Die kurze Geschichte des App-Fernsehens

von Julia Heitkamp

 ARD und ProSieben haben mit zwei völlig unterschiedlichen Formaten die gleiche Taktik verfolgt.  Um die Zuschauer vor die Geräte zu locken, wurde das Publikum schon im Vorfeld aufgefordert, sich am Handy, über den sogenannten Second Screen einzuloggen und aktiv am Geschehen auf dem Fernsehbildschirm teilzunehmen. Die Hoffnungen waren groß doch beide Formate hatten ihre Probleme – sowohl mit der Technik als auch mit den Quoten.

 

Quizduell in der ARD – Das große APPwarten

Was zuvor nur in aufwendig produzierten Crossmedia-Experimenten versucht wurde, scheint nun seinen Weg in die vorabendliche Fernsehwelt gefunden zu haben. Die ARD wollte die erfolgreiche Handy-App „Quizduell“ ins Fernsehen bringen und mit Moderator Jörg Pilawa, Studiogästen und interaktivem Mitmachen ein neues Gesicht verleihen. Die Erwartungen waren groß: Sowohl in der App als auch im Fernsehen wurde für das „TV-Experiment Quizduell“ geworben.

Mehr als 100.000 User meldeten sich vorab an und wollten daran teilnehmen. Und dann passierte tatsächlich das, was alle befürchtet hatten – gar nichts. Die App stürzte ab und es wurde auf Pilawas spontanen Notfallplan, bei dem das Studiopublikum als Quizgegner herhalten musste, zurückgegriffen. Der Zuschauer zu Hause schaute in die Röhre und nicht auf das Smartphone. Erst sprach man von technischen Problemen, dann von einem Hackerangriff  – was sich im Nachhinein als Falschmeldung herausstellte.

Denn wie die ARD mitteilte, waren nicht Hacker der Grund für den Ausfall der App, sondern die Erfassung der Daten, die den App-Nutzern während der Sendung angezeigt werden sollten. Die App sollte also nicht nur die Antworten der Nutzer auswerten, sondern auch zusätzliche Infos wie Geschlecht und Standort erfassen. „Für manchen Teilnehmer mag dies tatsächlich ein nettes Gimmick sein, zum Funktionieren der TV-Show hätte es hingegen wohl eher wenig bis gar nichts beigetragen. Hier stellt sich die Frage, ob man bei der ARD und der Produktionsfirma ITV nicht vielleicht die Prioritäten falsch gesetzt hat.“, schreibt beispielsweise digitalfernsehen.de  als Kommentar dazu.

 

Kampf gegen die Technik

Die Schwierigkeiten mit der App zogen sich fast zwei Wochen in die Länge. Darunter zu leiden hatte, neben den enttäuschten Zuschauern, vor allem der Moderator Jörg Pilawa. Zwar schien er anfangs ganz locker zu bleiben, moderierte Charmant über die sich häufenden Schwierigkeiten hinweg und lud sogar den erfundenen Hacker zum Kaffeeklatsch ein. Doch irgendwann merkte man selbst ihm an, dass die ihm die Gelassenheit entglitt. Darüber konnten auch seine mehr oder weniger lustigen T-Shirts(APPlaus“, „Häuptling der APPachen“), die er während der Sendungen trug, nicht mehr hinwegtäuschen.

Jedenfalls schien Pilawa recht froh darüber zu sein, sich ab und zu in die Werbung verabschieden zu können – Aber seit wann läuft in der ARD eigentlich so oft und so viel Werbung? Da kann man ja gleich zu den privaten Sendern umschalten

 

Get Your Light Shining

Pro Sieben verfolgte nämlich mit der Weltpremiere der interaktiven Musikshow Keep Your Light Shining ein ähnliches Konzept. Am Donnerstag zur Primetime, zeitgleich mit dem Prominentenspecial vom Quizduell, konnten die Zuschauer via App und Social Media kostenlos über Erfolg oder Misserfolg der Gesangskandidaten abstimmen. Doch auch hier hagelte es kritische Kommentare. Sowohl die Moderation von Annica Hansen als auch Umsetzung der Show vielen beim Publikum durch. Beispielsweise wurde die Moderatorin noch beim Erklären des Konzepts von der beginnenden Performance der Kandidaten unterbrochen. Dafür hatte man aus den Fehlern, die beim Quizduell gemacht wurden, gelernt: Das Voting über App und Social Media funktionierte.

Doch was am Ende zählt sind die Zuschauerzahlen, und die dürften bei den Sendungsverantwortlichen für Ernüchterung gesorgt haben. Die erste Sendung hat nur 9,1% aus der Zielgruppe angesprochen, was deutlich unter dem Senderschnitt liegt. Auch aus dem Gesamtpublikum haben nur 4,5% eingeschaltet, was mageren 1,17 Millionen Zuschauern entspricht.

 

Besteht also noch Hoffnung?

Zumindest beim Quizduell gab es am Freitag dann einen ersten Lichtblick … Ich – und offenbar auch der Rest Deutschlands – konnte alle Fragen live und via App mitspielen. Zwar hat „Team Deutschland“ knapp verloren, doch immerhin: Auch Jörg Pilawa schöpft am Ende der Sendung neue Hoffnung und spricht von einem Lichtblick.

Trotzdem ist schwer zu sagen ob sich die anfängliche Begeisterung aufrechterhalten lässt. Ohne die aktive Teilnahme der Zuschauer durch die App während der ersten beiden Wochen beim Quizduell war es einfach nur eine weitere langweilige Quizshow. Noch ist unklar ob es eine weitere Staffel geben wird. Zwar funktionierte die App, doch die Einschaltquoten schwächelten in letzter Zeit.

Dennoch gebührt den Machern Respekt für den Mut, den sie mit dem Zeigen neuer Formate bewiesen haben.

Foto: deviantart/MileyEditionss (CC BY-NC-ND 3.0)