Sie ist süß, sexy und ein Mega-Star – sie ist eine Zeichentrickfigur

von Melanie Rudolf

Eine riesige Konzerthalle, in der tausende Fans auf ihren Star warten. Plötzlich erlischt das Licht und die Menge schreit vor Begeisterung. Miku Hatsune erscheint auf der Bühne und heizt ihrem Publikum mit typischem J-Pop ein. Die Fans jubeln ihr zu – einer animierten Zeichnung.

Kunst aus dem Computer

Hatsune Miko ist in Japan und langsam auch international ein Superstar. Das süße Mädchen mit dem langen türkisfarbenen Haar und der Schuluniform knackte mit ihren Hits dieses Jahr die 100.000-er Marke an Veröffentlichungen. Auf Miku Hatsunes  Facebook-Seite tummeln sich über 900.000 Fans, die ihren Star bewundern. Einen Star, der nur in der virtuellen Welt existiert.

Anders als Pop-Größen wie Daft-Punk oder die Gorillaz, hinter deren Avataren sich reale Personen verbergen, ist Hatsume Miko ein rein virtuelles Produkt. Entworfen wurde sie vom japanischen Manga-Autor Kei im Auftrag des Medienunternehmens Crypton Future Media, dass Musikprodukte produziert und vertreibt. Das  Unternehmen ist vor allem für seine sprachsynthetisierten Waren bekannt. Diese Produkte basieren auf dem Programm  Vocaloid, einem Sprachsynthetisierer, der künstlichen Gesang generieren kann. Das Programm benötigt lediglich Liedtext, Melodie und Angaben zur Betonung. Miku Hatsune ist eines der frühen Gesangsprojekte und wurde bereits 2007 konzipiert. Seitdem kann Miku Hatsune immer größere Erfolge vorweisen und eine stetig wachsende Fangemeinde.

Ein Star, von seinen Fans geformt

Mit unzähligen Titeln, die in ihren Texten so vielfältig sind wie in den Melodien, bricht das virtuelle Popgirl regelmäßig Rekorde an Veröffentlichungen. Doch wer schreibt eigentlich diese Songs? Das ist wohl eines ihrer Erfolgsrezepte, denn die Songwriter des elektronischen Superstars sind ihre Fans selbst. Durch eine frei zugängliche Software haben die sogenannten „Creators“  Miku unzählige Lieder geschrieben. Die einzige Vorlage ist die vorgefertigte Erscheinung und ihre, im Stil eines Animes, konstruierte Stimme. Diese Stimme kann dabei nach Vorliebe variiert werden, wie „Sweet“, das seufzend, süß klingend ist, oder „Dark“, das leicht melancholisch klingen soll. Bevor die Songs veröffentlicht werden, müssen sie jedoch erst von Crypton Future Media genehmigt werden, was aber der freien Kreativität nur eine niedrige Hürde setzt. Da das Unternehmen nichts mit dem Schöpfern der Lieder zu tun hat und für die Inhalte keine Verantwortung übernimmt, können auch  Tabu-Themen angesprochen werden. Durch die unterschiedlichsten Quellen der Lieder gibt es auch unterschiedlichste Musikstile, die von Miku gesungen werden. Von Punk über Pop bis Heavy Metal ist alles dabei. Die meist produzierte Stilrichtung ist J-Pop, wobei das „J“ für Japan steht und den typischen Sound von Animes widerspiegelt.

Musiker 2.0

Den Fans ist bewusst, dass sie mit Miku ein Wesen verehren, das nicht real ist. Ein Bewunderer postet auf Mikus Facebook-Profil beispielsweise, dass er sich wünsche, sie würde existieren. Doch wie die große Anhängerschaft des japanischen Stars zeigt, stört es die Fangemeinde anscheinend nicht, dass der Avatar kein Wesen aus Fleisch und Blut ist. In der Tat hat Miku einige Begabungen, die bei einem menschlichen Musiker eher schwer zu erreichen sind. Beispielsweise kann sie exakt auf die Vorlieben der Fans angepasst werden und man muss sich nie Sorgen machen, dass sie einen Ton nicht trifft. Sie kann schneller singen, als die menschliche Stimme, was ihre Musik noch etwas außergewöhnlicher macht.

Fans sehen die künstlerische Seite vor allem auch darin, sich selbst in Miku mit ihren Songs verwirklichen zu können. „[…]Irgendwie steckt Miku in jedem“, sagt Yamaguchi, ein langjähriger Fan, in einem Interview und spricht dabei eine weitere Erfolgszutat an. Durch die Möglichkeit durch verschiedenste Quellen Musik zu veröffentlichen und sie unter dem Produkt von Miku Hatsune zu bündeln entsteht eine neue Art Kunstwerk, das sich immer wieder neu gestalten und beliebig erweitern lässt.

Hört man da Zukunftsmusik?

Eine Debatte, ob eine solche Art der Musik das konventionelle Musizieren von Künstlern ersetzt, ist hier aber kaum angebracht. Zum einen erhebt Crypton Future Media nie einen Anspruch, Miku als Künstlerin zu bezeichnen. „Wir nennen sie ‚virtuelle Sängerin‘. Die Kunst kommt von all den Menschen, die ihr den Input geben“ wie Marketing Chef Kanae Muraki im bereits erwähnten betont. Dieser gebündelte Input wiederum ist definitiv eine Art von Kunst, ungeachtet ob die Qualität überzeugt oder nicht. Miku Hatsune bedeutet übersetzt „Der erste Klang aus der Zukunft“.

Die Zukunft der Musik wird sich wohl nicht in diese Richtung verschieben, aber hat sich auf jeden Fall bereits in diese Richtung erweitert und so einer neuen Art von Kunst und Kreativität den Weg bereitet.

Das Konzert ist mittlerweile in vollem Gang und wenn man genau hinsieht, erkennt man bestimmt den ein oder Anderen, der sein selbst geschriebenes Lied auf der Bühne hört. Dann wird klar, die Fans hören nicht einem entfernten Musikstar zu, sondern bestaunen das Ergebnis ihrer eigenen Schöpfung.

 

Bilder: Crypton Future Media (CC BY-NC), flickr/dannychoo (CC BY-SA 2.0)

Happy Birthday Media Bubble – ein Grußwort von Susanne Marschall

Diesen Sommer feiert media-bubble.de schon den zweiten Geburtstag. Redakteure, Mitarbeiter und alle, die sonst mit unserem Blog in Verbindung stehen, freuen sich mit. Vor zwei Jahren gründete Susanne Marschall, Professorin für Film-, Fernsehen und audiovisuelle Medien am Institut für Medienwissenschaft der Universität Tübingen, den Blog, gemeinsam mit einer Gruppe Master-Studenten und in Zusammenarbeit mit dem SWR Baden-Baden. Noch heute steht sie dem Team von media-bubble.de mit Rat und Tat zur Seite und unterstützt uns dabei, den Blog lebendig und aktuell zu halten. Zum Geburtstag ein Grußwort unserer Schirmherrin:

 

 

Jeder ist mit jedem vernetzt – zwischen Allmachts- und Ohnmachtsphantasien schwanken die Nutzer der sogenannten neuen Medien durch eine undurchschaubare digitale Welt. Der jüngste Skandal um die Spionagepraktiken der USA lässt das Ausmaß der Transparenz privater Kommunikation für anonyme Augen und Ohren erahnen und eines ist klar – solche Eingriffe in die Intimsphäre der Menschen lassen sich nicht mehr rückgängig machen. Medien rücken auf diesem Weg immer stärker in den Fokus ihrer eigenen Aufmerksamkeit. Nachrichten geraten immer mehr zu Medien-Nachrichten, zumal unsere Alltags- und Konsumwelt ohnehin bereits vollständig medialisiert ist. Dies alles bietet viel Stoff zur Reflexion.

Seit zwei Jahren beobachten Studierende der Tübinger Medienwissenschaft in dem medienkritischen Blog Media Bubble den rasanten Medienwandel als Ganzen, aber auch markante Einzelphänomene und vor allem das Verhalten der sogenannten User, deren Output sich mit den offiziellen Medienprodukten der Industrie aufs Schönste und vor allem gewinnbringend vermischt. Die Tübinger MeWis tauchen als Spotter im digitalen Ozean an vielen überraschenden Stellen auf und immer wieder ab in die Tiefe aktueller Medienerscheinungen. Sie sammeln, analysieren und beurteilen ihre Funde und kommunizieren sie offen, als Autoren und Urheber ihrer Texte, die sich zu ihren eigenen Gedanken und ihrer Kritik bekennen, als adressierbare Partner im Prozess der Kommunikation. Einst Abschlussprojekt eines Tübinger Masterjahrgangs, ist Media Bubble mittlerweile zu einer festen Institution im Netz herangewachsen und richtet sich an alle neugierigen Leser in der virtuellen Welt.

Zu diesem Erfolg und dem Geburtstag des Projekts möchte ich der Redaktion von Media Bubble sehr herzlich gratulieren!

 

Titelbild: flickr/wonderfullycomplex (CC BY-NC 2.0), Foto: Copyright Susanne Marschall

Die alltägliche Evolution: The Tree of Life. Teil 2.

von Selina Juliana Sauskojus

 Tree of Life polarisierte Zuschauer und Kritiker, doch man konnte sich zumindest an perfekte Bilder halten. Dabei spricht der Film ein Thema an, das jeden Menschen betrifft: Das Zurechtfinden in unserer Welt und Gesellschaft. Wie in seinen älteren Filme beleuchtet Regisseur Terrence Malick den Menschen, die Natur und ihre Beziehung zueinander. Im Film The Tree of Life greift er dieses Sujet konsequenter als zuvor auf.

Auf zwei Ebenen verdeutlicht er die Wechselwirkungen zwischen dem Guten und dem Zerstörerischen, dem Leben und dem Verlust. Zum einen in der Schöpfungssequenz, in der er die Entstehung der Erde und der Gnade zeigt. Zum anderen in der Geschichte um die Familie O’Brien, die mit naturgegebenen Kräften wie Leben, Tod und Rivalität umgehen muss.

 

„I just always wanted you to be strong. Be your own man.“

Die Schöpfungssequenz etabliert die wichtige Rolle von evolutionärem Verhalten auf der einen Seite und einem empathischen Verhalten auf der anderen Seite. Für Malick sind beides naturgegebene Eigenschaften, die auf einer zweiten Handlungsebene von Mr. Und Mrs. O’Brien in radikaler Weise personifiziert sind. Mr. O’Brien (Brad Pitt) ist der Vertreter des „Survival of the fittest“-Ansatzes. Nur R.L. scheint durch seine Natur („(…) my brother. True. Kind“) den Erziehungsmaßnahmen des Vaters entgehen zu können. Das Gute in ihm schützt ihn jedoch schlussendlich nicht davor mit neunzehn Jahren zu sterben. Damit macht Malick die Aussage, dass der Mensch, so gut er auch ist, der Natur nicht entkommen kann. Sie macht keine Unterschiede zwischen den Menschen. Diese Tatsache macht den Menschen hilflos und bringt ihn dazu Antworten zu suchen, beispielsweise bei einer göttlichen Macht.

 

„Unless you love, your life will flash by.“

Im Gegensatz zu Mr. O’Brien erzieht seine Frau die Kinder sehr liebevoll, fördert ihre musischen Talente und verbringt viel Zeit mit ihnen in der Natur. Malick inszeniert sie als elfenartige Anbeterin der Natur – ein krasser Gegensatz zu ihrem Mann.

Mrs. O’Briens Figur ist trotz ihrer Zuversicht, Hingabe und Liebe eine Tragische. Für sie ist die Liebe die stärkste Macht auf Erden, eine Macht, die aus der Natur erwächst. Doch mehr und mehr entgleiten ihr ihre Kinder und ihr Ehemann. Trotz ihres Schutzes entwickelt sich Jack genauso wie sein Vater. Daran ändert auch ihre Liebe und Zuwendung nichts. Jack ist der Meinung, sie liebe ihn nicht so sehr wie seinen jüngeren Bruder, was wiederum zu aggressivem Verhalten und dem Eintreten in einen Rivalitätskampf mit R.L. führt.

Die Figur des jungen Jack offenbart einen natürlichen Egoismus. Die Suche nach ungeteiltem Schutz und mütterliche Liebe, einer lebenswichtigen Ressource, zwingt ihn in einen Kampf mit seinem Umfeld und, paradoxerweise, mit seiner Mutter selbst. Dieser Egoismus führte zwar im Leben zu keiner Erfüllung, aber zumindest hat er, anders als sein Bruder, überlebt.

 

„Father. Mother. Always you wrestle inside me. Always you will“

Der erwachsene Jack (Sean Penn) hat letztlich am meisten mit dem Verlust seines Bruders zu kämpfen. Trotz seiner beruflichen Erfolge steckt er in einer tiefen Krise, die ihn das Leben und dessen Wesen hinterfragen lässt.

Die Ungerechtigkeit, mit der die Natur Menschen aus dem Leben reißt und andere überleben lässt, lähmt ihn und macht ihn zu einem passiven Menschen, der unterm Strich den Überlebenskampf gewonnen hat, das Spirituelle und Erhabene in sich jedoch verloren hat.

Man bekommt den Eindruck, dass der Mensch, welchen Weg er auch wählt, die Erfüllung kaum finden kann. Beziehungsweise, dass man selber weniger Einfluss hat auf den Menschen, der man ist, hat, als man es wahrhaben möchte. Was den Menschen von allen anderen Lebewesen unterscheidet, ist die Tatsache, dass er ein empathisches, komplex denkendes Wesen ist, das fähig dazu ist mit seinem Schicksal (was per se ebenfalls ein menschgemachtes Konstrukt ist) zu hadern und zu hinterfragen. Während in der Natur der Kampf entweder gewonnen wird oder eben nicht, beginnt beim Menschen erst der Kampf mit sich selbst und den gesellschaftlichen Zuständen.

 

„Someday we’ll fall down and weep. And we’ll understand it all.“

Malick hat seinem Publikum schwere Kost vorgelegt, deren Konsum nicht mal eben verdaut werden kann. Die Figuren und die Wechselwirkungen zwischen den Protagonisten sind komplex. Die Bilder wirken manchmal inhaltsschwerer als sie sind, vor allem in Kombination mit den Voice-Overs.

Dennoch schafft es Malick eine gewisse Lebensrealität aufzugreifen. Die Gesellschaft wird immer größer, das Leben schneller und leistungsorientierter. Dass der evolutionäre Gedanke da greifen muss, wird einem im täglichen Leben immer wieder vorgehalten. Sieht man sich Jack in seinen Mittvierzigern an, stellt man sich die Frage: wozu das Ganze? Blickt man jedoch auf seinen Bruder R.L., auf dessen Güte und menschliche Perfektion, muss man sich die selbe Frage stellen.

Der Film ernüchtert. Eine göttliche Gerechtigkeit scheint es nicht zu geben. Auch menschgemachte Götzen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Natur immer wieder ihren Soll verlangt. Aber – und in diesem Punkt äußert sich Malick klar – der Weg, den Mrs. O’Brien lebt, scheint immer noch derjenige zu sein, der einem ein wenig Erfüllung versprechen kann. Damit liefert der Regisseur ein Plädoyer an seine Zuschauer, sich wieder dem schönen zuzuwenden, der Natur und dem Licht, sich spiritueller auszurichten. Die menschliche Hybris, sein Leben im Griff zu haben und zu kontrollieren, führt Malick ad absurdum.

 

Fazit

Letztendlich bekommt man den Eindruck, dass es Malick zu jeder Phase der Produktion vollkommen egal war, wie Kritik und Publikum seinen Film aufnehmen könnten. Tree of Life ist ein so persönlicher, intimer Film, dass er überhaupt kein Film für jedermann sein kann.  Allein durch die narrative Struktur wird der Film mehr zu einem Kunstwerk, als zu einem Spielfilm. Und wie es bei der Kunst so ist, bringt der Rezipient eigene Anteile mit, um ein Werk zu greifen. Dabei ist es auch stimmungsabhängig, was The Tree of Life einem geben kann und was nicht. So können einzelne Szenen für den einzelnen Zuschauer eine unglaubliche Bedeutungskraft entwickeln, während sie für den anderen absolut nichtssagend sind. Bei diesem Film geht es schlussendlich nicht darum, ob er einem gefällt oder nicht. Technisch gut gemacht ist er zweifellos. Dennoch gleicht der Film eher einer spirituellen Erfahrung, die sich nicht dem bloßen Rezipieren und Konsumieren eignet.

 

Fotos: Concorde Film

SpielFilm – Games auf der großen Leinwand. Teil I

von Miriam Gerstenlauer

Seit einiger Zeit haben sich Videospielverfilmungen in der Filmindustrie etabliert. Sie sind schon lang mehr als nur Merchandise, sie sind zu eigenständigen Filmen geworden.

Wo früher Filme wie Super Mario Bros. (1993) oder Pokémon: Der Film (2000) nur für Fans der zugehörigen Videospiele interessant waren, werden heute millionenschwere Blockbuster auf Basis von Videospielen produziert. Nach dem Erfolg von Lara Croft: Tomb Raider (2001) folgten Verfilmungen von Actionspiel-Klassikern wie Doom (2005) sowie eine Adaption des genreprägenden Horrorspiel-Klassikers Silent Hill (2006) und dem Jump’n’Run Urgestein Prince of Persia (2010).

 

Von Klempnern und Zombies

Eigentlich sollten die Gamer sich doch freuen, dass „ihre“ Helden auch die große Leinwand erobern. Oft ist aber das Gegenteil er Fall.  Hauptkritikpunkt der Spielfans sind die Veränderungen in den Verfilmungen. Diese ergeben sich zum Großteil aus den unterschiedlichen Medialitäten von Spiel und Film, aber das ist nicht immer der Fall. Viele Filme ändern die Dramaturgie eines Spieles, auch wenn sich die Storyline ohne Probleme auf einen Film übertragen lassen könnte. Aus der Sotry „Mario rettet Prinzessin Peach aus den Fängen des bösen Bowser“ wurde „Installateur-Brüder Mario und Luigi finden im Brooklyn des 20. Jahrhunderts ein Dimensionsloch woraufhin sie den bösen König Koopa mithilfe eines Meteoriten zur Strecke bringen müssen“ oder so ähnlich. Eine einfache Geschichte, die scheinbar unnötig verkompliziert wurde.

Aber warum kompliziert, wenn es auch einfach geht. Die Story von Alone in the Dark (2005): „Ein berühmter Autor erhängt sich in einem alten, von einem Fluch heimgesuchten Herrenhaus. Ermittlungen werden eingeleitet. Der ermittelnde Polizist wird eingesperrt und ist allein auf sich gestellt, die Türen des Herrenhauses sind wie magisch versiegelt“. Was Uwe Boll daraus machte: „Auf der Jagd nach übernatürlichen Phänomenen machen ein Privatdetektiv und ein Commander Jagd auf Zombies“.

Ein letztes Beispiel: Dass aus der zielsicheren Bogenschützin Prinzessin Faarah im Spiel Prince of Persia dann im Film eine klassische „Damsel in Distress“ wurde, zeigt vielleicht, dass Filme noch mehr in ihrem althergebrachten Denken verwurzelt sind als Videospiele.

Super Mario Bros., Alone in the Dark und Prince of Persia sind freilich drei extreme Beispiele, doch stehen sie Parade für die Leiden der Gamer: Scheinbar sinnfreie Änderungen von eigentlich so tollen Storys.

 

Mittendrin statt nur dabei

Viele Spiele stehen in der Komplexität ihrer Narration Filmen oder Büchern in nichts nach. In Open-World Spielen wie The Elder Scrolls V: Skyrim (2011) lernt der Spieler mehrere Stunden lang sich  in der Spielwelt zurechtzufinden, findet Briefe und alte Bücher oder trifft Charaktere, die ihm Geschichten erzählen. Es liegt in der Hand des Spielers herauszufinden, was in der Spielwelt vor sich geht. Er steuert seinen Avatar und sammelt Bruchstücke, die ihm die Geschichte zugänglich machen. Jeder Spieler schreibt sich so seine ganz eigene „Spieler-Geschichte“, und niemand wird das Spiel auf genau die gleiche Weise spielen.

In anderen Fällen, wie dem 2005 erschienenen Metal Gear Solid 3, eröffnet sich dem Spieler die komplexe Storyline anhand unzähliger Cutscenes mit einer Gesamtlänge von rund fünf Stunden. Verbunden sind diese Cutscenes durch interaktive Spielabschnitte, in denen der Spieler stets vor die Wahl gestellt wird und so das Fortgehen der Geschichte bestimmen kann.

Im Film gibt es weder die Freiheit einer erkundbaren Welt, noch die Entscheidungsmöglichkeit. Im Gegensatz zu den immer anders ablaufenden Spielen ist ein Film für jeden gleich und unbeeinflussbar. Gamer gibt seinen Controller aus der Hand und lässt sich die Geschichte erzählen. Wer sich dazu entscheidet, einen Action-Shooter zu spielen, möchte herausgefordert werden, präzise kämpfen und schnell Entscheidungen treffen. So etwas wird von einem Film nicht erwartet, bei dem sich die Interaktion auf den Kauf einer Kinokarte oder dem Einlegen einer DVD beschränkt.  Aufgrund dieser unterschiedlichen Anforderungen der Medien Film und Game an den Rezipienten kann eine Eins-zu-Eins-Umsetzung von Inhalten gar nicht funktionieren.

 

Ausnahmen bestätigen die Regel

Manchmal gelingt es den Adaptionen, Stimmung und Charaktere von Spielen auf der Leinwand einzufangen. Allen voran  sei hier der Film Tomb Raider genannt, der vor allem mit Angelina Jolie als die taffe und smarte Archäologin Lara Croft das Publikum überzeugen konnte. Die unbestreitbare Übersexualisierung von Frauen in Videospielen kam Hollywood in diesem Fall deutlich entgegen: So sah man Angelina im Film genauso wie Lara im Spiel stöhnend und knapp bekleidet über Felsen springen. In einer ästhetischen Art und Weise, mit ausgebildetem Kameramann, auch wenn man sich wünschen würde man könnte , wie im Spiel, die Kamera zwischen Laras Beine fahren und sie dann hüpfen und hecheln lassen. Dennoch gilt Lara Croft als eine der großen Power-Frauen in Film- und Spielindustrie, die durch das Franchise beide aneinander profitieren.

Anders bei Silent Hill. Hier fiel der im Spiel männliche Hauptcharakter Harry Mason der Frauenquote zum Opfer und wurde durch Protagonistin Rose daSilva ersetzt. Der Film versucht es, die bedrückende und psychedelische Stimmung des Spiels einzufangen, indem er die Hilflosigkeit und die Unwissenheit der Protagonistin zur Charakteridentifikation nutzt. Diese Identifikation kann jedoch im Gegensatz zum Spiel nur eingeschränkt funktionieren, da gerade das Horrorgenre der Games sich durch tatsächliche Hilflosigkeit auszeichnet, da man selbst die nutzlose „Waffe“ in den zitternden Händen hält. Trotzdem gelingt es dem Film die Atmosphäre des schaurigen Ortes Silent Hill zu vermitteln, indem er die nervenaufreibende Geräuschkulisse und den Soundtrack des Originalspiels übernimmt und auf dieselbe Wirkung der schrägen Kamerawinkel setzt, die einem nicht verraten was hinter der nächsten Ecke lauert – jedoch ohne den Spieler in eine frustrierende Todesfalle zu stürzen. Damit hat der Film schon mehr erreicht, als manch andere Videospieladaption.

Ein Spiel ist kein Film

Videospiele leben vom Prinzip der Interaktivität. Man kann selbst entscheiden, ob man nun den linken oder den rechten Gang hinuntergeht, ob man sich dem Monster stellt oder vor ihm wegläuft, oder vor lauter Angst den Controller in die nächste Ecke wirft und eine Woche nicht mehr anfasst.
Im Film werden einem diese Entscheidungen abgenommen. Doch genau dieses Aufgeben der Kontrolle über die Situation und die dadurch noch größere Ungewissheit  darüber, was als nächstes passiert, erzeugt Spannung. Im Film kann außerdem eine bildliche Ästhetik erzeugt werden, die mit einer via Analogsticks am Controller gesteuerten Kamera nicht möglich wäre.
Wenn also die Stimmung stimmt und die Charaktere Charakter haben, kann auch der geneigte Gamer einmal den Controller aus der Hand geben und den Film Film sein lassen.

Foto: Concorde Film

Die Droge News-Feed. Ein Selbstversuch


von Melanie Rudolf

 

Halb ernst gemeinte Empfehlungen für News-Feeder.

News-Feeds setzen sich mittlerweile langsam aber stetig auch außerhalb von eingefleischten Internetusern und Bloggern durch – wohl wegen der schnellen, einfachen und vor allem personalisierten Informationsvermittlung. Jedoch gibt es bei aller Liebe zum schnell gesetzten Informationsschuss auch einige  Nebenwirkungen, die zumindest im Eigenexperiment deutlich aufgefallen sind.

 

Was sind News-Feeds?

Doch vorher eine kurze Definition, für alle die nicht am Informationstropf hängen: Ein Feed ist eine Datei mit aktuellen Inhalten, die von einer speziellen Software gelesen werden kann und über das Internet automatisch an das jeweilige Ausgabegerät geliefert wird. Meist werden diese Inhalte über das unabhängige Ausgabeformat RSS vermittelt. Über einen Reader können dann auf diese Inhalte verschiedener Webseiten zugegriffen werden ohne extra die entsprechende Webseite aufrufen zu müssen.

 

Ein Selbstversuch  mit fatalen Folgen:

Als ich vor kurzem zum ersten Mal in das Mysterium News-Feed eingetaucht bin, fühlte ich eine Art der Bewusstseinserweiterung. Ich sah wie im Rausch die Informationen förmlich in Lichtgeschwindigkeit an mir vorbei rasen und war danach völlig benommen von der Fülle an Informationen, die mich durchströmten. Mir war klar, darauf will ich nicht mehr verzichten.

Von da an, war der erste Gang am Morgen nicht zur Toilette sondern zu meinem News-Dealer, nennen wir ihn der Einfachheit halber Feedly, der mir gleich einen schönen Informationsmix verpasste. So konnte ich beruhigt in den Tag starten, denn ich war ja mit Informationen versorgt.

Dies wurde schnell zum Ritual und ging eine Weile gut, bis ich eines Tages nicht mehr an den Stoff kam. Durch fatale Umstände konnte ich einen Tag nicht ins Internet! Bereits am Mittag setzte ein Kribbeln ein. Der ständige Gedanke etwas zu verpassen nagte immer mehr an mir und verursachte nervöse Zuckungen. Als ich dann am Abend einen Zugang auftreiben konnte, stellte ich mit Entsetzen fest, dass die Informationen nicht auf mich gewartet hatten. Ich versuchte im Schnell-Scanning-Verfahren die schon veralteten Informationen von morgens einzusaugen, doch ich kam kaum hinterher. Und so kam es, dass ich zu viel konsumierte und eine Überdosis bekam – ich musste schweißgebadet offline gehen und stellte fest, dass das euphorische Gefühl ausblieb und mein Kopf leerer war als zuvor. Anstelle des Glücksgefühls trat nun der fahle Geschmack der Ernüchterung auf, verursachte mir Kopfschmerzen und starke Konzentrationsschwächen. Der Konzentrationsschwund wurde im Laufe der Tage stärker, die Ernüchterung aber ging und an dessen Stelle trat wieder der Drang an eine möglichst hohe Informationsdosis zu kommen.

 

Unterschätzte Verführer

Die Angst vor Suchtgefahr ist nicht ganz unbegründet, da ein Konto mit Feeds auch einige Verführungen enthält. Mein Einstieg in die Abhängigkeit war beispielsweise  die Schnelligkeit, mit der immense Informationen überblickt werden konnten. Gerade, wenn es darum geht in einem bestimmten Thema immer auf dem Laufenden zu sein, ist dies die effizienteste und zeitsparendste Methode. Doch das Thema Zeitsparen ist einer der nebenwirkenden Halluzinationen, die das „sich anfeeden“ mit sich bringt. Man verfällt der Illusion, mehr Informationen in kürzerer Zeit erfahren zu haben, doch sind alle Informationen nur dampfende  Rauchschwaden, die sich schnell verflüchtigen. Weiterhin ist die ständige Gefahr präsent , nur qualitativ minderwertige Ware zu konsumieren und geblendet vom eigenen Geschmack keinen anderen Themen mehr Beachtung zu schenken. Diese Nebenwirkung ist allgemeinen auch unter  dem Namen „Filter Bubble“ bekannt und tritt in Zusammenhang mit anderen, ähnlichen Drogen auf.

 

Auf dem Weg zur Sucht

Bisher sind News-Feeds zwar immer bekannter, doch noch nicht in allen gesellschaftlichen Bereichen etabliert. Daher versuchen die „ Drogenbosse“ immer neue Tricks und schrecken dabei nicht mal vor Minderjährigen zurück. Erst im Frühjahr dieses Jahres hat Facebook einen neuen News-Feed, der auch für IPhone und IPad verfügbar ist, vorgestellt.  Mit hauptsächlich visuellen Flashs soll so ganz gezielt schon in jungen Jahren die Angewöhnung  und Abhängigkeit erzielt werden. Zudem ist diese Ware auch noch mit Werbung gepanscht.

Das  Angebot ist verlockend und lauert an jeder Ecke des Internets, doch sollte man nicht vergessen, dass  der Konsum, wie mein Fallbeispiel zeigt, gefährliche Auswirkungen haben kann. Da die Zahl der Süchtigen und auch das Angebot in den nächsten Jahren vermutlich rasant ansteigen wird, sollen alle potentielle Konsumenten und Neugierige vorgewarnt sein- die Informationsdroge News-Feed ist aufregend aber man sollte sich den Nebenwirkungen bewusst sein. Also immer daran denken- und auch mal auf einen Informationsschuss verzichten.

Foto: flickr.com/Dylen Roscover (CC By-SA 2.0)

C’est une revolte? Non, c’est une revolution!

von Pascal Thiel

Xavier Dolan hat es wieder getan. Mit Laurence Anyways ist dem francokanadischen Filmautor das dritte Kunstwerk gelungen.

Ein besonderer Film

Xavier Dolan hat es also wieder getan. Bereits seine zwei ersten Werke schlugen wie Bomben ein. Der autobiografische Film I killed my mother und Les amours imaginaires, zu deutsch Herzensbrecher erregten in der Kritikerwelt erhebliches Aufsehen. Von den einen als das neue „Wunderkind“ des francophonen Films gefeiert – von den anderen als frecher Emporkömmling verachtet, polarisiert Dolan. Das wird er wohl auch mit seinem neuen Film.

Fernab vom Klischee eines braven Literaturdozenten führt Laurence Alia mit seiner Freundin Frédérique „Fred“ Belair ein alles andere als spießiges Beamtenleben. Sie sind ein verrücktes Paar. Liebe, Lust, Lebensfreude. Sturm und Drang. Frech und herrlich obszön. Doch Laurence will sich und Fred nicht mehr belügen. Inmitten einen der Redeschwälle seiner Freundin bricht es aus ihm heraus: Er wolle endlich seiner Natur folgen und eine Frau sein.

Damit beginnt ein Film, der mehr ist, als die bloße Darstellung eines Kampfes gegen gesellschaftliche Widerstände. Dolan selbst beschreibt seinen Film als

homage to the ultimate love story: ambitious, impossible, the love we want to be sensational, boundless, the love that we don’t dare hope for, the love that only cinema, books and art provide.

Es beginnt ein Film, der eine Liebesgeschichte ist, die Leidenschaft auf eine ganz neue Art und Weise transportieren soll. Ein Film, der Gefühle bildhaft eindrucksvoll so drastisch und schön wie wohl kaum ein anderer offenbart, den manche als „speziell“ titulieren mögen – und tatsächlich eine wichtige Rarität ist in einer Welt der Blockbusteroberflächlichkeit.

Ein Mann, der zur Frau werden will. Das Sujet des Films ist vermeintlich schnell gefunden: Transsexualität. Doch da ist nicht nur die „Metamorphose“ von Laurence, da ist auch die Beziehung zu und mit Fred. So erzählt der Film aus zwei unabhängigen Perspektiven – und gewährt, wie unten deutlich wird – beeindruckende Einsichten in die Gefühlswelten seiner Protagonisten.

Die werden gespielt von einem grandiosen Melvil Poupaud und einer noch grandioseren Suzanne Clément. Mit im exzellent erwählten Ensemble: Nathalie Baye (als Laurence‘ Mutter) und Monia Chokri (als Freds Schwester) – Dolan greift auf neue und bewährte Schauspieler zurück. Im Gegensatz zu seinen ersten beiden Filmen, entdeckt man Dolan selbst nur einige wenige Sekunden auf der Leinwand, die Aufmerksamkeit gilt den Protagonisten.

Le Cinéma Dolan

Xavier Dolan versteht es in seinen Filmen immer wieder, im Zusammenspiel verschiedener Elemente perfekte Situationen zu kreieren. So auch in Laurence Anyways. Er ist ein Kunstwerk geworden.

Geradezu ein Paradebeispiel ist die Szene, die in Laurences „Outing“ mündet. Am Abend seines 35. Geburtstags überrascht Fred Laurence mit einem Trip nach New York. Und ein „Trip“ ist es wirklich.

In perfekter Dolan-Reizüberflutung geht es in Richtung USA: Fred plappernd, wild herumkreischend und durch die Luft fuchtelnd, vollkommen zugedröhnt am Steuer ihres knatternden 80er-Jahre-Mobils. Wackelnde Kameraschwenks wechseln hin- und her – zwischen Fred und Laurence. Bis die Situation in einer Waschanlage schließlich – Bürsten schlagen gegen das Auto, unterlegt – nein überlagert – von einem hetzendem Prokofiev – ihren Höhepunkt findet. So drastisch die Dramaturgie des perfekten Sinneschaos in Richtung Climax drängt, so gewaltig schreit Laurence den Überdruss seines Daseins mittenhinein: Er werde sterben (siehe oben).

Oder sein erster Auftritt in der Schule. Laurence schüchtern und steif in den ersten Momenten vor einer peinlich berührten bis geschockten Klasse, alles in eine unerträgliche Stille gehüllt. Und: Laurence wie auf einem Laufsteg durch die Schule stolzierend, die Blicke der anderen ertragend – oder genießend? – unterlegt von eindringlichem hippen Elektrogequietsche.

Das ist die laute, schrille, freche Seite des Xavier Dolan. Doch er kann auch anders – mit einem Element, einem Stilmittel, das seinen Filmen zu ihrer Großartigkeit verhilft. Besonders deutlich in Laurence Anyways: unerwartete Cuts. Radikal werden Szenen, wird die Handlung abgebrochen – was passiert, wird dem Zuschauer erst später präsentiert. Wie etwa bei Laurence‘ Ausbruch: Gezeigt wird lediglich Freds Reaktion. Es folgen vage Bilder, schemenhaft gezeichnet. Nichts weiter passiert. Zeit für den Zuschauer, sich über den Fortgang selbst Gedanken zu machen. Eine Denkpause.

Was Dolans Filme auszeichnet, ist zudem die eindrückliche Darstellung von innerlichen Gefühlen.

Da ist der Schmetterling, der Laurence‘ Mund entflattert, als er Fred zwischenzeitlich an einen anderen zu verlieren droht. Noch immer Schmetterlinge im Bauch? Da ist der Wasserfall, der durch Freds Wohnzimmer rauscht, nachdem sie in Laurence‘ Gedichtsband versunken ist. Noch immer voller Sehnsucht? Und da sind die durch die Luft wirbelnden Kleider nach ihrem Wiedersehen auf der Île au Noir. Wiedergewonnene Freiheit? Eine Hommage an ihre frühe Liebe? Die herbstlich tanzenden Blätter am Ende des Films als Symbol der endgültigen Befreiung voneinander?

Mehr als Transsexualität

Mit seinen über 160 Minuten sprengt der Film jegliche Spielfilmkonventionen. Dolans bewegte Bilder beeindrucken – ihre Sinnlichkeit, ihre Schönheit. Sie offenbaren das Innenleben zweier Menschen über Jahre hinweg so schonungslos wie kaum andere.

Auf der einen Seite ist Fred, noch immer verliebt in Laurence, die aber ihre neu gewonnene Sicherheit, ihr Haus, ihren Mann, ihre Familie aufzugeben nicht bereit ist. Fred, die Laurence einst, bis den Tränen nahe, verteidigt hat, nun aber doch das Andere nicht respektieren kann, die die Gebundenheit der Liebe an einen Körper nicht überwinden kann. Eine Beziehung zu Laurence ist trotz des zwischenzeitlichen glücklichen Wiedersehens unmöglich geworden – das Bürgertum und seine eigenen Gesetze haben Fred sich einverleibt. Ihre Offenheit, ihre Unbeschwertheit liegen weit in der Vergangenheit.

Auf der anderen Seite Laurence, der eine Wandlung durchgemacht, der viele Hürden überwunden hat und ein neuer Mensch geworden ist. Laurence, der nicht verstehen will, warum nicht alle diesen Weg gehen wollen. Selbstgerecht scheint er auf Fred herabzuschauen. Auch er hat sich verändert: Vom bescheidenen, eher schüchternen, zurückhaltenden Mann zur konfrontativen, aufrechten Frau.

So zeigt der Film mehr als ein „Trans-Outing“. Der Film zeigt zwei Charaktere, zwei Lebenswandel im Spiegel der Zeit. Er zeigt Leidenschaft und Gefühle. Und so verschwimmt im Hinterland des Films das Sujet der Transsexualität immer mehr, bis es schließlich wie selbstverständlich der Liebesgeschichte weicht.

Laurence Anyways ist zu lang, zu komplex, um in einer Kritik umrissen zu werden. Xavier Dolan hat gezeigt, dass von ihm noch viel zu erwarten ist. Viele gute Schauspieler. Viele exzellente Soundtracks. Viele eindrucksvolle Bilder. Viele glitzernde Kostüme und intelligente Dialoge.

 

Bilder: FilmPressKit

XBox One is watching you

von Svitlana Magazova

Eine Box für alles

Was sich wie ein Auszug aus George Orwells Roman „1984“ anhört, ist die Beschreibung der neuen Spielkonsole Xbox One. Man könnte fast meinen, dass die sogenannte „Black Box“, deren Existenz man als eine Fehlannahme abstempelte, bald für Millionen erhältlich sein wird und den Alltag bestimmen könnte. Die Idee einer Black Box ist, nach Henry Jenkins ( in seinem Buch „Convergence Culture“), die Zusammenführung von verschiedenen Funktionen auf einem Gerät. Somit fließen unterschiedliche Medientechnologien durch nur eine „Box“. Noch dieses Jahr soll die neue Spielkonsole Xbox One, Nachfolgerin der acht Jahre alten Xbox 360, auf den Markt kommen. Eine Spielkonsole, die jedoch weit mehr als lediglich über eine Vielzahl an Videospielangeboten verfügt. Sie wurde Anfang Mai 2013 als ein wahres „All-In“- Gerät vorgestellt. Mithilfe einfacher Befehle kann man zwischen Spielen, Musik, Videos sowie dem aktuellen Fernsehprogramm umschalten. Über Sprachsteuerung lassen sich Kanäle auswählen oder Programmhinweise einblenden. Mithilfe von Gesten können die Nutzer Filme minimieren und Texte scrollen. Die Box ermöglicht außerdem das Surfen im Netz und das Skypen. Den Möglichkeiten sind mit dieser Box scheinbar keine Grenzen gesetzt.

 

Kinect – der aufmerksamste Freund

Dem System entgeht darüber hinaus nichts, was sich in den Wohnzimmern der Nutzer

abspielt. Marc Whitten, Microsoft-Vizepräsident des Xbox Live-Bereiches meint, die Xbox One würde die kleinste Drehung eines Handgelenks oder einer Schulter erkennen. Sogar der Herzschlag könne registriert werden. Das ist möglich durch den neuen Bewegungssensor Kinect,  welcher mit vier Mikrofonen, zwei Kameras und einem Infrarot-Scanner ausgestattet ist. Damit kann die Konsole auch im Dunkeln noch sehen. Gespräche können durch die Funktion der Sprachsteuerung mitgehört werden und auch die Mimik des Spielers wird genau erfasst. So lässt sich auf momentane emotionale Zustände des Spielers schließen.

 

Kinect – der zuverlässigste Aufseher

Die Super-Kamera der neuen Xbox One ist nicht nur hautnah am Spieler dran, sie könnte auch manch andere Bereiche revolutionieren. Die Anzahl der Anwesenden kann von Kinect erfasst werden. Ein Film wird folglich desto teurer, je mehr Leute vor dem Fernsehgerät sitzen. Für Extra-Zuschauer muss eine Extra-Lizenz erworben werden. Die Lizenzen umfassen unter anderem auch den Aspekt des Jugendschutzes. Der Zugang zu bestimmten Inhalten kann einer Person verwehrt werden, falls sie noch nicht das entsprechende Alter erreicht hat. Ob Microsoft das Patent bei der Xbox One aber tatsächlich zur Anwendung bringen wird, steht noch offen.

 

 

Unentrinnbare Allgegenwärtigkeit

Ist es denn nicht praktisch, ein Gerät für alles zu haben, welches  in direkte Interaktion mit dem Nutzer tritt?

„Die Xbox registriert ständig alle möglichen persönlichen Informationen über mich. Reaktionsgeschwindigkeiten, meine Lernfähigkeit oder emotionale Zustände”, so Peter Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, über die kürzlich vorgestellte Spielkonsole. „ Die [Informationen]werden dann auf einem externen Server verarbeitet und möglicherweise sogar an Dritte weitergegeben“, so Schaar weiter. Selbst im Stand-by-Modus registriert ein Mikrofon jedes Wort, und eine Software untersucht auch das kleinste Gemurmel auf Schlüsselbegriffe. Man müsse die Konsole komplett vom Netz nehmen, wenn man sicher gehen will, nicht belauscht oder beobachtet zu werden.

 

Nur ein Nachfolger von Mr. Mobilfunk?

Der Informationsethiker Michael Nagenborg von der Universität Tübingen meint zu diesem Thema: „Vieles, was wir jetzt in der Xbox sehen, hat Vorbilder im Mobilfunk: die Sprachsteuerung, der permanente Datenaustausch mit großen Rechenzentren, die stets verfügbare Kamera mit Videofunktion.“ Die Xbox One wäre somit eine logische Weiterentwicklung ihrer Vorgänger.

 

Wenn Produkte den Nutzer beherrschen

Doch wo liegen die Grenzen solcher Weiterentwicklungen? Wie sicher kann man sich sein, dass die eigenen Daten, welche im System abgespeichert werden und leicht an Microsoft geschickt werden können, nicht instrumentalisiert werden? Schließlich könnte die Auswertung dieser Daten wertvolle und aufschlussreiche Informationen über die Kunden liefern.

Vielen ist mittlerweile gar nicht mehr bewusst, wie viele ihrer Daten bereits abgespeichert sind und auf wie vielen Kameraaufzeichnungen sie sich wiederfinden könnten. Durchaus geht die zunehmende Informationsabspeicherung und Medienpräsenz mit der rasanten technologischen Entwicklung einher. Der Hamburger Datenschützer Caspar unterstreicht, dass die Entwicklung durch Konzerne und Privatleute einen Schub erhält.

Eine Black Box, durch die nicht nur verschiedene Angebote fließen, sondern auch Informationen über Emotionen und Verhalten der Nutzer, würde das Verhältnis zwischen Rezipient und Produkt drastisch verändern. Die Frage stellt sich nämlich nun weniger, was der Rezpient mit seinem Produkt macht, sondern was das Produkt mit dem Rezipienten macht. Der Nutzer sollte darauf aufpassen, dass er sich selber nicht von der Box zum Objekt machen lässt, mitsamt all seinen Informationen und Emotionen. Diese sollten nämlich nur einem System angehören – seinem eigenen.

 

Fotos: Copyright Microsoft

Enten statt Googeln

von Daniel Fuchs

 

Enten statt Googeln

Der US-Geheimdienst NSA späht weltweit Internetnutzer aus. E-Mails und Chats werden mitgelesen, Fotos und Videos ausgewertet. Alles, was sich bei großen Datensammlern wie Google, Facebook, Apple, Microsoft und Co. finden lässt, wird durchforstet. Denn diese sollen mehr oder weniger bereitwillig ihre gesammelten Nutzerdaten weitergeben.

Doch es gibt auch Dienste, bei denen es nichts zu holen gibt, einer davon ist die Suchmaschine mit dem eigentümlichen Namen DuckDuckGo.

Große Begehrlichkeiten

Es ist nicht das erste Mal, und es wird auch nicht das letzte Mal sein, dass Unternehmen in die Schlagzeilen geraten, weil sie Nutzerdaten weitergeben. Zu groß sind die Begehrlichkeiten, die große Mengen an personalisierten Daten wecken. Sei es zu Werbezwecken, zum Verbessern und Anpassen der eigenen Angebote, oder wie im aktuellen Fall, zum systematischen Ausspähen durch Behörden. Eine Veröffentlichung der gesammelten Daten kann aber auch aus Versehen durch Sicherheitslücken und Hacker geschehen. Oder ganz legal, durch gerichtliche Anordnung zur Herausgabe.

Ein besonders lohnenswertes Ziel ist dabei Google, das mit seinen vielen Angeboten schon lange nicht mehr nur Suchmaschine ist, sondern auch Social Network, E-Mail Anbieter oder Eigentümer von Plattformen wie YouTube. Bereits in der Vergangenheit hat Google Nutzerdaten, auch von Europäern, an US-Behörden weitergegeben.

Eine solche Konzentration von Diensten und Angeboten ist für den Nutzer zwar bequem, aber es geht auf Kosten des Datenschutzes und der Privatsphäre. Eine der unkompliziertesten Möglichkeiten, daran etwas zu ändern, ist die Wahl einer Suchmaschine, die genau das bietet – Datenschutz.

 

Was weiß eine Suchmaschine über mich?

Eine herkömmliche Suchmaschine wie Bing, Google oder Yahoo (die Älteren werden sich erinnern), speichert grundsätzlich den Zeitpunkt einer Suche, natürlich den Suchbegriff und entsprechende Informationen über den Suchenden, wie zum Beispiel IP-Adresse (und damit mehr oder weniger genau den Aufenthaltsort), verwendeter Browser und Betriebssystem. Außerdem wird im Browser ein Cookie gesetzt, um den Nutzer bei wiederholtem Besuch der Webseite zu erkennen, und zum Festhalten von früheren Suchen. Das alles zusammen liefert schon ein recht ausgeprägtes Bild eines Nutzers, und macht damit auch personalisierte Suche und Werbung möglich. Sollte sich der Nutzer bei der Suche auch noch in seinen Account eingeloggt haben, ist die eindeutige Verknüpfung der Daten vollendet.

 

Was ist anders an DuckDuckGo?

DuckDuckGo beschreibt es selbst mit: „DuckDuckGo does not collect or share personal information. That is our privacy policy in a nutshell.“ Es werden also keine persönlichen Informationen gesammelt, und damit kann auch nichts an Dritte weitergegeben werden.

Bei einer Suche und dem anschließenden Klick auf den Link der Zielseite, wird die Weitergabe des Suchbegriffs an die Zielseite unterbunden. Diese weiß dann zwar immer noch, wer besucht, aber nicht welcher Suchbegriff dem Besuch vorausging. Bei Bedarf bietet DuckDuckGo außerdem einen eigenen Proxy an, der dafür sorgt, dass der Zielseite die eigene IP unerkannt bleibt.

Die Suchanfragen werden auch nicht mit der IP verknüpft oder gespeichert, und es werden in der Standardeinstellung keine Cookies gesetzt. Das hat zur Folge, dass die Nutzer nicht mehr identifiziert werden können. Weder von der Suchmaschine


selbst, noch von Dritten, für die Interesse an den Daten bestehen könnte. DuckDuckGo kennt seine Nutzer einfach nicht. Außerdem kann damit keine Personalisierung der Suchergebnisse mehr stattfinden. Die Suchmaschine kennt die früheren Suchen eines Nutzers nicht, weiß nichts über seine Vorlieben und Interessen, und kann ihm so auch kein angepasstes Suchergebnis präsentieren. Die Resultate sind bei allen Nutzern genau gleich, und die Filterblase zerplatzt.

Das Rezept

Das Rezept von DuckDuckGo ist einfach: Sammle so wenig Informationen wie möglich über deine Nutzer, so werden von vornherein keine Begehrlichkeiten geweckt, und mögliche   Datenschutzverletzungen können nur geringes Ausmaß haben. So profitiert die kleine Suchmaschine von unpopulären Schritten der großen Konkurrenz. Seit Bekanntwerden des Ausspähprogramms haben sich die Zugriffe mehr als verdoppelt.

Die Suche mag (noch) nicht immer die besten Treffer liefern und nicht so bequem sein wie bei großen Anbietern. Aber wie heißt es so schön: Nur tote Enten schwimmen mit dem Strom.

 

Foto: flickr.com/Detlef Rook (CC BY-NC-SA 2.0)

Die alltägliche Evolution: The Tree of Life

von Selina Juliana Sauskojus

Ein außergewöhnlicher Regisseur

Terrence Malicks bisherige Karriere verlief alles andere als gewöhnlich. 1973 gelang ihm sein furioses Spielfilmdebüt mit Badlands. Fünf Jahre später knüpfte er daran an mit Glut des Südens. Mit einer noch sehr konventionellen Erzählweise erarbeitete er sich einen hohen Rang in der Riege der New Hollywood-Regisseure.

Trotz seines Erfolges gönnte sich Malick zunächst aber eine Kreativpause – und zwar zwanzig Jahre lang. 1998 kam Der schmale Grat in die Kinos. In diesem Film bricht er erstmals die filmischen Konventionen und entwickelt seinen eigenen, typischen Stil. Sieben Jahre später folgte The New World, eine Verfilmung der Pocahontas-Geschichte. Man könnte diesen Film als eine Zäsur in seinem Schaffen sehen. Wie in Der schmale Grat bediente sich Malick wieder seiner ganz eigenen Filmsprache. Die Kritik war not amused. Wo Malick 1998 etwas neues, spannendes geschaffen hatte, wurden nun Kritiker laut, die seinen Stil als überkandidelt und idealistisch deklarierten.

Das Hauptmotiv des Filmemachers ist stets die makellose Natur versus der Mensch, der sich durch seine destruktive Art in der Welt verliert.  Um dieses Verhältnis darzustellen setzt Malick vor allem auf eine beinahe überhöhende, prächtige Darstellung der Natur. Zudem wurden seine Filme von Mal zu Mal ärmer an Dialog. Stattdessen arbeitet Malick mit dem Voice-Over – Gedankenfetzen, Anrufe an höhere Mächte, Beobachtungen über den Menschen und die Welt. Mit Dialogen geht der Filmemacher, der auch seine Drehbücher selbst schreibt, sehr sparsam um. Der Vorwurf Malick verliere sich mehr und mehr in einer eigenen spirituellen Welt, sahen einige mit The Tree of Life erhärtet.

 

The way of grace and the way of nature

Um The Tree of Life zu verstehen, ist es wichtig, die Sprache Malicks zu begreifen. Der Regisseur selbst ist gläubiger Katholik. Das ist wahrscheinlich die Ursache dafür, dass ihm in seinen Filmen eine übertriebene Religiosität angelastet wird. Und ja, auch in The Tree of Life spielt Gott irgendwie eine Rolle, geht es um nicht weniger als die Schöpfung der Welt und eine typische Familie aus den USA der 60er Jahre, die jeden Sonntag die Messe besucht. Aber das Motiv so einzugrenzen tut dem Regisseur und dem Film mehr als Unrecht.

The Tree of Life behandelt drei Erzählstränge. Die Entstehung der Erde und des Lebens, die Geschichte der Familie O’Brien und das Erwachsenenalter des ältesten Sohnes Jack (Sean Penn). Einer Chronologie folgt der Film nicht. In einem italienischen Kino wurden versehentlich die Akte in unterschiedlicher Reihenfolge zusammengefügt. Es fiel dem Publikum nicht auf – so unkonventionell und experiementell ist der Schnitt in Malicks Filmen.

Mit dem beeindruckenden Einsatz traditioneller Filmtechnik und der Verwendung perfekter Naturaufnahmen inszenierte Malick die Entstehung der Erde. Begleitet von klassischer Musik und dem obligatorischen Voice-Over verschafft Malick dem Zuschauer eine spirituelle Erfahrung, wie man sie im Kino bisher selten erleben durfte. Spirituell ist in diesem Fall nicht negativ konnotiert. Vielmehr wird der Kinogänger in Sprachlosigkeit versetzt ob der Epik der Szene. Sich diesem komplexen Vorgang anzunehmen schaffte in dieser Perfektion noch kein Regisseur.

Besonders bemerkenswert ist eine Szene, die in der Saurierzeit spielt. Ein Pflanzenfresser liegt halblebig an einem Flussbett, ein Aasfresser nähert sich ihm. Doch anstatt mit seinem Opfer kurzen Prozess zu machen, verschont er es. Was Malick an dieser Stelle zeigen möchte, ist ein aktiver Akt der Gnade – Ursprünglich ein Gefühl, das, vor allem im religiösen Kontext, nur dem Menschen zugeschrieben wird. Über diese Szene mockierte sich die Kritik ganz besonders. Die Dinosaurier seien billig animiert, einen Sinn ergebe das ganze sowieso auch nicht.

Im Zusammenhang mit der Familiengeschichte hingegen, nimmt diese Szene eine gewaltige Bedeutungsdimension an. Die Kindheit dreier Brüder, die hin- und hergerissen werden von den unterschiedlichen Persönlichkeiten ihrer Eltern, steht im Fokus des Erzählens. „There are two ways of life. The way of nature and the way of grace. You have to choose which one you’ll follow“, sagt Mrs. O’Brien aus dem Off. Sie selbst verkörpert den Weg der Gnade, des Spirituellen. Als gläubige Christin erzieht sie ihre Kinder liebevoll.

Ganz im Gegensatz zu Mr. O’Brien: „It takes fierce to get ahead in this world.“ Fressen oder gefressen werden, nach diesem Mantra möchte er seine Kinder großziehen. Vor allem der älteste Sohn Jack leidet unter diesen konträren Ansätzen. Komplizierter wird das ganze durch den mittleren Sohn R.L.. Sanft wie seine Mutter und mit den musischen Begabungen seines Vaters ausgestattet scheint er der Inbegriff des Guten zu sein. Jack versucht immer wieder in Rivalität mit seinem jüngeren Bruder zu treten, sich seinen Weg an die Spitze zu erkämpfen. Mit neunzehn Jahren stirbt R.L.. Wie er stirbt erfährt der Zuschauer nicht. Jahre später ist Jack noch immer nicht über den Tod des Bruders hinweg. Verloren in Großstadtschluchten sucht er nach Absolution für sein Fehlverhalten und dem Sinn des Lebens.

Prinzipiell dreht sich alles um den Gegensatz zwischen evolutionärem Verhalten einerseits und einem spirituellen Weg auf der anderen Seite. Dass dieser spirituelle, gnadenvolle Weg nicht in einem religiösen Kontext stehen muss, zeigt die Dinosaurier-Szene. Auf menschlicher Ebene jedoch scheinen Liebe und Gnade stark mit dem Glauben gekoppelt zu sein. Dennoch muss berücksichtigt werden, dass auch Mr. O’Brien, der den egoistischen Weg bevorzugt, ein tiefreligiöser Mensch ist, der am Sonntag sogar die Kirchenorgel spielt. Malick zeigt, wie qualvoll und unnatürlich das Aufwachsen in einem solchen Umfeld sein kann, bezieht jedoch klar Position welcher Weg der „bessere“ Weg ist.

Im zweiten Teil dieses Artikels möchte ich darauf eingehen, wie sich der Regisseur positioniert und mit welchen filmischen und dramaturgischen Mitteln er seine Aussagen untermauert.

 

Fotos: Concorde Film

Schluss mit Spielen – Höhenflug und Absturz der Social Games

Von Helen Baur

Zynga war jahrelang der bekannteste Entwickler sogenannter „Social Games“ für Facebook und Co. Nun wurde ein Drittel der Mitarbeiter entlassen – der Grund: Fokussierung auf einen neuen Geschäftszweig und zwar Spiele für Smartphones. Das bedeutet allerdings auch, dass das bisherige Geschäft nicht mehr so läuft, wie es einst lief, nämlich lukrativ und erfolgreich. Daher ging Zynga 2011 an die Börse, damals lag der Firmenwert bei ca. 8,9 Milliarden Dollar. Mit der Aktienplatzierung nahm das Unternehmen eine Milliarde Dollar ein. Diese glorreichen Zeiten sind nicht einmal zwei Jahre später vorbei: Aktienpapiere verlieren drastisch an Wert, Mitarbeiter müssen entlassen werden, um Geld zu sparen. Das heißt wohl, dass sich Online-Spieler  von FarmVille, Mafia Wars und CityVille abwenden. Warum haben die Spiele ihren ursprünglichen Reiz verloren?

Gemeinsam zum Ziel

Social Games brachten eine neue Form des Spielens auf den Markt, die sehr reizvoll war, dank dem Prinzip der Vernetzung. Der Schlüssel zum Erfolg in den Spielen auf Facebook oder Google+ sind Freunde – viele Freunde. Wer versucht, ein Social Game alleine zu spielen, wird schnell scheitern und  Stagnation schon in den Levels zu Beginn erleben. Ziel ist es, sich mit möglichst vielen Freunden zu verbinden, gemeinsam zu spielen, zusammen die nächste Quest zu erfüllen, den anderen zu helfen.

Auch das in der Natur des Menschen liegende Vergleichen mit dem Umfeld wird nicht vernachlässigt: Es wird nicht nur mit-, sondern auch gegeneinander gespielt. Freundeskreisinterne, aber auch weltweite Highscore-Listen, spornen die Spieler zu noch besseren Leistungen an. Wer dabei noch reales Geld ausgibt, kommt schneller voran. Das ist die größte Einnahmequelle von Spielkonzernen wie Zynga. Oft werden Aktionen in den Social Games auf dem Profil des Spielers veröffentlicht, womit er,  und das Spiel, Aufmerksamkeit erhaschen. Diese Aufmerksamkeit ist essentiell, denn nur so kann ein Netzwerk um das Social Game entstehen, nur so kann es sich weiter verbreiten.

 

Anstecken erwünscht!

Die ideale Folge aus dem Veröffentlichen und dem Anzeigen des Fortschritts auf dem Spielerprofil, ist die virale und epidemieähnliche Ausbreitung des Spieles. Hat sich ein Spiel etabliert, entstehen meistens weiterführende Fanpages und Communities. Auf diesen können die neusten Tipps und Tricks ausgetauscht, gemeinsam auf die nächste Aktion des Betreibers hingefiebert oder lediglich Kontakte und potentielle neue Social-Network-Freunde gefunden werden, die dann zu wichtigen und aktiven Helfern im Spiel werden.

Durch Specials hat Zynga versucht, seine Spieler bei Laune zu halten. Beispielsweise gibt es in Farmville jede Woche ein neues „Überthema“, zu dem es neue und einmalige Produkte zu erwerben gibt. So können in der Zeit vor Weihnachten Christbäume und ein Engelkostüm gekauft werden, Mitte Februar wimmelt es nur so von Herzen auf der Farm und zu Halloween kann der gesamte Hof in ein Horrorkabinett verwandelt werden.

 

Fehlender Blick in die Zukunft?

Offensichtlich haben sich all diese Bemühungen, die Spieler bei Laune und am Spiel zu halten, nur kurzfristig rentiert. Hätte sich Zynga  anderes einfallen lassen müssen, um ein Milliardenverlust zu verhindern? Auf der einen Seite halten Sonderaktionen, einzigartige Produkte und die meist ansprechende Grafik lassen den Spieler am Ball und lassen ihn in eine Art Abhängigkeit, das Spiel wird in den Tagesablauf des Menschen integriert und etabliert sich zum wichtigen Element. Andererseits hat vor allem Zynga einen großen Fehler begangen und von Beginn an zu wenig in die Zukunft geschaut. Es scheint fast so, als hätten Neuerungen wie Smartphones und Tablets vor den verschlossenen Augen des Konzerns stattgefunden.

Eines der führenden internationalen Unternehmen in der mobilen und sozialen Online-Spiele-Welt ist GREE. Anders als Zynga hat sich GREE schon seit langer Zeit auf den mobilen Markt von Spielen konzentriert. Zur Zukunft von PCs und PC-Spielen äußerte sich Ende 2012 der CEO von GREE, Yoshikazu Tanaka: „Der traditionelle PC wird verschwinden und Smartphone und PC werden verschmelzen, um eine ganz neue Plattform zu werden.“ Das bietet wohl auch eine Erklärung für den Rückgang der Social Games – Spieler: Laptop und PC werden, vor allem in der Zukunft, immer weniger aus kommunikativen oder sozialen Gründen gestartet werden, sondern lediglich, um zu arbeiten. Das virtuelle soziale Leben auf Facebook und Co. lässt sich schon jetzt problemlos auf das Smartphone verschieben – mit Ausnahme der Social Games wie Farmville. Hier eröffnet sich der simple Grund für die schwindende Attraktivität dieser Spiele: Sie passen einfach nicht in das mobile Leben eines Smartphone- und Tabletusers. Ob  wohl eine Farmville-App die rettende Idee für Zynga ist? Die Farmer wären sicherlich begeistert.

 

Foto: flickr.com/CAS Library (CC BY-NC 2.0)

Copyright: Zynga

(CC BY-NC 2.0)