Fett und filzig – die Siegerfilme des ITFS

von Sandra Fuhrmann

Das 20. Internationale Trickfilmfestival (ITFS) ist zu Ende und die Gewinner stehen fest. Es war eine Woche gefüllt mit unzähligen Eindrücken und die Jury des Internationalen Wettbewerbs hatte es sicher nicht leicht mit ihrer Entscheidung. Insgesamt 41 Filme, verteilt auf fünf Tage, hatten die fünf Mitglieder zu bewerten. Wir waren für euch bei den Vorführungen dabei und konnten uns so unsere eigene Meinung bilden.

Drei Preise wurden innerhalb des Wettbewerbs vergeben: der Grand Prix, dessen Gewinner ein Preisgeld von 15.000 Euro winkt und der von der Stadt Stuttgart und dem Land Baden-Württemberg gestiftet wird, der Lotte Reiniger Förderpreis für Animation in einer Höhe von 10.000 Euro, von der MFG Filmförderung Baden-Württemberg und der SWR-Publikumspreis für den Film mit den insgesamt besten Noten bei der Abstimmung durch die Zuschauer, für den es 6.000 Euro gab.

Der Grand Prix

…geht an OH WILLY. Die Co-Produktion zwischen Belgien, Frankreich und den Niederlanden entstand unter der Regie von Emma de Swaef und Marc James Roels und stammt aus dem Jahr 2011.

Story

Die Story handelt von dem inzwischen erwachsenen Mann Willy. In seinem Inneren  scheint er jedoch ein Kind geblieben zu sein. Die Erkrankung seiner Mutter lässt ihn in die Nudisten-Gemeinde im Wald zurückkehren, in der er aufwuchs. Kurz nach seiner Ankunft dort, stirbt die Mutter. Für Willy der Zeitpunkt, sein eigenes Leben Revue passieren zu lassen. Behütet, doch auch abgeschottet von der Außenwelt, wuchs er hinter den Zäunen im Kreis der Gemeinde und umsorgt von der Mutter auf.

Ausflüge nach draußen bekamen ihm nicht gut, wurde er doch von anderen Kindern wegen seiner Nacktheit und seines Körperumfangs verspottet und geschlagen. Lang trank er von der Brust der Mutter. Nach ihrem Tod flieht er nun als Erwachsener in den Wald. Noch immer scheint er wenig selbstständig und unfähig, sich alleine in der Wildnis zurechtzufinden. Gepeinigt von der Natur findet er in einer Höhle Unterschlupf. Ein Wendepunk tritt ein, als Willy dort von einem haarigen Yeti angegriffen wird. Doch anstatt ihn zu fressen, entpuppt sich das Ungetüm als zärtlicher Mutterersatz. Mithilfe einer Schere bringt Willy gar unter dem haarigen Gesicht Züge zum Vorschein, die denen seiner Mutter stark zu ähneln scheinen. Und sogar eine Brust verbirgt sich unter den langen Zottelhaaren, von der Willy trinken kann und so in die Rolle zurückkehrt, die er einst nur ungern verließ – die des nackten Jungen an der Brust der Mutter.

 Alles in allem..

Oh Willy ist ein stop-motion Kurzfilm, der auch ohne Sprache auskommt. Auf skurrile Weise weckt der Film Abscheu und Mitleid beim Zuschauer. Die Geschichte scheint eine perfekte Mischung aus Tragik und Komik. Und mancher skurrile Einfall der Macher lässt einen einfach nur staunen. Richtige Lacher sind im Film meist ganz unverhofft eingebaut und wirken dadurch umso besser. So taucht beispielsweise während Willy sich in der Höhle verborgen hält auf einem Fels vor dem Eingang eine Ziege auf. Der Anblick der Ziege im Sonnenlicht hat etwas Erhabenes – bis sie seitlich von einem Stein getroffen wird und vom Felsen stürzt. Es folgt der Auftritt des Yetis.

Die verwendeten Materialien untermauern im Grunde die Story. Die Puppen sind aus Filz gefertigt, was ihre Konturen weich wirken lässt. Auch die Umgebung besteht aus Filz und anderen Textilien, wirkt dabei aber sehr lebensecht. Die weiche Atmosphäre passt zur Gesamtgeschichte des hilflosen dicken Willy, der sich nach der Liebe und Fürsorge der Mutters sehnt. Der Film verläuft durch eher lange Schnitte sehr ruhig, was dem Ganzen etwas Getragenes verleiht. Insgesamt ergibt sich so ein sehr rundes Bild.

Eigener Senf

Tatsächlich bot uns Oh Willy schon am ersten Präsentationsabend Stoff zur Diskussion und die Meinungen in der Redaktion gingen durchaus auseinander. Doch Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Ich selbst habe mich in diesem Fall sehr über die Entscheidung der Jury gefreut, da der Film auch zu meinen persönlichen Lieblingen im Internationalen Wettbewerb gehört hat. Der Film ist in sich ausgesprochen stimmig und auch seine skurrile Komik macht ihn meiner Meinung nach wirklich sehenswert.

Der Lotte Reiniger Förderpreis für Animationsfilm

…geht an KARA NO TAMAGO (A Wind Egg). Die japanische Produkion entstand 2012 unter der Regie von Ryo Okawara.

 Story

„A Wind Egg“ ist allgemein die Bezeichnung für ein Ei, dass in irgendeiner Form Mängel aufweist. Kara no tamago steht ganz in der Tradition des japanischen surrealen Animationsfilms. So steht bei diesem Film auch nicht unbedingt eine logische Handlung im Vordergrund. Der Film porträtiert eine vierköpfige Familie, die einen Hühnerhof bewirtschaftet.

Nacheinander werden alle Familienmitglieder vorgestellt. Der cholerische Vater, der eifersüchtig über die Eier wacht, die er mehr zu lieben schein, als alles andere. Die kleine Schwester, eine überdrehte Petz Liese. Die Mutter, nicht beachtet vom Vater, frönt sie ihren eigenen erotischen Fantasien und der Junge, der der Protagonist der Geschichte ist. Obwohl keiner in dieser Familie besonders nett zu den anderen zu sein scheint, wirkt der Junge doch in besonderem Maße wie ein Außenseiter.

Einzelne Handlungsstränge überlagern sich im Film, werden auseinandergeschnippelt und dann irgendwie wieder zusammengesetzt. Die Surrealität der Handlung steigert sich mit dem Fortschreiten der Geschichte. Beim Versuch ein Ei zu stehlen wird der Junge von der Schwester beobachtet und verpetzt und anschließend vom Vater eingesperrt. Das Ei kann er retten. Gegen Ende des Films ist zu sehen, wie daraus eine Miniaturversion des Jungen selbst entschlüpft und dies eine zusammenhängende Kette von Gedanken in seinem Kopf auslöst, bei denen sich beispielsweise die Mutter in ein Huhn verwandelt. Gemeinsam bilden diese Gedanken eine Erkenntnis bei dem Jungen, die sich dem Zuschauer aber nicht automatisch erschließt.

Alles in allem..

Kara no tamago ist ein Zeichentrickfilm, der in gedeckten Farben und eher minimalistisch gehalten ist. Die Figuren sind nicht auf Schönheit ausgerichtet. Sie haben ihre Ecken und Kanten. Der Film erfordert eine gewisse Konzentration vom Zuschauer, will man nicht bei den immer wieder unterbrochenen Handlungssträngen ganz den Faden verlieren. Was gehört eigentlich ans Ende und was passiert zuerst? Wie gehören die einzelnen Elemente zusammen? Ein Film, der definitiv einer angestrengteren Auseinandersetzung mit wiederholter Rezeption bedarf, um ganz entschlüsselt zu werden.

Eigener Senf

Leider muss ich an dieser Stelle zugeben, dass diese Entschlüsselung bislang keinem von uns ganz gelungen ist. Besonders für uns als europäische Zuschauer fiel die Rezeption des Films schwer. Doch die verborgene Bedeutung weckt auch Ehrgeiz während des Zuschauens. Man möchte den Schlüssel zur Geschichte finden und weiß, dass er sich vermutlich dort in der Story versteckt. Auch der Schlüssel zur Bewertung ist hier ein ganz anderer als bei „Oh Willy“. Szenische oder ästhetische Kriterien scheinen nicht so recht zu greifen. Dieser Film muss von einer ganz anderen Seite aus betrachtet werden. Deshalb war für uns einstimmig die Entscheidung der Jury auch nicht ganz durchsichtig.

 Der SWR-Publikumspreis

…geht an JUNKYARD. Der Film wurde 2012 in den Niederlanden produziert. Der Regisseur ist Hisko Hulsing.

 Story

In einer U-Bahn wird ein Mann erstochen. Während sein Mörder noch über ihm steht, reist der Zuschauer aus der Dunkelheit heraus zurück in die Vergangenheit des Mannes, in der er im Sonnenschein mit seinem besten Freund spielt. Der Mann, den man nun als Jungen sieht, wächst in behüteten Verhältnissen auf, während die Mutter seines Freundes diesen verwahrlosen lässt. Auf dem Schrottplatz, auf dem die beiden gemeinsam spielen, wohnt ein dritter Junge mit seinem gewalttätigen Vater in einem Wohnwagen.

Während die Jungen heranwachsen entfremden sich die beiden besten Freunde zunehmend. Der Protagonist sucht die Gesellschaft eines Mädchens, zu dem sich eigentlich auch sein Freund hingezogen fühlt. Dieser freundet sich stattdessen mit dem Jungen vom Schrottplatz an und gerät so mehr und mehr in die falschen Kreise. Eines Tages gehen alle drei Jungen zum Wohnwagen auf dem Schrottplatz. Der Protagonist bleibt am Eingang des Schrotplatzes zurück, denn er wagt nicht, dem Mann im Wohnwagen zu nahe zu kommen. Man sieht und hört aus Sicht des Protagonisten, wie die beiden anderen Jugendlichen den Wohnwagen betreten und im Inneren ein Streit ausbricht. Kurz darauf explodiert der Wohnwagen. Die beiden Jungen können sich retten, den Mann jedoch lassen sie schreiend zurück und beobachten, wie er in Flammen aufgeht. Alle drei Jungen gemeinsam suchen Zuflucht in einem alten Haus. Als einige Zeit später die Polizei auftaucht, während schon der gesamte Schrottplatz in Flammen steht, verrät der Protagonist den Polizisten, wer die Schuldigen sind. Die beiden anderen wandern so ins Gefängnis. Der Zuschauer kehrt zurück zu dem Sterbenden in der U-Bahn. Der Blick in das Gesicht des Mörders offenbart die Züge seines ehemals besten Freundes.

Alles in allem..

In Junkyard steht auf jeden Fall die Geschichte im Vordergrund und die hat auf jeden Fall das Potenzial, den Zuschauer zu ergreifen. Mord in der U-Bahn und drogenabhängige Jugendliche sind sicher keine ganz neue Story, man spürt jedoch, dass hier in der Erzählung sehr viel Liebe und Authentizität steckt. Das liegt vermutlich vor allem daran, dass teilweise Erlebnisse aus der Vergangenheit des Regisseurs Hisko Hulsing aufgegriffen und verarbeitet wurden.

So gibt er beispielsweise an, während seiner Kindheit in Amsterdam früh bemerkt zu haben, wie einige seiner Freunde immer mehr abstürzten und sich von ihm entfremdeten. Auch er selbst fing mit zwölf an Haschisch zu rauchen bis er merkte, dass sein Kopf nicht mehr richtig funktionierte. Die klaren Bilder des Zeichentrickfilms tragen dazu bei, der Geschichte etwas sehr Ehrliches zu verleihen. Mit Farben und Licht wird erreicht, dass die Stimmung zuweilen zwischen Traum und Inferno schwankt und irgendwie in diesen Momenten auch beides passt.

Eigener Senf

Auf jeden Fall ein sehr gelungener Film. Eine nicht ganz neue Geschichte, die aber doch nie ihre Relevanz und emotionale Tragfähigkeit verliert, auf sehr liebevolle Art umgesetzt. Obwohl in diesem Film Sprache zum Einsatz kommt, wird mehr über die Bilder gearbeitet. Ein Film, der auch meiner Meinung nach auf jeden Fall in der oberen Hälfte der gezeigten Filme angesiedelt war. „Sehr schöner Film“, war auch die Meinung der Redaktion.

 

Fotos: Internationales Trickfilm Festival Stuttgart

SchülerVZ ist tot – es lebe Facebook!

von Sabine Appel

Die Uni hat gerade erst angefangen und ich bin schon wieder heftig am prokrastinieren meiner anstehenden Hausaufgaben. Natürlich auf Facebook, wo das bekanntlich am leichtesten funktioniert. Doch was habe ich nur vor Facebook getan, wenn ich eigentlich lernen sollte? Tatsächlich gelernt jedenfalls nicht. Wo waren wir, Generation Internet, eigentlich alle, bevor wir uns auf Mark Zuckerbergs virtueller Schöpfung herumtrieben? Ach ja, damals gab‘s ja noch das Schüler VZ. Man könnte es als eine Art „Vorläufer“ des Giganten Facebook beschreiben. Doch während Facebook trotz vielfacher Kritik an Datenschutz und Co. nach wie vor weltweit beliebt ist, schließt das SchülerVZ morgen seine virtuellen Türen.

„Wir machen‘s kurz: Es ist vorbei“

Die VZ-Gruppe, bestehend aus SchülerVZ, StudiVZ und meinVZ, gehört inzwischen der Investmentgesellschaft Vert Capital. Während  StudiVZ und meinVZ zunächst weiter bestehen, wird dem SchülerVZ nun radikal der Garaus gemacht. Von 5 Millionen Nutzern sind nur noch 200 000 übrig geblieben. Aus 200 Mitarbeitern wurden 12 Angestellte, die nur noch für die Verwaltung zuständig sind, statt Hoffnung in das Projekt zu setzen. Anfang April geht die Nachricht an alle Nutzer, dass sie zum Ende des Monats automatisch gelöscht werden und vorher am besten noch ihre persönlichen Andenken sichern sollten.  Nach sechs Jahren ist das SchülerVZ am Ende und auch der Schlusssatz „Statt dem üblichen ‘Lebewohl‘ sagen wir:  Man sieht sich“ wirkt nicht so richtig überzeugend.  Was ist da eigentlich passiert?

Als mich die Nachricht erreicht, muss ich erst einmal  grübeln, ob mein SchülerVZ Account eigentlich noch existiert. Ich war schon Jahre nicht mehr auf der Plattform, bin allerdings auch nicht unbedingt gründlich, was die Entsorgung von persönlichen Karteileichen angeht. Probeweise starte ich einen Versuch, mich einzuloggen. Fehlanzeige – ich habe meinen Account wohl irgendwann  doch gelöscht, spätestens nach dem Abitur. Dann gehört man schließlich auch nicht mehr ins SchülerVZ, auch wenn dieses für ein Nutzeralter von 10 bis 21 Jahren freigeschaltet ist. Kurz überlege ich mir, mir für die letzten Stunden noch einmal einen Account anzulegen, um die Funktionen noch einmal unter die Lupe zu nehmen. Leider muss ich mich jedoch von der Idee des neuen Accounts verabschieden, da nur eingeladene Nutzer ins Verzeichnis aufgenommen werden und keiner meiner Freunde noch einen SchülerVZ-Account besitzt. Mensch, ich werde alt. Oder ist die Plattform alt geworden?

Hühnerbrüste und Duckfaces

Einst unter Schülern und sogar Eltern sehr beliebt, nicht zuletzt aufgrund von Datenschutzpolitik und Nutzerbetreuung, ist SchülerVZ inzwischen in Vergessenheit geraten. Ohne neuen Account muss ich mich hier auf meine Erinnerung verlassen. Und die fördert folgende Bilder zutage: Selbstdarstellung in weiblichen „me, myself and I“ Fotoalben inklusive erster Duckfaces, nackte Hühnerbrüste von 16-jährigen Jungs, die gerade das Fitnesstraining entdeckt haben und private Nachrichten mit dem ersten richtigen Schwarm. Neben einem Steckbrief mit Beziehungsstatus, Lieblingsfilmen und Zitaten gab es da zum Beispiel „Gruppen“, denen man beitreten konnte, und die kleine Communities waren. Eigentlich. In Wirklichkeit dienten sie nur dazu, im Profil aufgezählt zu werden, um eine für das Image schmeichelhafte Bulletpoint-Liste von lustigen Sprüchen neben dem hübschen bearbeiteten Profilfoto zu bilden. Die perfekte Mischung aus Schönheit, Witz und Selbstironie – das war angesagt. Zusätzlich gab es eine Pinnwand auf jedem Profil, an der wir Sympathien, Herzchen und sozialen Status sammelten. Irgendwann kam die „Buschfunk“ Funktion  hinzu, mit der man einen aktuellen Status kundtun konnte. Ach, war das alles schön! Und es klingt  gar nicht so viel anders, als heutzutage auf Facebook – oder?

Von Facebook überholt

Das SchülerVZ gab es seit 2007, Facebook entstand schon 2004. Bevor die große Facebook-Welle jedoch auch nach Deutschland überschwappte, dauerte es ziemlich lange: Ich selbst erinnere mich, 2009 meinen Account erstellt zu haben und damals noch zu den ersten meiner Freunde gehört zu haben. Im SchülerVZ war ich wie viele andere von Anfang an dabei – dadurch konnte das Netzwerk sich vor Facebooks Zeiten in Deutschland etablieren. Der große Unterschied: Während Facebook spätestens 2009 als globale Epidemie im Stil der Amerikanisierung ausbrach, waren und bleiben die VZ Netzwerke bundesweit ausgelegt. Dazu kommt die Altersbegrenzung, die gerade  SchülerVZ zu einem sehr limitierten Netzwerk macht.

Und Facebook hat letztendlich schlichtweg mehr zu bieten: Nicht nur die Reichweite ist größer, sondern auch der Funktionsumfang. Die Basics sind ähnlich, doch etwas Entscheidendes ist anders: Facebook zeigt Entwicklung. Während man im SchülerVZ noch ziemlich suchen musste, indem man auf die einzelnen Profile seiner Klassenkameraden klickte, liefert Facebook den kompletten Livestream über das aktuelle Geschehen im Leben der anderen. Es sind dadurch nicht mehr nur die Profile der engsten Freunde, die man sich regelmäßig anschaut. Es sind je nach Abonnement verschiedenste Mitmenschen, Organisationen, vielleicht sogar berufliche Chancen, die man täglich verfolgt. Durch die Timeline steht Facebook beinahe schon an der Grenze zum Push-Medium, von dem man zum Austausch oder wenigstens zur Kenntnisnahme gezwungen wird, sobald man die Plattform betritt. Klingt irgendwie fies, passt aber auch zum voyeuristischen Bedürfnis der Gesellschaft und erlaubt eine angenehme Faulheit.

Der vom VZ bekannte  Exhibitionismus kommt bei Facebook nicht zu kurz: Man kann sein Leben in Beiträgen verschiedenster Art sowie mit sozialen Interaktionen dokumentieren und präsentieren wie sonst nirgends. Die ultimative Selbstbestätigung folgt durch den Like-Button. Selbstdarstellung ging auch im SchülerVZ – aber lange nicht so gut wie bei Facebook, da der Entwicklungsfaktor fehlt. In der Facebook-Chronik kann man nicht nur die Beiträge von Freunden einer Person nachverfolgen, was schon bei der VZ-Pinnwand funktionierte, sondern auch die Kundgebungen der Person selbst. Der „Buschfunk“-Status im VZ war selbstlöschend, sobald man einen neuen schrieb, Facebook speichert jede öffentliche Aussage chronologisch. Für immer. Fakt ist: Facebook ist spannender als das lang gleichbleibende SchülerVZ-Profil und es erlaubt mehr Chancen zur Kommunikation.

Das Konzept ist sich sehr ähnlich, an manchen Stellen, Stichwort Nutzerbetreuung, bei SchülerVZ besser.  Dennoch haben die Entwickler der VZ-Netzwerke nicht gut genug aufgepasst. Im Vergleich wirkt SchülerVZ wie eine antiquierte, unausgereifte Version von Facebook mit weniger Funktionen. Es ist ein Abstand, der vor allem durch die globale Vormachtstellung von Facebook nicht mehr aufzuholen ist – und das ist vermutlich auch der Grund, warum das SchülerVZ morgen seine virtuellen Türen für immer schließt und Vert Capital sich weitere Liebesmühe spart. Wir verabschieden uns von einem sozialen Netzwerk, das schon vor Verkündung der Schließung nostalgisch werden ließ. Nutzt die verbleibenden Stunden, um eure Jugendsünden noch einmal Revue passieren zu lassen. Und dann heißt es: Lebewohl, SchülerVZ!

Fotos: Privat



Simpsons, ’s Äffle und ’s Pferdle

von Sandra Fuhrmann

„’S Äffle und ’s Pferdle hen zu meiner Kindheit gehört, wie meine Oma.“ Treffender als mit diesen Worten von Winfried Kretschmann kann man es wohl kaum sagen. Die meisten von uns sind mit Trickfilmen aufgewachsen. Mit manchen Figuren verbindet man gar wehmütige Erinnerungen. Da macht wohl auch der Baden-Württembergische Ministerpräsident keine Ausnahme. Kein Wunder also, dass die gestrige Eröffnung der Internationalen Trickfilmfestivals zahlreiche Besucher in den Saal des Stuttgarter Kinos Gloria lockte. Für Nachzügler blieb nur der Stehplatz an der Wand.

Konvergenz auf dem Vormarsch

Im 31. Jahr und zum zwanzigsten Mal findet das ITFS nun schon in Stuttgart statt und feiert damit Jubiläum. Die Geschäftsführer Dittmar Lumpp und Ulrich Wegenast betonten bei der Eröffnung, wie sehr es seit seinen Anfängen als Kurzfilmfestival gewachsen ist und an Bedeutung gewonnen hat. Das liegt natürlich nicht nur am Festival selbst, sondern auch an den Tendenzen in der Medienindustrie. „Animation hat alle unsere Lebensbereiche durchdrungen“, sagten die beiden. Neu ist auch, dass dieses Mal Games mit in das Festival integriert wurden. Die Veranstalter versuchen damit den zunehmenden Mendienkonvergenz Rechnung zu tragen. Film (und vielleicht der Animationsfilm im Besonderen) und Spiele lassen sich heute nicht mehr so einfach trennen.

Von Homer bis King Kong

Mit dem Ministerpräsidenten oder dem Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn hatte sich nicht nur Prominenz auf der Bühne versammelt. Die, um die es in diesen Tagen in Stuttgart wohl vor allem gehen wird und auf die Augen der internationalen und lokalen Filmfanatiker gerichtet sein dürften, saßen an diesem Abend im Publikum. Denn der Dienstag war nicht nur der Tag der Eröffnung, es startete auch bereits der Internationale Wettbewerb, bei dem die weltweit besten Animations-Kurzfilme gekürt werden sollen. Die ersten acht waren schon gestern Abend zu sehen. Die übrigen werden nun in den kommenden Tagen folgen, bis am Sonntag die große Preisverleihung stattfindet. Der Grand Prix ist mit einer Höhe von 15.000 Euro dotiert. Für den besten Abschlussfilm einer Filmschule gibt es den Lotte Reiniger-Preis in Höhe von 10.000 Euro. Nicht nur die Macher der Filme, sondern auch die internationale Jury waren gestern schon im Publikum zu finden. Darunter finden sich Größen, wie Barry Purves, der durch Toby’s Travelling Circus, King Kong oder auch Mars Attacks bekannt ist. Auch Simpsons-Macher David Silverman hatte sich unter das Publikum gemischt. Mehr von ihm gibt es am Samstag um 23 Uhr im Gloria mit einem Simpsons-Special. Und schon gestern hatte das Publikum die Chance selbst Jury zu spielen. Der Publikumsprei des SWR hat eine Höhe von 6.000 Euro und wird immer bei den Vorführungen zum Internationalen Wettbewerb vergeben.

Preise noch und nöcher

Neben dem Internationalen laufen beim ITFS zahlreiche andere Wettbewerbe. So zum Beispiel im Bereich Young Animation für die besten Nachwuchsfilmer und Studenten internationaler Filmhochschulen, im Bereich Animato Com Award für die beste Auftragsarbeit oder im Bereich Animated Fashion Award für die Kombination kreativer Mode und innovativer Animation. Auch für das beste Drehbuch und den besten deutschen Sprecher werden Preise vergeben und auch die ganz Jungen kommen mit Tricks for Kids und Cartoons for Teens nicht zu kurz. Die Jury bewegt sich dort in derselben Altersklasse, wie die Teilnehmer.

Für alle Animationsfilmbegeisterten ist also genug geboten. Außerhalb der Wettbewerbe gibt es viel Rahmenprogramm und beim Open Air kommt man auch ohne Tickets auf seine Kosten. Media-bubble.de wird diese Woche auf jeden Fall weiter für euch dabei sein und euch wissen lassen, was es in Sachen Preisvergabe und Events Neues und Spannendes aus Stuttgart zu berichten gibt.

Fotos: „Trickfilm-Festival Stuttgart

We love Food – Der Weg zum fertigen Film

von Sandra Fuhrmann

„We Feed the World“, „Food INC“, oder „Taste The Waste“ Filme über die Schandtaten der Lebensmittelindustrie kennen wir vermutlich alle. Drei Masterstudentinnen der Tübinger Medienwissenschaft haben sich solche Filme zum Vorbild genommen und feiern am 26. und 27. April die Premiere ihrer Reportage „We Love Food“. media-bubble.de sprach mit Jenny über ein Abschlussprojekt, dass anders und vielleicht auch ein wenig besser sein sollte als seine Vorbilder.

Jenny, könntest du zu Anfang einen kurzen Überblick über den Inhalt geben?

 „We love food- Vom Feld in den Mund und was dabei auf der Stecke bleibt“ ist ein halbstündiger Film über Lebensmittel. In Deutschland werden jährlich über 11 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen, wovon die meisten noch sehr gut verzehrbar sind. Man wirft sie weg, weil sie nicht der Norm entsprechen (wie zum Beispiel eine krumme Gurke) oder weil sie kurz vor dem Ablaufen des Mindest(!)haltbarkeitsdatums sind. Gedreht haben wir größtenteils in und um Tübingen, zum Beispiel unterwegs mit der Tübinger Tafel e.V., einem Mädchen, dass aus politischem Protest „containern“ geht und einer Familie, die eine Bio-Kiste mit regionalen Essen abonniert hat. Der ganze Film spielt auf einer sehr persönlichen Ebene, nah an den Protagonisten.

Du hast den Film gemeinsam mit Katharina Schwarz und Sarah Müller produziert. Wie viel filmische Erfahrung hattet ihr drei vor diesem Projekt?

Genau. Der Film ist unser gemeinsames Projekt, das wir als Abschlussarbeit des Masterstudiengangs Medienwissenschaft produziert haben. Konzept, Dreh und Schnitt haben wir selbst bewerkstelligt. Für uns war das definitiv eine große Herausforderung, da wir vorher nur kleinere Filmprojekte mit Hilfe anderer im Rahmen von Campus TV und für verschiedene Filmtage produziert haben. Aber mit dem Dreh unserer ersten halbstündigen Reportage haben wir wirklich noch vieles gelernt, vor allem auf technischer Seite.

Was sollte an „We Love Food“ anders werden, als bei den bereits bekannten Reportagen über die Lebensmittelindustrie?

Wir wollten es unbedingt vermeiden, das Thema nur – wie es die meisten Reportagen im Fernsehen tun – aus negativer Sicht zu zeigen. Im Fernsehen sieht man oft nur Müllberge von Essen und Menschen und Unternehmen, die einen sehr problematischen, verschwenderischen, Profit-gierigen Umgang mit Essen an den Tag legen. Wir wollten Menschen zeigen, die einen positiven Zugang zur Lebensmittelthematik haben und diesen auch leben. Egal, ob sie über Lebensmittel forschen, diese an Bedürftige weiter verteilen, wie die Tafel oder sie möglichst Umwelt-effizient verkaufen, wie die Bio-Kiste. Das ist uns mit den Protagonisten denke ich auch gelungen.

Hattet ihr anfangs Angst, dass ihr es eventuell nicht schaffen könntet, eure Vorstellung so umzusetzen?

Wir  hatten schon eine gewisse Vorstellung von unserem Film, aber bei nicht-fiktionalen Formaten muss man immer mit Unvorhergesehenem rechnen. Was wirklich sehr schwierig war, war es eine Drehgenehmigung in einem Supermarkt zu bekommen. Wir haben wochenlang Supermärkte angeschrieben, aber immer eine Abfuhr kassiert. Wie viel gute Ware die Supermärkte täglich wegwerfen zeigen sie natürlich nicht gerne. Letztendlich haben wir über private Kontakte einen Supermarktbesitzer kennengelernt, der uns Filmen ließ. Er ist auf dem Land tätig, kennt seine Kundschaft und kümmert sich auch wirklich darum, dass er gut mit den Lebensmitteln umgeht und sie nicht grundlos entsorgt.

Das Thema Lebensmittel ist natürlich eines, das uns alle betrifft. Aber was hat euch dazu veranlasst diesen Film zu drehen?

Wir hatten uns auf dem Holzmarkt eines Abends über Themen für ein mögliches Filmprojekt unterhalten. Was uns damals wirklich beeindruckt und gleichzeitig geschockt hatte war der Film „Taste the Waste“ von Valentin Thurn. Das Unverständnis darüber, weshalb man so viel noch gutes Essen wegwirft, hat uns zum Nachdenken bewogen und auch irgendwie nicht mehr losgelassen. Langsam hat sich die Idee zu „We love food“ gebildet und heute stehen wir mit dem fertigen Film in der Hand da.

Ihr habt noch eine Vierte im Bunde. Eva Müller ist für die Vermarktung des Films zuständig. Welche Maßnahmen wurden in dieser Richtung bis jetzt umgesetzt und wie erfolgreich seid ihr damit?

Eva Müller ist wirklich sehr aktiv, was das Twittern, Bloggen und Posten angeht. Sie hat durch unsere Facebook-Seite, Twitter und der Homepage schon eine gute Fanbase aufgebaut und wir freuen uns immer noch über jeden Kommentar, Post und „Like“. Vor allem stehen nun wertvolle Kontakte zu anderen Aktivisten in der Lebensmittelbranche, wie zum Beispiel „Slow Food Deutschland“, den „Food Fightern“ und vielen mehr. Letzte Woche wurden wir durch unsere Internet-Präsenz auf ein „Bloggertreffen“ der Slow Food Messe in Stuttgart eingeladen, das war schon toll. Mal sehen was noch folgt, wir sind echt gespannt.

Was war das größte Hindernis, dass euch auf eurem Weg zum fertigen Film in die Quere kam?

Das ist schwierig zu sagen…Wahrscheinlich war es die größte Herausforderung aus 15 Stunden gedrehtem Material die besten und stärksten Sequenzen herauszusuchen und dies dann auf eine halbe Stunde herunterzubrechen. Das hat wirklich ein Weilchen gedauert. Man muss das Material sichten, die Interviews transkribieren und die Aussagen der Protagonisten abwiegen. Schnell waren wir uns dann einig, was in den Film soll. Die Arbeit mit den Mädels war wirklich toll!

Und wie wird es für „We Love Food“ und natürlich für euch vier jetzt weitergehen? Hat die Produktion eines Films euch Lust auf mehr gemacht?

Ja, der Traum wäre natürlich eine eigene kleine Produktionsfirma und weiter im Bereich Film zu arbeiten. Wir werden nun erst einmal unser Studium komplett abschließen und dann weitersehen. Eine Idee für ein neues Filmprojekt steht aber schon. Und nach dem wir „We love food“ gemeistert haben, haben wir auch wirklich Lust auf mehr, gerade weil wir jetzt viel gelernt haben und es beim nächsten Mal auch anwenden können.

 

Am 26. und 27. findet die große Premiere von „We Love Food- Vom Feld in den Mund und was dabei auf der Stecke bleibt“ im Kino Museum statt. Der Film wird dort gemeinsam mit einem weiteren Masterprojekt gezeigt werden. „Ins Schwarze getroffen“ ist eine Reportage von Rebekka de Buhr, Bastian Wagner und Ulf Puntschuh, bei der die drei Studenten die deutsche Blindenfußball-Nationalmannschaft zum Endspiel begleiten. Die Vorstellung der beiden Filme beginnt um 18 Uhr. Der Eintritt kostet 7 Euro.

 

Trailer und Bild: Copyright Jennifer Raffler, Katharina Schwarz und Sarah Müller

Da nuffzuas gaht’s zur Kirch

von Sanja Döttling

Der Pfarrer Kai-Uwe Köster schnauft mit letzter Kraft den Wengert hoch. Da ist nämlich seine Kirche, in Oberrieslingen. Kaum oben, muss er den Berg schon wieder runter: In Unterrieslingen liegt nämlich der alte Rossbauer im Sterben. Ankommen tut er da fast zu spät, denn der Weinbauer Häberle reist ihn erstmal vom frisch geliehenen Moped und überhäuft den armen Norddeutschen mit einer schwäbischen Schimpftirade, die sich gewaschen hat und die der gute Mann Gottes glücklicherweise nicht versteht.

Sehr schnell findet er aber zwischen angrifflustigen Hunden, Hasch rauchenden Teenies, verheimlichten Schwangerschaften und Kräuterhexen eines heraus: Warum sein Vorgänger eines morgens näggat vor der Kirche saß und sich für einen Auerhahn gehalten hat.

Dialekt gehört zum guten Ton

2012 erschien in den deutschen Kinos der Film „Die Kirche bleibt im Dorf“. Er erzählt die Geschichte der beiden verfeindeten schwäbischen Dörfer Ober- und Unterieslingen. Nur widerwillig teilen sich die zwei Ortschaften Kirche und Friedhof. Die nun erschienene gleichnamige Serie erzählt die Vorgeschichte dieses regionalen Kleinkriegs. Letzte Woche startete sie im SWR, die Folgen sind Online abrufbar

Lokalklorit hat in den letzen Jahren Schule gemacht. Die bayrische Komödie „Wer früher stirbt ist länger tot“ war 2006 auch über Bayerns Grenzen hinaus ein Kinoerfolg. Auch im Serienformat ist Mundart angesagt. „Dahoam is Dahoam“, wieder aus Bayern, hat den Dialekt im Fernsehen etabliert. Und nun folgen die Schwaben.

Schwäbisch für Anfänger

Doch die neue Serie ist mehr als nur die schwäbische Sprache. Sie bringt schon in den ersten beiden Folgen gut auf den Punkt, was als typisch für die Schwaben gilt: Grummeligkeit, der Hang zum verniedlichten Schimpfen und prinzipielle Ehrlichkeit um jeden Preis. Wer aus dem Ländle kommt, der muss schon bald hie und da zustimmend nicken, wenn schwäbische Eigenarten humorvoll übertrieben dargestellt werden. Und den Neigschmeckten wird es wohl so gehen wie dem norddeutschen Pfarrer Köster (nachfolgend als „Köschder“ ins Schwäbische übertragen), der erstmal nur Bahnhof versteht (Nicht mal den gibt es in den beiden Rieslingen – der gute Mann muss ja deshalb aufs Moped umsteigen). Da werden Tote lieber heute als morgen beerdigt, alte Feindschaften weiter fein säuberlich gepflegt und schwäbische Hilfsbereitschaft drückt sich durch ein gebelltes „GEHTS?“ aus.

Doch die Serie ist mehr als ein schwäbisches Sittengemälde. Von wegen, die Deutschen (und die Schwaben im Besonderen) sind unlustig! Die Serie überzeugt schon bald durch den detailreichen Humor, der nicht nur durch sprachliche Barrieren, sondern auch durch feinen Landgeruch zustande kommt. In Rieslingen rückt die Feuerwehr (der Ein-Mann-Verein bestehend aus dem Schweinebauer) noch mit dem Traktor aus. Und den Joint raucht man am besten im Beichtstuhl.

Auch die Leistungen der Schauspieler sind durchweg spitzenmäßig und bieten ein entspannt hochwertiges Gegenprogramm zur Scripted Reality der Privaten und den eingestaubten Serienformaten der öffentlich-rechtlichen. Von gemächlicher Dorfidylle ist hier wenig zu spüren: Neue Ereignisse, Probleme und Geheimnisse scheinen sich geradezu aufzutürmen, die halbe Stunde pro Folge vergeht im Flug. Die Serie ist durchweg spannend und dramatisch und macht es dem Zuschauer leicht in die Handlung einzusteigen ohne gleich am Anfang zu viel zu verraten. Keine Spur also von der langsamen Schwarzwaldfamilie „Fallers“, die ja auch aus dem SWR kommt.

A’gucka!

„Die Kirche bleibt im Dorf“ ist ein Kleinod des SWR, das ganz sicher nicht im Dorf bleiben sollte. Nicht nur für wahre Schwaben, auch für Deutsche, die nicht aus dem Ländle kommen, lohnt sich das reinschauen. Ein Schwäbsich-Wörterbuch hilft denen natürlich. Das SWR setzt hier auf eine qualitativ hochwertige, an das junge Publikum gerichtete Serie und macht das überraschend gut.

Die nächsten zwei Folgen laufen heute um 20.15 Uhr im SWR. Allerdings gibts alle Folgen jetzt schon online, wenn auch etwas versteckt auf der Internetseite zur Serie.

 

Bilder: SWR/Fortune Cookie Filmproductio


Hundeliebe über den Tod hinaus: Tim Burtons „Frankenweenie“

von Jacqueline Göron

„Schlafende Hunde weckt man nicht“. Dass diese Redewendung nicht für tote Hunde gilt, beweist Tim Burton in seiner Neuauflage von Frankenweenie.

Bereits 1984 war Burtons Original als Kurzfilm erschienen. 2012 wagte sich der bekannte Produzent und Filmregisseur an ein Remake in Spielfilmlänge – mit altbewährter Stop-motion-Technik und liebevoller Gestaltung erfährt sein Werk einen Neuanstrich in Schwarz-Weiß und 3D.

Handlung

Der zehnjährige Victor Frankenstein lebt mit seinen Eltern und seinem Hund Sparky in einer kleinen Stadt mit dem Namen New Holland. Als eines Tages sein Hund Sparky stirbt, weil er einem Ball nachläuft und daraufhin von einem Auto angefahren wird, ist Victor untröstlich, denn mit dem geliebten Hund stirbt auch Victors einziger Freund. Als tags darauf der neue Naturkundelehrer, Mr. Ryzkrusky, erklärt, wie die Muskeln eines toten Frosches durch Elektrizität zum Zucken gebracht werden können, wird Victor aufmerksam und eine kuriose Idee entsteht. Warum nicht den eigenen Hund mittels Elektrizität wieder zum Leben erwecken? Victors Affinität zur Wissenschaft und sein inniger Wunsch, seinen besten Freund wieder zu bekommen, lassen das Experiment gelingen. Jedoch nicht ohne Konsequenzen: als sich Sparkys Auferstehung von den Toten herumgesprochen hat, überschlagen sich die Ereignisse und wenig später verwüsten Monster die Stadt. Mit viel Mut und Hund Sparky an seiner Seite, zieht Victor in den Kampf, den Monstern den Garaus zu machen.

Victor als Held im Kampf gegen unbändige Monster? Nach dieser Szene würde man im Kurzfilm von 1984 vergeblich suchen, handelt es sich hierbei doch lediglich um eine von vielen Ausschmückungen, die Tim Burton inszeniert hat, um die Länge eines Spielfilms zu erreichen. Was sich in erster Linie problematisch anhört, erweist sich schließlich jedoch als durchaus gelungen, denn Burton fügt nicht einfach bedeutungslos Handlungsstränge aneinander. Die knapp sechzig zusätzlichen Minuten die zu ergänzen sind, füllt der Kultregisseur mit witzigen Anekdoten, Filmzitaten und logischen Handlungsergänzungen. Der Angriff der Monster auf die Stadt vereint so gleich zwei selbstreferenzielle Elemente, wie sie auch in anderen Burton-Filmen immer wieder auftauchen. Zum einen schlägt er eine Brücke zur Eröffnungsszene, in welcher Victor seinen Eltern einen selbstgedrehten Horrorfilm mit verblüffend ähnlicher Thematik zeigt.

Godzilla trifft auf American Werewolf

Zum anderen verwendet Burton keine 08/15 Monster, sondern Monster aus bekannten Horrorklassikern. Die Tiere der Klassenkameraden verwandeln sich dementsprechend in eine „Godzilla-Schildkröte“, in Urzeitkrebs- Gremlins und in eine fliegende Ausgabe einer American-Werewolf-Katze. Burton der selbst ein großer Fan von Horrorklassikern wie Frankenstein ist, inszeniert viele der Charaktere als Hommage an eben diese Meilensteine des Genres. Beginnend mit Sparky, der genau wie Frankensteins Monster aus Einzelteilen zusammen geflickt ist, bis hin zu Victors Klassenkameraden die verblüffende Ähnlichkeit mit Figuren aus Mad Scientist Movies, wie Frankensteins Monster und Frankensteins buckligem Assistenten Igor, aufweisen. Und dann wäre da noch Mr. Ryzkrusky der Burtons großem Idol Vincent Price (bekannt aus etlichen Edgar-Allen-Poe- Verfilmungen) ähnelt.

Tim Burton als verrückter Wissenschaftler?

Kein Projekt lag Burton je mehr am Herzen als die Neuauflage von Frankenweenie. Laut eigener Aussage spiegele keiner seiner Filme so viel seiner eigenen Vergangenheit wieder. Die Parallelen zu Burtons Leben sind offensichtlich, so sah er sich früher ebenfalls als Außenseiter, der ein starkes Interesse für die Produktion von Filmen entwickelte. Schon früh begann er mit dem Zeichnen und Produzieren eigener Werke. Außerdem war Burtons Traumberuf früher der eines verrückten Wissenschaftlers, was sicher auch seine Liebe für den Horrorklassiker Frankenstein prägte (Vorlage für Frankenweenie). Wie Victor hatte auch Burton einen Hund als treuen Weggefährten, der früh starb. Burtons eigene Betroffenheit lässt den Film Frankenweenie ehrlich wirken und hebt die wahre Bedeutung der Freundschaft hervor. Wer verliert schon gerne einen Freund?

Burton bleibt seinem Stil treu

Natürlich bietet das Remake in Stop-Motion-Form auch die, für Burton-Produktionen, typischen Elemente wie: die musikalische Untermalung von Danny Elfman, die düstere Atmosphäre und natürlich die skurrilen Charaktere. Doch die wahre Bedeutung und Relevanz des Films Frankenweenie ist auf die persönliche Betroffenheit des Regisseurs zurückzuführen, welche den Film authentisch wirken lässt – und das, obwohl wir wissen, dass es Frankensteins Monster nicht gibt… Das einzige Manko der Neuverfilmung dürfte eine gewisse Langatmigkeit sein, die einem vor allem dann auffällt, wenn man den Kurzfilm aus dem Jahre 1984 kennt. Dies ist jedoch zu verzeihen, bedenkt man, dass der Film nun die dreifache Länge des „Originals“ besitzt.

Alles in allem ist Tim Burton mit Frankenweenie mal wieder ein toll inszeniertes Gruselmärchen mit wichtiger Botschaft gelungen: Das Wecken toter Hunde scheint weit weniger gefährlich, als es das Wecken schlafender Hunde sein kann…

FRANKENWEENIE, USA 2012 – Regie: Tim Burton Buch: John August. Kamera: Peter Sorg. Schnitt: Chris Lebenzon, Mark Solomon Musik: Danny Elfman. Mit: Charlie Tahan, Catherine O’Hara, Martin Shaw. FSK 12. 87 Minuten.

 

Fotos: flickr/insidethemagic; flickr/mooshuu

Fang sie alle!

von der Redaktion

Alle aufgepasst! Jetzt gibt es bei media-bubble.de etwas zu gewinnen und dazu viele neue Infos. Am morgigen Montag gehen unsere druckfrischen media-bubble Sammelkarten an den Start. Jede Woche verteilen wir für euch ein anderes Kartenmotiv an einem geheimen Ort an der Uni. Und jetzt seid ihr dran! Den ersten drei erfolgreichen Jägern winken nämlich Gewinne!

Als ersten Preis vergeben wir zwei Kinogutscheine für das Kino Museum und die Blaue Brücke. Der zweite erfolgreiche Kartenjäger erhält die frisch erschienene DVD „Lotte-Reiniger – Tanz der Schatten“ über Leben und Wirken der tatsächlich ersten Animationsfilmkünstlerin. Und als dritten Preis bekommt ihr von uns einen fünf Euro Gutschein für die Buchhandlung Osiander.

Den Hinweis für das Versteck von Sammelkarte 1 von 10 bekommt ihr gleich morgen zusammen mit einem Artikel über die These des bekannten Medientheoretikers Marshall McLuhan „The Medium is the Message“. Ab dann gibt es jeden Montag einen Bildhinweis, wo sich die neue Karte verbirgt.

Wer alle zehn Karten beisammen hat schreibt uns einfach kurz an unsere E-Mail-Adresse info@media-bubble.de und schickt uns dazu im Anhang eine Fotografie von sich selbst mit den zehn Kartenmotiven. Die Fotos der ersten drei veröffentlichen wir dann mit eurem Einverständnis auf unserer media-bubble Facebook Seite.

 

Foto: Copyright Sanja Döttling

„‚The Voice‘ hat auch nicht mehr Talente als DSDS.“

von Alexander Karl

Deutschland hat gesucht und fand im Jahr 2009 ihn: Daniel Schuhmacher, Jahrgang 1987, gewann die sechste Staffel von ‚Deutschland sucht den Superstar‘. Mit ‚Anything But Love‘ eroberte er die Spitze der deutschen Charts, aktuell arbeitet er an seinem neuen Album, das im Frühsommer 2013 erscheinen soll.

Mit media-bubble.de sprach Daniel Schuhmacher über ‚The Voice‘, die aktuelle DSDS-Staffel und die Bedeutung von Social Media.

Daniel, du hast im Jahr 2009 ‚Deutschland sucht den Superstar‘ gewonnen. Wie sehr nervt dich die Frage von Journalisten, ob du ein Superstar bist?

Ich habe zwar DSDS gewonnen, aber das heißt nicht, dass ich ein Superstar bin. Das ist einfach der Titel der Show. Kein DSDS-Gewinner ist so weltberühmt wie Madonna oder Justin Timberlake. Aber durch den Sieg konnte ich in der Musikbranche Fuß fassen, Musik machen und mit coolen Leuten zusammen arbeiten.

Aktuell läuft die 10. Staffel, aber die Quoten waren auch schon besser. Was ist der Grund für den Abwärtstrend von DSDS?

Es gibt einfach zu viele Castingshows. Der Zuschauer weiß gar nicht mehr, was er anschauen soll. Aber bei DSDS kommt mittlerweile auch die Musik ein wenig zu kurz. Klar, es wird gesungen, aber auch mit Halb-Playback und Effekten auf den Stimmen. Das ist etwas ganz anderes, als mit einer Liveband zu arbeiten wie in unserer Staffel. Es klingt einfach anders, wenn die Musik live gespielt wird und nicht vom Band kommt. Das Eigentliche – das Talent und der Gesang – treten mehr und mehr hinter der Show zurück.

In eurer Staffel wurde auch noch weniger getanzt als heute, oder?

Wenn wir getanzt haben, mussten wir das alleine machen ohne viele Tänzer. Natürlich ist es legitim und auch ganz cool bei Dance-Songs ein paar Tänzer dabei zu haben. Aber manchmal kommt es mir so vor, als würden in jede Performance auf Biegen und Brechen Showelemente und Tänzer eingebaut werden – egal ob das passt oder nicht. Der Fokus sollte wirklich auf den Kandidaten liegen. Ich will die wahre Stimme des Sängers hören und keine extrem bearbeiteten Stimmen mit Echos und so weiter.

Würdest du dann heute – wenn du 2009 nicht DSDS gewonnen hättest – eher bei ‚The Voice‘ mitmachen?

Gute Frage, ich hab keine Ahnung. DSDS ist das Original, es war das erste Format, das nach einem Solo-Act gesucht hat. Alle anderen Formate sind ein bisschen von DSDS abgekupfert. Ich würde mir glaube ich einfach nur überlegen, ob ich zum Original gehe. Denn was mich nervt – unabhängig davon, dass ich es gewonnen hab – ist, dass die Medien DSDS immer als Schmuddelkind darstellen und ‚The Voice‘ oder ‚X Factor‘ in den Himmel loben. ‚The Voice‘ hat auch nicht mehr Talente als DSDS. Schlussendlich ist das alles Fernsehen, die wollen alle gute Quoten, die wollen alle Geld verdienen und die wollen alle erfolgreich sein.

Du warst in der aktuellen Staffel auch zu sehen – du hast im Casting einem Kandidaten gezeigt, wie man ‚Ain’t No Sunshine‘ singt. Wie hat es sich angefühlt, noch mal vor der DSDS-Jury zu stehen?

Eigentlich sollte ich den Kandidaten, die es in den Recall geschafft hatten, ein paar Tipps geben und Fragen beantworten. Und plötzlich hat mich Dieter Bohlen zur Jury gerufen und mich gebeten, den Song vorzusingen. Aber mir hat der Kandidat auch leid getan, ich wollte da ja niemanden bloßstellen oder so. Aber es war auch cool zu zeigen, wer ich heute bin. Ich wurde danach auch ganz, ganz oft gefragt, ob mein spontanes Vorsingen geplant war – es war definitiv nicht geplant.

Du schaust dir die Show ja auch weiterhin an. Wie ist es, das alles noch mal vom Bildschirm aus zu erleben?

Natürlich schaue ich mir DSDS anders an als ein ganz normaler Zuschauer, der keine Ahnung hat, was für ein riesiger Apparat hinter der Show steckt. Ich weiß, wie sich der Kandidat in der Situation fühlt, was da bei den Interviews vielleicht gemacht, irgendwie hingedreht wurde. Die Kandidaten sind noch unerfahren im Umgang mit den Medien, das war ich damals auch. Aber als Redakteur will man Dinge über die Kandidaten herausfinden und kitzelt die Antworten aus ihnen heraus. Da werden die Fragen so gestellt, dass man in die Falle tappt. Aber das ist einfach das TV-Geschäft.

Als Sieger von DSDS hattest und hast du natürlich viele Fans, auch bei Facebook. Letztens hast du Fanfragen in Videos beantwortet und diese online gestellt. Warum nutzt du Social Media so aktiv?

Für mich als Castingshow-Gewinner sind Facebook und Co. die größte Chance, um mein Publikum zu erreichen. Wir DSDS-Sieger und Kandidaten werden nicht im Radio gespielt und auch im TV haben wir es nicht unbedingt leicht. Durch Social Media kann ich meine Fans an meinem Leben und meiner Karriere auch teilhaben lassen.

Gibt es auch Sachen, die für dich zu privat sind, als dass du sie online posten würdest?

Ich war da anfangs, nachdem ich DSDS gewonnen hatte, ziemlich offen und hab da alles beantwortet und oft ziemlich viel Preis gegeben. Ich habe aber gemerkt, dass ich da eine Grenze finden muss, denn sonst ist das Privatleben nicht mehr privat. Über meine Familie, aber auch über meine Freunde poste ich wenig. Ich habe mir das Leben in der Öffentlichkeit ausgesucht, nicht sie. Anfangs haben Leute meine Eltern angerufen, sie oft auch Mitten in der Nacht aus dem Bett geklingelt – das fand ich extrem unverschämt.

Zum Schluss noch dein Tipp zur aktuellen Staffel – wer wird der diesjährige DSDS-Sieger?

Ich drücke Susan die Daumen. Sie ist am besten und singt sicher, auch wenn sie nicht die einzigartigste Stimme der Welt hat. Aber es heißt ja immer, dass bei DSDS keine Mädels gewinnen können… Auch dieses Mal gibt es mit Erwin den typischen Mädchenschwarm, aber bei den Jungs sehe ich gesanglich Ricardo weit vorne.

 

Fotos: J. Andreasson, aufgenommen beim Konzert von Daniel Schuhmacher am 29. November 2012 in der Stadthalle Pfullendorf.

2 Broken Down – eine Filmkritik

von Marius Lang und Selina Juliana Sauskojus

Wettschulden sind Ehrenschulden. Beinhalten diese Wettschulden allerdings, dass man sich einen Teil der Twilight-Verfilmungen ansehen muss, dann führt es eher zur kompletten Entwürdigung des Verlierers. Und die Oscar-Wette ergab dann schließlich ein Unentschieden: Gemeinhin das Äquivalent einer beidseitigen Niederlage. Im Schluss bedeutet dies, dass wir uns diese Entwürdigung gemeinsam antun mussten, denn geteiltes Leid ist halbes Leid.

„Breaking Dawn – Teil 2“ schaffte es bei der Verleihung der Goldenen Himbeere  so miserable Konkurrenten wie „Der Chaos Dad“ oder Battleship“ sowohl bei den Nominierungen als auch bei den Siegen weit hinter sich zu lassen. Am Ende konnte der Film sieben der zehn Preise gewinnen. Jeden davon verdient. Applaus für eine derart schlechte Gesamtleistung.

Der Krampf beginnt

Zunächst glauben wir, noch nie einen so langen Vorspann gesehen zu haben. Selbst die bekanntermaßen langen Opening Credits der Spider Man-Filme wirkten dagegen kurz. Die Langeweile kriecht uns in alle Glieder. Wie kann es denn sein, dass so viele Menschen an diesem Murks mitgearbeitet haben? Und selbst wenn wir davon ausgehen, dass all diese Menschen daran beteiligt waren, wäre es nicht naheliegender, seinen Namen nicht in dieser zelluloidgewordenen üblen Unterhaltung erwähnt zu wissen? Ja, wir müssen zugeben, das machte schon traurig und betroffen.

Betroffen schauen, bitte!

Apropos betroffen. Man will fast meinen, es wäre absolute Grundvoraussetzung beim Casting gewesen, Darsteller zu finden, die möglichst betroffen schauen können. Und das tun sie. Ständig. Leider nicht mal besonders gut, so oft schauderten wir angesichts der schlechten Darstellung. Ob Kristen Stewart das allerdings absichtlich macht oder ob sie es einfach nicht besser kann, das sei dahingestellt. Als sie ihr Baby zum ersten Mal in den Armen hält, hätte man genauso gut vermuten können, dass sie sich einen Holzscheit anschaut, statt des Babies, das sie beinahe das Leben gekostet hätte.

Das Baby von Bella und Edward ist in diesem Film zudem die wohl gruseligste Plotdevice. Zunächst handelt es sich um ein Baby mit CGI-Visage, um Bella möglichst ähnlich zu sehen. Ein bisschen wie Schwarzeneggers Kind in „Junior“, nur noch eine Spur unangenehmer. Die Filmemacher generierten damit eine Horrorvision des menschlichen Nachwuchses.

Schwanzwedelnde Wölfe

Das Gesicht jedoch beiseite: Bellas bester Freund und Edwards Nebenbuhler Jacob Ohneshirt ist jedenfalls jetzt nicht mehr scharf auf Bella, sondern auf ihr Baby. Er war wohl schon immer irgendwie auf ihre Eizellen geprägt. Und das macht jetzt alles Sinn, irgendwie. Es ist überhaupt nicht ekelhaft oder pädophil, denn sie wächst ja schnell und was bitte hat sich die Autorin dabei eigentlich gedacht? Übelkeit gesellt sich zu unserer Langeweile. Wie sollen wir das nur durchstehen?

Ekel beiseite, das Baby ist der Grund für die Krise im Vampirparadies, denn irgendeine Verwandte der Cullens denkt, es sei ein Kind, das zum Vampir gemacht wurde. Das wiederum finden die Volturi nicht so gut, finstere Gesellen, angeführt von einem übertrieben spielenden Michael Sheen. Bei dem fragt man sich, ob er als eigentlich guter Schauspieler aus Spaß mitmacht oder, so wie wir, eine Wette verloren hat. Jedenfalls rufen die Volturi jetzt zum Gegenschlag auf. Allzu eilig haben sie es damit allerdings nicht, denn die Cullens haben immer noch Wochen Zeit Vorbereitungen zu treffen.

Vampire fahren Volvos

Aber wir wollen Gnade walten lassen. Der Film wies natürlich auch durchaus Positives auf. Insbesondere ist da natürlich das meisterhaft inszenierte Product-Placement zu nennen. Vampire fahren Volvo. Und wenn die Taktik aufging, tun dies jetzt auch Millionen verwirrter Teenies in den USA. Warum fahren die Volturi eigentlich keinen Volvo, wäre die Alliteration doch genauso schön gewesen? So hätte sich die ganze Chose zumindest nicht gar so lange gezogen und wir hätten uns ganz auf die finale Schlachtszene konzentrieren können.

Selbstbeherrschung rules!

Tatsächlich hatte diese Szene sogar einige erhellende Momente. Nachdem wir schon komplett resigniert hatten, und nicht einmal mehr lachen konnten über die Abstrusität des Ganzen, da haben sich die Filmemacher doch noch ein bisschen ins Zeug gelegt. Der finale Kampf ist nicht nur humorvoll schlecht choreographiert, hier können auch  alle Vampire ihre „Superkräfte“ einsetzen. Da gibt es eine die Blitze wirft, einen der die Elemente beherrscht, einen der Briten nicht mag und natürlich Bella die sich beherrschen kann. Eine Fähigkeit, mit der sie mit Sicherheit nicht Mitglied der X-Men werden könnte.

Und plötzlich konnte man sich auch vor wunderbaren Cameos nicht mehr retten. Eine sehr gut getarnte Uma Thurman aka Jamie Campbell Bower ließ allerdings die Macheten stecken und war, dem Film angemessen, eher unnütz. Aber als wir dachten, dass nun plötzlich unser liebster Reiterfürst Drogo die Szenerie betritt, war es doch nur ein langsam sprechender Vampir-Mensch-Mischling. Wäre der nur eine halbe Stunde früher gekommen, eine Menge Nerven wären uns erspart geblieben.

Dieses Baby!

Unsere Nerven liegen blank. Nach 115 Minuten endet der Film. Breaking Dawn 2, das ist Horror pur. Wir fassen zusammen: Dem Film mangelt es an allem. Die schauspielerische Leistung ist im besten Falle durchschnittlich, im schlimmsten schrecklich. Die Dialoge sind schlicht nicht gut. Eine Story ist praktisch nicht existent, die Effekte dem Budget nicht angemessen und man will gar nicht wissen, was sich die Drahtzieher bei einigen Bestandteilen (DIESES BABY!) eigentlich dachten.

Es wäre bestimmt ein Mordsspaß für den Sieger gewesen, zu wissen dass der Verlierer der Oscar-Wette gänzlich alleine durch die Sache durch muss. Doch gemeinsam war es dann leichter zu schaffen. Wir haben gelitten, wir haben mit unserem guten Geschmack gekämpft. Wir haben uns sogar noch mit dem Film beschäftigt, um diese Kritik zu liefern. Und am Ende waren wir siegreich. Wir haben triumphiert, Twilight hinter uns gelassen und sind noch stärker, wenn auch entnervt aus diesem Erlebnis hervorgegangen. Und gelernt haben wir auch noch etwas daraus: Selbst wenn das Leben noch so hart mit dir ist, immerhin zwingt es dich nicht, Twilight zu sehen. Es sei denn, du hast eine Wette verloren.

Foto: Copyright, Sanja Döttling

 

ZDF: 50 Jahre und noch immer gut drauf?

Eine Miniserie von Pascal Thiel

50 Jahre hat das ZDF nun schon auf dem Buckel. Doch: Wo steht das ZDF heute? Auf Goethe lugend stellte der erste Intendant Karl Holzamer vor einem halben Jahrhundert seine Idee des Fernsehens vor:

„Wie machen wir’s, dass alles frisch und neu und mit Bedeutung auch gefällig sei?“ 

Später erklärte er:

„Frisch heißt eben möglichst live, direkt, in einer unmittelbaren Zwiesprache mit dem Zuschauer. Neu, die Aktualität, selbstverständlich. Mit Bedeutung, möglichst kein Quatsch. Und gefällig, unterhaltend. Das wären so die vier Momente gewesen, die heute noch gültig sind meines Erachtens.“

Frisch, direkt, aktuell, kein Quatsch, unterhaltend. Wie sieht das heute aus?

Frisch ist das ZDF allemal, so sieht man im ersten Teil der Serie. Doch ist es auch direkt, aktuell, kein Quatsch und unterhaltend?

Direkter Draht zum Zuschauer

Karl Holzamers Vorstellung eines „direkten“ ZDFs sah eine permanente „Zwiesprache mit dem Zuschauer vor“. Der ehemalige Intendant wollte einen Sender, der in einem permanenten Dialog mit seinem Publikum steht: Ein ZDF, das auf die Entwicklung seines Publikums und dessen Kritik reagiert und dieses am Fernsehgeschehen teilhaben lässt?

In der heutigen Zeit steht in diesem Zusammenhang ein Begriff besonders im Zentrum der Debatte: der des „interaktiven Fernsehens“ (media-bubble.de diskutierte). Gerade in den letzten Jahren, seitdem soziale Netzwerke immer größere Bedeutung gewinnen, bauten die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ihren Gebrauch beziehungsweise die Kooperationen mit Social Network-Diensten aus. Im Besonderen das ZDF, das sich wohl auch dadurch eine Abgrenzung von der oftmals als konservativer betrachteten ARD verspricht, integriert diese Dienste in immer mehr Sendungen ihres Programmschemas.

Längst können sich die Zuschauer via Chat persönlich an etwaige Studiogäste wenden, um ihre Fragen loszuwerden. Längst hat heute.de seinen Nachrichtenticker auf Facebook und Twitter ausgebreitet. Längst greift das ZDF vor allem in Sondersendungen immer häufiger auf Meinungen und Kommentare der Nutzer zurück und lässt diese in das laufende Programm einfließen.

Doch die Angebote gehen weit darüber hinaus. Da ist beispielsweise die ZDF-Webapp zu „Wetten, dass..?“. Mithilfe dieser können die Zuschauer parallel zur Live-Ausstrahlung via Twitter Kommentare zur Sendung abgeben. Auch wenn der gemeine Fernsehzuschauer zur Zeit seltsam irritiert gluckst, wenn wieder was Neues von „Wetten, dass..?“ durch die Gerüchteküche geistert oder heise.de die Idee als „Lästern live“ titulierte, stellt sie dennoch eine neue Form der Interaktion von Sender und Zuschauer dar.

Und dann ist da ja noch das ähnlich funktionierende neuartige Nachrichtenangebot – „heute plus„. Hier werden die gewöhnlichen Nachrichten aus den Hauptsendungen von „heute“ detaillierter und vor allem interaktiv aufbereitet. Parallel zur Sendung sind auch hierbei Fragen via Chat und Twitter möglich.

Auch wenn das Programmangebot allgemein manchertags etwas stumpf und zuschauerfern wirken mag, kann sich das ZDF doch als „direkt“ loben.

Voll up-to-date!

Inhaltlich gesehen ist das ZDF durch sein mehrkanäliges Nachrichtenangebot (heute, heute-journal, heute.de, heute-App) permanent auf der Höhe des Geschehens. Zudem finden aktuelle politische Themen wöchentlich Beachtung bei Maybritt Illner. Eine Talk-Überfrachtung, wie etwa im Ersten, besteht jedoch nicht.

Technisch gesehen reagiert das ZDF besonders seit einigen Jahren immer deutlicher auf neue Entwicklungen, die etwa den Empfang des Fernsehprogramms betreffen.

Die Bedeutung des Internets ist im letzten Jahrzehnt regelrecht explodiert – das spiegelt sich auch im Fernsehempfang wieder. Während im 20. Jahrhundert Fernsehprogramme ausschließlich im „Muttermedium“, dem Fernsehen, liefen, wurde mit der ZDFmediathek 2001 ein neues Kapitel der Fernsehgeschichte begonnen. Teile des Hauptprogramms, vor allem Nachrichten und Informationssendungen, wurden im Internet zweitverwertet. Was damals nur lückenweise geschah, ist heute Standard beim ZDF. Mittlerweile, ermöglicht durch die neue GEZ-Pauschalgebühr, kann man das gesamte Programmangebot live auch in der ZDFmediathek verfolgen – zum Teil sogar in HD. Ein Fernsehgerät ist fast überflüssig geworden.

Kein Quatsch und unterhaltend?

Traditionell gibt es im ZDF montags den Fernsehfilm der Woche. Nahezu jede Woche ein anderes Thema, Genre, andere Schauspieler. Gleich danach kommt das Montagskino. Das Problem: Zumeist sieht man auf diesem Programmplatz über mehrere Wochen, wenn nicht sogar Monate, Filme des gleichen Genres: Nur Kriegsfilme, nur Krimis oder nur Liebesthriller. Mögen die meisten Filme gefallen, so ist die Auswahl doch zumeist nicht besonders vielfältig.

Was Kinofilme betrifft, kann das ZDF also durchaus einen Zahn zulegen. Auch Shows betreffend sollte sich das ZDF Gedanken machen. Denn: Was früher einmal als das Flaggschiff des ZDF Ansehen genoss, ist mittlerweile zum internationalen Spottobjekt mutiert. Das heimische Publikum, Hollywoodstars, sogar die New York Times glauben zu wissen, dass „TV abschalten“ das Beste ist, wenn wieder „Wetten, dass..?“-Samstag ist. Und tatsächlich ist vom einstigen Glamour der Show nicht viel geblieben. Lichtblicke sind selten. Sie entstehen allenfalls durch manch aufgeweckten Gast – erfrischende Abwechslung von einer immer wieder aufs Neue scheiternden Lanz-Show. Mit deutscher Zuverlässigkeit wiederkehrende Momente des Fremdschämens für einen übereuphorisierten Moderator, festigen den Eindruck, dass Markus Lanz auch nach fünf Shows nicht der Geeignete für den Job zu sein scheint.

Durch die „Wetten, dass..?“-Tragödie und den Verlust von Jörg Pilawa an die ARD hat das ZDF ein massives Unterhaltungsproblem. Neue Gesichter müssen her – doch momentan sind diese noch nicht in Sicht. Joko und Klaas sind zu ProSieben abgezogen, der Rest der jungen Garde des ZDF probiert sich lieber in anderen Formaten.

Quatsch oder kein Quatsch – das zu beurteilen, fällt aufgrund der Subjektivität solcher Einschätzungen, eher schwer. Doch was die Unterhaltung betrifft, steht das ZDF vor großen Herausforderungen.

Also?

Was bleibt: Das ZDF entspricht über weite Strecken, wenn auch nicht ganz, noch heute der Fernseh-Idee seines ersten Intendanten. Es ist frisch, direkt und aktuell. Und sogar unterhaltend. Doch hier liegen die größten Probleme des Senders: ausgediente Formate, starke Konkurrenz und Nachwuchsprobleme. Viel Arbeit ist in Sicht, doch ein bisschen Feiern hat noch niemandem geschadet.

Bilder: flickr: mattingham (CC BY-NC-ND 2.0); flickr: GeraldS (CC BY-NC 2.0)