Twitter und Co.: Zensur mit Hintertür?
Es scheint die Ära einer neuen Zensurstruktur angebrochen zu sein, die einem Spagat gleicht. Twitter macht den ersten Schritt, der Google-Dienst Blogger folgt. Droht eine Welt der Beschränkungen?
Es scheint die Ära einer neuen Zensurstruktur angebrochen zu sein, die einem Spagat gleicht. Twitter macht den ersten Schritt, der Google-Dienst Blogger folgt. Droht eine Welt der Beschränkungen?
von Alexander Karl
Die Traumfabrik produziert weiterhin Erfolge: So spielten US-Filme im Jahr 2010 insgesamt 23,6 Milliarden Dollar ein, auch dank der neuen 3D-Technologie. Mit verantwortlich dafür sind auch die Sequels, die vor allem im Jahr 2011 wieder viele Fans in die Kinos lockten: Der letzte Teil der Harry Potter–Saga zog fast 6,5 Millionen Deutsche ins Kino, andere Fortsetzung von Twilight über Hangover bis Fluch der Karibik waren ebenfalls Zuschauermagneten. Doch die Zahl derer, die diese Filme auch außerhalb des Kinos gesehen haben, liegt wohl deutlich höher – dem Internet sei Dank. Mit Streaming-Portalen wird das Bett zum bequemen Kinosessel, ohne Werbung und natürlich ohne Kosten. Und daran ist Hollywood größtenteils selbst schuld.
Die Filmindustrie hat das Internet verschlafen. Zwar nutzt sie es, um den Kinofan mit Werbung zu bombardieren und Trailer auf YouTube zu stellen, doch ein richtiges Filmangebot gibt es nicht. Stattdessen erinnert die Verwertungskette der Filmindustrie an eine Zeit vor dem Internet: Wenn man kein Kinoticket kaufen wollte, musste man warten, bis der Film im Fernsehen lief oder ihn auf Video kaufen. Heute steht – meist noch am Tag der Veröffentlichung – der Film schon längst auf diversen Plattformen online.
Ein Beispiel: Der aktuelle Filmhit Ziemlich beste Freunde erscheint erst am 7. September 2012 auf DVD. Das ist in sieben Monaten. Bis dahin wird der Film millionenfach online – und umsonst – angesehen werden.
Die Unterhaltungsindustrie versucht nun mittels SOPA und Co. die Online-Piraterie einzuschränken. Dabei wäre der sinnvollere Weg, endlich Filme legal online zur Verfügung zu stellen. Wie das gehen kann, zeigt ein Blick auf die Musikbranche: Die Tauschbörsen wurden als Grund für den Niedergang der Musikindustrie angesehen und wären es schlussendlich wohl auch geworden, hätte sich Apple nicht ein Herz gefasst und mit iTunes allen Usern die Möglichkeit gegeben, Musik legal und einfach herunterladen zu können. Denn ohne Zweifel gibt es im Netz eine Gratiskultur, doch wie die Musikindustrie erkannt hat, sind User bereit, Geld für (guten) Conent zu bezahlen – man muss ihn nur anbieten.
Wie einst die Musiktauschbörsen sind die Streaming und Downloadportale nicht das Grundübel der Unterhaltungsindustrie, sondern die Symptome für die verpassten Chancen. Würde es die Möglichkeit geben, aktuelle Kinofilme auch online zu schauen, würden viele User dafür auch Geld ausgeben – daran besteht kein Zweifel. Und jene, die immer noch einen physischen Gegenstand haben wollen, werden auch Geld dafür ausgeben. Dies sieht auch Andreas Busche, Autor des Freitag, so: „Diejenigen, die es immer noch vorziehen, ein fertiges Produkt in den Händen zu halten, wird auch dies nicht abschrecken, viele von ihnen übrigens auch nicht, nachdem sie den Film bereits illegal aus dem Netz gezogen haben.“
Selbst der sonst so innovative Online-Shop Amazon setzt mit Lovefilm.de auf eine ziemlich altertümliche Variante: So können Filme physisch – also als DVD oder Blu-ray – ausgeliehen werden, die dann mit der Post hin- und hergeschickt werden. Der Video on Demand-Bereich ist noch ziemlich klein, zu finden sind hier natürlich keine aktuellen Kinofilme, sondern solche, die bereits auf DVD erschienen sind. Wahrscheinlich würde Amazon das gerne anders haben – für mehr Umsatz würde es definitiv sorgen.
Also: Muss erst wieder Apple mit seiner Interpretation des Fernsehens an die Türen der Film- und Serienmacher rütteln um die Revolution voranzutreiben? Immerhin: Bei Serien entwickelt sich langsam aber sicher ein Verständnis für die Online-Kultur. Die deutschen Erfolgsserie Danni Lowinski kann man sofort nach der TV-Ausstrahlung online schauen, die US-Serie Sons of Anarchy lief legal bei MyVideo, bevor sie im Laufe des Jahres bei Sat.1 oder ProSieben laufen soll. Und auch in den USA haben die legalen Serienangebote Hulu und Netflix weiterhin gute Umsätze – leider kann man sie nicht von Deutschland aus nutzen. Es ist an der Zeit, dass auch Hollywood endlich die Online-Welt für sich entdeckt – und das nicht nur in Sachen Marketing.
Foto: flickr/sugu (CC BY-NC-ND 2.0); Sophie Kröher
Während SOPA, PIPA und ACTA für Angst und Schrecken sorgen, flüchtet sich so manch einer in die dunklen Seitengassen. Abseits der bekannten Infrastruktur findet sich eine Online-Parallelwelt. Willkommen im Darknet.
Eine belastete Beziehung, die zwischen der Politik und dem Internet. Gerade auch in Deutschland. Nun entdeckt selbst die Bundesregierung das Internet für sich. In den USA ist man da weiter: Da spielt sogar Facebook Wahl-Orakel.
Die Angst vor dem Internet ist so alt wie das Internet selbst: Datenschutz und Angst vor einem ‚Big Brother‘, der alles beobachtet. Aber mit jedem Post bei Facebook und Twitter schreiben wir Geschichte. Und die sollte erforscht werden.
von Sanja Döttling
Sie toben, sie lästern – und ganz oft geben sie einfach jede Hoffnung auf. Das Fernsehprogramm der Bundesrepublik sorgt nicht nur bei den Zuschauern, sondern auch bei Fernsehmachern für Verzweiflung.
„Warum verdächtigen Sie mich genau?“ fragt der Atomlobby-Vorsitzende. „Weil das den Zuschauern gefällt“, erwidert die Kommissarin trocken. Kurz darauf, Verhörraum. „Blödsinn! Ich kanns gar nicht gewesen sein!“, ruft der Verdächtige. „Wieso?“ fragt die Kommissarin, und er darauf: „Weil wir erst in der Mitte des Tatorts sind.“
Walulis sieht fern – und lässt und Glücklicherweise mitschauen. Gerade: Tatort in 123 Sekunden. In zwei Minuten ein Möchtegern-Tatort, der überraschend genau an das Original herankommt: mit „verkrampftem Sozialkritischen Einschlag“, Product Palcement Produktionshilfe und leeren Requisiten.
Walulis macht Satire über Fernsehen. Im Fernsehen. Wie die Medien selbst, so auch ihre Wissenschaft: Die Medien- und Kommunikationswissenschaften reden ebenfalls gerne über sich selbst. Das nennen Wissenschaftler Autologieproblem und bedeutet „Kommunikation über Kommunikation“. Was im Einführungswerk trockentheoretische Schachtelsätze sind, wird im Fernsehen über Fernsehen zu Unterhaltung, für die man sich hinterher nicht zu Schämen braucht.
Walulis, der Mann mit dem zungenbrecherischen Namen, ist Fernsehmacher – aber irgendwie auch Medienwissenschaftler. Denn er prüft, analysiert und seziert seinen Berufstand ganz genau. Damit folgt er Sendungen wie Switch (reloaded) und Kalkofes Mattscheibe, die schon seit Mitte der 90er dem täglichen Fernsehwahnsinn auf die Finger klopfen. Was neu ist bei Walulis ist die Verbindung von Sketch-Einlagen, die Sendungen gekonnt auf die Spitze treiben, und spaßigen, gleichzeitig aber interessanten Antworten auf die Frage: „Warum?“ Warum, zum Beispiel, schauen wir
Hartz IV-TV schlechte Dokuserien, deren Wirklichkeitsgehalt man stark bezweifeln kann? Walulis gibt uns den Grund: Die Abwärtsversicherung. Wir wollen sehen, dass andere Menschen ärmer, schussliger und dümmer sind als wir selbst.
Die Sketche brechen gerne die sogenannte Vierte Wand, das heißt, dass sich die Figuren ihrer Fiktionalität bewusst werden. Im Fake-Tatort unterhalten sich die flennende Kommissarin und der verraffte Kommissar über Charakterzeichung im Film: „Ich weiß, es bringt die Handlung nicht voran“, sagt sie, schniefend. „Außerdem nimmt es die Spannung raus“, mault er. Und sie: „Is aber wichtig für die Bindung an den Zuschauer.“ Und so sagt die Moderatorin in der von Walulis und Co. gedrehten, satirischen Dokusoap „Landwirt sucht Liebe“: „Es geht lediglich darum, sich an minderbemittelten Menschen zu ergötzen und – Quote natürlich.“
Die Medienkritik kam aber nicht mit Scripted Reality ins Fernsehen, sondern ist so alt wie die Massenmedien selbst. Bertolt Brecht warnte in Bezug auf das Radio schon vor 70 Jahren: „Man hatte plötzlich die Möglichkeit, allen alles zu sagen, aber man hatte, wenn man es sich überlegte, nichts zu sagen.“
So unterhaltsam wie mit Walulis, Mattscheibe und Switch ist Medienkritik selten. Witz ist nichts, was es im deutschen Fernsehen zu viel gibt. Wenn Witz und Kritik zusammenkommen, schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe. Philipp Walulis sagt das der Süddeutschen so: „Ich will die Leute unterhalten und ihnen nebenbei ein bisschen Kritik unterjubeln. Nichts ist schrecklicher, als aktiv belehrt zu werden, mit erhobenem Zeigefinger. Eine Sendung muss Spaß machen, sonst bleibt keiner dran.“
Das lehrt uns zweierlei: Erstens: Die Deutschen sind ganz und gar nicht humorlos. Und Zweitens: Der stereotype, dumme Zuschauer ist nicht so weit verbreitet, wie große Fernsehstudios annehmen. Denn wie sonst lassen sich 300,000 Aufrufe des Tatort-Clips und im Schnitt 14 Prozent Marktanteil, also fast zwei Millionen Zuschauer bei der werberelevanten Zielgruppe, für switch reloaded erklären?
Denn satirische Fernsehsendungen, wie switch reloaded machen furchtbares Fernsehen wieder unterhaltsam, denn es gibt auch im Altbekannten viel Neues zu entdecken: Die FAZ schreibt : „Die Hingabe ihrer Macher an das von vielen verachtete, gegen seinen Bedeutungsverlust kämpfende Fernsehen hat durchaus etwas Altmodisches: Sie schauen so genau hin wie sonst fast niemand mehr.“ Denn ja: Fernsehen kann Spaß machen. Nur ernst nehmen sollte man das Programm nicht. Wem bei Diskussionen über den Zuckergehalt von Bioprodukten dennoch die Haare zu Berge stehen, der kann sich an den Kindermoderator Peter Lustig halten, der die beste Lösung für Fernseh-Probleme hatte: „Abschalten„.
Foto: flickr/Thomas Hawk (CC BY-NC 2.0)
von Jens Hagelstein
Die Frage nach der Speicherung von Informationen gehört seit jeher zu den relevantesten jeder Gesellschaft. Die dabei verwendeten Speichermedien haben gewiss eine Entwicklung durchlaufen, doch eines haben der Stein mit gemeißelter Inschrift, die bedruckten Seiten eines Buchs, die Schallplatte und der USB-Stick gemeinsam: Sie alle bieten Zugriff auf den gespeicherten Inhalt nur von einem Ort aus, sind also lokal gebunden. Revolutionär anders funktionieren Clouds, die großen Speicherwolken im Internet: Die hier gespeicherten Daten können überall und jederzeit abgerufen werden. Ist damit gar das Ende der physischen Datenträger besiegelt?
Als einer der ersten Cloud-Dienste wurde 2007 Dropbox ins Leben gerufen. Die Idee hinter Dropbox ist simpel und soll der Legende nach einem der Entwickler gekommen sein, als er einen USB-Stick mit benötigten Daten zu Hause vergessen hatte: Nach Anmeldung auf der Webseite erhält der Anwender ein bestimmtes Kontingent an freiem Speicherplatz auf dem Dropbox-Server (der „Cloud“), um persönliche Daten darauf abzulegen. Zusätzlicher Speicher kann gegen einen monatlichen Obolus gemietet werden. Dropbox bietet für alle gängigen Computer- und Handybetriebssysteme spezielle Software an, die Zugriff auf die Dateien in der Cloud und Synchronisieren von Ordnern ermöglicht – so bleibt auch bei der Verwendung mehrerer Geräte, beispielsweise Desktop-PC und Laptop, der Datenbestand überall auf dem neusten Stand. Insbesondere dieses Feature dürfte für die zunehmende Beliebtheit von Dropbox sorgen, denn zwei oder mehr internetfähige Geräte gehören mittlerweile zum Standardrepertoire vieler Anwender. Unlängst kürten die Leser des Blogs netzwertig.com Dropbox zum „Online-Service des Jahres 2011“.
Längst haben die Big Players im IT-Sektor den Trend erkannt und versuchen ihre Clouds zu etablieren. Google bietet mit Google Docs einen Webdienst, der über das Speichern von Dateien hinausgeht: Online abgelegte Dokumente können über eine Oberfläche im Browser bearbeitet werden – und das sogar von mehreren Leuten gleichzeitig.
Apples iCloud gleicht Adressdaten und Kalender zwischen Macs und Mobilgeräten wie iPhone und iPad ab, der gebührenpflichtige Dienst „iTunes in the Cloud“ macht Musik und Filme aus der persönlichen iTunes-Mediathek mobil zugänglich.
Auch Amazon stellt Anwendern eine Plattform zur Datenspeicherung bereit: Cloud Drive wartet mit kostenlosen fünf Gigabyte Speicherplatz auf, für jährlich einen Dollar pro Gigabyte kann auf 20, 50, 100 oder auch 1000 GB aufgestockt werden.
Die Vorteile der Cloud-Speicherung liegen auf der Hand, warum nicht also gleich den gesamten persönlichen Datenbestand in die virtuellen Wolken hochladen? Bei vielen Anwendern regen sich Sicherheitsbedenken: Auch wenn die Dokumente in der Cloud nur nach Eingabe des Benutzerpassworts einsehbar sind – die Gefahr eines externen Zugriffsversuchs besteht, insbesondere beim Hoch- und Runterladen der Dateien. Dropbox empfiehlt deshalb, Daten vor dem Upload zu verschlüsseln, etwa mit BoxCryptor. Doch geht bei solch einem Procedere viel von dem Komfort verloren, der eigentlich das Aushängeschild des Webdienstes ist.
Von offizieller Seite warnt man vor dem Übertragen sensibler Daten auf Server im Ausland: Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) möchte stattdessen eine „Bundes-Cloud“ einrichten, damit Behörden und Unternehmen ihre sensiblen Daten nicht den Servern US-amerikanischer Betreiber anvertrauen müssten. Man führe bereits Gespräche mit der Telekom.
Wer den Online-Speicherplatz eines Anbieters nutzt, begibt sich unweigerlich in dessen Abhängigkeit – fallen die Server aus, können die eigenen Dateien nicht abgerufen werden. Auf Nummer Sicher geht, wer Wichtiges in separaten Clouds oder ganz oldschool auf einem physischen Datenträger sichert.
Die Tendenz ist offensichtlich: Das Internet ergänzt seine Kommunikations- zusehends um eine Speicherfunktion und ermöglicht es uns so, unseren gesamten digitalen Datenbestand von überall auf der Welt abzurufen. Dank Online-Anwendungen wie Google Docs könnte der Computer der Zukunft lediglich über Browser und Internetanschluss verfügen, Programme und Dateien wären in Clouds zu finden.
Derzeit befinden sich die virtuellen Wolken noch in der Pionierphase, ein Großteil der Anwender ist bislang skeptisch ob Datenschutz und Ausfallsicherheit – und wird mittelfristig wohl Festplatte, CD oder Stick als Speichermedium vorziehen oder zumindest ergänzend einsetzen, insbesondere wenn es um sehr große, sehr wichtige oder sehr persönliche Daten geht.
Foto: flickr/akakumo (CC BY-SA 2.0)
von Alexander Karl
Die BILD wird 60. Dieser runde Geburtstag soll gefeiert werden. Deshalb hat sich der Axel-Springer-Verlag, der hinter BILD steckt, etwas Einzigartiges überlegt: Jeder Deutsche soll am 23. Juni eine Ausgabe des Blattes umsonst nach Hause bekommen. Deutschlandweit. 41 Millionen Haushalte. Auch solche, die keine Werbesendungen möchten. Im Internet wird schon laut überlegt, wie man dem Springer-Konzern ein Schnippchen schlagen kann.
Man kann über die BILD-Zeitung viel diskutieren, Fakt ist: Sie polarisiert. Jeder kennt sie, doch die Leserschaft wird immer geringer. Innerhalb der letzten zehn Jahre verlor die BILD etwa 1,55 Millionen Leser. Bei der BILD am Sonntag sind es nicht ganz so viele, aber auch hier stehen etwa 1 Millionen weniger Leser zu Buche. Das kann natürlich auch mit dem digitalen Wandel zu tun haben. Denn online ist BILD das stärkste Nachrichtenportal mit fast 200 Millionen Klicks im Monat. Auch wenn BILD durch seine Volksprodukte noch den ein oder anderen Euro verdient, muss sich die Zeitung immer wieder überlegen, wie sie wieder mehr Beachtung findet und im Geschäft bleibt.
Es ist also ein kluger Schritt, zum 60. Geburtstag jedem Deutschen zu zeigen, wie eine echte und gedruckte BILD aussieht. Und daran kann man auch gut verdienen. Denn: Die Anzeigenpreise sind bei so einer riesigen Verbreitung natürlich immens hoch. 4 Millionen Euro verlangt die BILD für eine Anzeigenseite. Sonst kostet eine ganzseitige Anzeige 432.455 Euro.
Viele Blogger kritisieren die BILD für ihr Vorhaben, durch ihre bundesweite Postwurfsendung die Anzeigenpreise in die Höhe zu treiben. Andere wollen das Blatt aus Prinzip boykottieren. So heißt es etwa im Blog lifesoundsreal: „Ich finde das milde gesagt eine grobe Unverschämtheit, dass ich eine hirnlose, volksverblödende und journalistisch tieffliegende Zeitung zugestellt bekomme – ob ich das nun will oder nicht: Von Springer´s Gnaden sozusagen.“ Passend dazu gibt es ein Logo, das man an den Briefkasten kleben kann, um den Postboten vom Einwurf abzuhalten. Juristisch sei es auch möglich, die BILD zu verweigern. Im law blog von Udo Vetter heißt es dazu,
„[d]as Urteil (früherer Bericht im Blog) sagt nämlich klipp und klar, dass Postwurfsendungen jedenfalls dann unzulässig sind, wenn der Empfänger beim Absender widersprochen hat. Ich werde also mal einen kleinen Brief (vorab als Fax) an den Axel Springer Verlag senden und fordern, mich aus der Empfängerliste zu streichen. Sollte dann doch die BILD im Briefkasten sein, wird man über Unterlassungsansprüche nachdenken können.“
Ein weiterer Vorschlag wird in Blog medienblase gemacht:
„Als dritte und wohl charmanteste Möglichkeit, Springer bei seiner „BILD für ALLE“-Aktion ein wenig Breitseite zu geben, kann man die Zeitung auch einfach in den nächstbesten Briefumschlag stecken, als Absender
„Axel Springer AG
Axel-Springer-Straße 65
10888 Berlin„angeben und das Ganze mit dem Vermerk „Porto zahlt Empfänger“ gen Berlin senden.“
Was BILD damit auf jeden Fall gelungen ist, ist bereits jetzt für Gesprächsstoff zu sorgen. Und genau das kann BILD. Kein anderes Blatt sorgt für so viel Aufsehen, manchmal sogar, wenn sie eben nichts schreibt, sondern andere schreiben lässt – wie im Fall Wulff. Gleichzeitig dürfte es aber spannend zu sehen sein, wie die BILD an ihrem Geburtstag aussieht und aufgemacht ist. Wird ein Skandal enthüllt, den ganz Deutschland am Frühstückstisch serviert bekommt? Wirft BILD sein sonst übliches boulevardeskes Gesicht über Bord und liefert einen historischen Rückblick über die letzten 60 Jahre mit BILD? Das dürfte spannend werden. Denn gerade in 60iger und 70iger Jahren sorgte BILD für mächtig Zündstoff – zu nennen sei hier nur der Name Wallraff. Ende letzten Jahres sorgte aber der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer AG Mathias Döpfner für Tauwetter, in dem er Günter Wallraff verbal die Hand reichte.
Übrigens: Erstmals erscheint die BILD am Sonntag nun auch an einem Feiertag – nämlich dem 1. Mai.
Leider finden sich die Metadaten zur Aktion der BILD nicht mehr online, weshalb in diesem Beitrag auf Sekundärquellen gesetzt werden musste.
Foto: Sophie Kröher
Eine Welt ohne Facebook, Myspace, Blogs, Youtube, Filehostern, Bildhostern oder kurz gesagt: Eine Welt in der wir unsere eigene Meinung nicht mehr verbreiten dürfen – Dank vier kleinen Buchstaben könnten einige Konzerne bald in der Lage sein das gesamte Internet zu zensieren.
Was sich zuerst anhört wie eine schlechte Nachahmung von George Orwells 1984 könnte bald traurige Realität werden. Dank Menschen, die sich so vor einer Tastatur ähnlich verhalten wie ein Schimpanse im Cockpit einer Boeing – also kein Wissen von der Materie haben – könnte bald ein Gesetzesvorschlag mit weitreichenden Folgen verabschiedet werden. Folgen die nicht nur die US Bürger betreffen, sondern Folgen die sich auf den gesamten Globus ausbreiten könnten. Doch wovon rede ich hier eigentlich?
Wäre der Gesetzesentwurf bereits in Kraft gewesen als ein gewisser Blondschopf seine Musikkarriere auf Youtube
startete, wäre er wohl mehrere Jahre für Urheberrechtsverletzung ins Gefängnis gewandert. Nein, diese Aussage ist falsch, ein Portal wie Youtube wäre unter solchen Bedingungen niemals entstanden. Ob man nun die Vorstellung, Justin Bieber hinter Gittern zu sehen, befriedigend findet oder nicht, Fakt ist: Wir alle nutzen Youtube und wären somit alle von dessen Verschwinden betroffen. Verantwortlich dafür sind zwei Gesetzesentwürfe, zum einen der Stop Online Piracy Act (SOPA), zum anderen der Protect IP Act (PIPA). The Guardian hat die SOPA-Problematik knapp zusammengefasst und verschafft einen guten ersten Überblick. Doch wieso hält die US-Regierung diese beiden Gesetze überhaupt für nötig?
Zur Zeit regelt der Digital Millennium Copyright Act das Urheberrecht in den USA. Kurz zusammengefasst: Ein Provider (z.B. Youtube) ist nicht für den Inhalt der von Usern auf die Plattform online gestellt wird verantwortlich. Allerdings muss er dafür sorgen, dass Material welches das Urheberrecht verletzt, auf Verlangen des Rechteinhabers entfernt wird. Der Musik- und Filmindustrie ist das aber nicht genug, sie fordern, dass auch alle die dem Täter direkt oder indirekt Helfen bestraft werden müssten. Genau hier beginnt das Dilemma. „Die Entwürfe würden es Firmen ermöglichen, in den USA den Zugang zu ausländischen Websites zu sperren. Wenn Inhaber von Urheberrechten der Meinung sind, dass eine Seite gegen ihre Interessen verstößt, könnten sie, wird das Gesetz verabschiedet, eine sogenannte Court Order beantragen, eine richterliche Verfügung. Ist diese erlassen, müssten Werbefirmen, die Anzeigen auf der Seite schalten, das unterlassen. Auch Geldtransferdienste wie Paypal müssten sich dann von der beanstandeten Seite zurückziehen. Der Betreiber würde somit finanziell ausgehungert, seine Geschäftsgrundlage zerstört“, wie die Zeit berichtete. Dem nicht genug: die Konzerne hätten die Möglichkeit per DNS-Blocking ganze Webseiten unerreichbar zu machen. Dieses Video fasst die gesamte Problematik sehr treffend zusammen. Alle Portale, auf denen potentiell Urheberechtverletzungen satt zu finden sind – sei es nun Youtube, Facebook, Twitter oder ähnliche Dienste – laufen Gefahr über Nacht abgeschaltet zu werden. Beachtet man nun die Tatsache, dass jede Firma, die auch nur eine einzige Filiale in den USA betreibt, dem US Recht unterworfen ist, wird klar, dass auch wir in Deutschland schnell von der neuen Rechtsprechung betroffen wären (nicht dass der Verlust von sozialen Netzwerken schon genug wäre). Selbst Konzerne wie die deutsche Telekom müssten sich also auch dem neuen Recht beugen. Wieso sollte man also überhaupt SOPA befürworten?
Aktuell gibt es 142 öffentliche SOPA Befürworter, darunter vor allem große Medienkonzerne, wie z.B. die Motion Picture Association of America (MPAA) und National Cable & Telecommunications Association (NCTA). Neben den offensichtlichen Argumenten der Medienbranche gibt es aber auch noch wirklich „gute“ Gründe die für SOPA sprechen. Wenn es möglich ist, eine Internetseite eins zu eins zu kopieren und die Kunden so zu täuschen und ihnen Plagiate zu verkaufen, dann muss es eine Möglichkeit geben, dagegen vorzugehen und die aktuelle Rechtsfassung beinhaltet kein anwendbares Gesetz. Es wird also eine Möglichkeit benötigt Plagiate zu stoppen. Die Diskussion sollte also nicht lauten ob wir SOPA brauchen oder nicht, sondern: Wie weit sollte SOPA gehen? Genau dieses Thema behandelt der Netcast von twit.tv.
Dieses mehr als passende Wortspiel stammt von dem Blogger Michael Geist der in seinem Beitrag sehr schön die Effekte von SOPA auf Kanada aufzeigt. Seine Folgerungen können äquivalent für Europa übernommen werden, passend hierzu dieser Artikel von Netzpolitik.org. Der Widerstand gegen SOPA ist groß, sowohl von Konzernen und Organisationen wie Google, EFF und EU einerseits, andererseits von Netzbürgern selbst. So rufen beispielweise Wikipedia und Anonymous zum Widerstand auf. Hauptgründe sind meistens das Recht auf freie Meinung und der Vorwurf Amerika würde sich die Mechaniken von Unterdrückerregimen aneignen und der Vorwurf des puren Lobbyismus.
Während die SOPA Anhänger auch in ihrem neuen Antrag OPEN (Online Protection and Enforcement Act) keine wirklichen Eingeständnisse machen, findet die Netzgemeinde bereits Wege die Zensur zu umgehen. Die Proteste zeigen Erfolg, so ziehen sich immer mehr öffentlich Befürworter zurück, so auch die nach eigenen Angaben größte Domain-Registrar weltweit Go Daddy. So offen der Ausgang des Disputs auch sein mag – so brisant wie im Jahr 2012 war die Debatte um die Freiheit im Internet wohl noch nie.
Foto: flickr/iloveJB123 (CC BY 2.0), flickr/Jed Hastwell (CC BY-SA 2.0)
Sind Hacker die Robin Hoods des 21. Jahrhunderts? Nicht unbedingt. Denn Gut und Böse, richtig oder falsch, sind in vielen Fällen relativ. Denn ohne Licht kein Schatten.