Clementine in einer Farm unter, die Hershel Greene gehört (dieser ist einer der zwei Charaktere, die sowohl im The Walking Dead Comic, als auch in der TV-Serie auftauchen). Hier treffen sie auf Kenny, seine Frau Katjaa und ihren Sohn Duck. Als die Farm jedoch von Zombies überfallen wird, schließen sich Lee und Clementine der Familie an, um gemeinsam nach Macon zu fliehen – Lees Heimatstadt.
Dort angekommen wird ihnen zum ersten mal das Ausmaß der Katastrophe klar: Die Stadt liegt in Trümmern, die Straßen voll mit „Walkern“ (so werden  die Zombies von der Gruppe genannt), die Geschäfte geplündert und menschenleer. In der Apotheke, die Lees Eltern gehörte, treffen Lee und die anderen jedoch noch ein paar Überlebende. Mit Waffen und etwas Proviant ausgerüstet macht sich die neu geformte Gruppe nun – wieder einmal gejagt von Walkern – auf den Weg ins Ungewisse.

Sterben ist ab jetzt nur noch eine Frage der Zeit und davon, welche Entscheidungen der Spieler im weiteren Spielverlauf treffen wird.

 

Wer die Wahl hat, hat die Qual

Entscheidungen sind das zentrale Element des Spiels. Dabei bleibt die ständige Frage: Tue ich das Richtige? Aber „das Richtige“ gibt es in diesem Spiel nicht. Man selbst muss darüber Entscheiden, was in der jeweiligen Situation zu tun ist. Zu viel Moral ist in der Apokalypse jedoch fehl am Platz. Oft bleiben dem Spieler nur Sekunden zwischen Leben und Tod.

Man ist stets mit Gedanken darüber konfrontiert, wem man vertrauen kann, auf wessen Seite man sich in einem Streit stellt und welche Konsequenzen ein einzelner Satz haben könnte. Das einzige was man tun kann, ist nach bestem Wissen und Gewissen zu handeln, wie man es – wäre man wirklich selbst in der Situation – machen würde. Aber man fühlt sich trotzdem immer schlecht dabei.

Wie würden Sie sich entscheiden, in es einer Gruppe von 9 ausgehungerten Menschen nur vier kleine Schokoriegel zu verteilen gibt? Der ältere, herzkranke Mann, der einen aber nicht leiden kann? Die Frau, die uns schon zwei mal das Leben gerettet hat? Die Frau mit dem medizinischen Wissen? Der verängstigte Teenager? Die Anführerin, die alles zusammenhält? Der Familienvater?

Zumindest gibt es eine Person, der man in jedem Fall den aller ersten Schokoriegel gibt.

 

Oh My Darling, Clementine

Clementine. Diesen Namen hört man sich während des Spielverlaufs sehr oft sagen. Nicht nur von Lee im Spiel, sondern man selbst, vor dem Computer. Wenn es nämlich etwas in diesem Spiel gibt, wofür man kämpft und das man beschützt, egal, was passiert, egal, wie verlockend es auch wäre alles stehen und liegen zu lassen, weil alles gerade einfach nur schrecklich ist, dann ist es Clementine. Sie ist nämlich nicht nur unheimlich süß, sondern auch unheimlich clever und hilft einem nicht nur einmal aus der Klemme. Und genau hier liegt die Brillianz des Spiels, die letztlich für dessen Erfolg verantwortlich ist: Man trifft in Spielen selten auf so menschliche Charaktere wie in The Walking Dead. Clementine ist zwar clever, aber sie ist immer noch ein kleines Mädchen und verhält sich auch so. Auch der Rest der Gruppe handelt, wie es Menschen nun einmal tun würden: Nicht immer ganz richtig, manchmal egoistisch, verzweifelt – menschlich eben.

Manchmal hasst man sie, manchmal liebt man sie, manchmal stellt man sie in Frage. Alle rufen Emotionen hervor, so dass man sich manchmal erwischt, wie man gerade den eigenen Monitor anschreit. Nicht fähig, etwas zu tun und so nimmt das Schicksal seinen Lauf.

 

To be continued…

The Walking Dead: The Game ist ein Episodenspiel, es werden also (in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen) neue Episoden des Spiels veröffentlicht, mit jeweils einer Spiellänge von ca. 2 Stunden. Die erste Staffel begann am 24. April 2012 und ist mit fünf Episoden ist bereits vollständig erschienen. Momentan „läuft“ die zweite Staffel, deren dritte Episode am 13. Mai 2014 veröffentlicht wurde. Episoden 4 und 5 folgen im Laufe des Jahres.

Die erste Staffel gibt es völlig umsonst zum Download für mobile Android und iOS Geräte. The Walking Dead: The Game gibt es natürlich auch als Retail-Fassung mit Verpackung und Disc, sowie als Download, für PC und MAC, sowie PS3 und XBOX360.

 

 

Bilder: The Walking Dead: The Game © Telltalegames,
Screenshots vom Spieldurchlauf: ©Miriam Gerstenlauer

How to avoid the Z-Word in 4 Seasons

von Selina Juliana Sauskojus 

Erfolg wird ja bekanntlich an Zahlen gemessen. Die Zuschauerzahlen von The Walking Dead sprechen für sich. 15,68 Millionen Amerikaner sahen im März das Finale der vierten Staffel (zum Vergleich: die erfolgreichste Game of Thrones-Episode hatte „nur“ 7,16 Millionen Zuschauer). Man könnte die Serie des Senders AMC (Geburtsstätte von anderen Knallern wie Breaking Bad) durchaus als Kassenschlager bezeichnen. Da stellt sich doch direkt die Frage: was zieht fast 16 Millionen Menschen vor die Bildschirme? Um es vorab zu sagen: die Walkers/Biters/Lame Brains sind es nicht unbedingt.

 

„Don’t Open Dead Inside“

2011 startete die erste Staffel von The Walking Dead im amerikanischen Fernsehen. Zombiefans jauchzten, Fans der Comicserie frohlockten, Fernsehzuschauer, die weder mit Zombies noch mit Comics viel am Hut hatten waren gespannt. Der Beginn der Serie kann als klassischer Start für die Untoten-Thematik bezeichnet werden. Der Sheriff Rick Grimes erwacht aus dem Koma, allein in einem Krankenhaus. Die Korridore sind menschenleer und verwüstet. Erst als er auf einer Tür die Aufschrift „Don’t open, dead inside“ sieht, schwant ihm, dass irgendetwas ganz und gar nicht so ist wie es sein sollte. Rick macht sich auf die Suche nach seiner Frau Lori und seinem Sohn Carl, die das amerikanische Vorstädtchen aber längst verlassen haben. Zu Pferd macht sich Rick auf nach Atlanta, nur um sich dem ganzen Ausmaß der Zombieapokalypse ausgeliefert zu sehen. Dort wird er von einer Gruppe Überlebender aufgegriffen, die ihn mit in ihr Camp am Rande Atlantas nehmen, wo, wie es der Zufall will, auch seine Familie inklusive seinem besten Freund und Ex-Kollegen Shane residiert. Nun muss sich die zwanzigköpfige Gruppe, bestehend aus Familien, Rednecks und Einzelkämpfern, gemeinsam gegen die rätselhafte Pandemie behaupten.

 

Auge um Auge

So stellt es sich zumindest in der ersten Staffel dar. Bald stellt der geneigte Zuschauer jedoch fest, dass es weniger die Untoten sind, um die sich die Überlebenden Sorgen machen müssen, sondern eher andere Menschen mit Puls, die ihnen aus unterschiedlichsten Gründen an den Kragen wollen. So wandelt sich The Walking Dead von der Horrorserie zum Sozialdrama. Das postapokalyptische Georgia wird so zum Setting für eine Welt, in der sich Menschen in Extremsituationen begegnen und in der die Walker eher zum weißen Rauschen werden. Genau da liegt wahrscheinlich der Reiz der Serie. Statt Splatter bekommt der Zuschauer das Psychogramm einer Gesellschaft, die alles verloren hat – nicht nur Besitz oder Familie, sondern auch sämtliche altruistische Normen. Auge um Auge, Zahn um Zahn, diesem biblischen Sprichwort kommt in dieser Welt, die jeglichen Glauben verloren hat, eine besondere Bedeutung zu. Das menschliche Böse findet seine Charakterisierung in der dritten Staffel in der Figur des Governors. Nach außen hin der charismatische Führer einer Siedlung, entpuppt sich dieser zum Psychopathen, der seine Rolle als Leader missbraucht und sich auf einen persönlichen Rachefeldzug gegen Rick Grimes und dessen Gruppe begibt. Der Konflikt zwischen beiden Parteien dauert über zwei Staffeln an und entfaltet ein größeres Grauen, als es die Walker je konnten.

 

Ein Redneck für’s TV

Das Grauen, die menschliche Gewalt und die wahre Natur des Menschen sind jedoch nicht die einzigen Elemente, die den Zuschauer wieder und wieder an den Bildschirm ketten. Es sind die Charaktere selbst, die fesseln und deren Entwicklung man weiterverfolgen muss. Einige Charaktere wurden speziell für die Serie konzipiert, so zum Beispiel der Redneck Daryl Dixon, der einsame Wolf mit Armbrust, der wahrscheinlich einer der most badass characters ever ist. Als Nichtkenner der Comics fragt man sich: wie kann das Comic ohne diesen Charakter überhaupt bestehen?

Abgesehen davon, dass Frank Darabont (Produzent der Serie) und Robert Kirkman (einer der Autoren der Comics und wichtiger Berater für die Serie) neue Charaktere geschaffen haben, die die Menschen faszinieren, so ist doch die Entwicklung, die ein jeder Charakter im Verlauf der Staffeln durchmacht, tragendes Element der Serie.

 

„Damn…the actors of Game of Thrones have better job security.“

Die Serie deckt in vier Staffeln einen Zeitraum über knapp eineinhalb Jahre ab. In dieser Zeit machen die Hauptcharaktere große Entwicklungen durch. Sichtbar wird dies vor allem an der Figur Carl Grimes, der sich vom unschuldigen Kind zum kämpfenden Jugendlichen entwickelt. Der Grund dafür, dass sich der Zuschauer so sehr auf die Charaktere einlassen kann ist der, dass sich die Serie Zeit nimmt. Die zweite Staffel spielt beinahe ausschließlich auf einer Farm. Dort gewinnt die Gruppe neue Mitglieder. Es wird oft kritisiert, dass die Serie langatmig ist, dass sie (abgesehen von den midseason finales und den season finales) eher langweilig ist und vor sich hindümpelt. Vor allem in der zweiten Staffel mag sich einem dieser Eindruck aufzwängen. Doch sind es gerade die Folgen, in denen scheinbar wenig passiert, die eine Bindung zwischen Zuschauer und Charakteren zulässt. Innere Konflikte, Gruppenkonflikte und allzu Menschliches bieten so viel Potential zur Identifikation, dass es beinahe unmöglich wird das Schauen abzubrechen. Der Zuschauer bekommt das Gefühl seinen Lieblingscharakter begleiten zu müssen. Denn für eines ist die Serie bekannt: trotz teilweise langatmiger Episoden bietet sie Showdowns wie kaum eine andere Serie.

Bei jenen Showdowns ist es leider auch gang und gäbe, dass sich massenhaft Hauptcharaktere gewaltsam verabschieden. Das Figurensterben hat in dieser Serie Hochkonjunktur. Gewöhnt man sich gerade an eine Figur, beginnt man sich mit ihr zu identifizieren und sie lieb zu gewinnen, wird sie aus der Serie gerissen. Diese ständige Unsicherheit, die der Zuschauer hat – überlebt meine Lieblingsfigur? Gewinnt am Ende doch der Antagonist? – ist sicherlich ein Faktor, der den Erfolg der Serie erklärt.

 

Fazit

Anders als Comics und Computerspiele erreichen TV-Serien ein ungleich größeres Publikum. Dieses Publikum reicht von jung bis alt, Frauen und Männer gleichermaßen sind der Serie verfallen. Doch sind es nicht die Horrorelemente, die den Erfolg der Serie ausmachen. Das Zombieszenario bietet lediglich den Hintergrund für Entwicklungen und menschliche Konflikte, mit denen sich der Zuschauer identifizieren kann. Am Ende wird sich jeder Zuschauer fragen: was würde ich tun? Schlussendlich ist das wahre Horrorszenario, das die Serie bietet, die Tiefe der menschlichen Abgründe. Denn egal welche Katastrophe über die Menschheit hereinbricht: der Mensch ist und bleibt des Menschen größter Feind.

 


Foto: flickr.com/Even Roberts (CC BY-NC 2.0)

Abschied vom Pessimismus – Warum der Journalismus von der digitalen Revolution profitiert

von Sabine Appel

 

Jedes Jahr lädt das Institut für Medienwissenschaft in Kooperation mit dem SWR prominente Persönlichkeiten zu einem Vortrag über aktuelle Themen in der Medienbranche ein. Gast bei der 11. Tübinger Mediendozentur am Montagabend, den 26. Mai 2014, war Dr. Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE. Er sprach über die aktuelle Sinnkrise des Journalismus, die aus der Digitalisierung entstanden ist und vertrat die Meinung, dass man ihr deutlich optimistischer entgegenblicken sollte als bisher. „Plakativer Pessimismus“ sei fehl am Platz, denn eigentlich biete die Digitalisierung genügend Chancen für den Journalismus. Laut Döpfner kann der digitale Journalismus in Zukunft sogar besser werden als der analoge.

Das aktuelle Problem der Verlage ist kurz zusammengefasst: Durch den digitalen Wandel und die kostenlosen Angebote im Internet gehen die traditionellen Printmedien unter. Einzelne Monopolisten (Google, Facebook) bedrohen die Verlage auch online mit ihrer Macht, denn sie kontrollieren die Inhalte im Netz. Die Meinungsvielfalt ist in Gefahr, weil Google und Co durch ihre Algorithmen den von den Nutzern – das sind allein in Deutschland derzeit 91,2% aller Internetnutzer – wahrgenommenen Content diktieren.  Eine weitere Gefahr stelle das „Diktat der Klickzahl“ dar, von dem  Professor Bernhard Pörksen in den Vortrag einleitenden Worten sprach: Dieses könne zum Qualitätsverlust führen, denn im Internet muss bis zu einem gewissen Grad veröffentlicht werden, was der Nutzer lesen will. Wer dies ignoriert, bekommt keine Klicks mehr und wird als Medium nicht mehr gehört. Aber was bedeutet das für den Journalismus?

 

Qualitätsjournalismus vom Papier aufs Tablet bringen

Döpfner stellte im Grunde zwei Thesen auf: Im Verlagswesen ändert sich durch die digitale Revolution letztlich nicht so viel wie ständig befürchtet wird. Aus diesem Grund ist der Journalismus an sich auch nicht dem Untergang geweiht. Außerdem dürfe man als Zeitung entgegen einer landläufigen Meinung eben nicht alles anders machen als bisher, um erfolgreich zu bleiben. Der Schlüssel zum Erfolg sei es, so Döpfner, die klassische „Idee des Journalismus vom Papier zu emanzipieren“. Man müsse sich auf die Grundqualitäten und –fertigkeiten des professionellen Journalismus berufen, um als Verlag bestehen zu bleiben, ganz unabhängig vom Medium.

Der Journalismus dient laut Döpfner nicht mehr als Instrument zur Volksbelehrung, das dem Leser überlegen ist, sondern ist zu einer Dienstleistung geworden, die sich nach dem Nutzer richten und damit auskommen muss, dass der Nutzer selbst auch publiziert – seien es Kommentare oder sogar eigene Blogs. Doch viele sehen in genau dieser Umkehrung die Problematik: Wenn jeder sein eigener Chefredakteur sein und seine Meinung im Internet publizieren kann, sind Profis vielleicht irgendwann überflüssig. Dem widerspricht Döpfner – denn es gebe „nicht nur Schwarmintelligenz, sondern auch Schwarmdummheit“. Zwar sei der kritische Nutzer eine Bereicherung für die Diskussion, aber keine Bedrohung. Denn je größer das Angebot an Informationen sei, desto größer sei auch das bleibende Grundbedürfnis nach Orientierung und Anleitung durch kompetente Meinungsführer. Im digitalen Journalismus ginge es dem Nutzer nicht mehr nur um Informationsbeschaffung, sondern um die Einordnung und Diskussion dieser Information. Davon können Verlage profitieren, indem sie sich auf ihre traditionellen Qualitätsmerkmale berufen.

 

Content is king

Eine weitere interessante These Döpfners ist, dass „elektronisches Papier“ in einigen Jahren so aussehen wird wie heutzutage analoges Papier. Es sei dann dünn und faltbar, habe also alle Qualitäten des bisherigen und sei durch die fortgeschrittene Technologie und ökologische Verträglichkeit noch besser. An dieser Stelle zieht Döpfner eine Parallele zum Journalismus: Mit dem abbildenden Universalmedium könne auch der Journalismus besser werden, da sich die Zeitungen nicht mehr durch Materialmerkmale von den anderen unterscheiden könnten, sondern nur noch durch besser aufbereitete Inhalte. Diese Anforderung sei auch eine Chance. Der Journalismus im Netz sei 1. tiefgründiger, weil er längere Beiträge ermöglicht, 2. aktueller, weil eine sofortige Publikation möglich ist, 3. relevanter, weil es einen größeren Adressatenmarkt gibt und die Inhalte für jeden zugänglich sind, 4. interaktiver und damit klüger, weil Fehler korrigiert werden können und 5. intermedial und deshalb kreativer nutzbar. Der digitale Journalismus fördere damit Qualität wie eh und je. Das Erfolgsrezept für Verlage sei daher, „technisch progressiv, ästhetisch neu und inhaltlich konservativ“ aufzutreten.

Eine kleine, überwindbare Hürde sieht Döpfner in der aktuell vorherrschenden „Gratiskultur“, die generell Informationen und besonders qualitativ hochwertigen Journalismus als kostenlose Güter annimmt. Dies sei viel gefährlicher für den Journalismus als der Wechsel von Print zu Digital. Dennoch ist Döpfner optimistisch, dass Nutzer in Zukunft vermehrt bereit sein werden, für unabhängig recherchierten, professionellen Journalismus zu bezahlen. Verlage müssten sich nun darauf konzentrieren, auch das junge Publikum zu begeistern. Das ginge am Besten, indem sie die drei traditionellen Qualitätskriterien – Neuigkeiten, Meinung und Sprache – charismatisch und mit Zeitgeist vertreten. Nutzer suchen laut Döpfner nicht nur nach Information, sondern nach Haltung – ganz unabhängig davon, ob sie dieser am Ende zustimmen oder nicht. Außerdem sei eine emotionale Note sehr wohl gewünscht – Medien dürften ruhig eine Seele verkörpern, die die Leser bewegt. Durch die gesteigerte Medienkompetenz entstehen hohe Ansprüche an Journalisten, die jedoch auch als Chance wahrgenommen werden können. Abschließend sagte Döpfner, dass unabhängig davon, was sich technisch verändere, doch immer eines bleibe, das man bewahren müsse: Guter Journalismus. Eine sinnvolle Forderung, so simpel sie auf den ersten Blick auch erscheinen mag.

Untot und trotzdem Spaß – The Walking Dead

von Marius Lang; illustriert von Henrike Ledig

Als Robert Kirkman bei Image Comics ankam und dort seine Idee eines Zombie-Comics vorstellte, wurde er prompt weggeschickt. Die Begründung war denkbar einfach: Es gab keine erfolgreichen Zombie-Comics, und die Stories in Zombie-Filmen sind immer die Gleichen. Keine guten Aussichten für eine Reihe. Der Verlag verlangte eine Wendung, mit der die Leser nicht rechnen würden. Und die lieferte Kirkman auch. Aliens sollen hinter dem Zombievirus stecken, um so ihre Invasion vorzubereiten. Image Comics war zufrieden, nahm die Idee an und 2003 erschien der erste Band von The Walking Dead. Angegriffen haben die Aliens aber nie.

Success of the Living Dead

Mehr als zehn Jahre und über 120 Ausgaben später ist The Walking Dead (TWD) eine der erfolgreichsten Comicreihen unserer Zeit und eines der Aushängeschilder des Verlags. Auf die Aliens wartet Image Comics schon lange nicht mehr. Kirkman hat schon mit den ersten Ausgaben seiner Reihe bewiesen, dass seine Herangehensweise auch sehr gut ohne einen unvorhergesehenen Twist auskommt. Die Zombie-Reihe hat ihren Einflussbereich längst in andere Medien ausgebreitet: Seit 2010 erscheint die erfolgreiche TV-Serie auf Basis der Comics, 2011 ging der Erfolgszug als Videospiel weiter. Und ebenfalls seit 2011 erweitert Kirkman persönlich den Kanon seiner Comics um klassische Romane.

TWD war etwas völlig Neues, wenn auch es auch auf der ursprünglich ausgelatschten Idee von Zombies basierte. Doch was war es, dass die Comics seinerzeit so anders machte? Die Story an sich kann recht schnell zusammengefasst werden. Ein unbekanntes Virus hat die Menschheit befallen und lässt sie als lebendige Tote und mit unstillbarem Hunger auf lebendes Fleisch zurückkehren. Vor diesem Setting agieren die Helden der Reihe: Eine Gruppe Überlebender, die in dieser Welt ohne Gesetz und Ordnung versuchen, über die Runden zu kommen. Angeführt werden sie dabei von Rick Grimes, vor dem Ausbruch des Virus Polizist und Familienvater. Es sind diese und andere Überlebende, auf die der Autor seinen Fokus legt. Wie wurden sie zu dem, was sie in der Krise sind? Vor allem aber, was ist es, dass sie in dieser Welt der lebenden Toten zum Menschen macht? Was hilft ihnen, diese Menschlichkeit nicht zu verlieren?

Kirkman verzichtet dabei darauf, Rückblenden auf bessere Zeiten einzubauen. Die Vergangenheit der Figuren wird meist nur in Dialogen und in der Gegenwart der Erzählung beleuchtet. Wie viel man über die Vergangenheit einer Figur erfährt, variiert. Ob das, was man erfährt auch wahr ist, kann man oft nicht einschätzen. Nicht, dass die Vergangenheit noch etwas bedeuten würde. In TWD zeigt sich, dass erst die Handlungen in einer Welt ohne Ordnung, ohne Gesetz, ohne Nachrichten und ohne Sicherheit vor einer ständigen Gefahr zeigen, wer man wirklich ist.

 

Tod in jedem Panel

Kirkman versteht es dabei, die ständige Bedrohung fühlbar zu machen. Kein Mensch ist in der Postapokalypse sicher. Die Wendungen der Story sind weit brutaler als in der TV-Serie. Und der Tod kann in jedem Panel lauern. Auch Hauptfiguren sterben oft unerwartet und nicht selten auf brutale Art und Weise.

Doch nicht die Tatsache, dass Hauptfiguren sterben, hebt TWD von anderen Comics ab. Der Tod war schon immer ein fester Bestandteil der Comicindustrie. Doch in anderen populären Comics der anglo-amerikanischen Szene war es auch stets ein Gimmick, Hauptcharaktere dahinscheiden zu lassen. Eine Strategie, um kurzfristig Verkaufszahlen anzukurbeln und Aufmerksamkeit zu erregen. Hauptfiguren starben, doch war dies selten und noch seltener war es, dass der Tod von Dauer ist.

In Kirkmans Story-Universum dagegen ist der Tod ein ständiger Begleiter. Er erinnert die übrigen Überlebenden und die Leser an die ständige Bedrohung durch Zombies und andere Menschen. Man könnte meinen, dass mit den titelgebenden „wandelnden Toten“ nicht nur die Zombies gemeint sind, sondern auch die Helden der Reihe, die oft schon mit einem Bein im Grab stehen.

 

Bild und Kontrast in der Postapokalypse

Totengräber Kirkman allerdings ist nur der Autor der Comics. Doch visuelle Narration besteht immer aus zwei Aspekten: Text und Bild. Die Rolle des Zeichners ist nicht weniger wichtig als die des Autors. TWD musste dabei recht früh einen Wandel durchmachen. Zeichner der ersten sechs Ausgaben des Comics war Tony Moore, der mit Kirkman auch Urheber der Grundidee war.

Seine Nachfolge trat ab #7 Charlie Adlard an, der seitdem jede weitere Ausgabe illustrierte. Moore arbeitete nur noch vereinzelt und an den Covern der Comics mit. Der Stil der beiden Zeichner ist denkbar unterschiedlich: Moores Stil war sauberer und runder, aber auch cartoonhafter. Adlard hingegen pflegt einen dreckigeren Stil, unterstrichen von den starken Kontrasten aus den Händen von Colorist Cliff Rathburn, die sich auf Schwarz und Weiß konzentrieren und wenig Raum für Grautöne lassen. Schwarz, Weiß, wenig dazwischen, das ist es, was die Optik der Reihe ausmacht. Farben sieht man nur in den Covern. Die Geschichten selbst kommen jedoch sehr gut ohne die bunte Optik, für die Comics oft bekannt sind, aus.

TWD ist ein Comic, das theoretisch endlos weitergehen kann. Die Charaktere haben nur ein Ziel vor Augen: Überleben. Oft um jeden Preis. Die Hintergründe des Virus bleiben im Dunkeln. Heilung steht nicht in Aussicht, ebenso wenig wie Rettung von außen. Somit kann man nicht absehen, wo die Reihe hinführen wird. Kirkman allerdings hat schon das Ende im Kopf (ohne Aliens). Er hat schon die letzte Szene geschrieben, er kennt den letzten Dialog, er weiß, wer am Ende noch lebt. Allerdings weiß er nicht, wie lange es bis dahin noch dauert. Und am Spaß an seiner Reihe mangelt es ihm definitiv nicht. Somit können die Toten noch eine ganze Weile in den Seiten seiner Comics umherwandern.

X-Men: Zurück in die Vergangenheit

von Marius Lang

Die Geschichte der X-Men-Filme ist ein famoses Beispiel von Qualitätsschwankungen. Waren die ersten beiden Filme gut, im Falle des zweiten Teils X2 sogar sehr gut, so fielen der dritte Film  Der letzte Widerstand und das Spin-off X-Men Origins: Wolverine bei Kritikern und Fans gleichermaßen durch.

Der Reboot Erste Entscheidung hingegen war erneut ein Publikumsliebling, der mit neuem Cast überraschte und mit Lob überhäuft wurde. Der neueste Teil der Filmreihe Zukunft ist Vergangenheit vereint nun die Altstars der ersten Filme mit den jüngeren Helden des Reboots. Das alles unter der Regie von Bryan Singer, der schon bei den ersten beiden Filmen die Fäden in der Hand hatte. Es steht viel auf dem Spiel: Im Film selbst die Zukunft der Mutanten, in der Realität die Zukunft des Franchise.

 

Vergangenheitspläne und Zukunftsbewältigung

In einer düsteren Gegenwart hat ein Krieg zwischen Menschen und Mutanten letztere an den Rand ihrer Ausrottung gebracht. Die Waffe der Menschen sind die Sentinels, unzerstörbare Androiden. In Moskau wird ein kleiner Trupp Mutanten von den Sentinels aufgespürt und nach und nach vernichtet. Doch dank Kitty Pryde (Ellen Page) gelingt es, eine Nachricht in die Vergangenheit zu schicken, um noch vor dem Angriff zu warnen. Der Trupp flieht nach China, wo einige alte Bekannte hinzustoßen: Professor X (Patrick Stewart), Storm (Halle Berry), ein reformierter Magneto (Ian McKellen) und natürlich Wolverine.

Gemeinsam fasst man einen Plan: Die Sentinels basieren auf einem Konzept des Mutantenhassers Bolivar Trask (Peter Dinklage), aus den 70ern. Als die Mutantin Mystique  (Jennifer Lawrence) Trask ermordete, entschloss sich die Regierung dazu, das Sentinel-Programm weiter zu verfolgen. Der Plan des Widerstands: Kitty muss das Bewusstsein eines X-Men in seinen Körper der Vergangenheit senden. Dieser soll dann Kontakt zu den jüngeren Professor X (James McAvoy) und Magneto (Michael Fassbender) aufnehmen, um gemeinsam Mystique an dem Attentat zu hindern.

Wolverine ist der Einzige, der den Zeitsprung überleben kann und ergreift deshalb die Initivative. Doch die Reise birgt Probleme: Professor X ist in den 70ern nur ein versoffener Schatten seiner selbst und Magneto sitzt in Haft. Außerdem läuft die Zeit in der Gegenwart wie gewohnt weiter und die Sentinels kommen immer näher. Wolverine muss sich in der Vergangenheit also beeilen, um die Zukunft zu verändern.

Klingt kompliziert? Ist es auch. Aber so ist das Zeitreisen-Geschäft nun einmal.

 

Mutanten-Rassismus

Das Leitmotiv von Rassismus und Intoleranz zieht sich von jeher durch die X-Men. Ein Beispiel ist die Figur des Magneto, der in den früheren Filmen vom Holocaustüberlebenden zum Herrenrassenbeschwörer mutiert. Der Löwenanteil der Mutanten sind friedlich, doch einige Radikale bringen sie in Verruf.

Der Auftakt des neuen Films spielt die Endlösung durch: Mutanten werden in Lagern zusammengetrieben und in Massengräbern beigesetzt. Die Bilder am Anfang sind recht deutlich, fast schon simpel, aber dennoch kraftvoll. In diesem Setting spielt sich die Rahmenhandlung im „heute“ ab.  Den Löwenanteil des Films übernehmen jedoch Wolverine und die Helden des Reboots, James McAvoy, Michael Fassbender und Jennifer Lawrence.

 

Überzeugender Cast

Hugh Jackman als Wolverine lässt sich gut vermarkten und war daher auch das Zentrum der Reklame für den Film. Leider war er aber in früheren Filmen nie wirklich interessant. In Zukunft ist Vergangenheit aber wird die Figur aus seiner Komfortzone herausgenommen. Der grobschlächtige, brummige Einzelkämpfer muss auf einmal den Mentor mimen. Damit noch nicht genug: Kitty ermahnt ihn auch dazu, dass er möglichst friedliche Gedanken pflegen muss, da sie sonst die Verbindung seines Bewusstseins mit seinem früheren Ich nicht aufrecht erhalten werden kann. Jackman spielt Wolverine gewohnt gut und die Story des Films gibt der Figur weit mehr Tiefe, als es die beiden Solofilme des Helden vermochten. Doch auch die übrigen Schauspieler überzeugen. Die Helden des Reboots sind durch die Bank fantastisch. Jennifer Lawrence ist eine großartige Mystique und auch McAvoy und Fassbender spielen die jüngeren Versionen von Professor X und Magneto, schon damals verfeindet, brillant. In der Rahmenhandlung wiederum überzeugen vor allem Patrick Stewart und Ian McKellen, bekannt aus den früheren X-Men-Filmen. Beide Versionen der Figuren profitieren davon, dass sie im Film nebeneinander gestellt werden. Als rassistisch versnobter Bösewicht Trask überzeugt hingegen Peter Dinklage (bekannt aus Game of Thrones).

Ein Wehrmutstropfen: Da der Großteil der Handlung in den 70ern spielt, leiden all jene Charaktere, die in der Rahmenhandlung ohne junge Version der Vergangenheit auskommen müssen, unter einer recht schwachen Charakterisierung. Dafür spielt jede Figur eine Rolle und niemand steht nur nutzlos daneben. Eine helle Freude ist hierbei der kurze, aber fantastische Auftritt von Evan Peters als Quicksilver, der bei Wolverine und Professor X bei der Befreiung Magnetos unterstützt.

 

Krach, Knall, Bumm!!

Und noch etwas überzeugt in diesem Film. Die Action ist die bislang Beste der X-Men-Filme. Ein Actionfeuerwerk jagt dabei das nächste, jeder der Kämpfe ist ein neuer Höhepunkt des Films. Dabei sahen die Kräfte der Mutanten nie so gut aus und nie war ein Film so einfallsreich in ihrer Durchführung. Das Finale ist hierbei einer der bombastischsten Auftritte, die je in einem X-Men-Film zu sehen waren.

Bryan Singers Rückkehr in den Regiestuhl hat sich in jedem Fall gelohnt. Sein Film ist eine fantastische Verbindung der alten Filme und des Reboots und optisch eine helle Freude. Mit X2 und Erste Entscheidung definitiv der beste Film der Reihe. Und obwohl es eigentlich bei Marvel-Filmen nicht mehr nötig ist, das zu sagen: Es lohnt sich, bis nach dem Abspann zu bleiben.

 

 

Bilder: Wolverine in der Vergangenheit mit Professor X; Professor X und Magneto; Mystique

© 2013 Twentieth Century Fox

Der Set-Knigge: Praktikum beim Film

Text und Bilder von Philipp Humpert

Man wird nicht als großer Regisseur geboren. Der Weg in die Filmbranche beginnt am unteren Ende der Karriereleiter: Als Praktikant. Damit du bei deinen ersten Gehversuchen hinter der Kamera nicht stolperst, haben wir für dich ein paar Benimmregeln zusammengestellt.

 

1. Ein gutes Praktikum finden

Um von deinem Praktikum optimal zu profitieren, solltest du dir mindestens zwei Monate Zeit nehmen, tendenziell länger. Am besten schaust du erstmal auf www.crew-united.de vorbei, dort werden die meisten Praktika angeboten. Auch die großen Produktionsfirmen wie Bavaria Film oder das Studio Babelsberg bieten Praktika an. Alternativ kannst du – falls du studierst – auch bei Dozenten und Studienberatern nachfragen, die haben oft Kontakte oder zumindest ein paar Tipps parat.

Allgemein gilt, dass du räumlich flexibel sein solltest und – zumindest zu Beginn – nur eine geringe Vergütung erwarten kannst.

 

2. Der beste Job zum Einstieg – Licht oder Ton

Ein häufiges Problem ist, dass Praktikanten zwar die längste Zeit am Set sind, von den eigentlichen Dreharbeiten aber nur wenig mitbekommen. Sie sind nicht am Set – sondern um das Set herum. Das heißt: Absperrungen aufbauen, Ausrüstung fahren oder – ja, tatsächlich – Kaffee kochen. Eine gute Möglichkeit, nah am Geschehen zu sein, ist ein Praktikum bei der Licht-, Tonabteilung oder bei der Ausstattung/Szenenbild. Hier bist du klar einem Aufgabenbereich zugeordnet und hast mit Leuten zu tun, die unmittelbar mit dem Regisseur zusammen arbeiten.

 

3. Der übliche Job zum Einstieg – Setrunner

Ohne Vorerfahrung kann es schwierig werden, direkt in einem speziellen Bereich einzusteigen. Das mit Abstand am häufigsten angebotene Praktikum ist daher bei der Aufnahmeleitung als Setrunner. Dabei bist du dafür verantwortlich, dass hinter den Kulissen alles reibungslos läuft. In der Praxis bedeutet das meist, Routineaufgaben wie Auf- und Abbau von Ausrüstung, Besorgungsfahrten und beim Catering helfen zu übernehmen. Auch wenn dieser Job nicht der spannendste ist, bietet er aber dennoch Möglichkeiten, mit Leuten in Kontakt zu kommen und den Ablauf beim Drehalltag kennen zu lernen.

 

 

4. Set ist wie Bundeswehr – nur schlimmer

Naja, zumindest so ähnlich. Am Set gibt es eine strenge Hierarchie, an die sich jeder halten sollte. Das hat vor allem praktische Gründe. Die Drehtage sind sehr genau durchgeplant, und für den reibungslosen Ablauf muss jeder seinen Platz kennen. Das heißt, wenn du meinst, einen Anschlussfehler entdeckt zu haben oder glaubst, ein Schauspieler sagt den falschen Text – besser nicht gleich mitten in die Aufnahme brüllen. Stattdessen gehst du in einer ruhigen Minute entweder zu deinem direkten Vorgesetzten oder wendest dich an die Continuity, die den Drehplan überwacht. Die werden sich das anhören und eventuell mit dem Regisseur sprechen. Und vor allem: Niemals eigenmächtig irgendetwas am Set verändern! Niemals! Das gibt Ärger.

 

5. Handschuhe, Gaffa, Stiefel – Arbeitskleidung ist Pflicht

Du trägst 20kg schwere Lampen durch die Gegend oder baust den ganzen Tag Schienen auf… Mit der falschen Ausrüstung kann das zur Tortur werden. Im Idealfall wird dir deine Arbeitskleidung gestellt. Wenn nicht, rate ich dringend, dir zumindest eine Grundausrüstung zuzulegen. Dazu gehören: Ein paar Arbeitshandschuhe, eine robuste Arbeitshose,  Arbeitsstiefel, eine Rolle Gaffatape, ein Taschenmesser oder Leatherman, eine Taschenlampe, Regenjacke und Regenhose sowie jede Menge warme Kleidung für kalte und lange Nachtdrehs.

 

6. Stift und Papier, das rat ich dir – Schreib dir wichtige Dinge auf

Das wichtigste, was du in deinem ersten Praktikum bekommst, ist Erfahrung. Du lernst Abläufe und die Ausrüstung kennen, die meist spezielle Namen hat (Par 1,2 KW Stufe, Krokoklemme, Pinzer, Frost, Fahne, C-Stand, Monster, Magicarm). Schreib dir alles auf, dann findest du dich schneller zurecht und kannst bald mit Fachbegriffen beeindrucken.

 

7. Keine Frage ist dumm – nur, nicht zu fragen

Das ist die wichtigste Regel – Fragen, Fragen, Fragen. Du bist hier zum Lernen, und die allermeisten Menschen am Set geben gerne Auskunft. Wenn du eine Anweisung nicht verstehst, frag sofort nach, für alles andere warte eine ruhige Minute ab und sprich die Leute an. Die meisten werden auch schon bei anderen Projekten mitgearbeitet haben und können dir so zusätzlich wichtige Tipps geben und von ihren Erfahrungen erzählen.

 

8. Schauspieler haben keine Ahnung

In der Nahrungskette am Set stehst du zwar noch relativ weit unten, trotzdem musst du dir nicht alles gefallen lassen. Anweisungen kriegst du zuallererst von deinem Vorgesetzen, dann vielleicht noch vom Regisseur oder dem Kameramann. Alles andere sind Gefallen, die du zwar gerne tun kannst, aber nicht musst. Besonders Schauspieler, die sich hinter den Kulissen nicht so gut auskennen, werden versuchen, dir Aufgaben zu geben, für die du nicht zuständig bist. Lehne das höflich ab. Wenn du nämlich nicht auf deinem Posten bist, wo du gebraucht wirst, weil du gerade freundlicherweise ein Auto umparkst, kann das unangenehme Konsequenzen haben. Das gilt übrigens auch für andere Bereiche. Wenn du beim Licht arbeitest, versuch nicht, freundlich zu sein und der Ausstattung beim Tragen zu helfen. Das wird meist ungern gesehen, weil jeder sein eigenes Ordnungssystem mitbringt und darin gerne bleibt.

 

9. Vitamin B ist alles – knüpfe Kontakte

Denke heute schon an morgen – und an den nächsten Job. Gute Leute werden beim Film immer gesucht, aber man muss sie auch kennen. Versuche deswegen, mit möglichst vielen Menschen am Set zu sprechen und im Gedächtnis zu bleiben.

 

10. Das Wichtigste – Zeige Begeisterung

Fleiß ist das eine, aber wahre Begeisterung bringt dich weiter. Wenn die Leute mitkriegen, dass du Spaß und Interesse hast, werden die alten Hasen viel eher bereit sein, dir etwas zu erklären oder dich in neue Bereiche einzuführen. Und ganz nebenbei brennst du ja ohnehin für alles, was mit Film zu tun hat, oder?

Die Arbeit beim Film ist anstrengend und schmutzig, trotzdem ist es ein unglaublich spannender Bereich, bei dem kein Tag ist wie der andere. Wenn du glaubst, dass du das Talent und die Begeisterung hast, solltest du es unbedingt ausprobieren. Kämpfe dich durch die harten Zeiten und du wirst belohnt werden mit unvergleichlichen Erfahrungen!

 

Superhelden auf Zelluloid – Teil II

von Marius Lang; Illustration von Henrike W. Ledig

Die Beziehung von Comics und Filmen hat im Laufe der Jahrzehnte immer wieder Höhen und Tiefen erlebt, ist jetzt aber gefestigeter denn je. Die Verfilmungen sind erwachsener geworden, schaffen neue Universen, neue Helden und neue Geschichten. Wer hätte gedacht, dass Comicverfilmungen einmal einer der wichtigsten Eckpfeiler des Blockbusterkinos werden?

Vorreiter: Batman

Die Symbiose von Comic und Film befindet sich in einem steten Wandel.Ein Beispiel: Batman. Von der Kurzfilmsammlung der 40er, über Adam Wests kinderfreundliche Version, Tim Burtons düstere Interpretation und schließlich Joel Schumachers ungeliebte Adaption des dunklen Ritters, schaffte der Held 2005 schließlich die Rückkehr auf die große Leinwand. Doch Christopher Nolans „neuer“ Batman hat mit der Comicvorlage nur wenig gemein. Seine Batman-Trilogie zeigt eine realistische, dunkle und brutale Neuinterpretation des Helden, gerichtet an ein erwachsenes Publikum. Superkräfte existieren in dieser Welt nicht, nur überlegene Technik und Menschen, deren Kraft auf intensivem Training von Körper und Geist basiert.In den Comics dagegen waren Superkräfte an der Tagesordnung.

Comics werden erwachsen

Ein neuer Trend entstand. Comicverfilmungen sollten ein erwachseneres Publikum ansprechen. Bis in die 90er Jahre bestand die Zielgruppe von Comicverfilmungen, mit wenigen Ausnahmen, aus Kindern. Comics aber waren selbst schon lange nicht mehr ein Medium, das sich exklusiv an Kinder richtete. Mit den 1980ern wurden sie erwachsener und auch die Leserschaft bestand schon lange nicht mehr nur aus Kindern. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Filmindustrie sich im großen Stil  an anderen Zielgruppen versuchen würde. Ebenfalls 2005 erschien Sin City, 2007 dann 300, beide Filme auf Basis von Comics von Frank Miller, und 2009 wurde dann auch der Citizen Kane der Comics verfilmt, Alan Moores Watchmen. All diese Filme sind sowohl in der Vorlage als auch in ihrer filmischen Umsetzung düster, brutal und für erwachsene Rezipienten bestimmt. Hinzu kommen Filme wie A History of Violence (2005) und Persepolis (2007), basierend auf ernsten und realistischen Graphic Novels. Doch die neuen Comicfilme gehen noch weiter, als nur die Zielgruppe zu  erweitern. Wie  schon an Nolans Batman zu erkennen war, emanzipierten sich die Filme stärker von den Vorlagen. Manchmal auch mit unerwarteten Folgen.

Emanzipiert euch, Filme!

2002 erschien Spider Man, unter der Regie von Sam Raimi. Der weitreichende Erfolg des Films sowohl bei Fans der Comics als auch bei Zuschauern, die weniger mit der Vorlage vertraut waren, veranlasste das Studio, zwei Sequels zu drehen. Der im Film von Tobey Maguire dargestellte Spider Man/Peter Parker unterschied sich in einigen Punkten von seiner Vorlage. Zunächst war die Spinne, deren Biss Peter Parker seine Kräfte verlieh, nicht mehr radioaktiv:

Als die Spider Man 1962 seinen Einzug in die Comicwelt feierte, war die Nutzung einer durch Strahlung mutierten Spinne ein Bezug auf die unvorhersehbare Macht der Radioaktivität. Amerika befand sich im nuklearen Wettrüsten mit der Sowjetunion, die Gefahr des Atomkriegs war allgegenwärtig und die Risiken und Vorteile der Atomenergie waren ein noch nicht erfasstes Thema. Spider Mans Kräfte von der verstrahlten Spinne herrühren zu lassen, lag damals also nahe. Die Filme von Sam Raimi dagegen entschieden sich dafür, die Spinne als genetisches Experiment darzustellen, eine Spinnenhybrid, geschaffen aus der experimentellen Kreuzung mehrerer Spinnenarten.

Auch dies ist ein Zeichen der Zeit, in der die Unklarheiten der Genforschung ein zentraleres Thema darstellen. Wie oftmals, versuchten die Werke, aktuelle Gesellschaftsthemen einzubinden.

Und auch die Kräfte Spider Mans sind etwas anders als die der Vorlage. Hervorzuheben ist hierbei, dass die Fähigkeit des Helden, Netze aus seinen Armen zu schießen, im Film ebenfalls eine Kraft ist, die durch den Spinnenbiss übertragen wurde. In den Comics baute sich Peter Parker diese „Webshooter“ selbst. Zwischen 2005 und 2007 entwickelte auch der Spider Man in den Comics diese Fähigkeit, in Anlehnung an die Filme. Somit hatten die Filme von Sam Raimi direkten Einfluss auf die Comics ausgeübt.

Eine Welt, viele Helden

Comicverfilmungen hatten sich also nun von ihren Vorlagen emanzipiert, die Helden waren neu interpretiert worden und die Zielgruppe wurde um einiges erweitert. Doch da hört es nicht auf. Der nächste Schritt ist das shared universe der Marvel-Filme. Dies begann MARVEL 2008 mit Iron Man in dem nach Ablauf der End-Credits eine kurze Szene auf die „Avenger-Initiative“ aufmerksam gemacht wurde. Was zunächst erst noch utopisch klang, wurde mit jedem Film im Marvel-Cinematic-Universe weiter aufgebaut. Nach Iron Man wurden auch die anderen Marvel-Helden Hulk, Thor und Captain America in eigenen Filmen in das Filmuniversum eingebaut. Den vorläufigen Höhepunkt fand dieses Filmuniversum mit The Avengers (2012), einem der erfolgreichsten Filme aller Zeiten. Marvel nutzt den Strom des Erfolgs und hat mit der Fernsehserie Agents of Shield auch das Fernsehen erobert. Ein Ende ist da noch nicht in Sicht.

Wir wollen auch mit!

Adie Konkurrenz will auf den Zug mit aufspringen. 20th Century Fox, die unter anderem die Filmrechte an den X-Men und den Fantastic Four gekauft haben, planen selbst ein shared universe aufzubauen. Hauptkonkurrent DC will in die direkte Konfrontation gehen und arbeitet derzeit an einem Filmuniversum mit dem Ziel, die Justice League auf die Leinwand zu bringen. Die ersten Schritte sind schon getan, doch ist auch auffällig, dass DC weit weniger risikofreudig ist, als Marvel.

Ein Vergleich: Marvels nächster Film Guardians of the Galaxy, der im August erscheint, basiert auf einer weniger bekannten Comicreihe und besetzt als Figuren unter anderem ein gewaltiges Baum-Alien und einen sprechenden Waschbär. DC kann sich dagegen ihr wichtigstes kommendes Filmprojekt, eine Fortsetzung des Superman-Films Man of Steel, nicht vorstellen, ohne erneut ihr Steckenpferd Batman vor den Karren zu spannen.

Aus den früheren kindlichen Filmen um Helden in Strumpfhosen wurden ernste und erwachsene Helden. Eine Comicverfilmung ist heute ein fast schon garantierter Publikumserfolg, der weite Wellen schlagen wird. Den Adaptionen ist es schließlich auch zu verdanken, dass eine breite Masse auf die Vorlagen aufmerksam wird und Comicfans sich offener mit ihrem Hobby beschäftigen können. Und sei es auch nur, um sich Online darüber aufzuregen, dass Schauspieler „X“ eine ganz furchtbare Wahl für Comicheld „Y“ ist.


Souverän der Information – Professor Pörksen auf der re:publica 2014

von Sanja Döttling

Die re:publica ist eine deutsche Internetkonferenz rund um Social Media, Blogging und Digitale Gesellschaft. Dort hielt Professor Bernhard Pörksen, Leiter des Tübinger Instituts für Medienwissenschaften, einen Vortrag, über das Problem der Informationsüberflutung. Werden wir täglich mit zu vielen (digitalen) Informationen bombadiert? Pörksen stellte als Lösungsansatz seine Drei-Welten-Theorie vor. Im folgenden Video kann der Vortrag in ganzer Länge nachgehört werden.

 

 

 

Video: Creative Commons Attribution-ShareAlike 3.0 Germany (CC BY-SA 3.0 DE)

 

Look Up! – Viral wie ein Katzenbaby

 von Nico Busch

Du glaubst, du bist gesellschaftskritisch? Dir fällt auf, was tausenden Anderen auch schon aufgefallen ist? Dann schreib doch mal ein Gedicht darüber, trag das vor, lass dich dabei filmen und stell das Video ins Internet.

 

Baby, Baby, was ist denn bloß los mit dir?“

Mach es wie Julia Engelmann im Mai letzen Jahres. Der war nämlich aufgefallen, dass es seit 2000 Jahren etwas gibt, dass wir Lethargie nennen. Ein Gefühl der Langeweile und Tatenlosigkeit. Julia Engelmann fühlt das manchmal. Und die weiß, dass du das auch fühlst. Nämlich dann, wenn du daheim auf deiner Couch liegst und plötzlich merkst, dass dein Leben verglichen mit den Lebensentwürfen der Medien oder deiner 600 internationalen Facebook Freunde für immer nur Durchschnitt sein wird. Was die Julia aber nicht verstanden hat, ist, dass dieser Vergleich im Endeffekt bloß konsumgenerierende Einbildung ist. Und deshalb rät sie dir mit ganz viel sprachlichem Pathos in ihrem Video, nochmal so richtig auf die Kacke zu hauen, um am Ende deines Lebens bloß nicht als Langweiler dazustehen. Aus irgendeinem Grund klingt das für dich alles sehr plausibel, was die Julia da sagt. Die ist jetzt immerhin auch schon 21 Jahre alt. Da hat man eben Angst vor der Zukunft. Ja, vor was denn sonst? Du hörst noch irgendwas, das klingt wie „Mal wieder was riskieren“, oder feiern bis die Kühe lila sind, denkst dir YOLO, chillst weiter auf der Couch und fühlst dich bestätigt.

 

 Look Up? Grow up!

Oder dein Name ist Gary Turk. Du bist jung, ambitioniert, schreibst natürlich auch Gedichte (!) und hast auch online einen Namen. Du bist gebildet, aber du hast diesen naiv-optimistischen Forrest Gump-Spirit. Dein sehnlichster Wunsch ist es, irgendwann einmal auf einer Parkbank zu sitzen, Pralinen zu mampfen und glücklich auf dein Leben zurückzublicken, ohne das Gefühl zu spüren etwas verpasst zu haben. Obwohl dir etwa 3300 Menschen auf Twitter folgen, fühlst du dich einsam. Grund genug für dich anzunehmen, dass eine ganze Generation dasselbe Problem hat. Die These von der gemeinsamen Einsamkeit, die die MIT Professorin Sherry Turkle in ihrem Buch Together Alone unserem digitalen Zeitalter schon 2011 unterstellte, machst du unbemerkt zu deiner eigenen, zentralen Thematik deines Gedichts. Melancholische Hintergrundmusik begleitet deinen filmischen Vortrag, der mit einer Liebesgeschichte sein anschauliches Ende findet. Look Up, heißt dein Video und du willst damit sagen: Seht von euren Smartphones auf und stürzt euch ins reale Leben, ihr Langweiler! Deine rhythmischen Reime massieren mehr als 32 Millionen Hirne (Anzahl der Aufrufe des Videos auf YouTube, Stand 09.05.2014). Aber deine Zeilen haben gerade soviel Tiefgang, dass sie die große Masse für vielleicht zwei Wochen in absolute Betroffenheit und Nachdenklichkeit stürzen, ohne durch zuviel Komplexität zu überfordern oder irgendeine Art von Verhaltensänderung zu initiieren. Die Wirkung deines Beitrags ist von jener eines süßen Katzenbabyvideos nicht zu unterscheiden.

 

 

Bei Risiken oder Nebenwirkungen fragen Sie ein virales Video

Egal ob Engelmann oder Turk, was heute an Gesellschaftskritik im Netz viral geht, mutet textlich nicht nur an wie allerfeinster deutscher Pop Schlager à la Unheilig, sondern liest sich auch so: Geboren, um zu leben. Wie wir leben sollen, können Engelmann und Turk so genau auch nicht sagen. Sicher ist scheinbar nur: Überall und in allen Dingen erwartet uns heute das geheimnisvolle Event, die große Herausforderung, die einmalige Chance. Wer sie nicht nutzt, aus dem wird nichts! Was soll einer später im hohen Alter mal erzählen, der in seiner Jugend nichts von Bedeutung erlebt hat? (Engelmann). Und wie soll man die große Liebe finden, wenn man doch ständig auf das Handy starrt? (Turk). Die große Gemeinsamkeit der thematisch unterschiedlichen Beiträge Gary Turks und Julia Engelmanns ist es, dass sie jedem Moment unserer Existenz eine Einzigartigkeit, Gemeinschaftlichkeit und Erlebnisorientierung unterstellen, die wir so tatsächlich weder digital, noch analog erleben und die uns auch in ihrer praktischen Umsetzung schlichtweg überfordern würde.

 

Die mahnende Erinnerung an unser fast vergessenes, romantisch verklärtes, analoges Lebens liegt trotzdem nahe. Sie ist die einfachste und medientauglichste Antwort auf das große Vorurteil der Assozialität durch digitale Kommunikation. Und sie ist alles, was uns technisch-überforderten Hypochondern momentan einfällt, auf unserer panischen Suche nach der großen digitalen Epidemie.

 

 

Fotos: flickr.com/SigfridLundberg  und  flickr.com/Phae (CC BY-NC-SA 2.0)

 

Superhelden in Zelluloid – Teil 1

von Marius Lang;

Illustration von Henrike W. Ledig

 

Comic-Helden auf der großen Leinwand. Was heute, mit dem riesigen Filmuniversum von Marvel seinen vorläufigen Höhepunkt findet, hat seine Anfänge schon in den frühen 40er Jahren. Und aus Witzfiguren in flatternden Capes wurden bald die tiefgründigen Helden, die heute jeder kennt.

 

„Heilige Filmmagnaten, Batman!“

Den ersten Realfilmauftritt lieferte seinerzeit ein Held, den heute nur wenige kennen. Er war aber wegen seiner frühen Filmadaption erfolgreicher als Superman: Captain Marvel. 1941 erschien Adventures of Captain Marvel, eine Sammlung von Kurzfilmen um den namensgebenden Captain. Ähnliche Kurzfilmsammlungen erschienen später unter anderem auch für andere Helden wie Captain Marvels wichtigsten Konkurrenten: Superman (1948).

Dieser bekam schließlich auch einen abendfüllenden Film, Superman and the Mole Man (1951) und eine TV-Serie (1952-1958), beide mit George Reeves in der Hauptrolle. Besser erinnert man sich allerdings an den ersten großen Filmauftritt samt TV-Serie des dunklen Ritters: Batman hält die Welt in Atem (1966)  und die Serie Batman (1966-1968) mit Adam West als Titelheld und Burt Ward als Sidekick Robin erfreuen sich bis heute einer großen Fangemeinde. Sie überzeugen durch viel, gewollten und ungewollten, Humor und Selbstironie und einige ungewollt absurdere Momente.

 

„Christopher Reeve is, and forever will be, Superman.“ (Richard Donner)

1978 schaffte Richard Donner etwas, dass viele ihm nicht zugetraut hätten. Eine ernste, der Vorlage getreue Realfilmadaption des größten Helden seiner Zeit. Superman, mit Christopher Reeve in der Titelrolle des Clark Kent/Superman, war nah an der Vorlage und schaffte es, eine sehenswerte Symbiose zwischen Action, Humor und Liebesgeschichte herzustellen. Der Erfolg des Films veranlasste das Studio, drei Sequels zu drehen. War die erste Fortsetzung des Films noch sehenswert, so war ein Verfall der Qualität schnell bemerkbar. So sehr, dass Superman 4: Die Welt am Abgrund (1987) heute als ein Musterbeispiel eines missratenen Comicfilms gilt.

Abgesehen von Supermans Kinofilmen waren damals Realverfilmungen von Comichelden keine Allzweckwaffe der Studios. Superman verzeichnete beim allgemeinen Publikum vor allem Erfolge, weil er schon damals eine amerikanische Ikone war. Daneben waren Comichelden mehr im Fernsehen vertreten, wie die Serien zu Marvels The Incredible Hulk und DCs Wonder Woman. Doch ähnlich wie die Batman-Serie blieben auch diese TV-Adaptionen heute vor allem wegen des oft ungewollten Humors und der abstrusen Ideen in Erinnerung, wenngleich kaum eine Superhelden-Serie an den Spaß von Adam Wests Batman herankommt.

Interessanterweise war es dann eine erneute Interpretation des dunklen Ritters, die der Comicverfilmung zu neuem Schwung verhalf.

 

Dunkel, dunkler, Batman!

Tim Burton hauchte 1989 dem wieder mal angestaubten Comicfilm neues Leben ein. Zuvor hatte Frank Miller mit dem Comic The Return of the Dark Knight einen neuen, weitaus düsteren und fragwürdigeren Batman in die Comicszene eingebracht und später mit Batman: Year One die Origin-Story des Helden neu erzählt. Auf der anderen Seite hatte Alan Moore 1988 die Geschichte und den Charakter von Batmans Erzfeind  The Joker im Comicband The Killing Joke neu interpretiert. Diese modernisierten Versionen von Held und Bösewicht dienten als Vorlagen für Batmans Rückkehr auf die große Leinwand.

Und das mit Erfolg. Burtons Batman (1989) mit Michael Keaton als Titelfigur und Jack Nicholson als seinem Erzfeind Joker war bis in die späten 2000er, der erfolgreichste Film auf Basis eines DC-Comics. Diese modernisierte Version stellte, nach Thomas Ballhausen und Günther Krenn in Buch „Comic. Film. Helden“, das Handeln des Protagonisten als Vigilant zwischen Gesetz und Illegalität in den Vordergrund. Hauptangriffspunkt des Filmes ist das Doppelleben von Bruce Wayne und Batman, hinter dem sich eine völlig zerbrochene Persönlichkeit verbirgt. Diese Interpretation steht im Gegensatz zu früheren Adaptionen, in denen Batman  als moralisches Vorbild und zutiefst guter Held dient. Und weil die neue Version beim Publikum so gut ankam, folgte natürlich schon bald eine Fortsetzung. Batmans Rückkehr (1992) jedoch trieb die dunkle Version des Helden noch weiter: Der Film war wesentlich brutaler und verstörender und eröffneten Burtons sehr seltsame Ansichten des Helden. So tötet Batman beispielsweise relativ gleichgültig kleinere Schläger, was der Natur der Figur eigentlich komplett entgegengesetzt ist.

Und auch das Publikum nahm den Film bei weitem nicht so gut auf wie den ersten Teil, sodass Burton schließlich abgesägt wurde. Sein Nachfolger im Regiestuhl war Joel Schumacher. Batman wurde in den beiden Fortsetzungen von Val Kilmer beziehungsweise George Clooney dargestellt. Dabei gilt vor allem der vierte Film, Batman & Robin (1997) oft als schlechtester Comicfilm aller Zeiten, was natürlich nicht stimmt. Zwar ist der Film furchtbar, doch nicht die Spitze des Schlechten. Dennoch war die Enttäuschung, die Fans auf die Barrikaden trieb und Anfeindungen gegen den Regisseur generierte (unter anderem wegen der berüchtigten Nippel auf Batmans Kostüm – als ob der Film nicht wesentlich größere Probleme gehabt hätte). Daneben leisteten allerdings auch weniger bekannte Filme wie Steel Man (1997) ihr übriges, um die Mission: Comicverfilmung wieder in de Untiefen der Schubladen der Filmproduzenten versinken zu lassen. Schließlich lag der Comicfilm wieder einmal auf Eis. Im neuen Jahrtausend warteten schon Menschen, Supermenschen, Mutanten, Helden aller Art, um endgültig ihren Siegeszug auf der Leinwand anzutreten.

 

Fortsetzung folgt!

Zum Thema:

  • Tim Burton: Batman (1989), Batmans Rückkehr (1992)
  • Richard Donner: Superman (1978)
  • Richard Lester/Richard Donner: Superman II – Allein gegen Alle (1980)
  • Leslie Martinson: Batman hält die Welt in Atem (1966)

Foto (Hintergrund): image.net/ Marvel Studios