Blutbad deluxe – Django Unchained im Kino

von Lina Heitmann

Das Blut spritzt, das N-Wort fliegt – die Rachefantasie Django Unchained schockiert und unterhält. In deutschen Kinos läuft er heute an, Lina Heitmann ist aber extra mal nach Amerika geflogen, um Quentin Tarantinos neuen Film zu sehen.

Weiße erschießen und man wird dafür bezahlt, was gibt’s da nicht zu mögen?“

Der ehemalige Sklave Django (gespielt von Jamie Foxx) nimmt schon früh im Film eine ungewöhnliche Rolle ein. Nachdem er vom deutschen Kopfgeldjäger Dr. King Schultz (Christoph Waltz) gekauft wird, macht der ehemalige Zahnarzt Schultz ihn zu seinem Partner und schenkt ihm damit die Freiheit. In den Südstaaten Amerikas vor der Zeit des Brügerkieges wird Django Kopfgeldjäger, der Weiße für Geld erschießt. Auch er kann sein Glück kaum fassen.

Um Djangos Frau Broomhilda (Kerry Washington), genannt „Hildy“, aus der Sklaverei zu retten, gelangen Schultz und Django unter einem Vorwand auf die Plantage „Candyland“ von Calvin Candie (schön unsympathisch gespielt von Leonardo DiCaprio). Schultz gibt vor, Sklaven kaufen zu wollen, die sich als eine Art „Sport“ bis auf den Tod bekämpfen müssen. Diesen „Sport“ gab es in Wirklichkeit wohl nicht, er bietet sich aber als Metapher für die Schrecken der Sklaverei an. Vor allem mit der „Uncle Tom“-Figur Stephen (gespielt von Samuel L. Jackson), der Candie gegenüber teils unterwürfig, teils väterlich ist, kommt Django in Konflikt…

Gewalt, so weit der Tarantino reicht

So wie das N-Wort herumgeworfen wird, geht es kaum in erster Linie um historische Genauigkeit. Es scheint eher als will der Regisseur uns schockieren, wie er es mit Gewalt alleine kaum (noch) kann. Auch die Sklaverei wird nicht wirklichkeitsgetreu dargestellt. Anstatt sie auf Plantagen arbeitend zu zeigen, sehen wir die Sklaven, die nur am Rande gezeigt werden, eher auf Wiesen herumtollen (eine Sklavin schaukelt sogar, während eine andere ausgepeitscht wird). Django ist der Einzige, der sich gegen das System zur Wehr setzt. Sollte es uns stutzig machen, dass er dazu auch noch einen weißen Partner braucht?

Doch Tarantino will die Sklaverei nicht schönmachen. Im Gegenteil: Der Film ist moralisch ganz klar auf der Seite Djangos und gegen die Sklaverei. Die schreckliche Bestrafung von Sklaven, die versuchen zu entkommen, wird bis aufs Brutalste gezeigt. Auch wie Sklaven gepeitscht werden, zeigt der Film – ob sie für Versuche zu entkommen oder nur dafür, dass ein paar Eier zerbrochen sind, bestraft werden.

Quentin Tarantino spricht im Interview mit dem amerikanischen Radiosender National Public Radio von zwei Arten der Gewalt: zum einen gibt es die Gewalt der Sklaverei, die „tausendmal schlimmer“ gewesen sei als in seinem Film. Dann gibt es die Gewalt von Djangos Rache. Sie soll dem Publikum Spaß machen, so der Filmemacher. In vielen Kinos kam es tatsächlich zu spontanten Jubelausbrüchen bei Djangos übertrieben blutiger Rache. Auch wenn die Gewalt übertrieben ist, ist die moralische Welt des Films so schwarz-weiß aufgebaut, dass man auf jeden Fall Django anfeuert.

Die Frau Djangos, die als Zwangsprostituierte für die Mandingo-Kämpfer in Candyland benutzt wird, gibt den Impuls für die ganze Rettungsaktion. Aber ihr Charakter wird nicht besonders vertieft. Wir müssen sie aber auch nicht als tief gezeichnete Person kennenlernen, denn es geht hier nicht um sie: Djangos Rache ist eine Racheaktion an der Sklaverei als solche, an der Unterwerfung von Menschen – es geht nicht in erster Linie um die Liebesgeschichte. Ganz besonders der unterwürfige Stephen, der auch von sich aus andere Sklaven brutal bestraft, bekommt Djangos Rache zu spüren.

Das Blut spritzt und spritzt und spritzt

Vom Grundprinzip her – einer im Film ausgelebten Rachefantasie – ähnelt Django Unchained natürlich Inglourious Basterds. Anders als bei den Basterds ist die Erzählstruktur hier unkompliziert und ziemlich linear. Das macht den Film aber keinesfalls langweilig, weil man die Hauptpersonen Django und Schultz gerne auf ihrem Abenteuer begleitet.

Schon der Titel und der Vorspann zeigen die Anlehnung dieses Films an den Stil des Italo-Westerns. Der ursprüngliche Django, Franco Nero, der 1966 im Italo-Western gleichen Namens „Django“ spielte, taucht auch auf Candies Plantage auf. Ihm buchstabiert unser Django seinen Namen und erklärt: „das D ist stumm.“ Einerseits ist Django Unchained damit ein Film, der sich nicht zu ernst nimmt – die übertriebenen Blutspritzer verdeutlichen dies immer wieder. Andererseits nimmt der Film aber die Schrecken der Sklaverei sehr ernst.

 

 

 

Fotos: Dr. King Schultz (Christoph Waltz, l.) und Django (Jamie Foxx, r.) in Sony Pictures‘ DJANGO UNCHAINED. © 2012 Sony Pictures Releasing GmbH;

Calvin Candie (Leonardo DiCaprio) in Sony Pictures‘ DJANGO UNCHAINED. © 2012 Sony Pictures Releasing GmbH;

Jamie Foxx (Django) in Sony Pictures‘ DJANGO UNCHAINED. © 2012 Sony Pictures Releasing GmbH

 

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