Hausparty im Internet

von Raphael Adam

„86% der Internetnutzer haben noch nie einen Post oder Tweet verfasst“. Das will das neue soziale Netzwerk Potluck ändern. Aber was kann es anders machen, was nicht schon Facebook und Twitter gemacht haben?

Seit Juni gibt es im Web ein neues soziales Netzwerk, den Link-Sharing Dienst Potluck. Um sich von etablierten Größen wie Facebook und Twitter abzusetzen, will der Newcomer mit Minimalismus und einer Konzentration auf die geteilten Inhalte punkten. Die Macher wollen auch diejenigen zum Mitmachen bewegen, die sonst nur eine passive Rolle in den Netzwerken eingenommen haben. Außerdem sollen leichter Kontakte außerhalb des eigenen Freundeskreises geknüpft werden können. Als Vorlage diente dem Konzept die soziale Interaktion bei einer Hausparty. Aber kann Potluck die Nutzer von sozialen Netzwerken in Feierlaune versetzen?

 

Ausschließlich Links teilen

Ein „Potluck“ beschreibt in den Vereinigten Staaten ein Treffen, bei dem jeder eine Speise mitbringt, die dann mit allen geteilt wird. Das soll auch der Zweck des neuen Dienstes sein, der von dem Startup Branch ins Leben gerufen wurde und Unterstützung von den Twitter-Gründern Evan Williams und Biz Stone erhält. Die einzige Funktion, die das soziale Netzwerk bietet, ist das Teilen von Links, welche dann kommentiert werden können. Die Aufmachung der Webseite kommt ebenso spartanisch daher. Nach der Registrierung sieht der Nutzer zwei Spalten, links den Friend-Feed mit Links von Freunden und Links bei denen Freunde diskutieren, rechts den Inhalt zum Link und die Kommentare.

Die Links müssen ohne jede Beschreibung geteilt werden. Bei Facebook oder Twitter ist das zwar auch möglich, aber oft werden die Links in einen kurzen Text eingebettet. Zudem wird im Friend-Feed nicht angezeigt, von wem ein Link stammt. Erst wenn man auf den Eintrag klickt, somit also wahrscheinlich am Inhalt des Links interessiert ist, lässt sich der Urheber erkennen. Damit soll bei Potluck der Druck vermieden werden, sich selbst darstellen zu müssen. Josh Miller, CEO von Branch, schreibt, dass Potluck die 86% der Internetnutzer ansprechen will, die noch nie einen Blog, Post oder Tweet veröffentlicht haben.

 

Ungezwungen kommunizieren

Von den Gründern wird Potluck als „eine Hausparty im Internet“ beschrieben. Bei einer solchen Party lassen sich neue Leute kennen lernen, die einem aber nicht völlig fremd sind, da man meistens gemeinsame Freunde oder Bekannte hat. Es finden lebhafte Gespräche statt an denen gleichzeitig Freunde und Fremde teilnehmen. Man steigt in die verschiedenartigen Gespräche ein und findet Themen, von denen man noch gar nicht wusste, dass sie einen interessieren. Das ist die Idealvorstellung der Macher wie Potluck funktionieren soll.

Bei Facebook, zum Beispiel, findet eine Kommunikation fast ausschließlich mit den eigenen Freunden statt. Diese werden offline kennengelernt und dann bei Facebook hinzugefügt. Das soziale Netzwerk selber bietet kaum Möglichkeiten neue Kontakte zu knüpfen. Bei Potluck soll das anders sein. Um das zu erreichen, sollen Gespräche nicht einer Person „gehören“. Auch deshalb ist nicht direkt ersichtlich, wer einen Link geteilt hat. Der Inhalt, das Gesprächsthema, soll im Vordergrund stehen. Zudem sollen die Nutzer keinen Druck verspüren jemanden darstellen zu müssen, sondern sollen ungezwungen miteinander kommunizieren. Aus diesem Grund können Kommentare nicht bearbeitet werden und werden direkt mit der Enter-Taste abgeschickt. Die Profile der Nutzer sind außerdem auf ein Minimum beschränkt und müssen nicht aufwendig gestaltet werden.

 

Noch ausbaufähig

Es ist dem Dienst anzumerken, dass er sich noch im Anfangsstadium befindet. Bisher kann Potluck nur über die eigene Webseite erreicht werden, für iOS soll aber eine App in Arbeit sein. Auch viele grundlegende Funktionen, wie eine Suche oder Filter für die Links, werden wahrscheinlich von den Nutzern vermisst werden. Wegen des geringen Bekanntheitsgrades könnte es auch vielen schwer fallen, Freunde zu finden. Um das zu erleichtern, können diese über Twitter, Facebook und Google Mail gesucht werden.

Bisher ist Potluck wohl hauptsächlich für Early-Adopter geeignet. Jedoch könnte der Dienst in Zukunft seine Nische unter den sozialen Netzwerken finden. Obwohl er auf den ersten Blick keine Neuerungen mit sich bringt, scheint doch die minimalistische Umsetzung ihren Charme zu haben. Das Veröffentlichen von Inhalten könnte hier so einfach und ungezwungen sein wie noch nie. Für einen Erfolg müssten aber bald Apps für iOS und Android verfügbar sein, da hier wahrscheinlich der primäre Ort der Anwendung liegen dürfte.

 

 

Fotos:

flickr/StockMonkeys.com: 3D Social Networking (CC BY 2.0)

flickr/StockMonkeys.com: 3D Green Energy (CC BY 2.0)

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