Schafpelze statt Daunendecken

von Eva Meixner

Ein freies Leben führen, unter weitem Himmel schlafen und jeden Tag woanders sein – der Film „die Winternomaden“ von Manuel von Stürler zeigt, wie ein fast vergessener Beruf ein solches Leben in Mitten von Europa möglich macht. Der Film porträtiert zwei Menschen, die  als Schäfer und Schäferin für vier Monate mit ihren Schafen durch die Westschweiz ziehen, welche Anstrengungen und Wunder auf sie warten.

Reisevorbereitungen

Die letzten Vorbereitungen werden getroffen, die Esel werden mit Schaffellen und anderen lebensnotwendigen Dingen bepackt, die Leitschafe bekommen Glocken um den Hals. Pascale Eguisier und Carole Noblanc bereiten sich auf eine ungewöhnliche Reise vor. Mitten im Winter werden sie begleitet von 800 Schafen, vier Hütehunden und drei Packeseln durch die Westschweiz wandern, um für die Schafe die besten Futterplätze zu suchen. Den Straßenlärm noch im Nacken machen sie sich mit der riesigen Herde auf den Weg zu einem unkonventionellen und entbehrungsreichen Leben. Tag und Nacht werden sie in den nächsten vier Monaten draußen bei ihrer Herde verbringen, bei Wind und Wetter unter freiem Himmel schlafen und jeglichem Komfort den Rücken zuwenden.

Was hat diese beiden Menschen  veranlasst, ihre warmen, trockenen Wohnungen zu verlassen mit Schafen, Hunden und Eseln bedingungslos den Launen der Natur auszusetzen?

Unter freiem Himmel

Carole und Pascale ist der materialistische Komfort nicht genug. Sie haben Bequemlichkeit gegen ein hartes Leben eingetauscht – aus Liebe zu den Schafen und zur Natur. Sie ziehen von Futterplatz zu Futterplatz, laufen mit ihrer riesigen Herde auf Straßen entlang und durchqueren ganze Dörfer. Fünf Kilometer legen sie im Durschnitt pro Tag zurück, insgesamt werden sie auf ihrer Reise 600 Kilometer laufen. Nach einem Tag voll ununterbrochener Konzentration, kommen sie abends am Lagerfeuer endlich zur Ruhe. In einem Lager aus Planen und Schaffellen schlafen sie nachts an Waldrändern, Lichtungen oder auf freien Wiesen, mit nichts als Schnee um sich herum.

Intensive Vorbereitung

Regisseur Manuel von Stürler und sein kleines Team haben die beiden Schäfer auf ihrer Reise begleitet. Dabei ist ein Film entstanden, der ganz ohne falsche Romantik das Leben der Schäfer widerspiegelt. Von Stürler, der zuvor als Komponist und Musiker tätig war, entdeckte seine Faszination für Schafe und Schäfer, als eines Tages eine Schafherde durch seine Region zieht. Die Idee, seine Leidenschaft des Fotografierens und Filmes, mit seiner Faszination für die Winternomaden zu verbinden, lässt in ihm den Gedanken (die Idee) zu diesem Film reifen. In den zwei Jahren der Vorbereitung für den Film, nimmt von Stürler an einer kompletten Wanderung der Herde teil. Die beiden Schäfer von der Idee zu begeistern gestaltete sich anfangs nicht einfach, verrät von Stürler in einem Interview. Erst nachdem sie der Regisseur überzeugt hat, dass sein Projekt weit anspruchsvoller sein wird, als die zahlreichen Amateurvideos, die über die beiden existieren, willigen sie ein.

Schlicht und einfach überzeugend

Wie auch die Winternomaden selbst, kommt der Film ganz ohne jeglichen Komfort aus. Trotz, oder vielleicht auch gerade weil Manuel von Stürler Musiker ist, entschied er sich weitgehend gegen Filmmusik. Allein das Bellen der Hunde, das Glockengeläute der Leitschafe und das Rufen von Carole und Pascale genügten dem Regisseur zur Darstellung des Schäferlebens. Zwischen hektischem Glockengebimmel, wenn sich die Schafe auf ein Feld verlaufen haben, und ruhigem Feuerknistern, wenn die Tiere bereits schlafen, lässt sich das Leben in der Natur so natürlich wie möglich und ohne aufgesetztes Pathos nachvollziehen. Der Film lädt mit einer leisen, flüsternden Stimme dazu ein, die Winternomaden auf ihrer Reise zu begleiten.

Kein moralischer Appell

Im Gegensatz zu vielen anderen Dokumentarfilmen dieser Art, erhebt der Film keinen Anspruch daran, die Menschen zu mehr Umweltschutz zu bewegen, oder unseren materialistischen Lebensstil zu kritisieren. Mit ganz einfachen, ruhigen Mitteln zeigt er uns, was es bei uns in der Nachbarschaft gibt, von dem wir gar nichts wissen. Er weist uns auf einen anderen Lebensstil hin, zeigt wie diese beiden mit so wenig Komfort leben können, wie fundamental das Ganze ist. Gerade durch dieses diskrete „Daraufhinweisen“, werden Sehnsüchte geweckt; Sehnsüchte nach einem einfacheren, von aller Hektik und Oberflächlichkeit befreiten Leben. Carole und Pascale haben den Komfort der Zivilisation gegen Freiheit eingetauscht.

 

Die Winternomaden (hiver nomade), Deutschland, Schweiz, Österreich, 2012 – Regie: Manuel von Stürler. Buch: Claude Muret, Manuel von Stürler. Kamera/ Bildgestaltung: Camille Cottagnoud. Mit: Pascale Eguisier und Carole Noblanc. 90 Min.

 

Fotos: mm filmpresse

Der Zombie in uns: „Dawn of the Dead“

von Selina Juliana Sauskojus

Nach dem Zweiten Weltkrieg floriert die USA. Die Wirtschaft wächst kontinuierlich, in den 70er Jahren endet Vietnamkrieg, Hippies beginnen die Straßen zu bevölkern. Frieden liegt in der Luft. Doch der Feind versteckt sich nicht ungern in den eigenen Reihen. Und er tarnt sich meist sehr geschickt. Vornehmlich in Shopping Malls, Autohäusern und überall dort wo der glückliche Amerikaner sein Geld ausgeben kann. Die Versprechungen von Wohlstand und Glück, die die Industrie macht, scheinen den Bürger zum willenlosen Konsumenten gemacht zu haben. Diese Entwicklung verarbeitet George A. Romero im zweiten Teil seiner Zombietrilogie und verlegt die Handlung in ein Setting, welches das Herz konsumwütiger Menschen höher schlagen lässt: das Einkaufszentrum.

„When there’s no more room in hell, the dead will walk the earth

Dawn of the Dead setzt zeitlich kurze nach Romeros erstem Zombiefilm Night of the living Dead (1968) ein. Untote wandeln auf der Erde, auf der Suche nach Lebenden, die sie sich einverleiben können. Wer nur ein einziges Mal gebissen wird, verwandelt sich vom Lebenden in einen wandelnden Untoten. In einem Fernsehstudio in Philadelphia werden letzte Versuche unternommen die Öffentlichkeit mit Informationen über die Katastrophe zu versorgen. Doch auch hier greift das Chaos langsam aber sich um sich. Mitarbeiter des Senders, das Paar Stephen und die schwangere Fran, wollen angesichts der aussichtslosen Situation ihr Heil in der Flucht suchen. Mit einem Hubschrauber und zwei SWAT-Mitgliedern, Roger und Peter, machen sie sich auf die Suche nach einem sicheren Refugium. In den vollständig ausgeplünderten amerikanischen Landstrichen findet sich kein Treibstoff mehr. Notgedrungen landen die vier auf dem Dach einer Shopping Mall. Dort beschließen sie sich zu verschanzen. Die Gruppe richtet sich häuslich ein, indes sammeln sich mehr und mehr Untote um das Einkaufszentrum herum. Während die offensichtliche Gefahr vor den geschlossenen Toren umherwandelt, beginnt der subtilere Feind, die Gruppe allmählich zu zersetzen. Fasziniert und geblendet von den Möglichkeiten, die ein Einkaufscenter ihnen bietet, entfremden sich die Gruppenmitglieder voneinander und von sich selbst.

 Ein sicherer Hafen für Mensch und Zombie

Das Einkaufszentrum stellt in Dawn of the Dead nicht nur ein Setting dar. Mit dem Handlungsort überträgt Romero den wichtigsten Anlaufpunkt des modernen Menschen in ein Horrorszenario.

Die Gruppe wird angezogen vom Angebot, das ihr ein möglichst langes Überleben sichert. Selbiges gilt für die Untoten, die vom lebendigen Fleisch der Gruppenmitglieder angezogen werden.

Der Protagonist Stephen sieht jedoch andere Beweggründe für den Auflauf der Untoten: „It’s some kind of instinct. Memory… of what they used to do. This was an important place in their lives.“

Das Stichwort lautet Instinkt: Ein unbewusst gesteuerter, natürlicher Trieb, der jedem Menschen innewohnt. Ein derartiger Instinkt entsteht aber nicht, wenn man sich als Gelegenheitsshopper einmal pro Monat in die städtischen Einkaufsstraßen begibt. Ein Instinkt sichert das Überleben, schützt vor Gefahren. Der Drang Dinge zu besitzen, sie zu horten und zu verteidigen, ist tief im Menschen verwurzelt. Romero zeigt, wie zerstörerisch dieses triebhafte Verhalten letztlich sein kann.

Der Überfluss führt dazu, dass sich die Gruppe immer mehr zersetzt. Anstatt sich mit ihren unbestreitbar vorhandenen Problemen auseinanderzusetzen, verbringen die Überlebenden ihre Zeit damit Schlittschuh zu laufen, sich neu einzukleiden und Candlelight-Dinners zu veranstalten. Pläne weiterzuziehen werden alsbald verworfen, man habe ja schließlich alles was man brauche.

Der Wahnsinn um Konsum und Besitz gipfelt am Ende im Überfall einer plündernden Motorrad-Gang. Anstatt sich und seine überlebenden Freunde zu schützen, verteidigt Stephen „seine“ Mall. Peters Warnungen, die Gang sei nur an den Gütern, nicht aber an ihrem Leben interessiert, schlägt er in den Wind. Letztlich ist ihm der Besitz von Luxusgütern wichtiger geworden, als das Überleben der eigenen Familie und der Freunde.

Der passive Konsument

Als die Gruppe sich im Einkaufszentrum verschanzt, findet sie zunächst einige Zombies vor, die durch das Gebäude wandeln. In der Darstellung unterscheiden sie sich jedoch kaum von lebendigen Besuchern. Entrückte Blicke, ein schlendernder Gang – so sehen Shopper an einem Samstagmittag aus. Oder eben Untote, die sich auf der Suche nach Nahrung befinden.

Was sowohl die Zombies als auch die Überlebenden vereint, ist ihre Passivität. Sie alle geben sich dem Instinkt hin und werden am Ende zu lethargischen Kreaturen ohne bestimmtes Ziel.

Dass der Regisseur dies nicht nur als Problem weniger Menschen betrachtet, wird dadurch deutlich, dass aus Menschen jeder Bevölkerungsgruppe, jeder religiösen Gemeinschaft und jeden Alters letztlich zu Zombies mutieren. Der Hippie, die Nonne und auch der Erstklässler. Alle sind dem Konsum ausgesetzt und keiner kann ihm am Ende entgegentreten.

Fazit

In Deutschland landete Zombie, so der deutsche Filmtitel, zunächst auf dem Index. Die Gore-Elemente schienen etwaige gesellschaftskritische Aussagen vollkommen in den Hintergrund zu drängen. Dennoch vermag keine andere Verbildlichung als der passiv agierende, lethargische Zombie so genau zu illustrieren, was in Überflussgesellschaften vor sich geht. Den Spiegel hat uns Romero vorgehalten, verändern konnte er nichts. Letztlich bleibt ihm aber noch immer der Verdienst einer der Großen des Genres zu sein und den Horrorfilm salonfähig gemacht zu haben.

Fotos: Sceenshots „Dawn of the Dead“, Copyright: Laser Productions

 

Disney, der Filmtitan

von Julia Heitkamp

Wer Walt Disney hört, denkt an harmlose Zeichentrickfilme aus der Kindheit, die uns bis heute begeistern. Doch hinter der Walt Disney Company verbirgt sich heute weit mehr als nur das Zeichentrickstudio: Mit Walt Disney Studio Entertainment, der Disney-ABC Television Group, der Buena Vista Music Group und den Walt Disney Parks und Resorts gehört der Konzern heute zu den Größten der Welt. Der neuste Coup der Studios: Mit dem Kauf von George Lucas Lucasfilm im vergangenen Jahr sicherten sie sich die Rechte an Star Wars und kündigten für 2015 bereits eine Fortsetzung der Saga an. Nicht nur auf der großen Leinwand, auch am heimischen Bildschirm gibt es Neuerungen. Der Disney Konzern will ab Januar 2014 mit einem eigenen Free-TV Kanal das „Vierte Programm“ in Deutschland ersetzten.

Es begann wie im Märchen …

Die Brüder Walt und Roy Disney gründeten 1923 das Disney Brothers Cartoon Studio im Sunshine State Kalifornien. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Der erste Micky-Maus Cartoon wurde 1928 veröffentlicht. Nach dem Erfolg von Schneewittchen und den sieben Zwergen und Bambi während des zweiten Weltkrieges, gelang ihnen der Durchbruch in den Nachkriegsjahren. Es folgte eine wahre Flut an Zeichentrickfilmen wie Cinderella, Alice im Wunderland, Peter Pan, Dornröschen oder Das Dschungelbuch. Heute zählen viele der Meisterwerke zu Filmklassikern, die auch heute noch den Nachwuchs begeistern.

Möge die Macht mit ihnen sein

Seitdem gehört die Disney Company zu den Giganten der Unterhaltungsbranche. Erst im Oktober vergangen Jahres machte Disney Schlagzeilen mit dem Kauf von George Lucas Lucasfilm. Fans dürfen sich, ab 2015 alle zwei Jahre auf Fortsetzungen der berühmtesten Science-Fiction-Saga freuen. Disney traut sich das, was der Star Wars Schöpfer George Lucas niemals wagte: Die Verfilmung der Episoden Sieben bis Neun. Für den Dreh der Fortsetzungen hat Disney J. J. Abrams verpflichtet, der sich bereits mit Filmen wie Mission Impossible III einen Namen in der Branche machte. Dass der gleiche Regisseur ebenfalls für die neuen Star-Trek-Verflimungen verantwortlich ist, scheint den eigentlich verfeindeten Fans egal zu sein. Doch damit nicht genug: Um den Fans die Wartezeit zwischen den Filmen zu verkürzen, sollen weitere Spin-Offs produziert werden, die spezielle Charaktere der Reihe in den Mittelpunkt stellen. Und auch dafür hat sich Disney namhafte Unterstützung ins Boot geholt: Lawrence Kasdan und Simon Kinberg (Mr. & Mrs. Smithsollen an den Drehbüchern arbeiten. Mit diesem Projekt hat sich der Disney Konzern einiges vorgenommen.

Was ist denn alles Disney?

Die Übernahme von Lucasfilm ist nicht der erste große Streich der Disney Studios. Die Masse an Entertainmentstudios die zu dem Medienkonzern gehören, ist überwältigend. Zur Filmproduktion gehören neben Walt Disney Pictures, denen wir die berühmten Zeichentrickverfilmungen verdanken, auch noch Schwergewichte der Branche wie Touchstone Pictures (Flubber, Freaky Friday), seit 2006 die Pixar Animation Studios (Findet Nemo, Die Monster AG), die Disney Animation Studios (Küss den Frosch) und die Marvel Studios (X-Men, The Fantasic Four).

Neben Freizeitparks und einem Plattenlabel ist Disney´s zweites großes Standbein das Fernsehen. Die Disney-ABC Television Group besitzt amerikanische Sender wie ABC, aber auch die Hälfe der Anteile an dem deutschen Sender Super RTL . Doch Disney will sich weiter vergrößern und sich auf verschiedenen Märkten etablieren, so auch im Deutschen Free TV.

Disney ersetzt das Vierte

Wie Lars Wagner, der Geschäftsführer des neuen Disney-Senders, in verschiedenen Interviews berichtet, will man Disney mit dem neuen Free-TV-Sender eine neue Präsenz verschaffen und sicherte sich deshalb bereits im vergangenen Jahr die Rechte an dem „Vierten Programm“. Im Gegensatz zu Super RTL, das sich aus mehreren Quellen speist, setzt man bei dem neuen Sender ausschließlich auf Produktionen aus dem eigenen Haus. Es gehören nicht nur Kinder zum Zielpublikum des neuen Senders, zur Prime Time will man sich auch an das erwachsene Publikum wenden, die mit Filmen wie „Fluch der Karibik“ mit Johnny Depp umworben werden sollen. Von denen habe Disney nämlich auch eine Menge zu bieten, auch wenn sie oft in Vergessenheit geraten. Mit diesem Schachzug tritt der neue Disney Sender in direkte Konkurrenz zu Super RTL, die ihr Programm nach einer ähnlichen Strategie zusammenstellen. Zwar sei man laut Wagner mit der Arbeit von Super RTL nach wie vor zufrieden, doch Mediendienste wie kress.de vermuten, dass sich das zweigleisige Fahren auf lange Sicht nicht lohnen wird.

Was bleibt ist die Erkenntnis

Mit dem harmlosen Trickfilmproduzenten aus den Anfängen der Company hat der Konzern 2013 nichts mehr zu tun. Aus der Trickfilmproduktionsfirma ist ein riesiger Konzern geworden, der expandiert, wo er kann. Die Walt Disney Company gehört zu den 100 größten Unternehmen der Welt und mischt in fast allen Bereichen der Unterhaltungsbranche mit. Zwar können sich Fans von Disney, Star Wars und Co. über Nachrichten wie diese freuen, trotzdem geht der Aufkauf von kleineren Produktionsfirmen wie Lucasfilm durch Medienkonglomerate wie Disney zu Lasten der Vielfalt der Unterhaltungsindustrie.

 

Foto: flickr.com/Aziem Hassan (CC BY-NV-SA 2.0) und  ©2012 Disney•Pixar. All Rights Reserved.

Zwei Tage Rosa

von Stefanie Molitor

Ja, ich habe es getan! Wenn man die Chance hat, einen der erfolgreichsten und umstrittensten Dokumentarfilmer Deutschlands in einem Workshop zu treffen, sollte man sie nutzen. So erlebte ich das wohl ungewöhnlichste Interview-Training meines Lebens.

Eine E-Mail in meinem Postfach berichtet mir von dem außergewöhnlichen Angebot im Haus des Dokumentarfilms: Der Filmemacher Rosa von Praunheim leitet in Stuttgart eine zweitägige Meisterklasse zum Thema Interviewführung.

Sofort fange ich an, mein Gedächtnis aufzufrischen. Mit seinem Film „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ wurde der Filmemacher mit dem Faible für verrückte Hüte  1971 zum Pionier der Schwulen- und Lesbenbewegung in Deutschland. Rosa von Praunheim heißt mit bürgerlichem Namen Holger Bernhard Bruno Mischwitzky und ist selbst bekennender Schwuler. In einer RTL- Show outete er 1991 die Prominenten Alfred Biolek und Hape Kerkeling und sorgte so für einen handfesten Medienskandal. Seine Filmographie umfasst über 60 Werke. Zu seinem 70. Geburtstag im November 2012 drehte Rosa von Praunheim für jedes seiner Lebensjahre einen weiteren Film. 700 Minuten davon wurden im RBB ausgestrahlt. Keinem Dokumentarfilmer vor ihm wurde so viel Sendezeit zur Verfügung gestellt.

Ich gehöre definitiv nicht zu den extrovertiertesten Personen der Welt. Bei dem Gedanken, zwei Tage mit dem schrillen und unkonventionellen Rosa von Praunheim zu verbringen, wird mir mulmig. Ich klicke auf „Anmelden“, bevor ich es mir anders überlege.

Verliebt euch!

Der Dokumentarfilmer macht seinem Namen alle Ehre, als ich am Tag des Workshops um die Ecke des Eingangs biege. Hut und Hemd strahlen mir in grellem rosa entgegen, seine 70 Jahre sieht man ihm nicht an.

Der Workshop beginnt, noch bevor wir die Seminarräume betreten haben, denn eine Parkplatz suchende ältere Dame wird zum ersten unfreiwilligen Opfer des Interviewmeisters: „Wo wollen Sie hin? Zum Notar? Was machen Sie da? Haben Sie Geld? Haben Sie was zu vererben?“. Da ist er, der Praunheim‘sche Interviewstil: Direkt, eindringlich, ohne Berührungsängste, ohne Tabus.  Um das zu lernen, sind wir hier.

Rosa von Praunheim hat kurze Gedichte verfasst, die er an uns 22 Workshopteilnehmer verteilt – in fast jedem kommen Wörter wie Sex oder Penis vor. Die „Stoßrichtung“ der folgenden Interviews ist offensichtlich. Ein Eichhörnchen, das mit Nüssen wirft, bildet da keine Ausnahme. Nachdem der erste Workshopteilnehmer das Gedicht vorgetragen hat, steigt Rosa direkt ins Interview ein: „Schmeißt du auch manchmal mit Nüssen?“

Wir werden Zeuge, wie Rosa binnen weniger Minuten Knackpunkte in der Persönlichkeit entdeckt und seinen Gesprächspartner für sich öffnet. Drei Stunden Workshop und zehn Interviews später kenne ich zwar immer noch keinen einzigen Teilnehmer mit Namen, aber ich weiß, wer Angst vor dem Tod hat, welcher Typ Mann hoch im Kurs steht oder wie oft in der Woche Bettsport betrieben wird.

„Ihr müsst die Person, die ihr interviewt, lieben.“ Egal ob es eine unschuldige Oma oder ein kaltblütiger Neonazi ist. „Wenn ihr die Gesichter der Interviewpartner genau beobachtet, jedes kleine Detail wahrnehmt, werdet ihr euch verlieben.“ Und das glaubt man ihm sofort. Im Interview weckt seine ruhige Stimme Vertrauen, sein intensiver Augenkontakt vermittelt ehrliches Interesse.

Aber ist es wirklich notwendig, privateste Details an die Öffentlichkeit zu zerren? Rosas Meinung ist eindeutig: „Was uns interessiert, ist das Böse und Schmerz. Wenn ihr einen Film macht, seid ihr keine moralische Anstalt. Ihr müsst unmoralisch sein. Je schöner eine Geschichte, desto eher fehlen die Konflikte und damit auch das, was Menschen interessiert.“

Ankunft einer Königin

Nach der Mittagspause ziehen wir in den Garten um. Rosa von Praunheim probt mit uns die Ankunft einer Königin. Was es damit wirklich auf sich hat, verrät er nicht. Die ganze Szenerie wird immer absurder, als plötzlich auch noch das zweiköpfige Filmteam von Rosa von Praunheim auftaucht. Trotzdem jubeln und jammern wir auf Kommando, üben das Huldigen und Anhimmeln einer imaginären Adligen und spekulieren in die Kamera, wer diese Königin sein könnte. Ganz ehrlich? Ich habe selten eine abstrusere Situation erlebt und hoffe insgeheim, dass sich dahinter eine kluge Übungseinheit zum Thema „Wo liegt meine Schmerzgrenze?“ verbirgt. Als dann die Königin – übrigens eine ältere Dame mit Sonnenbrille und knalligem Nagellack –  nach einer gefühlten Ewigkeit tatsächlich doch noch auftaucht, ist die Vorfreude in der Gruppe dezenter Ungeduld gewichen. „Natürlich bin ich keine Königin, sondern die Besitzerin des „Kings Club“ in Stuttgart“. Aha … und dafür das ganze Theater? Ja. Die Inszenierung war ein spontaner Einfall Rosa von Praunheims. Für sein neues Portrait über Laura Halding Hoppenheit, die „Königin“ eines schwul-lesbischen Nachtclubs. Und wir waren seine Statisten.

Rollentausch

Nach diesem Happening beginnt der nächste Tag fast enttäuschend unspektakulär. In einem Sitzkreis sprechen wir über das Filmemachen, über Inszenierungen und Übungsaufgaben: Eine Straßenecke acht Stunden lang mit der Kamera zu beobachten, eine Szene aus neun unterschiedlichen Perspektiven zu drehen oder ein und denselben Film zehn Mal hintereinander anschauen, um immer wieder auf einen andern Aspekt der Gestaltung zu achten. Doch schon wenig später schlägt die Spontaneität Rosa von Praunheims wieder zu. Ich  finde mich im Partyspiel „Psychose“ wieder, bei dem es darum geht, die Einstellungen und Vorlieben der Menschen um mich herum einzuschätzen. Auch in der folgenden Improvisationsrunde, in der wir versuchen einen Spielfilm zu inszenieren, geht es um spontane Interaktion und um die Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen. Was es bedeutet, dabei gnadenlos direkt zu sein, führt uns Rosa von Praunheim in der nächsten Übung vor Augen. Platziert wie auf einem Präsentierteller sehen sich die drei männlichen Teilnehmer plötzlich mit 19 weiblichen Augenpaaren konfrontiert: Fleischbeschau. Frau soll zuordnen: Wer ist der unattraktivste Mann, wer der einfühlsamste Liebhaber und wer am ehesten ein Kinderschänder? Unbehagen macht sich auf beiden Seiten breit. Was soll das? Ist das einfach nur demütigend und verletzend? Oder etwa doch notwendig unmoralisch? Es sei nichts weiter als eine Umkehr der üblichen Rollenmuster. Rosa scheint sich sichtlich über unsere Gewissenskonflikte zu amüsieren. Die Minuten vergehen qualvoll langsam. Am Ende sind nicht nur die Männer erleichtert, dass mit dem Abschluss des Workshops auch diese Übung vorbei ist.

Noch bevor wir uns alle voneinander verabschiedet haben, ist Rosa von Praunheim schon wieder verschwunden – und der Workshop vorbei. Ja, ich habe etwas über die Kunst des Interviews gelernt. Ich habe viele Dinge getan, die ich eigentlich nie tun wollte: Ich habe mit fremden Menschen über private Themen gesprochen, die sie meiner Meinung nach eigentlich nichts angehen. Ich habe eine fiktive Königin angebetet und dafür jede Rationalität abgelegt und ich habe immer wieder meine eigenen Grenzen hinterfragt und getestet.

Ein Selbsterfahrungstrip getarnt als Interviewtraining. Öfter mal was Neues. Vielleicht sollte man sich Rosa von Praunheims Schlussworte also doch einmal zu Herzen nehmen: „Schönen Lebensabend noch! Es kann jederzeit vorbei sein – also macht das Beste draus.“

 

Fotos: Stefanie Monitor

Vorhang auf für Anna Karenina

von Marina Hänsel

Joe Wright haucht Lew Tolstois tragischer Liebesgeschichte neues Leben ein. Theater im Film war schon seit Lars von Triers Experimentalfilm Dogville (Dänemark, 2003) ein umstrittenes Thema – die einen nannten es Kunst, die anderen verschmähten es regelrecht in den Kinos. Wenn sich nun ein renommierter Regisseur wie Joe Wright auf den schmalen Grat zwischen realistischem Filmemachen und Theatralik wagt, dürfen wir gespannt sein. Bereits in Atonement (dt. Abbitte, 2001) bewies der Brite ein Feingefühl für offene Dramaturgie, parallele Handlungsstränge und vor allen Dingen Plansequenzen. Mit Anna Karenina präsentiert sich der engagierte Filmemacher in der selben Tradition – und vielleicht sogar einen Ticken besser.

„Soviel Herzen, Soviel Arten von Liebe.“

– Wie viel Wahrheit in den Worten von Lew Tolstoi steckt, offenbart sich in drei ineinander verflochtenen Liebes – und Leidensgeschichten der russischen Highsociety des 19. Jahrhunderts. Fürst Stepan Oblonski (Matthew MacFadyen) als untreuer Ehemann der liebenswerten Dolly (Kelly MacDonald) ist Dreh und Angelpunkt von gleich zwei weiteren Liebeleien: Zum einen dient er als Verbindungsmann zwischen Dollys jüngerer Schwester Kitty Schtscherbazkaja (Alicia Vikander) und dem freiheitsliebenden Gutsbesitzer Kostja Ljewin (Domhnall Gleeson), der sich nichts mehr wünscht als die Hand der heiratswilligen Dame. Diese ist jedoch geblendet von dem hübschen Graf Wronski (Aaron Taylor-Johnson), der ihr ebenfalls zugetan ist – zumindest solange, bis er in einem Zug auf Stepans Schwester trifft: Anna Karenina (Keira Knightley). Als gut situierte Ehefrau des allseits geachteten Staatsbeamten Alexej Karenin (Jude Law), führt Anna ein beschauliches, wenn auch etwas zurückgezogenes Leben. Erst die Begegnung mit Wronski offenbart ihr eine Welt, von der sie zuvor kaum zu träumen gewagt hatte. Gefangen im Netz der Intrigen des russischen Adels, den Fesseln ihrer Ehe und ihres Gewissens, entflammt einer leidenschaftliche Affäre zwischen den beiden. Doch das Glück ist nur von kurzer Dauer: Geblendet von ihrer Liebe, gesteht und verteidigt die junge Anna ihre Beziehung vor Alexej; will sogar eine Scheidung erwirken. Und während die Leute um sie herum zu tuscheln beginnen, verfällt die gefallene Frau dem Morphium und schließlich dem Wahnsinn. Wie ironisch präsentiert sich hier die eigentliche Tragik des Werkes: Der Zug, in welchem die unglückliche Affäre einst ihren Lauf nahm, zieht sich als Symbol durch den gesamten Film und erfasst die schöne Anna schließlich, als sie sich der Verzweiflung wegen vor die Lokomotive wirft.

Der Meister am Werk

Joe Wrights Anna Karenina erstrahlt mit ineinander gleitenden Bühnenbildern, opulenter Choreographie und virtuosen Plansequenzen – die anfängliche Materialität zwischen Theater und Film verschwimmt bald zu einer homogenen Symbiose: Die Bühne wird Realität; die Künstlichkeit der russischen Adelsgesellschaft wird bittere Wirklichkeit. Um den Schleier der Illusion erst zu erzeugen, bediente sich Wright einem gewagten Konzept: Er drehte tatsächlich einen Großteil der Szenen innerhalb eines alten Theaters im englischen Shepperton. Für die sinnbildlichen Zugfahrten und Panorama-Shots wurden eine Modelleisenbahn und Puppenhäuser verwendet. Einzig dem idealistischen Ljewin ist es erlaubt, die Bühne zu verlassen, womit sein authentischer und einfacher Charakter noch weiter aus der unwirklich anmutenden Adelsgesellschaft heraus gehoben wird. Es ist also kaum verwunderlich, dass ausschließlich ihm ein Happy End gegönnt wird: in Form der ersehnten Heirat mit Kitty.

Trotz Wermutstropfen gelungen

Nach den Hauptrollen in Joe Wrights Atonement und Pride & Prejudice (dt. Stolz und Vorurteil, 2005) ergatterte Keira Knightley neben Jude Law (Der talentierte Mr. Ripley, Sherlock Holmes) erneut das Zepter in Anna Karenina – eine der wenigen vom Regisseur tatsächlich vorgesehenen Besetzungen. Eigentlich sollten James McAvoy (Atonement, X- Men: First Class), Benedict Cumberbatch (Atonement, Gefährten) und Cate Blanchett (Wer ist Hanna?, Elizabeth) in der Literaturverfilmung glänzen. Alles Schauspieler, die bereits zuvor mit dem britischen Regisseur zusammen gearbeitet hatten. Sie lehnten jedoch ab. Obwohl diese Starbesetzung dem Film sicherlich eine interessante Note gegeben hätte, müssen sich die Zuschauer keineswegs ärgern: Auch mit der finalen Rollenverteilung beweist Joe Wright ein gutes Gespür für Charakter und Inszenierung.

Fazit

Joe Wright gelingt das Experiment des theatralischen Films. Anna Karenina zeugt erneut von dem Feingefühl und dem eifrigen Perfektionismus des britischen Filmemachers.

 

Anna Karenina, Vereinigtes Königreich/Frankreich 2012 – Regie: Joe Wright. Drehbuch: Tom Stoppard (nach der Romanvorlage von Lew Tolstoi). Produktion: u.a. Tim Bevan, Paul Webster. Musik: Dario Marianelli. Kamera: Seamus McGarvey. Kostüm: Jacqueline Durran. Mit: Keira Knightley, Aaron Taylor-Johnson, Jude Law, Matthew MacFadyen, Domhnall Gleeson, Alicia Vikander. Länge: 130 Minuten.

 

Fotos: © Focus Features

Film und Gesellschaft

von  Selina Juliana Sauskojus

Was haben Die Nacht der lebenden Toten, Inglorious Basterds und American Beauty gemeinsam? Es sind drei Filme aus drei unterschiedlichen Jahrzehnten, gedreht von drei Regisseuren, die ein und dasselbe Ziel verfolgen: der Gesellschaft den Spiegel vorhalten. Die Aufforderungen an das Publikum zur Selbstreflektion sind häufig subtiler, als man denkt. Mnachmal braucht es sogar einige Jahre, bis man die Aussage eines Werks in den gesellschaftlichen Kontext bringen kann.

Wünsche, Weltkriege, Wirtschaftswunder. Oder aber die Auseinandersetzung des Individuums mit sich selbst und der Gesellschaft, das Leben in einer immer schneller werdenden Welt, in der man sich kaum noch zurechtfindet. Dies sind Stoffe, mit denen sich Filmemacher seit der Entstehung des Mediums auseinandersetzen. Mal mehr, mal weniger offensichtlich. Wer käme schon auf den ersten Blick auf die Idee eine Horde Zombies, die sich vor einem Kaufhaus postieren, mit Menschen gleichzusetzen, die im wirtschaftlichen Aufschwung schwelgen?

Es sind aber nicht nur die greifbaren gesellschaftlichen Änderungen, die für diese Arbeit von Interesse sind, sondern auch abstrakte Änderungen im Menschenbild, die sich im Laufe des 20. Jahrhunderts herauskristallisiert haben. Die Nacht der lebenden Toten von George A. Romero beschäftigt sich mit der neu erwachten Konsumgesellschaft, Funny Games von Michael Haneke beleuchtet die Verrohung der Gesellschaft durch die explizite Darstellung von Gewalt im Film. Im Gegenzug dazu gab es andere Filme, die sich mit dem Menschen als Individuum auseinandergesetzt haben.  So zum Beispiel The United States of Leland von Matthew Ryan Hoge, der die existentialistische Weltauffassung des französischen Philosophen Albert Camus aufgreift und in die USA des 21. Jahrhunderts überträgt.

Umstritten und von der Kritik weitestgehend missverstanden ist der amerikanische Regisseur Terrence Malick. Der Ausnahmeregisseur steht im Ruf zu spirituell und zu moralisch sein. Sein Film The Tree of Life (2011) polarisierte wie kein anderer Film im Erscheinungsjahr. So sehr, dass oftmals das eigentlich wichtige außer Acht gelassen wurde: das filmische Werk so wie dessen Aussage und Ästhetik selbst.

Im Rahmen des Projektstudiums „Film und Gesellschaft“ sollen diese und fünf weitere Filme aus den letzten rund 70 Jahren rezensiert werden, vor allem in Hinblick auf deren kulturelle und gesellschaftliche Bedeutung. Dabei sollen Filme in den Kontext ihrer Zeit gesetzt und untersucht werden, wie eine gesellschaftliche Entwicklung zu einem gewissen Zeitpunkt wahrgenommen wird, wie sie letztlich vom Regisseur in einem Film verarbeitet wird und wie vor allem die zeitgenössische Kritik einen solchen Film auffasst und bewertet.

Die Serie zum Projektstudium wird immer donnerstags auf media-bubble.de erscheinen. Die Übersicht gibt es hier.


 Foto: flickr.com/Kenneth Lu (CC BY 2.0); Bearbeitung Sanja Döttling

Zwei Tage wach

von Sanja Döttling

Auf dem Trickfilmfestival werden nicht nur fertige Kurzfilme gezeigt, sondern auch noch welche gemacht. Bei der „Crazy Horse Session – 48 h Animation Jam“ hatten vier Animationsteams die Aufgabe, das kunterbunte Pferdchen in Szene zu setzen. Und das in nur zwei Tagen.

Pferd in Szene

Seit 2007 ist die „Crazy Horse Session“ Teil des Trickfilmfestivals. Die Aufgabe: Innerhalb von 48 Stunden einen Animationsfilm erstellen. Im siebten Jahr des Awards stellten sich vier Teams der Herausforderung. Der Wettbewerb ist ausgelegt für Animationsstudenten sowie junge Filmemacher unter 30. Den Teilnehmern ist Handlung und Arbeitsweise freigestellt. Was sie eint, ist das Festivalmaskottchen Trixi, ein kunterbuntes Pferd. Die Besetzung war, wie auch schon in den vergangenen Jahren, international. Dänemark, Polen, Spanien und Großbritannien traten an. Die Jury bestand aus den Gewinnern des Vorjahres. Der Preis ist das Flugticket zum nächsten Trickfilmfestival im Jahr 2014.

Spanische Preisträger

Am Ende konnte sich das spanische Team, bestehend aus Antonio Jesús Busto Algarin und Martin Martinez Garcia, den Preis sichern. Ihr Film „Trixies Curiosity“ ist ein farbenfroher Trickfilm. Sie studieren beide an der in Valencia bildende Kunst. „Der Studiengang ist sehr vielseitig“, sagt Busto. „Wir können belegen, worauf wir Lust haben: Film, Trickfilm, Skulptur, Architektur, Malerei und mehr.“

Busto verbrachte einige Zeit in Vancouver, Kanada. Dort traf er auf die Gewinner des letzten Jahres, die ihm vom dem Wettbewerb in Stuttgart erzählten. Daraufhin beschloss Busto, selbst an dem Wettbewerb teilzunehmen und holte Martin ins Boot. „Martin und ich haben schon einen anderen Kurzfilm zusammen gemacht, er trägt den Titel ‚The day I killed my best friend ‘“, erzählt Busto. „Das gemeinsame Arbeiten war cool, deshalb dachte ich, wir nehmen zusammen am Wettbewerb teil.“

Viel Zeit

Zwei Tage, um einen technisch immer aufwendigen Trickfilm zu drehen. Mal ehrlich – haben Busto und Martin wirklich alles in dieser Zeit gemacht? Noch nicht einmal davor an der Idee gearbeitet? Busto sagt: „Wir haben wirklich alles an diesen zwei Tagen gemacht. Wir haben die Idee auch nicht davor entwickelt, das wäre ja unfair gewesen.“ Bei dem Song zum Film haben sie auf private Kontakte zurückgegriffen: Bustos Bruder hat ihn eingespielt, und zwar auch innerhalb der Wettbewerbszeit. „Nur eben zuhause in Spanien“, ergänzt Busto.

Der Wettbewerb war natürlich eine Herausforderung. Busto erklärt die Schwierigkeit: „Wir mussten herausfinden, was überhaupt in 48 Stunden möglich ist. Dafür griffen wir natürlich auf Techniken zurück, die wir kennen und mögen.“ Zu den verwendeten Tools gehörten Programme von Adobe, wie After Effects und Photoshop – zusätzlich arbeiteten sie mit dem teuren Programm Tuon Boom Animaton. Busto ergänzt: „Außerdem muss man sehr ökonomisch arbeiten, was uns ganz gut gelang, weil wir schon zusammen gearbeitet haben.“ Busto und Martin erzählen, dass sie sogar schneller waren als nach der ersten Planung gedacht. Sie haben täglich drei Stunden Schlaf bekommen und wirkten so am Sonntag bei der Preisverleihung ziemlich fit. Busto resümiert: „Der Wettbewerb war eine wirklich gute Erfahrung. Es war eine Freude, ganz ungestört arbeiten zu können, während wir mit freien Getränken und so versorgt wurden, wie bei Mama. Wir konnten uns wirklich ganz aufs animieren konzentrieren.“

Die Teilnehmer des Wettbewerbs saßen zusammen im Jugendhaus Mitte. Obwohl alle auf den Gewinn aus waren, stand für Busto die Gemeinschaft im Vordergrund. „Es ist schön, eine solche Erfahrung teilen zu können“, sagt er. Die beiden werden nächstes Jahr als Jury des Wettbewerbs wieder nach Stuttgart kommen – und diesmal vielleicht ein bisschen mehr Schlaf bekommen.

Auf der Seite des Festivals lassen sich die Videos des letzten Jahres anschauen, mehr von Martin Martinez Garcia gibt es auf dieser Seite, Bustos Werke sind hier zu finden.

 

Foto: Internationales Trickfilm-Festival Stuttgart; Sanja Döttling

Pixelspielsplatz im Regen

von Miriam Gerstenlauer

Es gab viel zu sehen auf dem ITFS, die besten Trickfilme und unsere ganz persönlichen Eindrücke haben wir euch bereits vorgestellt. Doch dieses Jahr gab es noch einen anderen Ort, an dem man bunte Figuren bestaunen konnte. Außerhalb der warmen, trockenen Kinosäle war die Gamezone aufgebaut. Ein Zelt draußen im Regen, zwischen dem Kinderzelt und der Frittenbude, in dem man selbst zu Regisseur werden konnte, der Held seiner eigenen Geschichte sein durfte und einem neue Spiele für den Pausenhof gezeigt wurden. „Videospiele sind Kunst“, davon sind die Game-Designer, denen das Zelt im Regen gehört, überzeugt.

Mit den Sims zum Nachwuchsregisseur

Du wolltest schon immer einen Animationsfilm machen? Kannst aber weder gut malen noch zeichnen, geschweige denn am Computer Figuren animieren? In der Gamezone werden Sie geholfen.
Zum Beispiel beim Machinima-Workshop. Machinimas, das sind kleine Filme, die mithilfe von Computerspielen erstellt wurden, mal witzig, mal tiefgründig, ohne dass man großen Aufwand betreiben muss (mehr).
Die Kinder, die hier mitmachen, werden an die Medienproduktion herangebracht, und ihnen werden Kompetenzen vermittelt, die über das übliche „Internet aufmachen und surfen“ hinausgehen. Ihnen dient für diese Aufgabe Die Sims 3, eines der beliebtesten Simulationsspiele der Welt. Die Nachwuchsregisseure werden in die Grundlagen von Kameraführung, Schnitt und Drehbuch eingeführt. Dabei setzen sie sich kreativ mit dem Medium Videospiel auseinander, denn anders als beim normalen Spielen, muss man hier auf einiges mehr achten.

Organisiert wird dieser Workshop von der Initiative Creative Gaming. Sie setzen sich für eine kritische sowie kreative Auseinandersetzung mit Videospielen ein, als Verbindung aus Medienkunst und Medienpädagogik. Sie sind der Meinung, dass Spiele zum Menschen gehören wie sein täglich Brot und dass Games nicht nur aus Gewalt und Blut bestehen, sondern ein bunter Sandkasten ungeahnter Möglichkeiten sind.

Held per Mausklick

Auf der anderen Seite des Zeltes wird währenddessen tatsächlich gespielt und geknobelt und sich das Hirn zermartert, von Groß und Klein. Keine Ballerspiele und kein Sims laufen hier, sondern Indie-Games. Spiele, die von unabhängigen Entwicklern gemacht wurden, die also nicht den strengen Vorgaben und Einschränkungen eines Publishers unterliegen.

Ein Beispiel ist Machinarium, in dem man einen kleinen Roboter spielt, der seine Körperteile ausstrecken und wieder einfahren kann. Ein anderes das Spiel Botanicula, in dem die Baumbewohner mit unterschiedlichen Fähigkeiten ihren Baum vor Parasiten beschützen. Beides sind sogenannte Point-and-Click Adventures, in denen es meistens darum geht, Rätsel zu lösen. Diese Rätsel sind manchmal gar nicht so leicht, an manchen Stellen scheitern einige. An anderen Stellen rauft sich ein Erwachsener die Haare, bei der ein kleiner Junge zuvor keine Schwierigkeiten hatte.

Abenteuerliches Geklicke

Solche Point-and-Click Adventures sind zur Zeit sehr beliebt. Nachdem dieses Jahr das Entwicklerstudio von LucasArts (Monkey Island, Sam and Max, Day oft the Tentacle) geschlossen wurde, ruhen nun die Hoffnungen auf Daedalic Entertainment, die sich mit Edna bricht aus und der Deponia-Reihe in der Adventure-Szene einen Namen gemacht haben. Chaos auf Deponia, der zweite Teil der Serie, gewann vor einigen Wochen sogar den Deutschen Computerspielpreis als bestes deutsches Spiel. Ein Spaß für die ganze Familie und ein sehr dankbares Adventure, dem man gerne den mit 385.000 Euro dotierten Preis überreicht.

Videospiele sind Kunst, davon sind Matthias, Kevin und Jana, die jungen Spieleentwickler in der Gamezone, überzeugt. Man muss sich nur mit ihnen auseinandersetzen, sehen, dass sie mehr sind als sie auf den ersten Blick scheinen. Damit das auch gelingt, machen sie weiter Events, bringen den Menschen Spiele näher, machen Workshops in Schulen. Und wenn sie dürfen, bauen sie auch nächstes Jahr wieder ihr Zelt auf dem ITFS auf, ihren kleinen Pixelspielplatz, dann hoffentlich aber ohne Regen.

 

Fotos: Internationales Trickfilm-Festival Stuttgart

Trickfilmfestival privat

von der Redaktion

Vier Redakteure aus der media-bubble.de Redaktion waren auf dem Trickfilmfestival dabei. Sechs Tage und unzählige Kurzfilme später berichten sie, was ihre persönlichen Highlights und Tiefpunkte waren.

„Müsste man das Trickfilmfestival in einem Wort beschreiben, so wäre dieses wohl: vielseitig. Das gilt nicht nur für das immer größer werdende Angebot der Veranstaltungen, sondern auch für die eingereichten Filme. Von Stop-Motion zu modernster 3D-Animation, von Bleistiftzeichungen bis hin zu Knet-Figuren war wirklich jede erdenkliche Art vertreten, Trickfilme zu machen. Auch in den einzelnen Filmschauen wechselten sich Filme ab, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Kunst meets Spongebob Schwammkopf (eine Folge wurde tatsächlich in einem Panel „Best of Animation“ gezeigt). Mein persönlicher Favorit war dabei „Oh Sheep“, ein wunderschön gestalteter und netter Film über zwei Schafherden, die alle Hürden überwinden, um zusammen zu sein. Bildgewaltig war der Film „Gloria Victoria“, der die Propaganda der UdSSR ironisch un in 3D in Szene setzte. Ein weiterer gelungender zeigt, dass Trickfilm mehr leisten kann als jeder „normale“ Film: „Virtuos Virtuell“ übersetzt eine Kompsition von Louis Spohr in Bilder und macht Musik sichtbar.

Mein einziger Wehmutstropfen auf den Festival ergibt sich aus dessen schnellen Wachstums: So war der Saal bei Eröffnungs- wie Schlussgala überfüllt und einige Besucher mussten stehen. Bei beachtlichen 80.000 Besuchern zwar kein Wunder aber dennoch ärgerlich. Hin und wieder wurde auch die Technik oder die englische Sprache, auf der das Festival abgehalten wurde, zum Stolperstein.“ – von Sanja Döttling

 

 

„Das Trickfilmfestival in Stuttgart ist vorbei. Das bedeutet eine Woche voll mit teilweise verdammt guten Trickfilmen und einigen interessanten Vorträgen.

Natürlich, es war nicht alles perfekt. Dass das Wetter nach der Hälfte des Festivals nicht mehr mitspielte war zu verschmerzen, man verbrachte schließlich den Löwenanteil der Zeit in trockenen Kinosälen. Manchmal war der Ton der Filme schlecht eingepegelt. Einmal lief ein französischer Film im Hauptwettbewerb ohne englische Untertitel (was schade war, denn das, was ich mit meinen bescheidenen Französischkenntnissen von dem Film verstanden habe, war gut). Zuletzt kamen wir dann nicht zur Preisverleihung.

Doch das ITFS war alles in allem ein voller Erfolg mit einer fantastischen Bandbreite an animierten Kurzfilmen aus aller Welt. Auch meine persönlichen Highlights waren entsprechend vielseitig. Zum ersten wäre da The Night of the Loving Dead, eine britische Horror-Liebesgeschichte im Silhouettenstil. Der schwarzhumorige Film von Anna Humphries um liebestolle Zombies mit Tim-Burton-Ästhetik lief im Wettbewerb der Young Animations. Ebenfalls in dieser Sparte lief One Day, die Geschichte eines jungen Mannes, dessen Haus jeden Morgen an einer anderen Stelle steht. Zuletzt bleibt für mich noch Oh Sheep! zu nennen. Eine herrliche blutige Geschichte von zwei Schäfern und ihren Schafherden. Eigentlicher Höhepunkt des Festivals waren allerdings jedes Mal die Trailer aus der Reihe Rollin‘ Safari. Egal wie oft ich diese 30-sekünder ansah, sie brachten mich immer wieder zum schmunzeln.“ – von Marius Lang

 

 

„Mein Highlight des ITFS war gleichzeitig mein persönlicher Tiefpunkt. So verstörend wie faszinierend fand ich die Kurzfilme von Atsushi Wada. Sieben an der Zahl, mit wunderbaren Namen wie „Day of Nose“ oder „Well, that’s glasses“.

Warum faszinierend? Nachdem man die Filme gesehen hat, weiß man genauso viel mit ihnen anzufangen wie davor. Warum verstörend? Das Verständnis für künstlerische Darstellung kann sich kulturell sehr unterscheiden. Ich hoffe jedenfalls, dass es an der mir fremden japanischen Kultur liegt. Wenn nicht bin ich wohl einfach Kunstbanause.

Aber ob Kunstbanause oder Connaisseur, auf dem ITFS 2013 war für jeden etwas dabei: Von Biene Maja bis The Walking Dead, von Lotte Reiniger bis David Silverman war jede Alters- und Interessengruppe vertreten. Da konnte selbst das miserable Wetter den Besuchern nicht die Freude an den bunten Figuren vermiesen. Meine Wünsche für nächstes Jahr: Besseres Wetter, motivierte Moderatoren, die bestenfalls auch noch Englisch können. Und ein Dolmetscher für Atsushi Wada, damit ich endlich verstehe, was das mit diesen Nasen auf sich hat.“ – von Miriam Gerstenlauer

 

Ein bisschen kam es einem vor, als wäre mitten in Stuttgart für ein paar Tage eine Insel für Filmfetischisten aus dem Boden gewachsen. Deshalb ist mein größtes Highlight der vergangenen Woche nicht unbedingt ein einzelner Film, sondern die ganze Atmosphäre des Festivals. Das ITFS ist nicht die Berlinale oder eine Oscarverleihung. Dennoch scheint Filmpreisverleihungen immer zumindest ein Hauch dieses Glamours anzuhaften – auch wenn er hier in mit einem nicht ganz so schicken  Publikum vollgepressten Kinosälen vor sich hin glitzern musste.

Besonders gefreut habe ich mich über zwei ganz alte Schinken, von denen tatsächlich schon jeglicher Glitzer abgefallen ist – Next (1989) und Gilbert & Sullivan: The Very Models (1998) von Barry Pures. Den langsam verblassenden Filmen, die nach Angaben von Purves noch auf den Millionär warteten, der bereit wäre, in ihre Restaurierung zu investieren, haftet ein ganz eigener nostalgischer Charme an. Und die schlechte Qualität des Filmmaterials versteckt schließlich nicht, dass diese Filme auch heute noch toll sind. Ich hoffe jedenfalls, dass der Millionär doch kommen möge, damit Shakespeare in Puppenform auch in zwanzig Jahren noch in den von ihm selbst geschaffenen Rollen begeistern kann und die britischen Opernschreiber Gilbert und Sullivan sich dann noch immer kloppen werden und ihren Produzenten in den Wahnsinn treiben.

Manche anderen Begegnungen mit den Festivalfilmen waren dann zugegebenermaßen eher schräg als glamourös. Figuren mit Händen als Köpfen, die in monotonen Rhythmen Fenster putzen, Figuren, die von Hautporen eingesaugt werden und andere, die in einem Brunnen auf und ab fliegen, während im Vordergrund eine Krankenschwester Ballett tanzt. Aber selbst diese Begegnungen bieten, wie man hier sieht, am Ende Gesprächsstoff und sind immerhin in der Erinnerung haften geblieben – auch wenn ich an der Entschlüsselung wohl noch arbeiten muss. – von Sandra Fuhrmann

 

 

Junge Animateure

von Marius Lang

Ein wanderndes Haus, liebestolle Zombies, betrunkene Puppen in einer Hommage an Manet. Die Filme, die im Wettbewerb Young Animation des diesjährigen Internationalen Trickfilmfestivals in Stuttgart liefen, waren oft ungewöhnlich. Fantastisch, urkomisch, todtraurig und manchmal verwirrend.

Das ITFS würdigte auch in diesem Jahr die Werke junger Filmtalente und Studenten von Film- und Kunsthochschulen weltweit im Wettbewerb Young Animation.

Hier zeigte sich, dass man auch die Werke jüngerer Filmemacher beileibe nicht unterschätzen sollte. Dem Gewinner winkte der Preis von  2.500 €, gestiftet von der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg und der MFG Filmförderung Baden-Württemberg, gewinnen. Die dreiköpfige Jury, die die schwere Entscheidung zu fällen hatte, war dabei international besetzt. Die Jury bestand aus Solomon Maramba aus Ghana und Annegret Richter aus Deutschland. Das letzte Mitglied war Atsushi Wada aus Japan, der selbst mit einem Film im Hauptwettbewerb an den Start gegangen war.

Es fällt schwer, unter den zahlreichen Bewerbern den einen auszumachen, der als Sieger dient. Jede erdenkliche Form des Animationsfilms war vertreten, vom simplen Zeichtrick, über Puppenanimation bis hin zu technisch beeindruckenden 3D-Computer-Animationsfilmen. Und auch die Genres waren weit gefächert. So gab es humorvolle Filme, beispielsweise der französische Film A la Francaise, in dem Hühner die Rollen der Aristokraten am Hofe Versailles einahmen. Oder der israelische Film Happily Ever After, ein 3D-Animationsfilm, der die Panik eines jungen Mannes vor einem Leben mit seiner Partnerin bebildert oder der Silhouettenanimationsfilm á la Lotte Reiniger Night of the Loving Dead, eine britische Horrorkomödie um liebestolle Zombies.

Andere Filme wussten zu unterhalten, regten dabei aber auch verstärkt zum Nachdenken an. Etwa One Day, ein französischer Film. Es geht um ein Haus, das nachts um die Welt wandert und seinen Bewohner nicht zur Ruhe kommen lässt. Oder auch die russische Produktion My Strange Grandfather, eine Geschichte von der Beziehung eines jungen Mädchens mit ihrem bizarren, aber kreativen Großvater. Außerdem gab es Dokumentationen wie etwa den deutschen Film Abdullah von Jakob Besuch, in dem der titelgebende Abdullah von seiner Jugend im Drogenmilieu berichtet.

Zuletzt gab es natürlich noch all jene Werke, die so manchem Zuschauer eher bizarr vorkommen würden, weil sie künstlerischen Anspruch über Verständlichkeit stellten.

Die Jury entschied sich schließlich dafür, einen solchen, mehr der Kunst wegen geschaffenen Film auzuzeichnen: Eine Murul (Breakfast on the Grass) von 2011.  Es ist eine Gemeinschaftsproduktion von Erik Alunurm, Mari Pakkas, Mari Liis Rebane und Mihkel Reha aus Estland. Der Puppentrickfilm handelt von betrunkenen Gestalten, die zu den Klängen von Ravels Boléro durch einen Park wanken und in der letzten Einstellung Édouard Manets Gemälde Le Dejéjeuner sur l’herbe von 1863 bilden. Für manch einen, der die Filme miterlebte, mag diese Entscheidung nicht vollständig einleuchtend sein. Am besten man liest sich die erhellende Begründung der Jury durch:

Die Menschen bewegen sich komisch und wackeln, fallen um, stehen wieder auf und fallen wieder. Unvorhersehbare Bewegungen der Körper und eine irritierende Kameraperspektive fordern das Publikum heraus. Aber er Film hält sich an keine Regeln, sondern folgt in seiner seiner künstlerischen Gestaltung, der Animation, der Puppen und der Musik einem ungeschliffen und wenig perfekt Konzept. Vielen Dank für diese großartige Hommage an Priit Pärn und Èdouard Manet.

Fotos: Internationales Trickfilm Festival Stuttgart