Look Up! – Viral wie ein Katzenbaby

 von Nico Busch

Du glaubst, du bist gesellschaftskritisch? Dir fällt auf, was tausenden Anderen auch schon aufgefallen ist? Dann schreib doch mal ein Gedicht darüber, trag das vor, lass dich dabei filmen und stell das Video ins Internet.

 

Baby, Baby, was ist denn bloß los mit dir?“

Mach es wie Julia Engelmann im Mai letzen Jahres. Der war nämlich aufgefallen, dass es seit 2000 Jahren etwas gibt, dass wir Lethargie nennen. Ein Gefühl der Langeweile und Tatenlosigkeit. Julia Engelmann fühlt das manchmal. Und die weiß, dass du das auch fühlst. Nämlich dann, wenn du daheim auf deiner Couch liegst und plötzlich merkst, dass dein Leben verglichen mit den Lebensentwürfen der Medien oder deiner 600 internationalen Facebook Freunde für immer nur Durchschnitt sein wird. Was die Julia aber nicht verstanden hat, ist, dass dieser Vergleich im Endeffekt bloß konsumgenerierende Einbildung ist. Und deshalb rät sie dir mit ganz viel sprachlichem Pathos in ihrem Video, nochmal so richtig auf die Kacke zu hauen, um am Ende deines Lebens bloß nicht als Langweiler dazustehen. Aus irgendeinem Grund klingt das für dich alles sehr plausibel, was die Julia da sagt. Die ist jetzt immerhin auch schon 21 Jahre alt. Da hat man eben Angst vor der Zukunft. Ja, vor was denn sonst? Du hörst noch irgendwas, das klingt wie „Mal wieder was riskieren“, oder feiern bis die Kühe lila sind, denkst dir YOLO, chillst weiter auf der Couch und fühlst dich bestätigt.

 

 Look Up? Grow up!

Oder dein Name ist Gary Turk. Du bist jung, ambitioniert, schreibst natürlich auch Gedichte (!) und hast auch online einen Namen. Du bist gebildet, aber du hast diesen naiv-optimistischen Forrest Gump-Spirit. Dein sehnlichster Wunsch ist es, irgendwann einmal auf einer Parkbank zu sitzen, Pralinen zu mampfen und glücklich auf dein Leben zurückzublicken, ohne das Gefühl zu spüren etwas verpasst zu haben. Obwohl dir etwa 3300 Menschen auf Twitter folgen, fühlst du dich einsam. Grund genug für dich anzunehmen, dass eine ganze Generation dasselbe Problem hat. Die These von der gemeinsamen Einsamkeit, die die MIT Professorin Sherry Turkle in ihrem Buch Together Alone unserem digitalen Zeitalter schon 2011 unterstellte, machst du unbemerkt zu deiner eigenen, zentralen Thematik deines Gedichts. Melancholische Hintergrundmusik begleitet deinen filmischen Vortrag, der mit einer Liebesgeschichte sein anschauliches Ende findet. Look Up, heißt dein Video und du willst damit sagen: Seht von euren Smartphones auf und stürzt euch ins reale Leben, ihr Langweiler! Deine rhythmischen Reime massieren mehr als 32 Millionen Hirne (Anzahl der Aufrufe des Videos auf YouTube, Stand 09.05.2014). Aber deine Zeilen haben gerade soviel Tiefgang, dass sie die große Masse für vielleicht zwei Wochen in absolute Betroffenheit und Nachdenklichkeit stürzen, ohne durch zuviel Komplexität zu überfordern oder irgendeine Art von Verhaltensänderung zu initiieren. Die Wirkung deines Beitrags ist von jener eines süßen Katzenbabyvideos nicht zu unterscheiden.

 

 

Bei Risiken oder Nebenwirkungen fragen Sie ein virales Video

Egal ob Engelmann oder Turk, was heute an Gesellschaftskritik im Netz viral geht, mutet textlich nicht nur an wie allerfeinster deutscher Pop Schlager à la Unheilig, sondern liest sich auch so: Geboren, um zu leben. Wie wir leben sollen, können Engelmann und Turk so genau auch nicht sagen. Sicher ist scheinbar nur: Überall und in allen Dingen erwartet uns heute das geheimnisvolle Event, die große Herausforderung, die einmalige Chance. Wer sie nicht nutzt, aus dem wird nichts! Was soll einer später im hohen Alter mal erzählen, der in seiner Jugend nichts von Bedeutung erlebt hat? (Engelmann). Und wie soll man die große Liebe finden, wenn man doch ständig auf das Handy starrt? (Turk). Die große Gemeinsamkeit der thematisch unterschiedlichen Beiträge Gary Turks und Julia Engelmanns ist es, dass sie jedem Moment unserer Existenz eine Einzigartigkeit, Gemeinschaftlichkeit und Erlebnisorientierung unterstellen, die wir so tatsächlich weder digital, noch analog erleben und die uns auch in ihrer praktischen Umsetzung schlichtweg überfordern würde.

 

Die mahnende Erinnerung an unser fast vergessenes, romantisch verklärtes, analoges Lebens liegt trotzdem nahe. Sie ist die einfachste und medientauglichste Antwort auf das große Vorurteil der Assozialität durch digitale Kommunikation. Und sie ist alles, was uns technisch-überforderten Hypochondern momentan einfällt, auf unserer panischen Suche nach der großen digitalen Epidemie.

 

 

Fotos: flickr.com/SigfridLundberg  und  flickr.com/Phae (CC BY-NC-SA 2.0)

 

Superhelden in Zelluloid – Teil 1

von Marius Lang;

Illustration von Henrike W. Ledig

 

Comic-Helden auf der großen Leinwand. Was heute, mit dem riesigen Filmuniversum von Marvel seinen vorläufigen Höhepunkt findet, hat seine Anfänge schon in den frühen 40er Jahren. Und aus Witzfiguren in flatternden Capes wurden bald die tiefgründigen Helden, die heute jeder kennt.

 

„Heilige Filmmagnaten, Batman!“

Den ersten Realfilmauftritt lieferte seinerzeit ein Held, den heute nur wenige kennen. Er war aber wegen seiner frühen Filmadaption erfolgreicher als Superman: Captain Marvel. 1941 erschien Adventures of Captain Marvel, eine Sammlung von Kurzfilmen um den namensgebenden Captain. Ähnliche Kurzfilmsammlungen erschienen später unter anderem auch für andere Helden wie Captain Marvels wichtigsten Konkurrenten: Superman (1948).

Dieser bekam schließlich auch einen abendfüllenden Film, Superman and the Mole Man (1951) und eine TV-Serie (1952-1958), beide mit George Reeves in der Hauptrolle. Besser erinnert man sich allerdings an den ersten großen Filmauftritt samt TV-Serie des dunklen Ritters: Batman hält die Welt in Atem (1966)  und die Serie Batman (1966-1968) mit Adam West als Titelheld und Burt Ward als Sidekick Robin erfreuen sich bis heute einer großen Fangemeinde. Sie überzeugen durch viel, gewollten und ungewollten, Humor und Selbstironie und einige ungewollt absurdere Momente.

 

„Christopher Reeve is, and forever will be, Superman.“ (Richard Donner)

1978 schaffte Richard Donner etwas, dass viele ihm nicht zugetraut hätten. Eine ernste, der Vorlage getreue Realfilmadaption des größten Helden seiner Zeit. Superman, mit Christopher Reeve in der Titelrolle des Clark Kent/Superman, war nah an der Vorlage und schaffte es, eine sehenswerte Symbiose zwischen Action, Humor und Liebesgeschichte herzustellen. Der Erfolg des Films veranlasste das Studio, drei Sequels zu drehen. War die erste Fortsetzung des Films noch sehenswert, so war ein Verfall der Qualität schnell bemerkbar. So sehr, dass Superman 4: Die Welt am Abgrund (1987) heute als ein Musterbeispiel eines missratenen Comicfilms gilt.

Abgesehen von Supermans Kinofilmen waren damals Realverfilmungen von Comichelden keine Allzweckwaffe der Studios. Superman verzeichnete beim allgemeinen Publikum vor allem Erfolge, weil er schon damals eine amerikanische Ikone war. Daneben waren Comichelden mehr im Fernsehen vertreten, wie die Serien zu Marvels The Incredible Hulk und DCs Wonder Woman. Doch ähnlich wie die Batman-Serie blieben auch diese TV-Adaptionen heute vor allem wegen des oft ungewollten Humors und der abstrusen Ideen in Erinnerung, wenngleich kaum eine Superhelden-Serie an den Spaß von Adam Wests Batman herankommt.

Interessanterweise war es dann eine erneute Interpretation des dunklen Ritters, die der Comicverfilmung zu neuem Schwung verhalf.

 

Dunkel, dunkler, Batman!

Tim Burton hauchte 1989 dem wieder mal angestaubten Comicfilm neues Leben ein. Zuvor hatte Frank Miller mit dem Comic The Return of the Dark Knight einen neuen, weitaus düsteren und fragwürdigeren Batman in die Comicszene eingebracht und später mit Batman: Year One die Origin-Story des Helden neu erzählt. Auf der anderen Seite hatte Alan Moore 1988 die Geschichte und den Charakter von Batmans Erzfeind  The Joker im Comicband The Killing Joke neu interpretiert. Diese modernisierten Versionen von Held und Bösewicht dienten als Vorlagen für Batmans Rückkehr auf die große Leinwand.

Und das mit Erfolg. Burtons Batman (1989) mit Michael Keaton als Titelfigur und Jack Nicholson als seinem Erzfeind Joker war bis in die späten 2000er, der erfolgreichste Film auf Basis eines DC-Comics. Diese modernisierte Version stellte, nach Thomas Ballhausen und Günther Krenn in Buch „Comic. Film. Helden“, das Handeln des Protagonisten als Vigilant zwischen Gesetz und Illegalität in den Vordergrund. Hauptangriffspunkt des Filmes ist das Doppelleben von Bruce Wayne und Batman, hinter dem sich eine völlig zerbrochene Persönlichkeit verbirgt. Diese Interpretation steht im Gegensatz zu früheren Adaptionen, in denen Batman  als moralisches Vorbild und zutiefst guter Held dient. Und weil die neue Version beim Publikum so gut ankam, folgte natürlich schon bald eine Fortsetzung. Batmans Rückkehr (1992) jedoch trieb die dunkle Version des Helden noch weiter: Der Film war wesentlich brutaler und verstörender und eröffneten Burtons sehr seltsame Ansichten des Helden. So tötet Batman beispielsweise relativ gleichgültig kleinere Schläger, was der Natur der Figur eigentlich komplett entgegengesetzt ist.

Und auch das Publikum nahm den Film bei weitem nicht so gut auf wie den ersten Teil, sodass Burton schließlich abgesägt wurde. Sein Nachfolger im Regiestuhl war Joel Schumacher. Batman wurde in den beiden Fortsetzungen von Val Kilmer beziehungsweise George Clooney dargestellt. Dabei gilt vor allem der vierte Film, Batman & Robin (1997) oft als schlechtester Comicfilm aller Zeiten, was natürlich nicht stimmt. Zwar ist der Film furchtbar, doch nicht die Spitze des Schlechten. Dennoch war die Enttäuschung, die Fans auf die Barrikaden trieb und Anfeindungen gegen den Regisseur generierte (unter anderem wegen der berüchtigten Nippel auf Batmans Kostüm – als ob der Film nicht wesentlich größere Probleme gehabt hätte). Daneben leisteten allerdings auch weniger bekannte Filme wie Steel Man (1997) ihr übriges, um die Mission: Comicverfilmung wieder in de Untiefen der Schubladen der Filmproduzenten versinken zu lassen. Schließlich lag der Comicfilm wieder einmal auf Eis. Im neuen Jahrtausend warteten schon Menschen, Supermenschen, Mutanten, Helden aller Art, um endgültig ihren Siegeszug auf der Leinwand anzutreten.

 

Fortsetzung folgt!

Zum Thema:

  • Tim Burton: Batman (1989), Batmans Rückkehr (1992)
  • Richard Donner: Superman (1978)
  • Richard Lester/Richard Donner: Superman II – Allein gegen Alle (1980)
  • Leslie Martinson: Batman hält die Welt in Atem (1966)

Foto (Hintergrund): image.net/ Marvel Studios

21. Internationales Trickfilmfestival in Stuttgart: Das erwartet euch

von Henrike W. Ledig

Das Internationale Trickfilmfestival ist eine Veranstaltung mit fast magnetischer Anziehungskraft: aus der ganzen Welt reisen die Animationskünstler an, um dem stuttgarter Publikum (jedes Jahr ca. 80.000 Besucher und zusätzlich 2.500 Akkreditierte!) jedes Jahr ihre Beiträge zu präsentieren. Die meisten erhoffen sich so erweiterte Popularität und natürlich die Gewinnung von wertvollem und deswegen äußerst rar gesätem Budget.

Bei all den Angeboten kann man schon mal den Überblick verlieren. media-bubble.de verschafft euch einen Überblick über die wichtigsten Highlights im Jahr 2014.

 

Dienstag, 22. April

– Ab 20.00 Uhr geht es offiziell los: Im Stuttgarter Kino „Gloria“ (einem der Innenstadtkinos, auf deren Gelände das gesamte Festival stattfinden wird) startet mit einer Feierlichen Eröffnung das 21. Internationale TrickfilmFestival

 

– Direkt im Anschluss, um 21.00 Uhr startet das Herz des Festivals: Im 1. Internationale Wettbewerb werden den Trickfilm-Einsendungen der letzten 12 Monate aus aller Welt gezeigt (Gloria 1)

 

Mittwoch, 23. April

– zwischen 14.30 und 17.00 Uhr kommen vor allem die Kleinen auf ihre Kosten: Im Metropol 1 laufen zuerst die Tricks for Kids Kurzfilme und anschließend die abendfüllenden Animovies (empfohlen ab 7 Jahren)

 

– 21.00 Uhr: Internationaler Wettbewerb 2 im Kino Gloria 1

 

22.00 Uhr: Im Metropol 1 findet die Kultnacht Animated Music Video statt, eine Auswahl innovativer animierter Musikvideos

 

Donnerstag, 24. April

– von 10.00 bis 19.00 Uhr kommen Videospiel-Fans auf ihre Kosten: Im Jugendhaus Mitte steht nicht nur eine spielbare Medieninstallation bereit, auch Vertreter von Hochschulen stellen Ausbildungsmöglichkeiten zum Thema Games vor.

 

20.00 Uhr: Im Renitenztheater wird der Deutsche Animationssprecherpreis verliehen, für die beste Originalstimme oder den besten Synchronsprecher in einem abendfüllenden Animationsfilm

 

21.00 Uhr: Internationaler Wettbewerb 2 im Kino Gloria 1

 

Freitag, 25. April

– Im Zuge der Best of Animation werden um 19.00 Uhr im Kino Gloria 1 die wichtigsten und interessantesten Animationsfilme der letzten zehn Jahre vorgestellt.

 

21.00 Uhr: Internationaler Wettbewerb 2 im Kino Gloria 1

 

22.00 Uhr: Horror-Fans aufgepasst! Während der Kultnacht ANimated Horror wird im Kino Metropol 1 eine Auswahl schauriger Trickfilme vorgeführt.

 

Samstag, 26. April

14.00 – 16.00 Uhr: Im Kino Gloria 2 werden im Zuge der „BW-Rolle“ die besten animierten Filme aus Baden-Württemberg gezeigt.

 

21.00 Uhr: Internationaler Wettbewerb 2 im Kino Gloria 1

 

22.00 Uhr: Im EM-Theater 1 werden die Animated Oscars, also Oscar-prämierte und –nominierte Kurzfilme präsentiert

 

23.00 – 01.00 Uhr: Während der Kultnacht Anime werden im Gloria 1 u.a. japanische Klassiker wie „Ghost in the Shell“ aber auch Newcomer gespielt

Sonntag, 27. April

20.00 Uhr: Darauf haben alle gewartet: Im Kino Gloria 1 findet die große Preisverleihung aller vorgeführten Animationswerke statt! Als Gewinn winken Preisgelder in Höhe bis zu 62.000€!

 

– Im Anschluss um 23.00 Uhr werden im Gloria 1 auch die vorgeführten Kurzfilme prämiert

 

 

Ein vollständiges Programm findet ihr auch jederzeit auf der Homepage des ITFS

Alle aktuellen Nachrichten könnt ihr übrigens über das Hashtag #ITFS auf Facebook und Twitter verfolgen!

Kleiderkreisel – Onlinebetrug leicht gemacht?

von Sabine Appel

„Als bekannte Modebloggerin so etwas abzuziehen, geht zu weit“ Lisa* (21) ist eine der Nutzerinnen, die beim Online-Tausch-Flohmarkt Kleiderkreisel schon einmal betrogen wurden. Sie hatte sich ihre Traumschuhe ausgesucht, freundlichen Kontakt mit der Verkäuferin aufgenommen, die zunächst sehr nett und entgegenkommend wirkte. Die Schuhe wurden bezahlt, die Adressdaten von der Käuferin angegeben – aber der Postbote kam nicht. Lisa erhielt ihre Ware nie. Auf ihre vielfachen Nachrichten an die Verkäuferin erhielt sie keine Antwort mehr. Das Geld ist weg, die Schuhe sind noch immer im Katalog der Userin zu sehen. Wie oft sie wohl schon verkauft wurden?

 

Das war vor acht Monaten. Heute sagt Lisa, sie würde Kleiderkreisel zwar immer noch nutzen, aber nie wieder für etwas, das teurer sei als zwanzig Euro. Besonders enttäuscht ist sie, weil die Verkäuferin eine bekannte Modebloggerin ist, die auf ihrem Blog  sympathisch wirkt und viele Fans hat. Hat so jemand es nötig, andere Nutzerinnen um ihr Geld zu bringen? Wahrscheinlich nicht. Aber es war anscheinend leicht. Lisa ärgert sich: „Ich habe auch das Kommando informiert – aber was sollen die machen?“ Das Kleiderkreisel-Kommando ist die Aufsicht der Plattform, das Beschwerden über fehlgeschlagene Transaktionen entgegen nimmt. Es tue ihnen leid und sie würden sich darum kümmern, so lautete die Rückmeldung an Lisa. „Mein Geld bekomme ich trotzdem nicht wieder.“ Bis heute sei nichts passiert. Als wir die Verkäuferin um eine Gegendarstellung bitten, um unparteiisch bleiben zu können, bekommen auch wir keine Rückmeldung. Aber keine Antwort ist bekanntlich auch eine Antwort.

 

Ist die traditionelle Kleiderbörse besser als die virtuelle?

Seit seiner Gründung im Jahr 2009 ist Kleiderkreisel zur wohl populärsten Plattform geworden, wenn es um das Verkaufen und Tauschen von Second Hand Kleidung geht. Second Hand hat einen neuen Anstrich bekommen und ist inzwischen vor allem für die jüngere Generation eher nützlich als peinlich. Besonders Markenteile und Trendteile, die nicht überall erhältlich sind – zum Beispiel von Primark, der keinen Onlineshop und nur wenige deutsche Filialen hat -, bringen über Nacht 20 Anfragen. Viele User, hier auch „Kreisler“ genannt, erfreuen sich täglich an dem Angebot. Dennoch gibt es immer wieder Schwierigkeiten beim Kaufen und Tauschen, so wie in Lisas Fall.

 

Der originale Offlineflohmarkt im Nachbardorf ist zu einer beinahe romantischen Vorstellung geworden, der immer wieder in Magazinen wie zum Beispiel dem COUCH Magazin erwähnt und beworben wird.  Doch mal ganz abgesehen vom Trödelflair – ist der normale Flohmarkt vielleicht auch sonst besser als die Onlinevariante? Hat Oma doch recht, wenn sie sagt, dass Käufe im Internet gefährlicher sind als im Laden oder auf der Straße? Fest steht, dass man auf der echten Kleiderbörse weniger Gefahr läuft, einen Fehlkauf zu tätigen oder ein kaputtes Teil zu erhalten, als auf der virtuellen. Schließlich kann man es sich vor Ort genau ansehen, bevor man es mitnimmt. Geld auf die Hand, Ware in die Tasche. Kaum Spielraum für Betrügereien. Dass man für etwas bezahlt, das man nie erhält, ist beim traditionellen Flohmarkt keine Option. Früher war also mal wieder alles besser – aber ist diese Sicht nicht auch ein bisschen nostalgisch?

 

 

Auf die eine schlechte Erfahrung, die Lisa gemacht hat, kommen beinahe 100 gute Bewertungen, die sie von positiv verlaufenen Transaktionen als Käuferin und Verkäuferin bekommen hat. Im Allgemeinen verbindet sie mit Kleiderkreisel also viel Positives. Dennoch sieht sie so wie viele andere Nutzer das Risiko. „Ich glaube schon, dass Internetflohmärkte viele dazu verleiten, zu betrügen.“ Privatverkäufer haben es relativ leicht, auf einer verhältnismäßig kleinen Plattform wie  Kleiderkreisel zu schummeln. Problematisch bei den Kaufaktionen ist, dass der Verkäufer meist nur seinen Namen und seine Kontodaten angibt, während der Käufer seine Adresse und damit einen sehr viel nachvollziehbareren Teil seiner Identität preisgibt. Bei einem Fehlverhalten seitens des Käufers wird es nach der Überweisung schwierig: Wie zieht man jemanden zur Rechenschaft, von dem man nur den Namen kennt, der theoretisch sogar ein falscher sein könnte?

 

Die Anonymität des Internets schützt hier den Täter und lässt das Opfer beinahe machtlos zurück. Klar, der Account kann vom Kommando gesperrt werden – aber was ist mit dem verlorenen Geld? Der „Community-Gedanke“, der Kleiderkreisel so viel heimeliger macht als beispielsweise den Auktionsriesen eBay oder reine High End Markenflohmärkte, geht an solchen Stellen verloren. Das sei schade, sagt Lisa, die Internetshopping und besonders Kleiderkreisel sonst sehr gerne mag. Es sei eigentlich so schön unkompliziert.

 

Onlineshopping ist unkompliziert und bietet mehr Möglichkeiten

Und da sind wir bei den Vorteilen angelangt: Natürlich ist das Risiko größer, aber gleichzeitig ist die Online-Kleiderbörse auch so viel praktischer und bequemer. Das Angebot ist bei weitem umfangreicher als in der Dorfturnhalle, gleichzeitig ist es übersichtlicher. Durch den Umfang, den das Internet bietet, ist das Spektrum an Marken und Stilen beinahe grenzenlos. Man kann ganz gezielt per Filter nach dem suchen, was man möchte. Stöbern mag nett sein – und ist auch virtuell bis zu einem gewissen Punkt möglich -, wenn man aber ein ganz bestimmtes Teil sucht, ist der lokale Flohmarkt wenig nützlich.

 

Im Großen und Ganzen erfreut sich Kleiderkreisel nicht umsonst so großer Beliebtheit. Die meisten Transaktionen laufen gut ab und sind durch das einfache Briefkasten-Kommunikationssystem unkomplizierter, freier und persönlicher als anderswo. Neben Käufen und Tauschaktionen bietet die Plattform ein Forum, in dem sich die User über Mode, aber auch über ganz alltägliche bis private Themen austauschen, Spiele spielen und den einen oder anderen vielleicht sogar näher kennenlernen. Eine richtige Community eben, die nebenbei „ stylish recycelt“, wie die Gründerinnen von Kleiderkreisel es nennen. Ein gelungenes Konzept, in dem es eben wie überall ein paar schwarze Schafe gibt, die sich zunächst unter einem weißen Deckmäntelchen verstecken.

 

Lisa will die Verkäuferin, die nie die bezahlte Ware gesendet hat nun nach wiederholter Rückzahlungsaufforderung anzeigen. Den vollen Namen sowie die Anschrift der Verkäuferin kennt sie in diesem Fall dank Blogimpressum – das hat ihr Gegenüber wohl nicht bedacht. Lisa geht es ums Prinzip: Mit so etwas dürfe niemand durchkommen. Und hier wird ein Mal mehr deutlich: Was auch immer man sich in der virtuellen Welt herausnimmt, bleibt im Ernstfall in der Realität nicht ungestraft.


Foto: flickr.com/Context Travel (CC BY-NC-SA 2.0)

 

Tod und Rückkehr der Comic-Industrie

von Marius Lang
Illustration von Henrike W. Ledig

Die 80er waren ein großartiges Comicjahrzehnt: Watchmen, V for Vendetta, The Return of the Dark Knight. Ein Jahrzehnt, das die Comics durch ernste, erwachsene Themen und Geschichten aus dem Stand heraus modernisierte. Das Modern Age der Comics war angebrochen. Anglo-amerikanische Comicbücher werden im Allgemeinen von Fans und Verlagen in Zeitalter aufgeteilt. Dies begann mit dem Golden Age, das mit dem ersten Auftritt Supermans 1938 beginnt. Es folgte das Silver Age von 1956 bis etwa 1970, das sich vor allem durch verrückte Stories einen Namen machte, und schließlich das Bronze Age, in dem Autoren vermehrt ernstere Themen einbauten. Diese wurde nun in den 80ern vom Modern Age abgelöst, was in vielen jungen Lesern und alten Fans Hoffnungen auf weitere erwachsene Comics weckte. Die Hoffnung, dass das man als Fan endlich offener mit seinem Hobby umgehen könnte, ohne als Kindskopf gebrandmarkt zu werden.

Dann kamen die 90er. Und alle Hoffnungen wurden bitter enttäuscht. Was war geschehen, dass bei der Mehrheit der Comicfans heute der Konsens herrscht, dass man die 90er comictechnisch lieber vergessen sollte? Um das zu verstehen, muss man die vier Faktoren betrachten, die diese Entwicklung vorangetrieben hatten. Diese sind die Comicspekulationsblase, Image Comics, der Erfolg der Superstarartists und die Dark Age. Alle begünstigten sich gegenseitig und trieben den Niedergang des Mediums in diesem Jahrzehnt vor sich her.

Es war einmal im Dark Age

Wie bereits zu Anfang erwähnt, erschienen in den 80er Jahren einige Comics, die das Medium an sich aufrüttelten: Sie waren oft düstere und durch und durch erwachsene Neuinterpretationen klassischer Helden und Ideale. Und weil die Comicindustrie schon damals hauptsächlich von erwachsenen Fans lebte, konnten diese nun wesentlich aufgeschlossener mit ihrem Hobby umgehen. Die Industrie sah darin eine lukrative Einnahmequelle und man versuchte gerade diese Käufer direkter anzusprechen. Die Folge war das sogenannte Dark Age: Die Comics der 90er wurden überschwemmt mit scheinbar erwachsenen Inhalten. Die Geschichten waren brutaler, blutiger und düsterer. Figuren wurden mit seltsamen Proportionen dargestellt, männliche Charaktere wurden in absurdem Ausmaß muskelbepackt, weibliche Figuren übersexualisiert und beide anatomisch unrealistisch dargestellt. Völlig unpraktische Kostüme und großkalibrige Waffen (vor allem in den Image Comics dieser Zeit, dazu später mehr) waren überall zu sehen. Doch daneben resultierte noch etwas anderes aus dem Coming Out erwachsener Comicfans und begünstigte dabei die Dark Age noch weiter: Die Comicspekulationsblase. Mit dem wachsenden Markt an reifen Lesern begann die Presse plötzlich auch auf Comics als Wertanlage aufmerksam zu werden. Berichte von Comics, die für tausende von Dollars verkauft wurden häuften sich. Eine Ausgabe von Action Comics #1 (der erste Auftritt von Superman) knackte die Million-Dollar-Marke. Das rief Spekulanten auf den Plan, die einen Weg sahen, Comics billig zu kaufen und nach einigen Jahren mit großem Gewinn wieder zu verkaufen. Das hatte zeitweise den Effekt, dass die Verkäufe von Comics in die Höhe schossen, insbesondere von Comics, die besonderen Sammlerwert versprachen. Also solche mit dem ersten Auftauchen von Charakteren, den Toden wichtiger Charaktere, mit tiefgreifenden Veränderungen und so weiter. Die Industrie sprang darauf auf und veröffentlichte extrem viele Comics, die genau das beinhalteten. Helden starben, neue Figuren wurden eingeführt und den Comics wurden Gimmicks beigefügt, die sie im zu erwartenden Sammlerwert steigen lassen sollten. Als Superman 1992 starb, berichteten selbst klassische Medien davon. Die Spekulationsblase wuchs immer weiter und das böse Erwachen drohte schon am Horizont.

Von Künstlern und Rechten

Zunächst waren jedoch auch noch andere Faktoren am 90er-Comic-Drama beteiligt, die auf die Künstler des Mediums zurückzuführen sind. Bis in die 90er waren diese zumeist als wichtiger angesehen als die Autoren. Um die Zeichner noch fester an sich zu binden, erhielten sie in den 90ern zusätzliche Privilegien. Vor allem ließ man Zeichner auch schreiben, selbst wenn diese kaum Erfahrung als Autoren hatten. Der Superstarartist war geboren. Und die Problematik darin zeigte sich schon sehr bald. Doch einigen Zeichnern ging dies noch nicht weit genug. Wichtig ist eine Geschäftsnorm des Mediums, vor allem bei den Comicverlagsimperien DC und Marvel. Danach haben Künstler keine weiteren Rechte an ihren Kreationen. Auf diese Art können spätere Künstler und Autoren die Stories weiterführen, ohne dass man größere Rechtstreits führen muss. Die künstlerische Kraft dahinter fühlte sich aber berechtigterweise benachteiligt und eine kleine Gruppe von Zeichnern stellte ihrem Verlag Marvel ein Ultimatum. Als der sich weigerte, ihnen noch mehr Rechte einzuräumen, verließen die Zeichner, darunter Rob Liefeld (Erfinder von Deadpool), Jim Lee (Zeichner von Batman, X-Men) und Todd McFarlane (Erfinder von Spawn) Marvel und gründeten Image Comics. Hier war Geschäftsnorm, dass Künstler nie ihre Rechte an ihren Schöpfungen vollständig verlieren. Und zu Anfang sah es für Image auch sehr gut aus.

Bis die Blase platzt

Aber dann brach alles in sich zusammen. Die Spekulationsblase war vor allem für den finanziellen Kollaps verantwortlich. Als sich herausstellte, dass all die Comics, auf die die Spekulanten ihr Geld gesetzt hatten, nichts wert waren, platzte die Blase. Das Problem war, dass sich die alten Comics so teuer verkaufen ließen, weil es eben nur noch so wenige, gut erhaltene Exemplare gab. Die modernen Comics gab es in Massen und kein Glitzerfoliencover konnte daran etwas ändern. Der Effekt war dramatisch. Comicreihen wurden eingestellt, etliche Comicläden mussten schließen und Marvel meldete 1996 schließlich Konkurs an. Und auch auf künstlerischer Seite lief es nicht besser. Es zeigte sich, dass die Superstarartists nun mal zum Großteil keine Autoren waren. Ihre Geschichten waren oft nicht besonders gut. Und trotz aller guten Vorsätze war dies auch bei Image Comics spürbar. Die Industrie schrumpfte und würde lange brauchen, um sich von dem Schlag zu erholen.

Doch das Leben geht weiter. Die Ära der 90er wird zwar immer als ein Tiefpunkt der Industrie in Erinnerung bleiben, als die Verleger an ihrer eigenen Gier fast komplett zugrundegingen, aber hin und wieder finden sich einige Schätze. Die Storyline The Death and Return of Superman aus den 90ern ist auch heute noch wirklich gut zu lesen. Und die Industrie erholte sich. Zum Ende des Jahrzehnts sah es schon wieder besser aus. Und mit etwas Glück haben alle Beteiligten etwas aus dem Fiasko gelernt.

 

Zum Thema:

Various: The Death and Return of Superman

Various: Batman – Knightfall

Alan Moore: Watchmen

Frank Miller: The Return of the Dark Knight

Die Jagd nach der goldenen Statue – Das Oscar-Horoskop 2014

von Henrike W. Ledig und Marius Lang

Auch dieses Jahr steigt sie wieder: Die berühmt-berüchtigte Verleihung der goldenen Männchen! media-bubble.de hat erneut zwei führende Filmfreunde ins Rennen geschickt, um euch eine Prognose auf den Ausgang des Rennens unter der Herrschaft der diesjährigen Schirmherrin Ellen Degeneres zu liefern.

Wie letztes Jahr gilt auch dieses mal wieder: Wer sich von unseren Redakteuren am häufigsten vertippt hat, der muss zur Strafe den schlechtesten Film 2013 ertragen. Die Wahl dessen dürfen wir freundlicherweise dem Komitee der Goldenen Himbeere überlassen, die traditionell am Vorabend der Oscar-Verleihung verliehen wird. So wie es den Anschein hat, sind die „Favoriten“ dabei Disneys grandios vergeigte Western-Komödie The Lone Ranger, Adams Sandlers jüngster Versuch, doch noch von der Welt als witzig anerkannt zu werden, a.k.a. Kindsköpfe 2 und der mit der Smith’schen-Doppelspitze besetzte Science-Fiction-Reinfall aus der Regiehand des gefallenen Film-Heilands M. Night Shyamalans After Earth. Wir zittern jetzt schon.

Natürlich wird die Oscar-Nacht wieder fleißig per Facebook und Twitter von unseren Redakteuren kommentiert werden, zunächst aber die eigentliche Prognose:

 

 Marius Lang:  Henrike W. Ledig:

Favorit

Der große Favorit ist dieses Jahr Steve McQueens Sklavereidrama 12 Years a Slave (oder für weiße Amerikaner auch 2 and a half Hours of Shame). Der Film schaffte es nicht nur, seinen begnadeten Regisseur endlich in das längst überfällige Rampenlicht zu rücken, er kann sich auch bei den diesjährigen Academy Awards extrem gute Chancen ausrechnen. Auch Alfonso Cuaróns Gravity darf sich zu den Favoriten zählen. Allerdings werden hier vor allem die technischen Kategorien fällig, vor allem für die beeindruckenden Bilder.

Favorit

Ganz ehrlich? Rückblickend war für mich das Jahr 2013 eher mager, was wirklich gute Filme anbelangt. Und das spiegelt sich deutlich in den Oscar-Nominierungen wieder, die dieses Jahr nicht sonderlich breitgefächert sind: Hollywood feiert sich größtenteils selbst und so kommen die fast übertrieben zahlreich mit Nominierungen beschmissenen Streifen schon alle als sehr, sehr amerikanisch daher. Aber was soll man machen? Also los:Als die großen Favoriten des Abends gelten natürlich American Hustle und Gravity, mit jeweils zehn Nominierungen, sowie 12 Years A Slave mit Neun. Mich persönlich konnte davon zwar wider aller Erwartungen nur Gravity tatsächlich vom Hocker reißen, trotzdem wette ich darauf, dass das historische Biopic über Sklaverei und Rassismus als großer Gewinner den Abend für sich entscheiden kann.

Verlierer

Auch wenn es sich hier um den, meines Erachtens mit Abstand besten Film handelt, wird Martin Scorseses Meisterwerk The Wolf of Wall Street voraussichtlich weitgehend leer ausgehen. Zu Unrecht, da der Film der wieder einmal zeigt, dass von all den jungen, talentierten Regisseuren und nicht minder talentierten alten Hasen es noch immer niemand schafft, dem Großmeister Scorsese auch nur ansatzweise das Wasser zu reichen. Als Trostpflaster für mich wird sich auch David O. Russels zehn Mal nominiertes Machwerk American Hustle (hoffentlich) nicht zu den großen Siegern zählen können. Tragischer ist da schon wieder, dass auch Nebraska und Her wohl leer ausgehen werden.

Verlierer 

Dass die Ansichten der Academy nun mal häufig nicht die eigenen Ansichten widerspiegeln, dürfte sich morgen Abend mal wieder besonders ausdrücklich unter Beweis stellen.Deswegen wird vor allem die bitterböse Börsensatire The Wolf of Wall Street leer ausgehen, was aber sowohl die Darsteller als auch Regisseur Scorsese verkraften können. Viel trauriger wird es vermutlich für das grandiose britische Drama Philomena, das den illegalen Verkauf von Kindern durch die katholische Kirche im Irland der 50er aufarbeitet. Immerhin vier mal nominiert, wird es für dieses weitere Meisterwerk aus der Hand Stephen Frears (Die Queen) schwer werden, sich gegen die Konkurrenz zu behaupten.

Missachtet

Auch in diesem Jahr ist die Academy wieder sehr darauf bedacht gewesen, eine exzellente Auswahl an Filmen und aus irgendeinem Grund American Hustle mit Nominierungen zu bedenken. Ein Wehrmutstropfen ist, dass Inside Llewyn Davis von den Coen-Brüdern nicht in den wirklich wichtigen Kategorien zu finden ist. Und erneut wurden diverse Filme wenig oder gar nicht beachtet, die nicht ins Schema der Academy passen. Doch darüber kann man getrost hinwegsehen, da man es ja gewohnt ist und die meisten nominierten Filme dies auch mehr als verdient haben.

Missachtet

Wie zuvor erwähnt, bin ich mit der Filmauswahl durch die Academy für diese Verleihung nicht wirklich glücklich: Zu einseitig sind mir die angesprochenen Thematiken: Allein das „Groß-angelegte-übers-Ohr-hauen-um-so-an-möglichst-viel-Geld-zu-kommen“ ist in allein drei der meist bedachten Filmen der wichtigste Plotstrang. Nein, das ist mir nicht divergent genug. Andererseits blieben mir abseits dessen auch keine wirklich bahnbrechenden Streifen längerfristig im Gedächtnis! Also, Filmindustrie: Einmal drück’ ich noch ein Auge zu!

Bester Film

Die wichtigste Kategorie wird mit großer Wahrscheinlichkeit 12 Years a Slave für sich beanspruchen. Und auch wenn ich ihn nicht für den wirklich besten Film halte, ist dieser Preis durchaus verdient. McQueen schuf einen Film, in dem jede Szene Bände spricht, eine erschütternde Darstellung der Sklaverei im Süden der USA, getragen von brillanten Schauspielern und untermalt von Hans Zimmers bestem Score seit langem. Jede Einstellung in diesem Film war stimmig. Möglicherweise nicht der beste Film, aber in diesem Jahr könnte ich mich allermindestens nicht über diese Entscheidung der Academy beschweren.

Bester Film

Geht mit absoluter Sicherheit an 12 Years a Slave. Warum auch immer. Gezwungenermaßen meiner Meinung nach, denn anscheinend haben wir erneut einen überhypten Film gebraucht, der uns zeigt, dass Weiße generell Arschlöcher sind, die nichts anderes tun, als Maskenbälle in ihren Südstaatenvillen zu feiern. Gähn. Wenn ich hier meine werte Kollegin Gerstenlauer zitieren darf: „Fand ich jetzt gar nicht mal so gut.“Natürlich: Sklaverei und Rassismus sind doof, trotzdem ermüdet mich die Filmschwelle der ebengleichen Thematik in den letzten Jahren inzwischen nur noch. Und da es anscheinend immer öfter usus wird, dass Filme ungeheuerliche 2 ½ Stunden ertragen werden müssen und Kino deshalb immer öfter zum regelrechten Aushaltekino avanciert, darunter leidet auch 12 Years A Slave.

Beste Regie

Für mich definitiv Martin Scorsese. Doch sein Film polarisierte zu sehr und das wird selten belohnt. Wichtigste Kandidaten sind hier demnach Steve McQueen für 12 Years a Slave und Alfonso Cuarón für Gravity. Beide lieferten fantastische Arbeiten ab und es ist schwer zu sagen, wer wirklich am Ende als der Sieger hervorgehen wird. Persönlich setze ich mein Geld auf Cuarón, weil sein Film vielleicht an sich nicht so gut wie McQueens Werk, aber dafür die größere Augenweide war. Gravity zog einen in den Bann, was auch Cuarón zu verdanken ist. Zudem konnte Cuarón bereits den Golden Globe gewinnen, was oft eine gute Prognose für die Oscars ist.

Beste Regie

Traditionell geht eigentlich immer der Oscar für die beste Regie auch an den besten Film. Dem wird dieses Jahr nicht so sein, denn die beste Regiearbeit lieferte mit großem Abstand der Mexikaner Alfonso Cuarón, der mit Gravity einen der technisch perfektesten Filme der letzten Jahre schuf. Großen Respekt dafür!

Bester Haupt-/Nebendarsteller

Die Entscheidung ist knapp und drei Herren haben die Nase vorn. Chiwetel Ejiofor als in die Sklaverei verkaufter Violinist Solomon in 12 Years a Slave, Matthew McConaughey als Aids-kranker, homophober Elektriker im Texas der 80er Jahre in Dallas Buyers Club und Leonardo DiCaprio als amoralischer Börsenmakler Jordan Belfort in The Wolf of Wall Street. Alle drei liefern Meisterleistungen ab und wer hätte vor wenigen Jahren gedacht, dass ausgerechnet McConaughey irgendwann mal ein Oscarfavorit ist. Die Entscheidung wird also zwischen diesen dreien Fallen und mein Tipp ist dabei DiCaprio. In The Wolfliefert er die beste Leistung seiner bisherigen Laufbahn ab, er spielt den Rest des Casts locker an die Wand und selten konnte man seine Leinwandpräsenz so spüren wie hier.Bei den Nebendarstellern ist die Entscheidung klarer und nur zwischen zwei Schauspielern zu treffen, die ernsthaft dafür in Frage kommen. Michael Fassbender als brutaler Plantagenbesitzer in 12 Years und Jared Leto als aidskranker Transvestit in Dallas Buyers Club. Auch hier gibt es ein Kopf-An-Kopf-Rennen, dass am Ene wohl Fassbender für sich entscheiden wird. Selten spielt Fassbender so gut wie in den Filmen von McQueen und in 12 Years greift er erneut tief in die schauspielerische Trickkiste. Der Oscar wäre da eine absolut logische Konsequenz.

Bester Haupt-/Nebendarsteller 

Auch wenn das vielleicht gefährlich anmaßen sollte: Ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass Leonardo DiCaprio endlich den Oscar als bester Hauptdarsteller in The Wolf of Wall Streetbekommt. Nachdem er jahrelang fast aus Prinzip, oder so schien es zumindest, übergangen wurde, könnte jetzt seine Zeit reif sein. Ich hätte mir nur gewünscht, dass es mit einem weniger plakatierenden Streifen gewesen wäre.Zwar halte ich 12 Years a Slave nicht für den grandiosen Film, wie es andere tun, trotzdem war Michael Fassbenders Performance als sadistischer Sklavenherr überragend! Dafür hat er den Oscar mehr als verdient. Zwar täte es Jared Leto ebenso für seine Darstellung des Transsexuellen Rayon in Dallas Buyers Club, aber Fassbenders Chancen stufe ich als deutlich höher ein

Beste Haupt-/Nebendarstellerin 

Können wir uns bitte darauf einigen, Meryl Streep eine Art Präventiv-Oscar zu geben und sie dann nicht mehr als beste Hauptdarstellerin zu nominieren? Allerdings ist sie dieses Jahr nicht wirklich zu den Favoriten zu zählen. Hier könnte dagegen erstmals American Hustle punkten. Amy Adams gilt als Favoritin und obwohl ich sie grundsätzlich sehr schätze, wäre meine Wahl Cate Blanchett für Blue Jasmine, die wie üblich alles gibt und ihre Rolle als bankrottes, ehemaliges Miglied der High-Society fantastisch verkörpert.Jennifer Lawrence ist der Liebling der Amerikaner und glücklicherweise auch eine äußerst talentierte Schauspielerin. In der Kategorie der besten Nebendarstellerin ist sie dieses Jahr Favoritin und auch einer der wenigen Lichtblicke in David O. Russels American Hustle. Der Preis sei ihr gegönnt sie spielt ihre Rolle vortrefflich. Aber auch die anderen nominierten Damen lieferten extrem Gute Darstellungen ab. Mit Lawrence können sie da leider in diesem Jahr nicht ernsthaft konkurrieren.

Beste Haupt-/Nebendarstellerin 

Dazu: Ich bin großer Fan von jeweils Dame Judi Dench, Cate Blenchett und Meryl Streep. Aber bitte, liebe Academy: Gebt der wundervollen Amy Addams doch bitte den seit langem überfälligen Oscar! Ihre herausragende Performance in American Hustle sollte eigentlich Grund genug dafür sein. Auch, wenn ich mich natürlich über eine zweite goldene Statuette für Jennifer Lawrence freuen würde – ihre Darbietung in American Hustle war nicht weniger als brilliant – so glaube ich dennoch, dass Lupita Nyong’o dieses Jahr den Oscar mit nach Hause nehmen darf. Und das völlig zu Recht: Zwar habe ich meine generelle Enttäuschung über 12 Years A Slave bereits schon zur genüge kundgetan, doch liegt mir nichts ferner, als den Darstellern ihr Können abzusprechen. Frau Nyong’os Darstellung der misshandelten Sklavin in den Händen ihres Masters (Michael Fassbender, s.o.) war einfach nur grandios.

 

Are fan works against the law?

 von Sanja Döttling

The internet makes fan works more and more visible – not just to fans, but to everyone. Producers and Content owners can now easily access fan works. The legal confrontation between copyright holders and fans is now more than ever an issue to consider.

Derivative or transformative works?

Fan Works use characters, settings and scenes from copyrighted material – be it a book, TV series or movie. However, it also places them in the “grey area” of copyright law. In U.S. American law, until now there are no clear cut rules on which grounds one can decide if a fan work is infringing on the copyright law or not. Aaron Schwabach, author of the book “Fan Fiction and Copyright”, calls this the “uneasy and unofficial accommodations between content owners and fandoms”.

The Organization of Transformative Works (OTW), a non-profit organization that supports fans and fanworks, states: “While case law in this area is limited, we believe that current copyright law already supports our understanding of fanfiction as fair use”. OTW defines fanworks as transformative works and claims “that transformative works are legitimate”. But this question is still in debate and seldom tested in court cases.

In current U.S. law, there is the distinction between derivative work and transformative work. A derivative work is protected under the copyright law and requires the permission of the copyright holder prior to use.

A transformative work is more original and thus less likely to infringe copyright. Attorney John Bayard, who is a volunteer for OTW, says “The basic idea for a transformative work would be something that changes or alters the original work to give it new expression or meaning”. Additionally, parodies that actively criticised the source material, are protected by the freedom of expression. There is no clear line to divide derivative works from transformative works.

Fair use policy in the U.S.

Unlike any other country; U.S. law incorporates the notion of fair use. The fair use concept allows persons to draw upon another person’s work without their permission. It is not a strict rule. John Bayard explains: “Fair use is a subjective test which means courts would balance a number of different factors”. These factors are defined under 17 U.S.C. § 107:

“(1) the purpose and character of the use, including whether such use is of a commercial nature or is for nonprofit educational purposes; 

(2) the nature of the copyrighted work; 

(3) the amount and substantiality of the portion used in relation to the copyrighted work as a whole; and 

(4) the effect of the use upon the potential market for or value of the copyrighted work.” 

As one can see, the question if a work is published non-commercial or not (usually fan works are non-commercial) is an important, but not the only factor defining fair use. John Bayard says: “Publishing a fan-fiction and claiming fair use does not prevent someone from bringing suit against you. However if infringement claims are brought, you can claim fair use as a defense against infringement”. The decision if a work is covered by fair use or not depends on the individual case. John Bayard doesn’t think that there should be a more clear distinction to define matters. “Art and culture thrive under flexibility and openness and courts don’t want to limit what is art.”, he says.

How do content owners react

Most of the content owners are aware of their fans and the fan work. They know how important a big fandom can be, that’s why they seldom act against their own fans. Of course, that differs from copyright holder to copyright holder. John says: “Writers such as J. K. Rowling are generally accepting of fan fiction as long as it is not overtly pornographic, while other writers such as George R. R. Martin are against any forms of fan fiction”. This does not stop fans from actively producing fan works. John Bayard describes the relationship on which the evaluation fan works depends:

“I would best describe fan labor (including fan fiction) as a three way relationship between the creator, the IP holder, and the fans. It really depends on all three. What I’ve seen in most cases is that the creator’s and IP holders are willing to allow a certain amount of fan made labor as long as it generally stays within the fandom and most people can recognize the difference between the fan labor and the real thing”.

Maintaining the difference between non-commercial fan labour and the commercially produced source product is one of the main points in the legal discussion.

Future of fan fiction 

Fan works exist in a “grey area” of the law. Even if fan works have been acknowledged by the producers and content owners, there are still no clear rules fan can rely on. Some content owners are really open towards fan works: for example the official Doctor Who Blog on tumblr, which is re-blogging fan’s work under the BBC’s seal of approval. John Bayard says: “Personally I think the best practice for a fan community is to ensure communication between themselves, the creators, and the IP holders. This way everyone knows what is going on”. 

 

Bilder: flickr/opensourceway (CC BY-SA 2.0); flickr/107955285@N05 (CC BY 2.0)

SEO – Der Erfolg macht Rechtschreibfehler

von Philipp Humpert

„Finde jetzt das beste Antivirus Programm online. Unsere Experten vergleichen günstige Programme für Antivirus und testen für dich das beste Antivirusprogramme kostenlos.“ Sätze wie dieser finden sich in der weiten Welt des Internet zu Hauf. Aber waren hier einfach nur unterbezahlte Werbetexter mit Rechtschreibschwäche am Werk oder steckt vielleicht doch mehr dahinter? In diesem Fall steckte ich selbst hinter diesem Satz, welcher später auf einer bekannten Seite für Produktvergleiche landen sollte. In deren Redaktion absolvierte ich für sechs Woche ein Praktikum, auf das ich eher zufällig gestoßen bin. Das Angebot klang verlockend: In der Redaktion eines jungen Berliner Start-Ups seine Fußspuren hinterlassen und dabei Einblick in professionelles Marketing bekommen. Nach einem telefonischen Bewerbungsgespräch war alles schnell geklärt und schon kurze Zeit später ging es los. Der erste Eindruck war sehr positiv, eine junge Redaktion mit sympathischem Chef und lockerer Atmosphäre lud zum kreativen Ausrasten ein. Die Arbeit in dieser Redaktion, wie ich bald lernte, orientiert sich an einem einfachen, aber sehr effektiven Prinzip des Onlinemarketing, das sich seit einigen Jahren in der Internetindustrie rasant ausbreitet: der „Search Engine Optimization“ (kurz SEO).

Geistige Fließbandarbeit

Das Prinzip ist schnell erklärt. Um im Internet viel Aufmerksamkeit zu bekommen, ist es sehr nützlich, bei den gängigen Suchmaschinen Google, Jahoo oder Bing für bestimmte Suchwörter weit oben zu ranken. Will sich ein Kunde beispielsweise über Antivirusprogramme informieren, so wird er sich kaum die Mühe machen, die ersten 30 Ergebnisse seiner Suchmaschine zu begutachten. In der Praxis klickt kaum jemand überhaupt auf Seite 2 der Suchergebnisse. Für ein Unternehmen ist es also elementar wichtig, für seine Produkte bei Google et al. in den Top 10 zu ranken. Also versucht man, die Algorithmen, nach denen die Suchmaschinen die Ergebnisse für ein Schlagwort auflisten, zu entschlüsseln, um anschließend die eigene Webseite an diese Kriterien anzupassen und so „google-freundlicher“ zu werden. So hat man die Möglichkeit, mit vergleichsweise wenig Aufwand in der Onlinevermarktung schnell erfolgreich werden, was das Konzept für junge Unternehmen sehr attraktiv macht.

Klingt erstmal logisch. In der Praxis wird es jedoch komplizierter. Nach meinen ersten Tagen im Praktikum, in denen ich mehr oder weniger anspruchslose Fingerübungen absolviert hatte, legte mir mein Chef eines Morgen eine lange Liste mit bunten Zahlen, Wörterkolonnen und Diagrammen auf den Tisch. Diese Liste kam aus der Back-end-Abteilung (da, wo dürre Nerds den ganzen Tag in kryptischen Codezeilen schwelgen). Sie enthielt genaue Angaben über Wortanzahl meines Textes, Wortabstand, Häufigkeit der Wörter und sogar über Rechtschreibfehler, die ich bewusst einbauen sollte. Und langsam wurde mir klar, was Kreativität hier wirklich bedeutete. Abschied vom journalistischem Meisterstück, hin zur geistigen Fließbandarbeit: Die Kunst, zusammenhanglose Wortklötze in einen halbwegs lesbaren Text zu gießen.

Experte ist jeder

Ich mühte mich redlich ab, und nach zwei Tagen Arbeit konnte ich tatsächlich stolz auf mein Werk von 1800 Wörtern blicken. Währenddessen hatte mein Kollege dreimal soviel geschrieben. Mit der Zeit gewöhnte ich mir dabei einen besonderen Schreibstil an. Wie verteile ich meine Wörter am besten über den Text? Was darf ich sagen, was nicht? Bestimmte Floskeln (‚Experten vergleichen für dich‘, ‚Wir haben getestet‘, ‚Nach ausführlichen Tests‘) flossen schon fast automatisch mit ein. Diese ‚Tests‘ bestanden größtenteils aus im Internet zusammengesuchten Daten von anderen Websites.

Um meinen eigenen Arbeitsplatz standen in einem großen Raum verteilt weitere Tische, an jedem eine andere ‚Abteilung‘. Links von mir waren die Linkbuilder: Sie surften den ganzen Tag durchs Netz, verbreiteten den Link der Website in Foren und Blogs oder versuchten sonst irgendwie, für Aufmerksamkeit zu sorgen und die heiligen Klickzahlen weiter in die Höhe zu treiben. Rechts, auf der anderen Seite, waren die Backend-Schrauber: Sie arbeiteten am neuen Design der Seite und sorgten dafür, dass sie immer abrufbar war und alles rund lief. Und hinter mir schließlich der Chef mit seinem Assistenten: Seine Hauptaufgabe bestand darin, Sponsoren anzuwerben. Das ging am besten beim Lunch.

Der große Tag

Schließlich kam der große Tag. Die neuen Texte wurden online gestellt. Innerhalb der nächsten Woche sollte sich zeigen, ob sich die Arbeit der letzten paar Monate für uns auszahlen würde. Erfolg maßen wir in Klickzahlen und Verkäufen. Denn man darf nicht vergessen: Am Ende geht es darum, etwas zu verkaufen. In den folgenden Tagen gingen Tablets, Antivirusprogramme, ein paar Ebook-Reader und sogar das eine oder andere Autoersatzteil über die digitale Ladentheke. Im Eifer des Gefechts haben wir sogar noch ein paar Erklärvideos zu Produkten gedreht, um den Multimediacontent der Seite zu erhöhen (auch das freut Google). Am Ende gelingt es uns gar, für ein paar Suchworte mit unserer Website auf Seite 1 bei Google zu ranken.

All das ist dem geneigten Internetnutzer natürlich nicht bewusst. Er wundert sich höchstens über die seltsame Grammatik auf manchen Seiten und die merkwürdigen Testergebnisse, die doch so sehr nach dem letzten Heft von Stiftung Warentest klingen. Aber dann kauft er das neue Smartphone eben doch hier. Denn so oft, wie ihm bei seinem Seitenbesuch beteuert wurde, dass nur kompetente Experten für ihn Spitzenprodukte vergleichen…Da muss dann schon was dran sein. Oder?

Beispiele: www.getestet.de, www.testsieger.de, www.toptenreviews.com, www.netzsieger.de

 

Bilder: flickr/infocux (CC BY-NC 2.0); flickr/infocux (CC BY-NC 2.0); flickr/mattsearles (CC BY-NC-SA 2.0)

Little bliss – eine App mit der Garantie zur Glückseligkeit

von Sandra Fuhrmann

Sie wollten sich selbst eine Herausforderung setzten. Ein ungewöhnlicher Plan für eine Abschlussarbeit, bei der sich die meisten Studenten vermutlich nicht zu weit aus bereits  bekanntem Terrain hinauswagen wollen. Bei Janine Junge und Maria Maute ging der Plan auf: Die Masterabsolventinnen im Fach Medienwissenschaft der Uni Tübingen haben in Eigenregie eine App entwickelt, die heute sowohl für iOS als auch für Android-Geräte kostenlos im Store verfügbar ist.

Schokolade für die Seele

Little bliss (kleine Glückseligkeit) ist der Name der App. Funktionieren soll sie quasi, wie Schokolade im Handyformat. Drei Kategorien bieten dem User die Möglichkeit, entweder etwas Gutes für sich selbst, für seine Mitmenschen oder für die Umwelt zu tun. „Wir wollten keine reine Informations-App herstellen“, sagt Janine. „Wir wollten etwas machen, das den Menschen Freude macht.“ Dafür haben sich die beiden Studentinnen über 80 kleine Wohltaten einfallen lassen, die der User über die drei Kategorien finden kann. Wie wäre es zum Beispiel damit, einen Freund mit einem leckeren Essen zu überraschen? Zusätzlich zu diesem Tipp, bietet die App auch gleich einen Rezeptvorschlag an. Freude bereitet schon die Benutzung, denn jeder Vorschlag ist mit Bildern und Sprüchen ansprechend illustriert. Darin sehen Janine und Maria einen wichtigen Vorsprung, den little bliss gegenüber vielen anderen Ratgeber-Apps hat.

Von der Idee zur fertigen App

Die Idee für little bliss entstand in einem Eiscafé bereits im Sommer des vergangenen Jahres. Privat hatten sich Janine und Maria schon davor angeeignet, Websites zu programmieren. Eine App allerdings sollte noch einmal eine ganz neue Herausforderung darstellen. „Witzigerweise haben wir etwas gemacht, das wir im Studium so nicht gelernt haben“, sagt Janine. Nach der Idee kamen die ersten Skizzen. Wie sollte die App aussehen? Wie sollte sie funktionieren? Welche Inhalte sollten hineingepackt werden? Als nächstes ging es darum, die Inhalte konkret auszuarbeiten. Eine Liste der Wohltaten wurde erstellt und Bilder wurden im Internet gesucht und anschließend bearbeitet. Bevor es dann tatsächlich richtig zur Sache ging, nämlich an die Programmierung, mussten die Medienwissenschaftlerinnen genau überlegen, wie die App funktionieren sollte. Welche Buttons sollte es geben? Wie konnte man zu einem Inhalt und wieder zurückkommen? Wie sollte die Seite mit dem User interagieren? Erst im Laufe dieses Arbeitsprozesses merkten die beiden, wie viele Funktionen sie bei ihren ersten Überlegungen übersehen hatten, die nötig waren, um die App benutzerfreundlich zu machen.

Janine und Maria kannten vor ihrem Masterprojekt zwei Programmiersprachen. Vier brauchten sie, um die App umsetzten zu können. Ein Bekannter konnte ihnen zwar ein paar Tipps geben und bei der Fehlersuche helfen, die tatsächliche Arbeit aber haben Janine und Maria allein gemacht. Die erste Version programmierten sie nur für das mobile Betriebssystem iOS der Firma Apple. Bevor die App aber im Store zugelassen wurde, mussten die beiden einen aufwendigen Anmeldungsprozess als Developer für Apple hinter sich bringen. Nach der Einreichung wurde little bliss dann von Apple auf Funktion, Inhalt und Relevanz geprüft. Der Worst Case in solchen Fällen ist eine Fehlermeldung von Apple. Die App muss danach erneut überarbeitet werden „Davor hatten wir schon Angst“, gibt Janine zu. „Wenn etwa ein Layoutfehler das Problem gewesen wäre, dann hätten wir das hinbekommen, aber wenn es einfach geheißen hätte, dass der Code falsch ist, wäre es schwierig geworden, den Fehler zu finden.“ Doch die beiden hatten Glück. Little bliss wurde von Apple auf Anhieb akzeptiert. Seit Mitte Januar 2014 ist die App im App-Store von Apple erhältlich.

Eine zweite Version muss her!

Manche von Janines und Marias Bekannten allerdings waren enttäuscht. Auf ihren Android-Smartphones konnten sie die neue App nicht ausprobieren. Schnell war klar: Eine zweite Version musste her! „Bei Android ist das Problem, dass es so viele verschiedene Geräte nutzen, die zum Beispiel unterschiedliche Auflösungen haben. Da eine App zu machen, die auf allen funktioniert, ist schwierig“, sagt Maria. Trotzdem haben die beiden auch dieses Hindernis inzwischen überwunden. Seit dem 14. Februar dürfen auch Android-User mit Hilfe der App sich und der Welt Gutes tun.

Endphase Vermarktung

Im Moment sind die Absolventinnen in der Abschlussphase des Projekts, nämlich seiner Vermarktung. Durch Social Media, in diversen Internet-Foren und über Artikel zur App versuchen sie nun, little bliss bekannter zu machen. Ganz ohne Probleme läuft das vor allem in den Foren nicht immer ab. „Wir sind nicht mehr bei allen drin“, erzählt Janine. „Bei ein paar haben sie uns wieder rausgekickt. Auch unser Wikipedia-Artikel wurde wieder gelöscht“. Trotzdem sind die beiden begeistert über die steigende Zahl der Downloads. Weit über 200 sind es inzwischen und jeden Tag kommen etwa zehn Stück dazu. Sogar in Österreich, der Schweiz, den USA und China wurde little bliss schon heruntergeladen.

Sag, was kostet das Glück?

Finanziell gesehen, war die Masterarbeit für die beiden nicht ganz günstig. „Wir haben schon viel Geld reingesteckt“, berichtet Maria. „Bei Apple und Google muss man fortlaufend jährlich zahlen, wenn man die App in den Store stellen will. Außerdem haben wir die meisten Bilder im Internet gekauft.“ Für den User ist die App momentan komplett kostenlos. „Wir haben lange überlegt, ob die App etwas kosten soll. Wir haben uns dann dagegen entschieden, weil es ja eigentlich etwas Schönes für die Leute sein soll, mit dem sie etwas Gutes tun können. Dafür sollen sie nicht zahlen müssen“, sagt Janine. Allerdings überlegen die Studentinnen derzeit, zusätzliche Wohltaten hinzuzufügen, für die der User dann zahlen muss, um sie ebenfalls abrufen zu können. Technisch wäre das kein Problem. „Wenn der User die App neu öffnet, sind auch die neuen Wohltaten gleich da, weil man diese beim Öffnen der App nicht mit herunterlädt“, erklärt Maria. Ob die beiden ihre Ausgaben damit ausgleichen können, wissen sie zwar nicht. Als Arbeitsprobe für Bewerbungen und zur Erweiterung des eignen Know-Hows hat sich das Projekt für Janine und Maria aber auf jeden Fall gelohnt. Da bleibt also nur noch, auch den beiden möglichst viel Glück zu wünschen– am besten natürlich selbst programmiert.

 

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LiveJournal is dead – long live tumblr!

by Sanja Doettling

Online Wanderers

Fans rapidly embrace new technologies; the internet has changed the way fans communicate. For fans, it is vital to share, discuss and rewrite their fandom with fellow fans. The internet removed geographical boundaries and brought fans closer together. It exponentially increased the number of fans; from a small subculture to a visible online phenomenon. However, the internet with its endless possibilities challenges the fan community in several ways. What website should fans gather? How can a community as big as fandom be structured and organised? And how does new media technology influence the content of fan discussions?

Fans on the internet

Livejournal.com went online in 1999 and was one of the first blogging networks. As with other new technology, fans embraced this too. They could now easily search for new fanfiction and communicate together. Some features, like the ability to comment on posts immediately and the opportunity to add “friends”, made the community-building process much easier than it was in the pre-livejournal era. The blogging network slowly replaced old mailing lists.

Many long-term fans were not pleased by the new technology. The fanzine “Discovered in a letterbox”, Number 23, published some comments about livejournal.com. One fan says: “Nothing wrong with live journals, but please don’t tell they are places of discussion as a mailing list is, because it is, simply, not true”. They criticised the quality of the debate and the mixing of fan activity with private information. Another fan writes: “Time and again, the reader is treated to embarrassing, detailed and utterly personal descriptions of yucky illnesses, nervous breakdowns and sexual dysfunction. I squirm for them, and I hasten to flee the site: there is definitely such a thing as Too Much Information”. Julia Allis, volunteer at the Organization of Transformative Works, has a different view:

“First, I have a suspicion that many of the participants of fandom mailing lists were male. If you look at male-dominated forums (video game forums, for example), you’ll find a lot of technical discussion of the media in question, and a comparatively low amount of personal socializing and bonding. In contrast, in a female-dominated space, you see a lot more initial bonding over the media and then personal bonding, where the fans talk about their emotions and responses to the media.”

Livejournal, as a social media platform with a focus on fanworks, became a more female-dominated space. This changed the focus of the discussion. Allis says: “Personally, however, I found the discussions that happened on Livejournal to be extremely rich in depth and thought. The fact that these discussions sometimes also touched on fans‘ personal lives felt honest to me. It’s disingenuous to pretend that we DON’T have a personal, emotional response to the media we consume”. 

The Big Break Up: Fans leave LJ

In 2007 Livejournal deleted around 500 accounts without previous warning. It was called the Striket-hrough-incident. Targets were blogs that dealt with child pornography, incest, paedophilia and rape, but there was differentiation between journals with condescending and dismissive attitude. Consequently, many fans removed their work and art from LJ, just in case it was deleted. For Julia Allis, the biggest issue wasn’t the deletion itself. She says: “The fan communities were still fairly intact and cohesive. The important part, though, was that fans had learned we couldn’t trust LJ anymore.” She explains that

“at the time, the ‚grey area‘ of fair use and transformative work still strongly favored intellectual property owners. So if the law had a problem, or if a media company wanted to complain about fans ‚ripping them off,‘ we could pretty much expect that the internet service providers and blogging platforms and social media companies would hang us out to dry”.

As fandom nearly always violates copyright laws, the reluctance of internet service providers to account for the fan content on their networks, seems understandable.

The first days after the suspensions on LJ, there were no official announcements. Many users started to protest against the silence. A few days later, Barak Berkowitz, Chairman and CEO of the company SixApart (owner of LiveJournal), offered a statement:

“Well we really screwed this one up… We never intended this policy to cause the removal of journals that were have perfectly valid discussions about literature, law or culture. We never intended the policies to take down journals or communities clearly opposed to illegal activities but clearly we did. We love our members of fandom and respect their role in our community. We made a mistake and now we are going to try to fix it.”

But that wasn’t the only disagreement between users and the company. After that, SixApart sold LJ to SUP Fabrik.

Fans did wonder what that change will bring. One year later, Livejournal finally decided to rely on advertisement to finance their costs. In the free, basic journals “Advertising would be displayed to visitors who are not logged in to LiveJournal” (theljstaff on livejournal, Journal Entry from 14.08.2008).

Another disturbance in the SF-fandom was the RaceFail’09, an argument about race that disrupted the blogosphere. Julia remembers: “EVERYBODY posted about it. And LJ was a nexus for the discussion“. Fans felt disrespected on LJ and migrated to other platforms.

Another incident was the deletion of the LJ Community Scans_Daily, which contained scans from several comics.

In 2010 LJ changed its layout; it wasn’t possible to give comment threads their own subject titles. Roleplaying and fan fiction communities were angered. Julia Allis explains: “Comment thread subject titles had served to easily organize and label conversation threads in roleplaying communities, and story prompt/reply threads in fiction prompt communities. Without them, the process of keeping track of what was happening in those communities became suddenly messy and laborious”.

It is hard to tell if these incidents were deliberately aimed at the fan community or not. Some of them seem to be the results of misunder-standings. Julia Allis summarises: “Because of all this, finding online ’safe spaces‘ for fandom was very important. By that, I mean online community platforms that understood and respected fandom, who would argue in our favor against the media companies and apply policies with sensitivity and understanding of what fandom was really doing.” 

Where to go next?

All these reasons contributed to fans “breaking up” with LJ. But where to go next? The choices were InsaneJournal and Dreamwidth. Both were using the open source code that LJ is based upon. These similarities made it easy for fans to transfer their content to the new platform.

Dreamwidth became especially popular. Unlike LJ, it was led by a non-profit organisation. Julia Allis says: “Dreamwidth was one of the first social media platforms to really focus on interoperability with other social media sites”. This feature made it easy to crosspost entries between LJ and Dreamwidth.

However this still did not solve the problem; fans were still homeless, oscillating between several platforms. Allis says: “By this point the fandom diaspora from LJ was fairly dra-matic. Fandoms were fragmented. Keeping track of fandom friends became challenging as people had jury-rigged feeds into LJ from Dreamwidth and InsaneJournal. Some people had gotten bitten by the Twitter-bug and their LJs were reduced mostly to collections of their daily Twitter posts”. 

Tumblr, the promised land

Today, most of the social networking in fan communities happens on tumblr. But how did fans end up there? At first, tumblr did not seem like the best alternative to LJ. You could not transfer your blog content from other sites to tumblr. There is also a difference in organising your blog content, as Julia Allis explains: “On tumblr, your blog content basically floats briefly and then sinks into the ocean, never to be seen again. On LJ, there was a lot of value placed on being able to preserve, organize and archive your blog content. It was considered a valuable resource.” 

Why tumblr, then? Allis assumes that the network effect brought fans together on tumblr. The network effect makes a product valuable to every individual if more people use it. As fandom is very much focussed on the community-aspect, this is especially important. Allis says: “Once tumblr gained a certain active core of fans, more and more fans began (and continue) to migrate there because that is where the action is”. 

Most fans agree that tumblr is not the perfect platform. For the foreseeable future, fan communities will stick to tumblr.

 

Pictures: flickr/mermaidkween; flickr/laughingsquid