DJ Jedermann – legal Musikhören im Internet

von Sanja Döttling

Früher wühlten sammelwütige Studenten in verstaubten Plattenläden, bis sie ihren Schatz gefunden hatten. Heutzutage nimmt die persönliche Musiksammlung oft nicht einmal mehr realen Platz ein – sie befindet sich auf der Festplatte und ihre Maßeinheit heißt Gigabyte. Inzwischen gibt es im Internet sogar schlaue Angebote, die die Musiksammlung hinfällig machen. 8tracks.com oder Spotify bieten endlose Musikauswahl – zum Teil auch kostenlos.

Altmodisch-International: Das Radio

Obwohl das eingeschaltete Radio heutzutage meist nur noch als Hintergrundrauschen dient, ist die unrsprüngliche Idee hinter dem Radio lange nicht tot. Sie hat sich nur den Gegebenheiten des Internets angepasst. In der Medienwissenschaft spricht man vom Rieplschen Gesetz: Alte Medien werden niemals vollständig von neueren Medien verdrängt, sondern werden von ihnen aufgegriffen.

Das Internet erweitert den Rahmen des Radios: Heute kann man zum Beispiel auf Seiten wie radio.de Radiosender der ganzen Welt hören – je nach Gusto gibts hier Nachrichten oder Musik – teilweise mit überaschend wenig Werbung. Auch auf den Seiten der Sender selbst ist oft ein Livestream angeboten. Zum Beispiel SWR3 bietet außerdem die Möglichkeit, ausgewählte Sendungen nachzuhören.

Doch in dieser hochindivudualisierten Zeit des Internets sind solche Angebote nicht mehr ganz befriedigend: Denn kommt mal ein Song, den man nicht mag, hat man nicht die Chance, ihn einfach wegzuklicken. Und obwohl das Angebot an Radiosender fast unendlich ist, kann man die Musikauswahl als Rezipient nicht beeinflussen. Deshalb haben sich andere Angebote entwickelt, bei welchen der Rezipient mehr Selbstbestimmung hat.

 Genregebunden-Sozial: Die Playlist

Im Internet hat sich das Radio weiterentwickelt. Am bekanntesten ist Last.fm, die Seite bietet mehr als konventionelles Radio. Ist man dort angemeldet, bewertet das Programm den eigenen Musikgeschmack und schlägt neue Titel vor, die den eigenen Lieblingstitel entsprechen. So stellt Last.fm einen ganz individuellen Radiosender zusammen. Das Schöne: Der Rezipient ist mit neuen Titeln konfrontiert, die er selbst vielleicht nicht gefunden hätte. Nutzer werden hier auch in die soziale Community eingebunden, „musikalische Nachbarn“ mit ähnlichem Geschmack miteinander bekannt gemacht. Im Amerika, Großbritannien und Deutschland ist das Programm kostenlos – in anderen Ländern müssen die Nutzer einen bestimmten Betrag im Monat zahlen. Ähnlich funktionieren auch andere Programme, zum Beispiel Grooveshark oder deezer.com. Die Playlist wird persönlicher und trifft den eigenen Geschmack – das heißt aber auch, dass der Rezipient nicht mehr mit ihm völlig Unbekannten konfrontiert wird.

Ein anderes Beispiel für ein soziales Musikangebot bildet die Seite 8tracks.com. Sie bietet den Nutzern an, selbst Playlists zu erstellen – mit den Lieder aus der Lieblingssendung, in einer besttimmten Musikrichtung oder einen Mix für die nächste WG-Party. Die Playlists lassen sich auswählen und anhören – allerdings können die Lieder hier nicht einzeln angewählt werden. Das Springen zum nächsten Lied ist auch nur begrenzt verfügbar. Diese Einschränkungen erlauben es der Seite, als „Webradio“ zu gelten, während andere Streaming-Plattformen andere Verträge mit den Rechteinhabern der Musik aushandeln müssen.

Individuell-konsumorientiert: Streaming-Bibliotheken mit Flatrate

Vor fast einem Jahr ist der Streamingdienst Spotify auch in Deutschland angekommen. Spotify ist eine Bibliothek mit über 16 Millionen Songs, die nach Download und Anmeldung kostenlos angehört werden können.

Anders als bei Amazon oder iTunes werden die Lieder vom Rezipienten hier nicht gekauft, und sie gehören ihm auch nicht. In der kostenlosen Version von Spotify sind sie verfügbar, solange der Computer mit dem Internet verbunden ist. Manchmal werden sie durch Werbung unterbrochen, denn so finanziert sich das Programm. Nach einem halben Jahr wird die kostenlose Nutzung auf 10 Stunden im Monat beschränkt.

Im Premium-Paket zahlt der Rezipient 9,99 Euro monatlich – und kann Musik unendlich lang, offline und auf mobilen Geräten hören. Eine Flatrate für Musik, das ist die Idee hinter Spotify. Mit ihrem Preis unterbietet die Plattform das alte Modell – ein Lied für durchschnittlich Einen Euro.

Das Angebot klingt atemberaubend und deshalb fragt sich der ein oder andere: Ist das denn auch legal? Überraschende Antwort: Ja, ist es! Spotify hat es, im Gegensatz zu youtube, geschafft, mit der GEMA einen Vertrag auszuhandeln. Wie viel Geld Spotify der GEMA zahlt, ist nicht bekannt.

Doch Spofity ist mehr als nur eine riesige Musikbibliothek auf Abruf. Spotify macht Musikhören zum virtuell-sozialen Ereignis: Über das facebook-Konto angemeldet, kann man sämtliche gehörte Songs seinen Freunden mitteilen. Wer mehr will, kann sein eigener (und anderer Leute) DJ werden, indem er Playlists erstellt. Die können geteilt und von anderen Usern angehört werden.

Auch andere Musik-Streming-Anbieter locken. So zum Beispiel Simfy, Napster oder Rdio. Ihre Preise sind genauso hoch wie die von Spotify – zwischen fünf und zehn Euro im Monat – doch bei ihnen gibt es kein kostenloses Angebot.

 

Fotos: flickr.com/Radio von Fernando Candeias(CC BY-NC-ND 2.0); flickr.com/Jukebox von phphoto2010 (CC BY-ND 2.0)

Kulturen im Medienwandel

von Sandra Fuhrmann

Susanne Marschall ist Professorin am Institut für Medienwissenschaft der Universität Tübingen und Inhaberin des Lehrstuhls für audiovisuelle Medien, Film- und Fernsehen. Seit mehreren Jahren reist sie regelmäßig nach Indien und entwickelt Forschungsprojekte mit den dortigen Partneruniversitäten. Zusammen mit Professor Christoph Reinfandt vom Lehrstuhl für Neuere Englische Literatur hat sie für das laufende Semester eine Ringvorlesung mit dem Titel „Kulturen im Medienwandel – Changing Media, Changing Cultures“ organisiert. Im Gespräch mit media-bubble.de erzählt sie von Blickwechseln, verschiedenen Darstellungskulturen und davon, wie sie ihre Liebe zu Indien entdeckte.

mb: Könnten Sie uns zu Beginn erzählen, wie die Idee zu der Ringvorlesung entstand und welcher Gedanke dahinter stand.

Susanne MarschallIm Fokus der Vorlesung stehen globale Medienentwicklungen und ihre Bedeutung für verschiedene Kulturen. Nehmen wir als Beispiel den Subkontinent Indien. Bestimmte Medien breiten sich in bestimmten Regionen extrem schnell aus, während andere es allgemein schwer haben. Viele Menschen dort haben zum Beispiel keinen Zugang zum Internet. Unser Interesse gilt also der Frage: Was bedeutet der kulturelle Kontext für die Entwicklung der Medien und wie beeinflussen umgekehrt alte und neue Medien die Kultur? Es ist eine Frage, die die Medienwissenschaft immer wieder gestellt hat, die aber nicht endgültig beantwortet werden kann, weil sich dieser Wandel immer weiter vollzieht und Veränderungen immer wieder neu beobachtet werden müssen.

In der Vorlesung hatten wir bisher auch drei Dozenten aus Indien zu Gast. Dr. Madhavi Reddy, die den Wandel am Beispiel der wachsenden indischen Bloggerszene aufzeigte und Vishram Dhole, der über die Bedeutung von Hindi Musik in indischen Filmen gesprochen hat. Dann natürlich Kiran Nagarkar, dessen Bücher sowohl in Indien als auch in Deutschland bekannt sind. Bietet die unterkulturelle Zusammenarbeit gerade bei diesem Thema Vorteile?

Die Zusammenarbeit bietet hier sehr viele Vorteile, da sie verhindert, dass man mit einem Tunnelblick an das Thema herangeht. Wir denken meistens nur von unserer eigenen Kultur aus. Gerade der Zugang zum Internet, durch den man ganz einfach auch herauskriegen kann, wo das nächste Krankenhaus zu finden ist, kann in Afrika oder Indien lebensnotwendig sein. Das können wir uns kaum vorstellen, denn wir sind mit allem versorgt. Solche Möglichkeiten des Blickwechsels sind ungeheuer wichtig und produktiv. Sie korrigieren die Einseitigkeit von Ideen. Wir sitzen derzeit gemeinsam mit Madhavi Reddy und Vishram Dhole an einer Internetstudie. Dabei geht es um die Internetnutzung indischer und deutscher Jugendlicher. Wir haben dabei festgestellt, dass in Deutschland sehr viel im Internet eingekauft wird. In Indien bevorzugen die Leute das face-to-face Einkaufsverhältnis. In China wiederum wird eigentlich alles online erledigt. Warum agieren einzelne Kulturen so? Welche Faktoren sind dafür verantwortlich? Solche Fragen sind unglaublich spannend.

Sie haben bereits das Stichwort Blickwinkel genannt. Nun durften wir das Thema auch in der Vorlesung aus ganz verschiedenen Perspektiven kennenlernen. Welche Aspekte des Medienwandels betrachten Sie persönlich als bedeutend für die zukünftige Entwicklung von Kulturen?

Man kann zum Beispiel über die Auseinandersetzung mit den Filmen einer Kultur sehr viel über diese Kultur lernen. Ich kann aus den verschiedenen Filmkulturen Indiens Rückschlüsse auf Idealvorstellungen, Familienkonstellationen oder Veränderungen in den Gesellschaftsstrukturen ziehen. Oder politische Konflikte aus verschiedenen Perspektiven kennen lernen. Es werden einem aber auch die Augen für andere Darstellungskulturen geöffnet. Deshalb ist es spannend, aus indischer Perspektive erklärt zu bekommen, was in einem Bollywood-Song so alles drin steckt. Wir lernen, dass Gesang und Tanz zentrale Ausdrucksmittel sind – oft auch mit politischer Relevanz.

Was Sie jetzt sagen, drückt eine eher positive Sicht auf die Thematik aus. Zum Beispiel in Professor Guido Zurstieges Vortrag wurden auch viele negative Aspekte des Medienwandels deutlich. Gibt es bei dieser Entwicklung etwas, das Ihnen Angst macht oder vor dem Sie warnen würden?

Was ich in Bezug auf das Internet sehr schlimm finde, ist die Entindividualisierung von Kommunikation, die teilweise zur Folge hat, dass Menschen unglaublich brutal mit anderen Menschen umgehen. Wenn ich jemanden auf Facebook verfolge und beleidige, nehme ich mein Gegenüber eventuell nur noch als ein Abstraktum wahr. Diese Tendenz zur zwischenmenschlichen Entfremdung und Enthemmung macht mir wirklich Sorgen.

Wir hatten nun immer wieder den Bezug zu Indien. Eine Frage, die sicher viele Ihrer Studenten interessieren würde: Was fasziniert Sie selbst so an Indien und wie kam es, dass Sie sich auch mit Ihrer Forschung so stark dorthin orientiert haben?

Ich bin irgendwann – es ist jetzt sicher dreizehn oder vierzehn Jahre her – zum ersten Mal auf einen indischen Film gestoßen und habe festgestellt, dass indische Mainstreamfilme ganz anders funktionieren und dass sie auf anderen dramaturgischen Modellen beruhen. Ich persönlich befasse mich sehr viel mit Bildkulturen und habe mein ganzes Leben lang gemalt und mich aber auch immer für Tanz interessiert. In den indischen Filmen kam das alles zusammen. Das war mir am Anfang genau so fremd, wie allen anderen. Dann habe ich mich über Jahre in das Material eingearbeitet. Das alte Indien steckt in dem neuen immer irgendwie drin. Diese Mischung und die Tatsache, dass sich hier eine hochkomplexe Kultur so im Um- und Aufbruch befindet, stellt für die Analyse und theoretische Bewertung von Filmen eine Herausforderung dar. Irgendwann habe ich angefangen, jedes Jahr nach Indien zu reisen. Wenn man jedes Jahr wieder an dieselben Orte kommt, stellt man schnell fest, dass sich die indische Lebenswelt tatsächlich rasant verändert. Auf dichtem Raum passiert extrem viel. In unserem Forschungsprogramm nennen wir das „Dynamics of Change“. Ich habe auch großen Respekt vor den Menschen in Indien, da sie zum Teil unter wirklich schwierigen Bedingungen leben und arbeiten und dabei häufig positivere Einstellungen haben als wir.

Sprechen Sie bereits ein wenig Hindi?

Leider nicht, ich verstehe nur ein paar Brocken. Aber ich habe durchaus Lust Hindi oder eine andere indische Sprache zu lernen. An den indischen Universitäten wird Englisch gesprochen.

Die Ringvorlesung steht auch im Zusammenhang mit einem internationalen Graduiertenkolleg, das in Zusammenarbeit mit den indischen Partnern realisiert werden soll. Wie weit ist dieses Projekt schon und um was wird es dabei gehen?

Das Projekt ist in der Beantragungs- und Begutachtungsphase. Das heißt, es ist noch alles offen. Wir möchten etwas Neues machen. Eine indische und eine deutsche Gruppe von Wissenschaftlern und Nachwuchswissenschaftler nehmen gemeinsam den globalen Medienwandel in den Blick. Unsere Partner sind die Universität in Pune, die Universität in Kalkutta mit der Abteilung Filmwissenschaft und das Tata Institute of Social Science in Mumbai. Sollten wir die Erlaubnis zur Etablierung des Projekts bekommen, wird dies eine Möglichkeit für indische und deutsche Studierende sein, in der Promotionszeit zusammen zu kommen und intensive Erfahrungen zu sammeln. Ziel ist immer, den eigenen Horizont und auch den der Studierenden zu erweitern und dadurch unsere Forschung zu verbessern.

 

Foto: Copyrirght Susanne Marschall

Bild: flickr/bupia (CC BY-NC-ND 2.0)

Meinung in Spalten – die Kolumne

von Alexander Karl

Sie ist aus der geschriebenen Medienwelt kaum wegzudenken: die Kolumne. Viele Zeitungen, egal ob online oder offline, haben eine oder mehrere. Und doch ist eine der bekanntesten Kolumnistinnen fiktiv. Ich starte den Versuch: Kann ich es schaffen, in die Fußstapfen einer Carrie Bradshaw zu treten?

Sex und der Rest der Welt

Das Wort Kolumne kommt, wen wundert’s, aus dem lateinischen und meint Säule. Doch das englische Wort column legt nahe: Damit ist auch die Spalte, speziell die in der Zeitung, gemeint. Der Duden versteht unter der Kolumne einen „von stets demselben [prominenten] Journalisten verfasster, regelmäßig an bestimmter Stelle einer Zeitung oder Zeitschrift veröffentlichter Meinungsbeitrag“.

Gerade der letzte Teil ist interessant: Es geht um die Meinung zu einem bestimmten Thema und das kann – je nach Autor, Medium, Anlass usw. – natürlich variieren. Etwa im bekannten Streiflicht der Süddeutschen Zeitung: „Augenzwinkernd werden an dieser Stelle die großen und kleinen Ereignisse der „Welt ins Visier“ genommen, politische und sonstige Prominente gelegentlich auf menschliches Maß gebracht“, so heißt es bei der SZ über die Kolumne. Zumeist, so Wikipedia, auf 72 Zeilen und in drei Absätzen. Und noch ein anderer Aspekt wird dort erwähnt: Handelt es sich beim Streiflicht um eine Kolumne oder eine Glosse? Wikipedia entscheidet sich für „Glosse respektive Kolumne“.

Denn, und auch das weiß die Online-Enzyklopädie an anderer Stelle zu notieren: „Der Kolumne nahestehend und nicht immer klar von ihr zu unterscheiden sind die Glosse, die Causerie und der Kommentar.“

Doch eine der bekanntesten Kolumnistinnen ist wohl eine, die es gar nicht gibt: Carrie Bradshaw aus der Serie Sex and the City. Diese schreibt für die fiktive Tageszeitung New York Star eine Kolumne mit dem Titel – na, wer mag es erraten? Richtig: Sex and the City. Carrie Bradshaw entstammt aber ursprünglich der Feder von Candance Bushell, die für den real existierenden The New York Observer Mitte der 1990er eine Kolumne mit dem Titel Sex and the City schrieb. Aus der Kolumne wurde später ein Buch (der Titel sollte klar sein), auf dem eine TV-Serie mit der Protagonistin Carrie Bradshaw basiert. (Übrigens veröffentlicht Carrie zum Ende der Serie hin ihre Kolumnen auch noch in Buchform, aber das nur am Rande). Und das Bradshaw-Rad dreht sich weiter: Zwei Bücher, die die Geschichte der jungen Carrie erzählen, gibt es bereits. Und auch The Carrie Diaries starteten im Januar 2013 als TV-Serie. Nochmals zur Erinnerung: All das begann mit einer Kolumne. Die Geschichte der Carrie Bradshaw wird mittlerweile in vielen Medien erzählt – man könnte dies also nach Henry Jenkins „transmedia storytelling“ nennen.

Middendrin

Und nun heißt es auch für mich: Ich bin mittendrin in der Kolumnisten-Welt. Seit dem 19.01.2013 gibt es auf midde.de, dem Jugendportal für Mittelhessen, alle zwei Wochen eine Kolumne von mir. Unter dem Titel „Alexander in der midde“ schreibe ich über all das, was junge Menschen bewegt: Das Treiben in der (Groß-)Stadt, die Liebe und den Wahnsinn, der sich Leben nennt. Dabei helfen mir zwei Figuren: Lena, der Wirbelwind, und Ole, der Ruhepol. Sie zeigen Facetten, die wir wohl alle haben – und sicherlich auch viele Leute in unserem Umfeld. All das erzähle ich zwar nicht mit New Yorker, aber immerhin mit Hamburger Perspektive.  Aber ob „Alexander in der midde“ eher in der Tradition des Streiflichts oder von Sex and the City steht, dürft ihr selbst entscheiden.

 

Bild: flickr/gifake (CC BY-NC-ND 2.0)

Logo: „Alexander in der midde“: Anette Crepaldi/midde.de

Blutbad deluxe – Django Unchained im Kino

von Lina Heitmann

Das Blut spritzt, das N-Wort fliegt – die Rachefantasie Django Unchained schockiert und unterhält. In deutschen Kinos läuft er heute an, Lina Heitmann ist aber extra mal nach Amerika geflogen, um Quentin Tarantinos neuen Film zu sehen.

Weiße erschießen und man wird dafür bezahlt, was gibt’s da nicht zu mögen?“

Der ehemalige Sklave Django (gespielt von Jamie Foxx) nimmt schon früh im Film eine ungewöhnliche Rolle ein. Nachdem er vom deutschen Kopfgeldjäger Dr. King Schultz (Christoph Waltz) gekauft wird, macht der ehemalige Zahnarzt Schultz ihn zu seinem Partner und schenkt ihm damit die Freiheit. In den Südstaaten Amerikas vor der Zeit des Brügerkieges wird Django Kopfgeldjäger, der Weiße für Geld erschießt. Auch er kann sein Glück kaum fassen.

Um Djangos Frau Broomhilda (Kerry Washington), genannt „Hildy“, aus der Sklaverei zu retten, gelangen Schultz und Django unter einem Vorwand auf die Plantage „Candyland“ von Calvin Candie (schön unsympathisch gespielt von Leonardo DiCaprio). Schultz gibt vor, Sklaven kaufen zu wollen, die sich als eine Art „Sport“ bis auf den Tod bekämpfen müssen. Diesen „Sport“ gab es in Wirklichkeit wohl nicht, er bietet sich aber als Metapher für die Schrecken der Sklaverei an. Vor allem mit der „Uncle Tom“-Figur Stephen (gespielt von Samuel L. Jackson), der Candie gegenüber teils unterwürfig, teils väterlich ist, kommt Django in Konflikt…

Gewalt, so weit der Tarantino reicht

So wie das N-Wort herumgeworfen wird, geht es kaum in erster Linie um historische Genauigkeit. Es scheint eher als will der Regisseur uns schockieren, wie er es mit Gewalt alleine kaum (noch) kann. Auch die Sklaverei wird nicht wirklichkeitsgetreu dargestellt. Anstatt sie auf Plantagen arbeitend zu zeigen, sehen wir die Sklaven, die nur am Rande gezeigt werden, eher auf Wiesen herumtollen (eine Sklavin schaukelt sogar, während eine andere ausgepeitscht wird). Django ist der Einzige, der sich gegen das System zur Wehr setzt. Sollte es uns stutzig machen, dass er dazu auch noch einen weißen Partner braucht?

Doch Tarantino will die Sklaverei nicht schönmachen. Im Gegenteil: Der Film ist moralisch ganz klar auf der Seite Djangos und gegen die Sklaverei. Die schreckliche Bestrafung von Sklaven, die versuchen zu entkommen, wird bis aufs Brutalste gezeigt. Auch wie Sklaven gepeitscht werden, zeigt der Film – ob sie für Versuche zu entkommen oder nur dafür, dass ein paar Eier zerbrochen sind, bestraft werden.

Quentin Tarantino spricht im Interview mit dem amerikanischen Radiosender National Public Radio von zwei Arten der Gewalt: zum einen gibt es die Gewalt der Sklaverei, die „tausendmal schlimmer“ gewesen sei als in seinem Film. Dann gibt es die Gewalt von Djangos Rache. Sie soll dem Publikum Spaß machen, so der Filmemacher. In vielen Kinos kam es tatsächlich zu spontanten Jubelausbrüchen bei Djangos übertrieben blutiger Rache. Auch wenn die Gewalt übertrieben ist, ist die moralische Welt des Films so schwarz-weiß aufgebaut, dass man auf jeden Fall Django anfeuert.

Die Frau Djangos, die als Zwangsprostituierte für die Mandingo-Kämpfer in Candyland benutzt wird, gibt den Impuls für die ganze Rettungsaktion. Aber ihr Charakter wird nicht besonders vertieft. Wir müssen sie aber auch nicht als tief gezeichnete Person kennenlernen, denn es geht hier nicht um sie: Djangos Rache ist eine Racheaktion an der Sklaverei als solche, an der Unterwerfung von Menschen – es geht nicht in erster Linie um die Liebesgeschichte. Ganz besonders der unterwürfige Stephen, der auch von sich aus andere Sklaven brutal bestraft, bekommt Djangos Rache zu spüren.

Das Blut spritzt und spritzt und spritzt

Vom Grundprinzip her – einer im Film ausgelebten Rachefantasie – ähnelt Django Unchained natürlich Inglourious Basterds. Anders als bei den Basterds ist die Erzählstruktur hier unkompliziert und ziemlich linear. Das macht den Film aber keinesfalls langweilig, weil man die Hauptpersonen Django und Schultz gerne auf ihrem Abenteuer begleitet.

Schon der Titel und der Vorspann zeigen die Anlehnung dieses Films an den Stil des Italo-Westerns. Der ursprüngliche Django, Franco Nero, der 1966 im Italo-Western gleichen Namens „Django“ spielte, taucht auch auf Candies Plantage auf. Ihm buchstabiert unser Django seinen Namen und erklärt: „das D ist stumm.“ Einerseits ist Django Unchained damit ein Film, der sich nicht zu ernst nimmt – die übertriebenen Blutspritzer verdeutlichen dies immer wieder. Andererseits nimmt der Film aber die Schrecken der Sklaverei sehr ernst.

 

 

 

Fotos: Dr. King Schultz (Christoph Waltz, l.) und Django (Jamie Foxx, r.) in Sony Pictures‘ DJANGO UNCHAINED. © 2012 Sony Pictures Releasing GmbH;

Calvin Candie (Leonardo DiCaprio) in Sony Pictures‘ DJANGO UNCHAINED. © 2012 Sony Pictures Releasing GmbH;

Jamie Foxx (Django) in Sony Pictures‘ DJANGO UNCHAINED. © 2012 Sony Pictures Releasing GmbH

 

Ein Magazin für Käpsele

von Sanja Döttling

Während man sich im Studium immer tiefer in sein eigenes Fachgebiet einarbeitet, vergisst man schnell, dass die Uni-Zeit aus mehr als Hörsälen und Bibliotheken besteht. Was machen eigentlich die Studenten im Labor nebenan? Was geht sonst so an der der eigenen Uni? Wie steht es um das knappe Geld in der Studienzeit und wie sieht es später mit dem Job aus? Der neue Studentenblog Käpsele beantwortet diese und mehr Fragen für die Unis und Hochschulen rund um Stuttgart. Jetzt will der Blog auch als kostenloses Printmagazin erscheinen. Dafür muss aber erst einmal das Geld gefunden werden. Ein Interview mit Gründer Christian Ignatzi.

 

Media-bubble.de: Christian Ignatzi, du hast zusammen mit zwei Kollegen den Studentenblog Käpsele ins Leben gerufen. Seit Oktober seid ihr online. Was erwartet die Studenten auf eurer Seite?

Ignatzi: Wir haben uns an anderen Studentenmagazinen orientiert. Käpsele besteht einerseits aus nützlichen Tipps für Studenten, andererseits will der Blog auch mit Geschichten von den Unis direkt unterhalten. Zu diesem Zweck haben wir den Blog in vier Kategorien gegliedert: Leben, Studium, Geld und Zukunft. Das sind die Themen, die Studenten am meisten interessieren. In der Kategorie Studium schreiben wir beispielsweise, was für Entwicklungen es an den Universitäten und Fachhochschulen gibt. Hier berichten wir auch über Forschungsgeschichten, die Studenten anderer Studiengänge vielleicht gar nicht so mitbekommen würden. Und natürlich sind wir auch auf facebook.

Mb: Für die Nicht-Schwaben unser uns: warum der Name „Käpsele“?

Ignatzi: Wir haben lange überlegt. Unser erster Entwurf war STUDIgart, doch das hätte nicht ganz gepasst. Weil es im Blog ja nicht nur um Stuttgart, sondern auch die Umgebung geht. Wir haben lange hin und her überlegt, bis mir der Name „Käpsele“ eingefallen ist. Dann kam die Suche nach dem Logo. Ich habe mit einigen Logogeneratoren herumgespielt und ein Vorschlag war ein Vogel. Also habe ich den Drummer meiner Band auch einen Vogel entwerfen lassen, der viel putziger und toller war als der Vorschlag.

mb: Hat euer Käpsele-Vogel Verwandtschaft mit den „Angry Birds“?

Ignatzi: Nein, gar nicht. Die einen sagen, er sieht ihnen ähnlich, die anderen sagen, dass er das nicht tut. Mein Drummer kannte Angry Birds gar nicht. Aber die Mädchen stehen drauf, wobei das zugegebenermaßen nicht die Intension war. Ich finde ihn übrigens auch toll.

mb: Nun sind andere Studentenblogs bekannt, zum Beispiel der UniSpiegel. Was macht Käspele denn so besonders?

Ignatzi: Wir sind nicht besser als andere Blogs, aber lokaler. UniSpiegel und viele andere agieren deutschlandweit. Unser Blog aber beschränkt sich auf die Universitäten Tübingen, Stuttgart und Hohenheim sowie die Hochschulen in der Umgebung von Stuttgart. Durch diese geografische Begrenzung sind wir direkt an den Unis. Viele unserer Autoren sind Studenten an den Universitäten und so mitten im Geschehen.

mb: Und warum ausgerechnet ein Blog für Studenten?

Ignatzi: Ein Kollege, der auch die Idee zum Magazin hatte, erzählte mir, dass er während des Studiums nie wusste, was die Anderen an der Universität machen. Du steckst da so in deinem Studium fest, dass du gar nicht mehr über seinen Studiengang herausgeschaut hast. Deshalb hatte er schon früh die Idee, eine Art Netzwerk zu gründen – ein Blog bietet dafür eine gute Möglichkeit. So weiß man, was an der eigenen Uni eigentlich passiert.

mb: Ihr habt ja mit dem Blog angefangen, wollt jetzt aber ein Print-Magazin machen. Warum?

Ignatzi: Wir haben sehr viel Arbeit in den Blog gesteckt – und irgendwann in dem Prozess haben wir uns entschlossen, auch ein Stück weit davon zu leben. Ich hätte es damals total geil gefunden, ein Printmagazin über die eigene Universität und die der Umgebung zu haben. Und das können wir den Studenten jetzt anbieten. Das Projekt „Käpsele“ ist mein Baby und eine gute Sache. Nur leider können wir uns nicht durch einen Blog finanzieren, deshalb eine Printausgabe. Es gibt zwar Möglichkeiten, Onlineartikel auf freiwilliger Basis zu bezahlen. Aber ich will nicht, dass die Studenten für die Artikel zahlen müssen.

mb: Für die Finanzierung der ersten Ausgabe habt ihr euch entschieden, Crowdfunding zu verwenden. Warum?

Ignatzi: Wir wollen Käpsele ab der zweiten Ausgabe über Anzeigen finanzieren. Doch jetzt haben wir noch nichts zum Vorlegen, deshalb ist es schwer, Anzeigenpartner zu überzeugen. Letztes Jahr finanzierte eine Studentin der Hochschule der Medien die erste Ausgabe des Lifestyle-Magazins „Päng“ über Crowdfunding. Es sind ja nicht nur Spenden. Wir bieten im Gegenzug auch etwas an. Für eine Spende über zehn Euro gibt’s die Erstausgabe vor Veröffentlichung nach Hause. Für 50 Euro gibt’s dazu noch kostenlosen Eintritt zur Releaseparty in Stuttgart. Und wer 1.000 Euro spendet, bekommt eine ganzseitige Werbeanzeige. Das ist vor allem für Unternehmen spannend – und auf jeden Fall ein guter Preis! Wir haben noch 45 Tage Zeit, um das Geld zu sammeln.

mb: Was ist deiner Meinung nach das Besondere an „Käpsele“?

Ignatzi: Käpsele ist ein spannendes Magazin mit guten Reportagen. Wir sind ausgebildete Journalisten, schreiben können wir also. Das mit der Buchhaltung läuft noch nicht so ganz, aber das wird. Wir haben ausgewählte und qualitativ gute Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Wir haben mit Käpsele ein Potenzial geschaffen und hoffen jetzt, dass das Projekt weitergehen kann.

mb: Wir drücken die Daumen und danken für das Interview.

 

 

Foto: Copyright Christian Ignatzi; Käspele, Redaktionskater Dennis und er selbst.

Bücher auf Reisen

 von Lina Heitmann

Das Fundbüro von Siegfried Lenz ließ ich am vergangenen Sonntag am Bahnhof liegen. Anders als im Buch geht es hier aber nicht darum, dass es gefunden werden und zu seinem rechtmäßigen Besitzer zurückfinden soll. Im Gegenteil: Das Buch soll wandern und seine Geschichte an möglichst viele neue Leser weitergeben.

Tatsächlich lassen Nutzer von bookcrossing.com weltweit ganz bewusst irgendwo Bücher rumliegen. Sie hoffen, dass Andere die Bücher finden, lesen und dann selbst weitergeben. Hinzu kommt, dass man die Bücher auf der Webseite verfolgen kann. Die Nutzer beschreiben, wo sie ein Buch gefunden und wo sie eines „freigelassen“ haben. Außerdem schreiben die Nutzer eine kurze Kritik zum Buch – alles zusammen macht den soggenannten Journaleintrag eines Buches, quasi sein Profil, aus. 

Man kann auf Jagd gehen um Bücher zu finden, auf der Straße oder in der Uni über sie stolpern, und sie per Post verschicken und empfangen. Die Seite setzt darauf, dass man die Bücher, die einem am Herzen liegen, teilen will, anstatt sie im Regal einstauben zu lassen.

 Was macht BookCrossing besonders?

BookCrossing verbindet auf kreative Art die Tracking-Möglichkeiten des Internets mit richtigen Büchern. Ziel ist es, die Welt in eine Bücherei zu verwandeln, wo auf Parkbänken, an Bahnhöfen oder in Cafés immer mal wieder ein Buch zu finden ist, das man lesen und dann weitergeben kann. Diese Welt-als-Bücherei bestände aber vor allem aus Zufallstreffern: die anderen Nutzer bestimmen, welche Bücher wo zur Verfügung stehen. Auch in einem größeren Umfang ist das Bookcrossing möglich: in Frankreich hat die Bahn (SNCF) ein BookCrossing-Experiment gemacht. In Zügen der TER Picardie wurden am 27. November 500 Bücher freigesetzt. Allerdings wurden bis jetzt nur 12 der 517 freigesetzten Bücher wieder auf bookcrossing.com eingetragen. Die anderen sind womöglich immernoch in den Zügen unterwegs.

Das BookCrossing begann in den USA. Bei der Idee lehnte sich der Gründer aus Kansas City an ähnliche tracking-sites wie „Where’s George?“, auf der man die Reise eines Ein-Dollar-Scheins verfolgen kann. Beim BookCrossing kommt aber zum Tracking die Freude am Lesen und Teilen von Büchern hinzu. Heute hat die Seite bereits zirka1,5 Millionen Nutzer.

Die Webseite erinnert ein bisschen an Seiten wie Couchsurfing und Mitfahrgelegenheit, aber der Kontakt läuft allein über die Bücher. Wie diese beiden Seiten ist beim BookCrossing der Hauptakteur die Netzgemeinschaft selbst, die die reale Welt durch die Möglichkeiten des Internets zum weltweiten „Dorf“ macht. Bei BookCrossing erhalte ich – wenn ich Glück habe einfach so, sonst auch per Post – direkt Bücher von Menschen, die die Liebe zum Buch mit mir teilen.

Die Welt als Bücherei Schnitzeljagd

Manche User wollen einem das Finden erleichtern (wenn zum Beispiel eine ganz bestimmte Bank angegeben wird), andere setzen eher auf den Zufall (wenn eine ganze Stadt als Freilassungsort angegeben wird). Gezielter – aber eben weniger spannend – ist die Anfrage per Post.

Noch ist die Welt keine Bücherei. Man kann sicher erfolgreich auf ein Buch stoßen, das von einem BookCrosser hinterlassen wurde. Ich erlebte es allerdings so, dass man gezielt nach den Büchern suchen muss und sie nicht unbedingt dort findet, wo sie freigelassen wurden. Ich hatte nicht das nötige Glück, und vielleicht auch nicht genügend Geduld. Im Brechtbau stöberte ich unter ausgestellten Flugblättern, in der Altstadt versuchte ich, möglichst unauffällig in geschmückten Tannenbäumen ein Buch zu entdecken; ich habe bestimmte Schaufenster in Tübingen sehr genau von innen und außen begutachtet, und ziemlich oft musste ich im Kreis gehen, um erneut gucken zu können – aber immer ging ich leer aus. Bei der aktiven Suche muss man schnell aber geduldig sein. Man kann sich natürlich auch das Buch nicht aussuchen – und man muss mehr Glück haben als ich bisher.

Als ich mein eigenes Buch freisetzte, saß ich kurze Zeit noch neben ihm auf der Bank und machte mich dann schnell aus dem Staub – mir sollte schließlich keiner nachrufen, ich hätte etwas vergessen…Wo es nun weiter hinwandert, werde ich über die nächsten Tage, Monate oder Jahre verfolgen können – je nachdem, wie erfolgreich es weitergegeben wird. Bislang werden nur 20-25% der Bücher, die in die „Wildnis“ freigesetzt werden, gefunden und wieder eingetragen. Nach der Freilassung ist es dem Zufall überlassen, ob und von wem es gefunden und weitergegeben wird. Ich warte trotzdem hoffnungsvoll auf eine Nachricht des Fundbüros.

 

 Fotos: Bücherstapel, flickr.com/pmagalheas (CC BY-NC-SA 2.0); Eingetütete Bücher, wikipedia.org/Johannes Kazah (CC BY-SA 3.0)

Der kleine Hobbit auf großer Reise

von Selina Juliana Sauskojus

Peter Jacksons erster Teil der Hobbit-Trilogie muss nach dem Erfolg des Herrn der Ringe erst einmal beweisen, dass er dem vorab zugeschriebenen Kultstatus standhalten kann. Das ganze mit mehr Technik, mehr Opulenz und – mehr Zwergen.

Hausfriedensbruch mit abenteuerlichen Folgen

Bilbo Beutlin (Martin Freeman) führt ein beschauliches Leben in seiner Hobbithöhle im Auenland. Bis zu dem Tag, an dem eine Horde Zwerge in sein geruhsames Heim eindringt, dieses verwüstet und dem kleinen Pfeifenraucher dann noch eröffnet, dass er nun zu einem Abenteuer aufzubrechen habe. Der frisch gekürte Meisterdieb, der so gar nicht auf Abenteuer aus ist, soll die dreizehn anwesenden Zwerge und den Zauberer Gandalf (Ian McKellen) begleiten, um den Einsamen Berg zurückzugewinnen.
Ehe Bilbo sich versieht, muss er sich mit Trollen, Orks und Goblins rumschlagen – und Gollum (Andy Serkis), einem alten Bekannten aus der Vorgänger-Trilogie.

Braucht man das wirklich?

Geplant war ursprünglich, dass sich Guillermo del Toro (Pans Labyrinth, Hellboy) in den Regiestuhl setzt. Doch aufgrund des ständigen Drehaufschubs räumte er den Posten und überließ das Feld Peter Jackson. Dieser kündigte an, es werde drei Teile geben.
Kritiker stellten im Vorfeld die Frage: braucht man wirklich drei Teile, um das doch sehr dünne Buch „Der Hobbit“ zu erzählen? Es roch nach Überambition, nach einem Film, der gedreht wurde um Geld zu machen. Doch Peter Jackson als größter aller Mittelerde-Fans nimmt die Vorlagen ernst und nutzt die knapp drei Stunden des ersten Films, um seine Fans mit allen technischen und erzählerischen Raffinessen zu begeistern.

Um seine Tolkien-Verfilmungen abzurunden, beschloss der gebürtige Neuseeländern den dritten Teil der Hobbit-Trilogie als Bindeglied zwischen dem Hobbit und dem Herrn der Ringe zu nutzen. So einfach wurde ihm dies aber nicht gemacht. Da es ihm aus rechtlichen Gründen nicht möglich war, den Stoff des Buches „Silmarillion“ zu nutzen, mussten die Drehbuchschreiber kreativ werden. Deutlich wird diese Gratwanderung, als Gandalf Bilbo von den fünf großen Zauberern erzählt. So nennt er sich selbst, Saruman und Radagast sowie zwei blaue Zauberer, deren Namen er anscheinend vergessen hat. Der Grund für Gandalfs Vergesslichkeit liegt hauptsächlich darin, dass die beiden blauen Zauberer im Silmarillion Erwähnung finden, nicht jedoch im Stoff, der für den Film freigegeben war. Ein dramaturgischer Stolperstein ist dies jedoch nicht, eher ein charmanter Seitenhieb auf jene, die die Rechte am Silmarillion nicht herausrücken wollten.

Eine kreative Leistung war ebenfalls die Einführung des Antagonisten Azog. Dieser nimmt in der Buchversion kaum Raum ein. Im Film sorgt die Figur, die nach einer Niederlage in einer Schlacht auf Rache an Zwergenfürst Thorin Eichenschild aus ist, für Spannung und den nötigen Drive. Zusätzlich beschert sie dem Zuschauer die opulentesten Schlachtszenen, die man je gesehen hat. Die Schlacht in Moria, eine Zwischensequenz, um den Konflikt zwischen den Kontrahenten zu erklären, wird zu einem visuellen Erlebnis.

Erstaunlich ist prinzipiell die Art und Weise, wie die Schlachtszenen choreografiert sind. Vor allem die Befreiung der Zwerge aus der Hand der Goblins im Nebelgebirge macht dem Zuschauer so viel Spaß, dass man sich gar nicht satt sehen kann. Da sitzt jeder Schritt, jeder Schwert- oder Axtschlag. All dies in einem epischen Szenario, dem Goblin-Reich, das auf der Leinwand, nicht zuletzt Dank der High Frame-Technik, unendlich weitläufig wirkt.

Überraschend sind auch ganz neue Szenen, wie der Rat zwischen Elrond (Hugo Weaving), Galadriel (Cate Blanchett), Saruman (Christopher Lee) und Gandalf, in denen die Sprache auf ein heraufziehendes Grauen kommt. Wer den Herrn der Ringe kennt, weiß, um welches Grauen es sich handelt. Es ist also nicht nur Fan-Schmeichelei, die Peter Jackson hier antreibt, sondern immer wieder das Verknüpfen der beiden Geschichten.

Neue Gesichter, alte Bekannte

Nicht minder genau wie die Regiefrage, wurde die Zusammenstellung des Castes betrachtet. Es gelang Jackson sowohl frische Gesichter zu gewinnen wie auch altbekannte. Martin Freeman (bekannt aus Per Anhalter durch die Galaxis) bekam die Rolle des Bilbo Beutlin. Diese füllt er so gut aus, dass einem immer wieder ganz warm ums Herz werden mag, wenn er sich mal wieder gegen die sturen Zwerge behauptet – oder es zumindest versucht. Die Rolle des schusseligen Helden liegt dem Engländer einfach, das hat er schon in vorigen Rollen bewiesen. Die Reise des Hobbits manifestiert sich auch in dessen Charakter: Zu Beginn ist es die Naivität, die ihn auszeichnet, gepaart mit allen anderen Charaktereigenschaften, die ein Hobbit so hat. Die hat er am Ende des ersten Teiles auch noch, hinzu kommt allerdings eine gewisse Ernsthaftigkeit. Freemans Spiel führt dem Zuschauer diese Entwicklung vor Augen, uns zwar eine sehr subtile und liebenswerte Weise.

Auch die Leistungen der Zwergendarsteller, insbesondere von Richard Armitage (Thorin Eichenschild) sind bemerkenswert. Das Ensemble harmoniert, das sieht man sofort. Und jeder Darsteller verleiht seiner Figur Charakter. Dies ist im Buch leider nicht wirklich gegeben. So überrascht auch, dass es auch Zwerge gibt, die nicht so wie Gimli aussehen: Da gibt es blonde Zwerge, Zwerge ohne Bart und ja, man will es kaum für möglich halten, auch attraktive Zwerge.

Und immer wieder lockt die Technik

Im Hobbit verwendet Peter Jackson erstmals die sogenannte „High Frame“-Technologie. Ist der Zuschauer vor allem an 24 Bilder pro Sekunde gewöhnt, muss er sich nun umstellen auf 48 Bilder. Dies ist Neuland, nicht nur für die Produktion, sondern auch für den Kinogänger. Die Bildabfolge ist doppelt so schnell, dadurch entstehen viel schärfere Bilder. Der Zuschauer erkennt die feinen Linien auf dem Pergament, jede Falte im Gesicht des älteren Bilbos. Als absolut realitätsnah wird die neue Technik angepriesen, aber hyperreal trifft es  wohl eher.

In einem Fantasy-Blockbuster macht die Verwendung der neuen Technik definitiv Sinn. High Frame und 3D erzeugen schlichtweg eine Opulenz, die der Zuschauer bisher nicht gesehen hat. Dass man dabei auch visuell mehr bekommt, als man gewohnt ist, ist dem gesamten Genre zuträglich. Fraglich ist aber, ob die Technik nur ein Genre revolutionieren kann oder das gesamte Kino. High Frame kann vermutlich ohne 3D kaum wirken. Abseits von Fantasy oder Science Fiction wird die Technik einen schweren Stand haben. Die Zukunft der Technologie wird in den Blockbustern liegen, nicht im Erzählkino. Das ist kein Fehler, sondern eine Bereicherung.

Fast wie nach Hause kommen

Nach Veröffentlichung wurden viele kritische Stimmen laut: Eine unerwartete Reise käme nicht an den Vorgänger heran. Es sei alles zu fantastisch, zu opulent, zu kalkuliert. Doch Peter Jackson gelang das Kunststück, Mittelerde treu zu bleiben, und sich doch nicht selbst zu kopieren. Natürlich kennt man die Figuren. Natürlich hat man viele Schauplätze schon gesehen. Und natürlich kommt Der Hobbit nicht ganz so ernst daher wie Der Herr der Ringe. Doch all das lädt dazu ein, diese Welt wieder- und neu zu entdecken. Die Zwergenschar um Bilbo ist nicht weniger gut als die Gefährten um Frodo. Sie ist anders und doch so ähnlich, dass man sie liebgewinnen muss. Die kleinen Verweise auf die Zukunft Mittelerdes – ein dunkler Schrecken, der sich langsam hereinbricht, ein Saruman, dem man jetzt schon nicht recht trauen mag und natürlich der Ring und dessen Vorbesitzer – da ruckelt man schon aufgeregt auf seinem Kinosessel hin und her und freut sich, dass man doch ein Teil des Ganzen sein darf. Am Ende bleibt einem da nur noch ein zufriedenes: Ja, Mister Jackson, dafür wurde Kino gemacht.

 

THE HOBBIT – AN UNEXPECTED JOURNEY, Neuseeland, Vereinigtes Königreich, USA 2012 – Regie: Peter Jackson. Buch: Fran Walsh, Philippa Boyens, Peter Jackson, Guillermo del Toro. Kamera: Andrew Lesnie. Mit: Martin Freeman, Ian McKellen, Richard Armitage, Andy Serkis. 169 Minuten.

Foto: flickr.com/erjkprunczyk (CC BY-NC-SA 2.0)

Babybuch für media-bubble.de

von der Redaktion

Vor anderthalb Jahren ist unser Blog media-bubble.de zur Welt gekommen. Unser gemeinsames Baby hat in dieser Zeit schon viel erlebt, und wie alle stolzen Eltern haben wir seine Entwicklung in einem virtuellen Babybuch festgehalten.

Viel Spaß!

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von Pascal Thiel

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Mediendozentur 2012: „Die erste große Affäre ist wie die erste große Liebe.“

von Pascal Thiel

Ein ereignisreiches Jahr geht zu Ende. media-bubble.de berichtete über Mediendebatten, die Wissenschaft rund um die Medien und direkt aus der Universität Tübingen. Ein Ereignis wurde zum goldenen Abschluss aufgehoben: Den Besuch des Enthüllungsjournalisten Hans Leyendecker im Rahmen der Tübinger Mediendozentur 2012.

Ein bekannter Gast

Es ist der 19. Juli. Im Festsaal der Universität Tübingen spricht der ehemalige Spiegel-Redakteur und momentane SZ-Journalist Hans Leyendecker im Rahmen der Mediendozentur des Instituts für Medienwissenschaft. Die jährliche Veranstaltungsreihe soll laut der Philosophischen Fakultät „den journalistischen Nachwuchs zu fördern und Brücken […] schlagen zwischen Praxis und Wissenschaft“. In den vergangenen Jahren begeisterten Gäste wie Frank Schirrmacher, Alice Schwarzer und Claus Kleber die Studenten. Im Jahr 2012 stand die Mediendozentur jedoch ganz im Zeichen des investigativen Journalismus.

Leyendecker, dessen Name eng mit der Flick-Affäre, der Drehbuch-Affäre und dem CDU-Parteispendenskandal in Verbindung steht, geriet im Frühjahr des (fast) vergangenen Jahres in die Schlagzeilen, weil er und zwei Kollegen von der Süddeutschen Zeitung sich weigerten, den Henry-Nannen-Preis entgegenzunehmen. Gemeinsam mit zwei BILD-Journalisten, die die Wulff-Affäre in Bewegung gesetzt hatten, sollten sie mit der wichtigsten Auszeichnung für deutschen Qualitätsjournalismus in der Kategorie „Investigativer Journalismus“ ausgezeichnet werden – das lehnte er als „absurd“ ab und bekräftigte es heute erneut.

Schwierige Zeiten für den Journalismus

An diesem Sommerabend jedoch möchte Leyendecker weniger über sich selbst, als über die Lage des Journalismus sprechen. Und der beginnt mit schlechten Nachrichten.

„Rocky Mountain News, gestorben am 27. Februar 2009.“ Zwei weitere große US-amerikanische Zeitungen folgen, die binnen der letzten zwei Jahre verschwanden. Ein erschreckendes Bild: Die US-amerikanische Zeitungsindustrie ringt mit dem Tode.

Seit 2007, so Leyendecker, sei der Umsatz der amerikanischen Zeitungen um fast 30 Prozent zurückgegangen. Wenn es so weiter gehe, gebe es in den USA im Jahr 2017 keine Zeitung mehr. Ein Schreckensszenario. Doch keineswegs sei das nur ein Problem der Vereinigten Staaten – auch in Deutschland nehme die Leserschaft der Zeitungen stetig ab. Doch es bestehe begründete Hoffnung, dass es mit der deutschen Zeitungsindustrie nicht so weit kommen werde. Beispielsweise befänden sich deutsche Zeitungen in privatem Besitz. Und seien nicht, wie viele amerikanische Zeitungen, börsennotierte Unternehmen.

Journalismus als Aufklärung

Aufklärung sei eines der wichtigsten Gebote des Journalismus, so Hans Leyendecker. Aufklärung sei Definition, klares und deutliches Erklären, das Klarmachen und Klarstellen.

Doch hier beginnen die Schwierigkeiten. Essentiell sei es, zwischen Aufklärung und Demaskierung, oder gar Rufmord, zu unterscheiden. Dass dies nicht immer eingehalten werde, habe man im Frühjahr 2012 gesehen, anhand eines Präsidenten, „der nicht aus seinen Fehlern lernte“. Gemeinsam mit einem Blatt für investigativen Journalismus geehrt zu werden, das diese Methoden als „Geschäftsmodell“ betreibe, sei für Leyendecker „absurd“. Zur Ablehnung des Henri-Nannen-Preises habe es „keine Alternative“ gegeben: Die Bild-Zeitung vollführe Nötigung, journalistische Schutzgelderpressung, verwende manipulative Techniken, drohe, ängstige, lüge und verbreite journalistischen Terror unter seinen „Opfern“.

Etwa im Falle des 2003 von der CIA wegen Terrorverdachts nach Afghanistan entführten Khaled al-Masri. Obwohl er später wieder frei kam, habe ihn die BILD ohne Beweise als „der irre Deutsche“ beschimpft.

Leyendecker sinniert. Warum formuliert man solch drastische Schlagzeilen? Er stellt klar: Journalismus dürfe kein Ventil sein, um Frust und Hass freien Lauf zu lassen. Investigativer Journalismus könne zwar verletzen, dürfe Menschen aber in keinem Fall ihrer Würde berauben.

Journalismus und der Skandal

„Die erste große Affäre ist wie die erste große Liebe.“

Der Journalismus produziert keine Skandale, er deckt sie auf. Doch wann ist ein Skandal wirklich ein Skandal? Kann man sie definieren? Ist der größte Skandal für den einen oft nur eine Bagatelle für einen anderen?

Im Boulevard scheine alles ein Skandal zu sein, das irgendwie von der „Norm“ abweicht. Doch Hans Leyendecker gibt zu bedenken: Boulevard-Skandale und Skandale, die eine gesellschaftliche Dimension erreichen, müssten unterschieden werden – auch wenn die Definitoren gleichsam die Medien seien.

Die Gefahr, die jedoch im digitalen Zeitalter bestehe, sei die ganz neue Dimension von Skandalen. Das Publikum wandele sich vom passiven „beobachtenden“ Rezipienten zum aktiven Akteur: Mithilfe des Internets könne jeder selbst effektiv skandalisieren. Dass nur „die Großen“ von Skandalen getroffen werden könnten, stelle sich langsam aber sicher als Illusion heraus. Jeder kann zum Skandal werden. Das bedeute gleichzeitig einen gewaltigen Einbruch in die Privatsphäre: Früher tat dies der Boulevard, heute könne es dank Internet jeder. Und: Das Internet vergesse nichts: alte Gerüchte und Kamellen könnten bequem und problemlos wieder aufgewärmt werden.

Investigativer Journalismus und „Internetfans“

Urheber „moderner Skandale“ würden oft als investigative Journalisten bezeichnet. Doch mit Blick auf Seiten wie etwa Wikileaks müsse man zwischen echten Journalisten und einigen „Internetfans“, so Leyendecker, unterscheiden. Im digitalen Zeitalter könne jeder ermitteln. Es brauche nur einen untreuen Mitarbeiter mit einem USB-Stick und einen Blogger.

Doch Leyendecker warnt vor unüberlegter Kritik. Kritik an Assange, dem „David der Neuzeit“, der sich gegen das große Amerika auflehne, werde schnell als Kritik am Medium Internet und an der Veröffentlichung geheimer Dokumente verstanden.

Doch im Gegenteil seien gerade diese Veröffentlichungen im Zuge der gesellschaftlichen Forderung nach Transparenz und nach Einsicht in die „black box“ des politischen Systems zu begrüßen. Problematisch sei dabei meist die nur niedrige journalistische Qualität dieser Veröffentlichungen, da sie nicht von professionellen Journalisten verfasst würden.

„Geschichten, die Wirkungen erzeugen“

Obwohl diese „Internetfans“ durchaus ihre Berechtigung im journalistischen Prozess haben, so folgert Leyendecker, könnten sie jedoch nicht per se als investigative Journalisten betrachtet werden. Denn an dessen Qualität kämen diese nur in seltensten Fällen heran. Investigativer Journalismus gebe nicht einfach wieder, sondern erkläre Zusammenhänge, gebe Hintergrundinformationen. Investigativer Journalismus müsse „Geschichten entdecken, die Wirkungen erzeugen“.

 

Bild: flickr/Das blaue Sofa (CC BY 2.0)