Nerds entern die Politik

von Pascal Thiel

Mit lautem Gebrüll entern die Piraten die Parlamente des Landes. Doch vorbei sind die Zeiten der Säbel, Enterhaken und Co.. Denn die Piraten von heute halten etwas in der Hinterhand, von dem die etablierten Parteien keinen blassen Schimmer haben: neue, onlinebasierte Kommunikationstechniken.

Kuschelkurs oder Attacke? Die Piraten sind im Aufwind.

Allen voran CDU und SPD tasten sich seit Jahren an „dieses Internet“ heran, jedoch mit eher mäßigem Erfolg. Die Piratenpartei ist ihnen auf diesem Gebiet hingegen längst enteilt. Während Merkel und Co. das Gros ihrer Kommunikation über Telefonate  SMSen und E-Mails bewältigen und nur vereinzelt Abgeordnete mit dem Tablet-PC gegen die Langeweile kämpfen, nutzen die Piraten das Netz aktiv. Auch wenn es inhaltlich und realpolitisch noch Defizite gibt, punkten die Piraten durch ihre Netzaffinität. Doch wie sieht die Kommunikation genau aus?

Es gilt zwischen zwei Arten von Kommunikation zu unterscheiden: zwischen der Kommunikation in der Partei und der mit der Öffentlichkeit. Zur parteiinternen Verständigung nutzt die Piratenpartei diverse vor allem onlinebasierte Kommunikationsmittel.

Piratenkommunikation

Sie verfügt zum Beispiel über ein synchronisiertes Forum, das in einen öffentlichen und einen passwortgeschützten, internen Part aufgeteilt ist. Hier laufen drei Kommunikationsmittel zusammen: die Funktionen eines herkömmlichen Forums, Mailinglisten und ein Newsserver.

Die Forumfunktionen dienen besonders dem Austausch von Meinungen und Anregungen der Piraten untereinander. Es ist leicht, eine Diskussion entstehen zu lassen, an der jeder teilnehmen kann, da die Benutzung keine speziellen Kenntnisse erfordert. Zudem gibt es Mailinglisten, mithilfe derer entweder alle Piraten bundesweit oder nur bestimmte Landes-, Regional- und Lokalverbände erreicht werden können. All diese Mailinglisten sind im Zuge des Gebots der absoluten Transparenz unverschlüsselt einsehbar. Ein Newsserver komplettiert die Anwendungstrilogie: Besitzt man einen Newsreader, so kann man hier diverse Nachrichten der Partei abrufen.

Skype oder ICQ?

Auf welcher Plattform soll kommuniziert werden? Mittels Skype oder doch ICQ? Oder woanders? Dieses Problem ist weit verbreitet. Man will mit einem Freund chatten, der ist aber nicht beim selben Chatanbieter registriert. Doch mit dem richtigen Programm ist dies leicht zu umgehen. Auch die Piratenpartei hat das erkannt.

Die meisten Instant-Messagers (IMs) laufen über ein bestimmtes Protokoll, das sogenannte „Extensible Messaging and Presence Protocol“ (XMPP), auch Jabber genannt. Besitzt man ein Programm (z.B. Adium), das in der Lage ist, dieses Protokoll zu „lesen“, ist es möglich die Accounts der verschiedenen Anbieter (ICQ, Skype, etc.) miteinander zu verbinden. Dann kann man über ein fest auf dem Computer installiertes Programm mit Kontakten aus den verschiedenen IMs kommunizieren. So ist es den Piraten möglich, sich unabhängig von Anbietergrenzen untereinander zu verständigen.

Der blaue Helfer – auch bei den Piraten.

Skype wird von manchen Piraten allenfalls zum normalen Instant-Messaging in Kombination mit Jabber genutzt, stellt aber kein primäres Kommunikationsmittel dar. Es herrscht offenbar eine gewisse Skepsis, dass Skype die Daten seiner Anwender ordnungsgemäß schützt. Zuletzt gab eine Hackerin bekannt, sie habe herausgefunden, Skype spähe ab Installation die sog. BIOS-Daten, also die zentrale Schaltzentrale eines jeden Computers aus.

Eine weitere Möglichkeit ist Twitter. Doch dadurch wird eher die Internet-Avantgarde der Piraten angesprochen, Personen, die nicht so internet-affin sind eher weniger.

Während die Piraten mit Jabber vorrangig über Textnachrichten kommunizieren, verwenden sie zum Voicechat ein anderes Programm: Mumble.

Mumble wurde ursprünglich für Online-Videospiel-Spieler konzipiert, um ihnen während dem Spiel die Möglichkeit zur gegenseitigen Kommunikation zu eröffnen. Doch die Piraten nutzen es nun, um kurze Besprechungen abhalten zu können, ohne durch ganz Deutschland reisen zu müssen. Die Vorteile z.B. gegenüber Skype liegen im besseren Schutz der Benutzerdaten, dem relativ niedrigen Leistungsverbrauch, der aber gleichzeitig ausgezeichneten Sprachübertragungsqualität sowie in der Individualität des Programms.

Eine weitere Hilfe der eher dezentralen Piratenpartei ist das Piratenpad. Dies ist eine Abwandlung von Etherpad, einem Programm, mit welchem die Online-Bearbeitung von Dokumenten durch mehrere Personen an verschiedenen Internetanschlüssen möglich ist. Mit einem zusätzlich eingebauten Chat können sich die am Dokument schreibenden Personen zusätzlich untereinander verständigen.

Kommunikation mit „Nicht-Piraten“

Da die Piratenpartei nach ihrem Einzug ins Abgeordnetenhaus von Berlin sowie in den saarländischen Landtag ohnehin schon unter besonderer Beobachtung der Öffentlichkeit steht, ist eine große Aufmerksamkeitskampagne nicht nötig. Dennoch macht die Partei durch Plakate, Flyer und digitalen Werbebannern auf sich aufmerksam. Der erste Weg ins Reich der Piraten führt meist zum zentralen Onlineportal, der offiziellen Homepage oder zu einer der offiziellen Facebookseiten. Hier werden ähnlich wie bei anderen Parteien Fragen geklärt, wie „Wer sind die Piraten überhaupt?“, „Für was stehen sie?“ oder „Wie kann ich mitmachen?“.

Wer sich genauer informieren möchte, schaut ins Piratenwiki. Das ist, ähnlich wie Wikipedia über die Welt, eine Art Internetlexikon über die Piratenpartei. Hier kann sich der Bürger auf 160.251 Seiten über alle Bereiche der Arbeit der Piraten informieren. Hier wird der Anspruch der Piraten auf absolute Transparenz besonders deutlich. Zudem gibt es einige Piratenblogs, die zusätzliche News liefern.

Die Piraten bedienen sich also einer breiten Palette von Kommunikationsinstrumenten, um den Sturm auf deutsche Politik vorzubereiten. Ob es ihnen gelingt, ist abzuwarten. Rein technisch verfügen sie über beste Voraussetzungen.

Foto: flickr/gerougos; skype.com

Gewinnspiel zum Welttag des Buches

 Aufgepasst: Aufgrund der großen Nachfrage werden via Facebook noch 2 Bücher von „Schneewittchen muss sterben“ verlost! Was ihr tun müsst?

1) Einfach media-bubble.de bei Facebook liken (falls ihr es noch nicht getan habt).
2) Unter dieses Bild schreiben, warum genau ihr ein Exemplar wollt.
3) Den Kommentar vor (!) dem 23.4.2012 um 18 Uhr posten.

Viel Erfolg und viel Glück! Der Rechtsweg ist natürlich ausgeschlossen 😉

Oder macht hier beim Quiz mit. Zu gewinnen gibt es den Bestseller „Schneewittchen muss sterben“ von Nele Neuhaus in der Welttag des Buches Sonderedition – und das gleich 5 Mal!

So geht’s: Einfach die Quizfragen zur Medienwelt beantworten. Dafür einfach hier klicken und schon startet das Quiz.

Wenn ihr mit dem Test durch seid und alle neun Fragen richtig beantwortet habt, wird euch ein Lösungswort eingeblendet. Dieses Lösungswort schickt ihr an info@media-bubble.de. Vergesst euren Namen und die Adresse bitte nicht! Unter allen, die bis zum 23.4.2012 um 18:00 Uhr das richtige Lösungswort eingeschickt haben, wird ein Gewinner gezogen, der dann benachrichtigt wird.

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen!

Foto: Flickr/Oberazzi (CC BY-NC-SA 2.0)

 

Der Geruch von Büchern – der Gestank von Geld

Bücher umgeben uns: haptisch wie auch digital. Und das zu fixen Preisen. In Deutschland regelt die Buchpreisbindung, dass Bücher nicht zu willkürlichen Preisen verhökert werden dürfen. Doch das war vor der Digitalisierung. Wie viel sind Bücher eigentlich noch wert?

Ein neues ACTA droht!

von Sebastian Seefeldt

SOPA, PIPA, ACTA – wer dachte, die Welle der Akronyme hätte ein Ende gefunden, hat sich getäuscht. Der Cyber Intelligence Sharing and Protection Act (CISPA) stammt aus den USA und stellt den Nachfolger von SOPA und PIPA da, welche zu ihrer Zeit dem Aktivismus der Netzgemeinde nicht standhalten konnten. Und diesmal sind die Einschnitte in die Privatsspähre der User noch größer.

CISPA – SOPA/PIPA 2.0?

Der Grundgedanke von CISPA hat nicht viel mit den alten Gesetzentwürfen zu tun: Der aktuelle Entwurf zu CISPA sieht vor, privaten und staatlichen Einrichtungen den freien Informationsaustausch von Daten zu erlauben, insofern diese Daten die Cyber-Sicherheit bedrohen. Der Austausch erfolgt auf freiwilliger Basis mit dem Ziel, gemeinsam Cyber-Bedrohungen zu bekämpfen. Ein ehrenwerter Gedanke – so könnte schnell und effektiv gehandelt werden und gemeinsam gegen die Bedrohungen im Netz vorgegangen werden. Das neue Konzept, dass am 30. November 2011 von Michael Rogers eingebracht wurde, scheint auch im Repräsentantenhaus Anklang zu finden: 100 Unterstützer konnten bereits gewonnen werden, auch aus einer unerwarteten Richtung erhält der Entwurf Rückenwind.

Opportunisten?

Ruft man sich Geschehnisse im Rahmen von SOPA/PIPA noch einmal ins Gedächtnis, gab es ein bestimmtes Ereignis, dass weltweit mediales und somit auch bürgerliches Interesse geweckt hat: der Blackout Day. Damals zogen große Internetfirmen wie Facebook und Microsoft gemeinsam mit den Netzaktivisten in den Kampf für ein freies Internet. Heute scheint sich der Wind aus einer anderen Richtung zu wehen: Die Netzgemeinde steht allein auf dem Schlachtfeld, denn die Namen von Facebook und Microsoft befinden sich dieses Mal auf der Liste der aktuell 28 öffentlichen Befürworter. Facebook wehrt sich allerdings gegen den Vorwurf des Opportunismus:

A number of bills being considered by Congress, including the Cyber Intelligence Sharing and Protection Act (HR 3523), would make it easier for Facebook and other companies to receive critical threat data from the U.S. government. Importantly, HR 3523 would impose no new obligations on us to share data with anyone –- and ensures that if we do share data about specific cyber threats, we are able to continue to safeguard our users’ private information, just as we do today.

Bisher war es ohne Weiteres nachvollziehbar, wieso CISPA als ein positiver Entwurf gehandelt werden kann – allerdings verschweigen Statements von Facebook und Co. die „Kleinigkeiten“, die eine kritische Überprüfung benötigen.

Staatliche Spionage im Privatbereich

Gerade das zunächst positiv wirkende Wort „freiwillig“ ist sehr kritisch zu betrachten, denn hier verbirgt sich die Gefahr, dass sich ein Status des quid pro quo etablieren könnte. Wieso sollte Facebook beispielsweise Daten weitergeben, ohne dafür auch Informationen als Gegenleistung zu erhalten?

Auch die Definition, was eine „Cyberbedrohung“ ist, ist mehr als wage formuliert:

Defines „cyber threat intelligence“ as information in the possession of an element of the intelligence community directly pertaining to a vulnerability of, or threat to, a system or network of a government or private entity, including information pertaining to the protection of a system or network from:

(1) efforts to degrade, disrupt, or destroy such system or network; or

(2) theft or misappropriation of private or government information, intellectual property, or personally identifiable information.

Während man bis zu Abschnitt 1 der Beschreibung noch zustimmen kann, liest sich der 2. Abschnitt wie ein Zusatz, der explizit auf das Filesharing abzielt, denn unter den Punkt „intellectual property“ fällt alles, von einer Photoshop-Datei bis hin zum aktuellen Blockbuster-Film. Auch die Formulierung „the protection of a system or network from“ ist mehr als wage, denn hier könnte der Spielraum eingeräumt werden ohne konkreten Beweis, unter dem Vorwand das System/Netzwerk zu schützen, private Daten weiterzugeben – ohne das Mitwissen des Betreffenden. SOPA-Kritiker werden an dieser Stelle wohl den Vorwurf, CISPA sei SOPA in grün, als gerechtfertigt ansehen, dabei sind die Folgen noch viel weitreichender.

Gelangen beispielsweise Regierungsinstitutionen wie das United States Department of Homeland Security und die National Security Agency an User-Daten (E-Mails, Chatverläufe usw.) fehlt eine Regulierung, die es ihnen verbietet auch nach Dingen zu suchen, die mit dem Thema „Cyberbedrohung“ nichts zu tun haben – reguliert ist allein, dass die Informationen unter diesem Vorwand erhalten worden mussten. Wer also nicht möchte, dass Uncle Sam in den eigenen Mails liest, sollte sich wohl näher mit dem Thema beschäftigen – auch derjenige, der nicht Bürger der USA ist, denn da die großen Dienste wie Facebook und Google in den USA ansässig sind und somit dem US-Recht unterworfen sind, können auch private Informationen aus anderen Ländern in die Hände des US-Staats fallen.

Wieso unterstützen die großen Firmen wie Facebook und Mircrosoft nun diesen Gesetzesvorschlag? Ganz einfach: Da die Firmen mit CISPA nicht für ihre User verantwortlich sind, wie es noch bei SOPA der Fall war und somit nicht für sie zur Rechenschaft gezogen werden können, wird ihr Job um einiges einfacher. Dass der Gesetzestext die Grundlage für das Eindringen des Staates in die privatesten Bereiche des Lebens schafft, scheint unwichtig zu sein.

Foto: flickr/Dioboss (CC BY-NC-SA 2.0);  flickr/ pshab (CC BY-NC 2.0)

 

Quelle: Internet

von Alexander Karl

Dieses Internet ist wirklich überall! Selbst in den Nachrichten wird nicht nur davon gesprochen, sondern auch daraus zitiert. Oder man versucht es zumindest. So wie am heutigen Tag das ZDF in seiner Nachrichtensendung „heute“. In Syrien treffen UN-Beobachter ein, eigentlich herrscht Waffenruhe, doch in Homs wird weiter gekämpft. Letzteres ist auf verwackelten Bildern zu sehen. Die Quelle der Bilder wird mit „Internetvideo“ angegeben.

Das ist in etwa so, als schreibt man in seiner Doktorarbeit als Quelle „Bibliothek“. Oder als würde auf Zugfahrplänen „irgendwo“ stehen. Oder als hätten die Medienschaffenden keine Ahnung vom Urheberrecht.

YouTube und so

Manche Redaktion geben als Quelle – und diese wird es wahrscheinlich auch im Fall des „Internetsvideos“ des ZDF sein – YouTube an. Das ist wiederum so als würde man in seiner Doktorarbeit „Regale 1 bis 2000“ oder auf dem Fahrplan „irgendwo in Berlin“ schreiben. Also kaum hilfreicher als die Angabe „Internetvideo“. Ferner ist es ein klarer Verstoß gegen das Urheberrecht.  Von Seiten Googles, YouTubes Mutterkonzern, heißt es in den Nutzerbedingungen:

  • Erwähne den Content-Eigentümer. Obwohl YouTube eine Lizenz zur Verbreitung des Contents, ist der YouTube-Nutzer der Eigentümer des Contents. Wenn du ein Video verwenden möchtest, empfehlen wir, den Nutzer direkt zu kontaktieren und einen entsprechenden Hinweis anzugeben, indem der Nutzername oder der echte Name des Nutzers angezeigt wird.
  • Erwähne YouTube beim erneuten Senden des Videos. Wenn du ein YouTube im Fernsehen zeigst, achte darauf, dass YouTube erwähnt und ein entsprechender Hinweis zu sehen ist. Wir haben das offizielle YouTube-Logo hierfür zum Download zur Verfügung gestellt.

Denn, liebe Fernsehmacher und Medienschaffende, das Urheberrecht, welches sonst so gerne ins Feld geführt wird wenn es um Musik, Fernsehen oder nachrichtliche Meldungen geht, gilt auch für Online-Content wie YouTube-Videos oder Blogs. Das weiß mittlerweile sogar die Autorin Helene Hegemann, in deren Buch „Axolotl Roadkill“ die Quellenangaben zu ihren Inspirationen mittlerweile zu finden sind.

Denn wie jeder Erstsemester lernt: Das A und O jeder (wissenschaftlichen) Arbeit ist ein genauer Nachweis der Quellen. Und eben nicht „irgendwo im Internet“.

Foto: Flickr/Jeffrey Beall (CC BY-ND 2.0)

Wie findet man Leser?

von Alexander Karl

 Jeder vierte Deutsche liest niemals ein Buch – das ergab die Studie „Lesen in Deutschland 2008“ der Stiftung Lesen. Dieser Zustand hat sich wohl auch in den letzten vier Jahren nicht grundlegend geändert, auch wenn Jugendliche in den letzten Jahren immer häufiger zum Buch greifen. Die Jim-Studie aus dem Jahr 2011 ergab, dass 44 Prozent der 12 bis 19-jährigen regelmäßige Buch-Leser sind. 56 Prozent im Umkehrschluss aber nicht. Tatsächlich aber haben Jugendliche dank sozialer Netzwerke im Internet, wie  Facebook und Co., wohl noch nie so viel gelesen und geschrieben wie heute.

Es liegt also nahe, dass Schriftsteller und Verlage versuchen, die Jugendliche Zielgruppe dort zu erreichen, wo man sie primär findet – nämlich im Internet. Doch ganz so einfach ist es leider auch nicht…

Werbung und Social Web

Mein Erstlingsroman „Real Me – Die Suche nach dem wahren Ich“ erscheint in diesem Jahr und natürlich soll er auch Leser haben. Aber gerade dann, wenn man bei einem kleinen Verlag ist, der kein großes Werbebudget hat, mit dem er eine Anzeige in der BILD-Zeitung oder Aufsteller in jeder Buchhandlung kaufen kann, liegt viel Marketing-Arbeit vor dem Autor.

Wie kann ich mein Buch im Internet vermarkten?

Daher muss ich selbst aktiv werden – das Internet macht es ja möglich! Leider bin ich nicht der Einzige mit dieser Idee: Das Internet ermöglicht es jedem, das Wort zu ergreifen, doch die entscheidende Frage ist, ob man auch gehört wird.

Eine Möglichkeit den eigenen Bekanntheitsgrad zu steigern ist ein eigener Blog. Der Vorteil: Kostenlos und schnell kann ich posten, was ich gerade tue, Infos zu meinem Buch liefern und einen Blick hinter die Kulissen erlauben. Gerne auch untermalt mit Bildern oder Videos.

Wie mache ich auf meinen Blog aufmerksam?

Bei fehlendem Budget für (virtuelle) Werbeanzeigen bleibt da nur die Hoffnung auf Mund-zu-Mund-Propaganda und virales Marketing. Virales Marketing heißt, dass sich ein Bild, Video oder ein Text wie ein Virus im Netz verbreitet, beispielsweise über Facebook.

Die soziale Plattform liefert unter anderem die Möglichkeit, Fan-Seiten zu erstellen, durch die man Interessierte immer auf dem Laufenden halten kann. Leider stellt sich hier gleich eine ähnliche Frage wie zuvor:

Wie schaffe ich es, dass möglichst viele Leute meine Seite anklicken?

Dafür bietet sich nun tatsächlich die Realität an. Der persönliche Kontakt ist auch in Zeiten des Internets noch immer unabdingbar. Durch meine Lesungen an Schulen konnte ich meine Zielgruppe ansprechen, die ich dann – um meinen Weg auch weiterhin verfolgen zu können – auf meine Facebook-Seite verweisen konnte.

Denn da ich natürlich nicht täglich live mit meiner Leserschaft interagieren kann, ermöglicht mir das Internet eine fiktive Nähe herzustellen, die ich in der Realität nicht bieten kann. So kann ich dann virtuell über das Erscheinen von meinen Kurzgeschichten in Anthologien berichten, kleine Videobotschaften über den Äther schicken oder Bilder von Dreharbeiten zu einer Reportage, z. B. über junge Autoren, hochladen.

 

Alexander Karl betreut nicht nur den Blog media-bubble.de, sondern schreibt auch Bücher.  Neben zahlreichen veröffentlichten Kurzgeschichten in Anthologien erscheint dieses Jahr sein Jugendroman „Real Me – Die Suche nach dem wahren Ich“.

Der Text erschien in ähnlicher Form im Mitteilungsblatt für die Mitglieder der Wilinaburgia, 87. Jahrgang, Nr. 230.

Foto: Sophie Kröher

media-bubble zum Toleranz-Tag

Zum Abschluss unserer Aktion zum „Internationalen Tag gegen Homo- und Transphobie“ bekennt auch die media-bubble-Redaktion Farbe.

„Schwule bringen Geld, Lesben machen Ärger“

von Sanja Döttling

Medien prägen unsere Wirklichkeitwahrnehmung nachhaltig – auch, wenn es um das Bild von Homosexuellen geht. Dass meistens Schwule und fast nie Lesben im Mittelpunkt der Berichterstattung stehen, ist mehr als ein Bauchgefühl. Über unsichtbare Lesben in den Medien.

Schwule für die Quote

Nele Tabler schreibt in ihrem Blog rund um lesbische Themen:  „Als eine freie Journalistin darauf bestand, in einem Bericht über den CSD in ihrer Stadt neben Schwulen auch Lesben zu nennen, wurde ihr damit gedroht, künftig keine Aufträge mehr zu erhalten. Der zuständige Mensch soll gesagt haben: ‚Schwule bringen Geld, Lesben machen Ärger'“.

Eine drastische  und subjektive Formulierung. Doch tatsächlich beweist die kommunikationswissenschaftliche Studie  zum Thema „Lesben in den Medien“ der Journalistin Elke Amberg im Auftrag des Lesbenbetratunszentrums LeTRa, was viele vermuten: Dass weibliche Homosexualität in der Berichterstattung untergeht.

Amberg wertete 81 Artikel zum Thema „Rechtliche Gleichstellung“ und „CSD“ aus dem Jahr 2009 aus und kam zu folgenden Ergebnissen: Es gab keine einzige Überschrift, die das Wort „Lesbe“ oder „lesbisch“ enthielt. Das Wort „schwul“ enthielten gleich 13 Überschriften – oft auch, wenn es um beide Geschlechter ging. Außerdem standen in den Artikeln 19 interviewte Lesben 45 interviewten Schwulen gegenüber. „Schwul“ wurde oft als Synonm zu „homosexuell“ verwendet – Lesben wurden somit (un-)bewusst ausgeklammert. Ein Beispiel für diese Verwendung bietet dieser Artikel des Focus, der titelte: „US-Armee: Schwule dürfen endlich offen schwul sein“. Dabei gilt dieses Gesetz auch für Lesben – und das lesbisch-sein.

Warum immer die Männer?

Lesben werden also weniger erwähnt als Schwule. Warum?, fragte sich auch Steffi Lachnit von Deutschland Radio und fragte nach. Ein Redakteur der Süddeutschen gibt zu, dass eher Schwule als Lesben thematisiert werden und sagte gegenüber Deutschland Radio: „Wenn tatsächlich grunsätzlich eher Männer gezeigt oder erwähnt werden als Frauen, dann hängt das vielleicht damit zusammen, dass Homosexualität unter Männern bis heute immer noch ein Stück weit eher auffällt und/oder etwas stärkere Reaktionen hervorruft als weibliche Homosexualität.“

Im Interview mit Deuschland Radio äußerte sich auch die Medienwissenschaftlerin Andrea Seier zu der – oft unbewussten – Ausklammerung von Lesben in den Medien. Die Konzentration auf homosexuelle Männer ist ihrer Meinung nach nichts, was sich nur aktuell zeige: Schon der Paragraph 175 des Strafgesetzbuches, der im Kaiserreich und auch später schwulen Sex unter Strafe stellte, konzentierte sich auf die Männer – erst 1994 wurde er ersatzlos gestrichen. Frauen sind dort nicht einmal erwähnt. Die Medienwissenschaftlerin Seier schlussfolgert: „Man kann das lesen als ein Hinweis darauf, dass den Frauen eine eigene Sexualität, ein eigenes Begehren, das über ein passives Erdulden der männlichen Sexualität hinausgeht, gar nicht zugeschrieben wurde.“

Doch auch heute, da gleichgeschlechtliche Partnerschaften gesetzlich erlaubt sind, folgt der Kurzschluss: Homosexuell =schwul. Seier sagt: „Ich würde denken, es hat tatsächlich mit der Geschichte der Verwerfung der männlichen Homosexualität zu tun. Dass man die männliche Homosexualität unter Strafe gestellt hat, machte sie sichtbar. Jetzt, wenn man versucht, sich als tolerante Gesellschaft zu erfinden, greift man also wieder auf die Männer zurück um zu zeigen: Seht mal, wir sind Schritte gegangen. Und nochmal fehlen da die Frauen.“

Desweiteren geht sie davon aus, dass die „allgemeine männliche Dominanz im Geschlechterverhältnis“ sich auch unter Homosexuellen fortsetzt: Die schwul-lesbischen Vereine und Organisationen sind zum Großteil in männlicher Hand.

Ursachenforschung im Gespräch

Der Bund Lesbischer und Schwuler JournalistInnen (BLSJ) veranstaltete zu diesem Thema zwei Podiumsdikussionen, in denen auch anch den Gründen für diese männliche Vorherrschaft gesucht wurde.

Die  Podiumsdiskussion in Hamburg im August 2011 stand unter dem Titel: “Homosexuell = schwul? Wie Journalisten über Lesben und Schwule schreiben“. Eine interessante Vermutung stellt Stefan Mielchen, Chefredakeur des schwulen Hamburger Stadtmagazins Hinnerk, auf: Eventuell trägt die Unwissenheit der Journalisten zu schwammigen Formulierungen bei: “Die heterosexuellen Kollegen kennen unsere Lebenswelt nicht und verstehen sie nicht.”

Lesben haben auch unter der generellen Frauenlosigkeit in den Medien zu leiden. Martin Munz, Vorstand des BLSJ, spricht von Frauen als “Schmuckwerk” oder in der klassischen Rolle der Mutter.

Eine weitere Erklärung liefert wieder die Geschichte: Kathy Crowell vom lesbischen Hamburger Stadtmagazin Escape glaubt, dass die weibliche Zurückhaltung auf die historische Entwicklung der Frauen-Lesben-Bewegung zurückzuführen ist, in der viele engagierte Frauen die spezifischen Belange der Lesben zunächst hinter dem “übergeordneten Ziel der Emanzipation” zurückgestellt haben.

Außerdem fehlen lesbische, prominente Vorbilder. “Wir brauchen endlich einen weiblichen Wowereit, sonst ändert sich so schnell nichts” sagte beispielsweise Nicole Koenecke, Redakteurin bei Tagesschau und Tagesthemen.

Eine  weitere Diskussion unter dem Titel „Verärgert, verzerrt, verklärt – Wie Medien über Homosexuelle berichten“ veranstaltete der BLSJ im Rahmen des Netzwerk Recherche statt. Hier forderte der BLSJ-Bundesvorstand Axel Bach dazu auf, schwul-lesbische Themen „wie Fachthemen – ähnlich wie Wissenschaft, Reden oder Sport“ zu behandeln.

Im Zweifel für die Journalisten?

Dass Frauen allgemein und Lesben ebenso öfters mal vergessen werden – auch in unserer so „gleichen“ Gesellschaft – ist kein Geheimnis. Zahlreiche soziologische und historische Erklärungen zeigen, dass dabei wohl aber nicht immer von journalistischer Schlampigkeit gesprochen werden kann. Der Begriff „gesellschaftsweiter Schlendrian“ würde besser zutreffen.

Doch die oben angesprochene Gleichsetzung von Homosexuell = schwul, die die Verkürzung der eingetragenen Lebenspartnerschaft zur „Homo-Ehe“ in den Medien illustriert, sind dennoch handwerkliche Fehler (nicht mit dem Stilmittel „pars pro toto“ zu verwechseln), die Journalisten nicht unterlaufen sollten. Lösungsansatz: Der BLSJ hat ein Merkblatt herausgegeben, wie  man solch unsinnige Konstrukte vermeiden kann. Es heißt: “Schöner schreiben über Lesben und Schwule – 8 Beispiele aus der journalistischen Praxis”. Und bitte: Mehr Lesben, diesmal.

Foto: flickr/Marco Gomes (CC BY 2.0) , flickr/lewishamdreamer (CC BY-NC 2.0)

Dieser Text ist ein Beitrag zur Aktion der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld zum “Internationalen Tag gegen Homo- und Transphobie”  am 17.5.2012. Auf media-bubble.de gibt es dazu auch eine Aktionsseite.

Der widernatürliche Gebrauch des Internets

von Sanja Döttling

Das Internet ist der Garant der freien Meinungsäußerung. Dass dabei nicht nur erhellende und interessante, sondern oft auch diskriminierende Meinungen verbreitet werden, zeigt ein Streifzug über homophobe Seiten . Wer sich schnell aufregt, sollte jetzt die Augen schließen.

Ans Kreuz!

„ Der widernatürliche Gebrauch des Anus“ titelte die „Nachrichten“-seite kreuz.net und lässt sich dann über das Sexleben der „Homo-Gestörten“ aus, und welch schädlichen Einfluss dieses auf die Gesundheit hätte. Da werden dann unter anderem Lehrbücher aus den 30er Jahren zu Rate gezogen. In einem Artikel über den Christopher Street Day 2011 in Stuttgart, dessen Schirmherrschaft der Bürgermeister Wolfgang Schuster übernahm, steht: „Die Homo-Bewegung ist eine aggressiv intolerante, moralisch rückständige Hinterhof-Gruppierung, die an der galoppierenden Zersetzung der Familie und Gesellschaft arbeitet.“ Ein Kommentar fasst zusammen: „Der Homo ist heute für HS-Deutschland, was der Arier für NS-Germanien war – der unangreifbare Übermensch eines dekadenten Staates.“ (Anm.: „HS“ steht in diesem Zusammenhang für den Homosexuellen-Staat, eine Erfindung von kreuz.net). Auch zur „Entstehung der Homosexualität hat die Seite ihre Meinung: „Homosexuell wird ein Mensch in der Pubertät, wenn er von älteren Homosexuellen verführt oder sexuell mißbraucht wird.“ Unter dem Stichwort “Gomorrhismus“ finden sich weitere Artikel, die in diesem Ton verfasst wurden. Das Wort lehnt sich an die „lasterhaften“ biblischen Städte Sodom und Gomorra an. Bekannter ist die „Sodomie“: bis in die frühe Neuzeit bezeichnete das Wort von Gesellschaft und Kirche als „pervers“ empfundene sexuelle Praktiken. Satire? Leider Nein – anscheinend meinen die Autoren es ernst.

Die sogenannte Nachrichtenseite bezeichnet sich selbst als „Initiative einer internationalen Gruppe von Katholiken in Deutschland und Übersee, die hauptamtlich im kirchlichen Dienst tätig sind“. Doch von den Betreibern selbst fehlt jede Spur. Stellvertreter der römisch-katholischen Kirche distanzieren sich von der Seite ; der Pressesprecher der deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, äußerte gegenüber dem ZDF, dass die Seite kein offizielles Angebot der katholischen Kirche sei. Wer also steckt hinter der Seite? Die Brandenburgische Landeszentrale für Politische Bildung bezeichnet die Seitenbetreiber als sogar „ rechtsextreme Katholiken “. Und listet auf: „Neben Holocaust-Leugnern, Antisemiten und aggressiven Abtreibungsgegnern schreiben auf kreuz.net auch Schwulenhasser.“

Obwohl als verfassungswidrig eingestuft, gibt es für das deutsche Gesetz keine Möglichkeit, gegen die Seite vorzugehen: Die Server sind nicht in Deutschland registriert und somit außer Reichweite der deutschen Justiz.

Doch die Internet-Community wehrt sich mit ihren eigenen Mitteln: Der Watch-Blog zu kreuz.net lässt sich über die Inhalte der Seite aus; ebenso meinungsfreudig, schaffen sie zumindest einen Ausgleich ans andere Ende des Meinungsspektrums.

Vielen Angehörigen des Glaubens ist die gleichgeschlechtlichen Liebe suspekt. Die kaum gewählte Partei Bibeltreuer Christen (PBC) beispielsweise vertritt die These , dass Homosexualität nicht gottgegeben ist. Sie soll, ihrer Meinung nach, therapiert werden. Die Partei hat eine evangelikale Ausrichtung, allerdings auch Mitglieder aus Freikirchen und Angehörige des katholischen Glaubens.

Das kann man heilen!

Die sogenannte Ex-Gay-Bewegung hat eine große Anhängerschaft und vertritt die Meinung der PBC: Die Bewegung fasst Gruppen und Vereinigungen zusammen, die davon ausgehen, dass gleichgeschlechtliche Liebe durch eine Konversionstherapie „weggeredet “ werden kann.

Die Anhänger dieser Bewegung haben oft einen religiösen Hintergrund: Die jüdische Organisation JONAH, die muslimische StraightWay Foundation, die evangelikale Gruppe „Exodus International“. Doch auch die sich selbst als wissenschaftlich positionierende Organisation NARTH vertritt diesen Gedankengang .

DieAmerikanische Alternative


Wie in fast allem, übertreffen die USA Deutschland auch bei der Äußerung Anti-Homosexueller Inhalte. Die oben aufgezählten Vereine kommen alle aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Eine weitere Organisation ist „ P.A.T.H.“ , oder „Positive Alternatives to Homosexuality“. Sie vereint unter ihrem Dach unterschiedliche Vereine mit „Therapieangeboten“ für Homosexuelle. Darunter sind nicht nur christliche, sondern auch jüdische und nicht-religiöse Vereine gelistet .

Das Intro der Seitelautet wie folgt:

„ Same Sex Attractions?/ There is hope… / For a new path… / Change is possible!“

Die Vereinigung beschreibt sich so: “PATH is a non-profit coalition of organizations that help people with unwanted same-sex attractions (SSA)”. Ein deutscher Verein unter diesem Dachverband ist das„Deutsche Institut für Jugend und Gesellschaft“ (DIJG), das der „Offensive Junger Christen (OJC) untersteht.

Falsche Forschung

Unter augenscheinlich professionellem Deckmantel rät dieses selbsternannte Institut Schwulen und Lesben zu Therapien.

Homosexualität wird auf Traumata in der Kindheit zurückgeführt: „Verschiedene Experten weisen für die Entwicklung zur männlichen oder weiblichen Homosexualität auf die Rolle von chronischen, frühen Traumata hin, die zu einer Störung im normalen Bindungssystem des Kindes geführt haben.“ Man muss sich fragen: Was ist das, ein „normales“ Bindungssystem? Eine gleichgeschlechtliche Beziehung wohl nicht, denn „sexuelles Verhalten [kann] seelische Verletzungen nicht heilen und ungestillte emotionale Bedürfnisse auch nicht stillen.“

Des Weiteren weisen sie auf „gesundheitliche Risiken“ hin: „Homosexuelle Lebensstile bei Männern und Frauen sind mit einem höheren Risiko für verschiedene psychische Probleme und insbesondere bei Männern auch für körperliche Erkrankungen verbunden.“ Laut DIJG führe dieser Lesensstil zu Depressionen, Angststörungen, Alkohol-, Drogen und Medikamentenmissbrauch und Selbstmordgefährdung. Einen Zusammenhang von gesellschaftlicher Diskriminierung von Homosexuellen und psychischen Erkrankungen lehnen sie ab.

Aus diesen, so genannten Gründen, wird dann eine Therapie empfohlen: „Seit vielen Jahrzehnten sind therapeutische Ergebnisse zur Veränderung homosexueller Neigungen in der wissenschaftlichen Literatur dokumentiert.“

Stellvertretend für viele Organisationen, Vereinigungen und Forschungen, die sich gegen die Therapie von Homosexualität aussprechen, soll hier die American Psychological Association zitiert werden. Eine Arbeitsgruppe zum Themengebiet „Appropriate Therapeutic Responses to Sexual Orientation“ folgert nach Untersuchung von wissenschaftlicher Literatur „that efforts to change sexual orientation are unlikely to be successful and involve some risk of harm, contrary to the claims of SOCE practitioners and advocates .“

Freie Meinung auf Kosten der Menschenwürde?

Zehn Mythen, die immer wieder von diesen und anderen homophoben Seiten angeführt werden, hinterfragen und entkräften Evelyn Schlatter und Robert Steinback hier . Unter anderem beschäftigt sich auch der Blog des Psychologen Gregory Herek damit, homophobe Äußerungen zu sammeln und zu entkräften .

Es gibt noch immer viele Gruppen und Vereinigungen, die sich gegen Homosexualität aussprechen.Da im Internet mit dem richtigen Layout aus einer Randgruppe schnell ein wissenschaftliches Institut wird, ist es wichtiger denn je auf Seiten hinzuweisen, die die Wissenschaft in ihrem Sinne und für ihre Zwecke verwenden.Solange die Rechtsprechung an Staatsgrenzen endet, ist gemeinsames, kritisches Betrachten von Inhalten im Web die beste Waffe gegen homophobe und diskriminierende Inhalte.

Foto: flickr/incurable_hippie (CC BY-NC 2.0)

Dieser Text ist ein Beitrag zur Aktion der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld zum “Internationalen Tag gegen Homo- und Transphobie”  am 17.5.2012. Auf media-bubble.de gibt es dazu auch eine Aktionsseite.

Was gesagt werden musste?

von Pascal Thiel

In einer Zeit, die von audiovisuellen Medien wie vom Internet geprägt ist, da man alle Information dem Fernsehen, dem Radio, dem Internet oder der Zeitung entnimmt, hat ein Gedicht – wenn der Anspruch auf diese Bezeichnung überhaupt zulässig ist – für ein mediales Echo gesorgt, das seinesgleichen sucht. Der Verfasser, hochwürdiger Träger des Literaturnobelpreises, empfand den Drang, zu sagen, „was gesagt werden muss“ – doch musste es das? Doch auch die Frage, wie es ein Gedicht noch heute zu solch Beachtung schafft, man beachte die Schelte, die Günther Grass und seinem Gedicht wiederfahren ist, mit dem Vorwurf, es verkenne die Realität.

Was gesagt werden muss“ – Ein bemerkenswerter Titel, der Neugier erweckt, mit welch weisen Worten sich der Literaturnobelpreisträger von 1999 an das Volk wenden möchte. Zweifelsohne vermutet man kritische Worte, doch was folgt, ist weniger ein gesellschaftskritisch-philosophischer Appell, denn eine wirre Folge von teils korrekten, dennoch aber zuhauf verzerrten Tatsachen. 

Was gesagt wurde

Während Grass in Teilen des Gedichts relativ allgemein bleibt (Warnung vor „brüchigem Weltfrieden“, Aufforderung zum „Verzicht auf Gewalt“)wird er doch in manchen Dingen sehr konkret. Grass spricht vom „behaupteten Recht auf den Erstschlag“ Israels gegenüber dem iranischen Staat und der Gefahr, dass der jüdische Staat dessen Volk „auslöschen“ könne, nur weil dort eine Atombombe vermutet werde.

Die Tatsache, dass Israel einen Präventivschlag gegenüber dem Iran nicht mehr ausschließt, darf nicht die eigentliche Ursache der existenziellen Angst der Führung Israels verdrängen: Die feindliche Haltung des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad, der den Holocaust leugnet die Existenz Israels in Frage stellt. Vielleicht ist es gerade die Strategie des iranischen „Maulhelden“, wie es Grass formuliert, Israel durch eine gezielte Provokation zum Präventivschlag zu drängen und somit einen „legitimen“ Grund für einen – womöglich mit einer ungeahnten Wucht geführten – Gegenangriff vorweisen zu können.

Grass jedenfalls scheitert mit einer realitätsnahen Argumentation bereits in der zweiten „Strophe“; die Annahme der „Unschuld“ des Iran zieht sich durch das gesamte Gedicht. Das wird auch später deutlich, als er Israel als „Verursacher der erkennbaren Gefahr“ darstellt.

Doch ungeachtet all dieser problematischen bis falschen Aussagen, so muss man sich doch zwei Fragen stellen: Warum hat Grass dieses Gedicht veröffentlicht? Und: Warum löst in unserer Zeit, die von Print- und audiovisuellen Medien geprägt ist und Gedichte dem gemeinen Bürger allenfalls in Form von Schulliteratur über den Weg laufen, ein Gedicht ein solch öffentliches Echo aus?

Was gesagt werden sollte

Grass’ eigene Erklärung bezüglich seinem Motiv zur Veröffentlichung eines solchen Gedichts findet sich in diesem selbst: Er spricht aus, was aus seiner Sicht überfällig ist, eben was „gesagt werden muss“: Die intendierte Bitte war wohl, die israelische, auch als konfrontativ zu bezeichnende Politik kritisch zu betrachten. Dies ist legitim und durchaus berechtigt, doch hätte sich gerate der Literat nicht zu einer solch parteiischen Stellungnahme hinreißen lassen dürfen.

Im Gegenteil: Eine objektive Darstellung der Verfehlungen beider Seiten, allerdings mit realitätskonformer Betrachtung der Tatsachen wäre angebrachter gewesen. Argumentiert man mit dem Motiv des Künstlers, der mittels Provokation eine Debatte anstoßen will, so muss man feststellen, dass auch diese Taktik gescheitert wäre. Die Folgen dieses Fehlers sind bekannt: Nicht das Thema, das Grass ins Lichte der politischen Debatte führen wollte, ist omnipräsent, sondern wie schon so oft seine zu lang verschwiegene SS-Mitgliedschaft, seine im Tenor der Öffentlichkeit vermutete israelfeindliche Haltung, seine Unfähigkeit, einem Gedicht ein gedichtartiges Format zu geben. Konkret: Grass hat sich und seine Person – wenn auch womöglich unwillentlich – selbst in den Fokus der Debatte katapultiert.

Prominentes Phänomen

Das Phänomen von „spektakulären“ Veröffentlichungen von Seiten prominenter Persönlichkeiten als Versuch zum Anstoß von Debatten ist im Übrigen nicht neu. Bereits vor zwei Jahren erregte das damalige Deutsche-Bank-Vorstandsmitglied Thilo Sarrazin mit seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ großes Aufsehen. Auch damals wurde vorrangig über die Person Sarrazin und seine doch etwas eigenwillige Sicht der Dinge geredet, weniger über das eigentliche Thema.

Ungeahnte Beachtung eines vermeintlich alten Formats

Die zweite Frage, wie Gedichte gerade in unserer hochmediatisierten Zeit noch zu solch Beachtung gelangen, obwohl sie doch eine für unsere Information eher unwesentliche Quelle sind, ist schnell beantwortet. Drei Faktoren genügen, um ihnen gewaltige Bedeutung zu verleihen: zum einen der brisante Inhalt, zum zweiten die Prominenz seines Verfassers und zum dritten die Veröffentlichung durch ein relevantes Medium.

Der brisante Inhalt wurde bereits oben angerissen. Die Prominenz des Verfassers bringt eine, manche prominente Personen irritierende, verstärkte Aufmerksamkeit mit sich, konkret: Als Literaturnobelpreisträger ist es gewiss, dass sich auf jede Publikation und Veröffentlichung eine Meute von Kritikern stürzt und jeden Satz auseinandernimmt. Dass das Gedicht von nahezu allen großen deutschen Zeitungen (z.B. SZ, FAZ) abgedruckt wurde, verdankt Grass eben diesem Titel. Ähnlich wie beispielsweise die Vereidigungsrede unseres neuen Bundespräsidenten erfuhr das Gedicht durch diese Prestigemedien eine weite Verbreitung. Von dort ist der Weg ins Internet und somit in die ganze Welt nur noch ein Katzensprung.

Foto:  Florian K.