Resümee: Der Film als Fenster zur Welt

von Felix Niedrich

Lügen beinhalten immer auch Wahrheiten. Auch wenn jeder Film auf einer Lüge aufbauen mag, so hat sich gezeigt, dass das Medium durchaus im Stande ist, die Wahrheit zu reflektieren.Genau genommen eignet sich gerade der Film sehr gut dafür, ist ihm doch aufgrund seiner Beschaffenheit der Konflikt zwischen Authentizität und Künstlichkeit, zwischen Realität und Fiktion, praktisch von Beginn an eingeschrieben. Genau damit habe ich mich in meinem Projektstudium beschäftigt.

Filmische Realität unterliegt gewissen Regeln und Bedingungen, die bei der Betrachtung berücksichtigt werden müssen. Der Film folgt eigenen Spielregeln, die auch zu Fehlinterpretationen führen können. Nichtsdestotrotz stellt der Film eine neue Perspektive bereit, die uns auf seine Weise ermöglicht, Themen unserer Realität zu verarbeiten und auch neu zu verstehen. Im Zuge der Produktion und Rezeption entstehen neue Bedeutungen, neue Wahrheiten. Wahrheit ist dabei nicht direkt mit Wirklichkeit gleichzusetzen, wohl aber hängen die beiden eng zusammen. Der Film wird genutzt um Themen unsere Lebenswelt aufzugreifen und zu bearbeiten.

Wir haben gesehen, dass die Wahrheit im Film auf unterschiedlichste Weise behandelt wird.

Jean Rouch, versucht in seinem Film „Die Chronik eines Sommers“, die Eigenschaften des Mediums zu nutzen, um Wahrhaftigkeit herzustellen. Er spielt mit den Konventionen und bezieht alle Akteure in den Schaffensprozess mit ein. Nicht zuletzt wird die Kamera selbst offenkundig als zentrales Instrument in diesem Prozess behandelt. Das Resultat sehen er und sein Kollege aber selbst kritisch.

„The Act of Killing“ reflektiert unseren Umgang mit Wahrheit durch Storytelling. Im Angesicht der Kamera soll dabei die wahre Natur der Protagonisten aufgedeckt und offenbart werden – ganz ohne dabei auf die üblichen und ohnehin bekannten historischen Fakten zu rekurrieren.

Das Vermischen von Realitäten ist auch das Grundprinzip von sogenannten Mockumentaries. Auch in „This is Spinal Tap“ ist nicht immer klar, wo Fiktion endet und Wahrheit aufhört.

In „Rashomon“ und „Die 12 Geschworenen“ wird unser grundliegendes Verständnis von Wahrheit und unsere Wahrnehmung reflektiert. Eine objektive Wahrheit gibt es am Ende nicht. Vielmehr werden Bilder, Erinnerungen und subjektive Eindrücke kritisch hinterfragt.
In „Memento“ macht sich Christopher Nolan diese Prinzipien zu nutze. Mit dramaturgischer Präzision inszeniert er die Suche nach der Wahrheit als herausforderndes Denkspiel für den Zuschauer.

Zuletzt beschäftigen sich „Gone Girl“ und „Die Truman Show“ mit der Konstruiertheit medialer oder medial geprägter Welten, in denen eine verzerrte Wahrnehmung Realität neu definiert und selbst unsere Identität neu betrachtet werden muss.

Bereits in der Einführung war klar, dass es keine eindeutige Konklusion in dieser Frage nach der Wahrheit geben kann. Die behandelten Filme haben dies nur bestätigt. Aus Erkenntnissen entstehen immer wieder auch neue Fragen. Aus neuen Fragen wiederum neue Erkenntnisse. Ganz nach dem Prinzip der Wissenschaft sind Erkenntnisse nicht notwendigerweise von anhaltender Gültigkeit, sondern nur ein nächster Schritt. Die Suche nach Wahrheit ist wohl grundsätzlich ein immer fortlaufender Prozess. Den Abschluss dieser unabgeschlossenen Thematik soll deshalb folgendes Zitat bilden:

„Es gibt da so einen Burschen, einen Deutschen … Fritz … so und so … oder … heißt er vielleicht auch Werner, na egal … der hat eine Theorie entwickelt. Wenn man etwas untersuchen will – ich meine wissenschaftlich – wie sich die Planeten um die Sonne drehen, aus was für einer Materie Sonnenflecken sind, wieso das Wasser aus der Dusche kommt … naja, man muss sich das ansehen. Aber manchmal da verändert die Betrachtung den Gegenstand. Man kann nie objektiv wissen, was passiert ist. Oder was passiert wäre, wenn man nicht mit seiner verdammten Nase drin rumgeschnüffelt hätte. Deshalb kann es nie Gewissheit geben. Indem man etwas betrachtet, verändert man es. Die nennen das das Unschärfeprinzip. Klar, es klingt bescheuert, aber sogar Einstein sagt, dass da irgendwas dran ist. Wissenschaft, Wahrnehmung, Realität… Zweifel. Berechtigter Zweifel. Ich meine: je genauer man etwas betrachtet, desto weniger weiß man. Das steht fest. Eine bewiesene Tatsache. Und vermutlich die einzige Tatsache, die zählt.“ – Freddy Riedenschneider (in „The man who wasn’t there“)

Foto: Wikimedia Commons / by Joseolgon (CC BY-SA 3.0)

Das Oscar-Horoskop

Heute Nacht ist es mal wieder so weit – die Stars werfen sich in ihre Abendgarderobe und begeben sich zu dem wichtigsten Event des Jahres: der Oscar-Verleihung. Und auch dieses Mal versuchen zwei unserer Redakteure Prognosen über ihre Gewinner und Verlierer des Abends zu verteilen.

Außerdem:  Wer sich am häufigsten vertippt hat, muss zur Strafe den schlechtesten Film 2014 ertragen. Diese Wahl dürfen wir wie jedes Jahr freundlicherweise dem Komitee der Goldenen Himbeere überlassen. Dieses Jahr ist der gelobte Verlierer „Kirk Cameron’s Saving Christmas“.

 

 Marius Lang:  Jasmin M. Gerst:

Favorit

Mit jeweils neun Nominierungen führen Alejandro González Iñárritus Birdman und Wes Andersons The Grand Budapest Hotel die diesjährigen Oscars an. Das ist nichts anderes als angenehm, da es sich bei beiden Filmen um Komödien in verschiedenen Graden der Schwärze handelt, angenehm frisch und nicht das übliche bierernste Awardfutter, dass sich sonst so in den vorderen Rängen der Academy Award tummelt.

Auch Boyhood von Richard Linklater (sechs Nominierungen), ein über Jahre hinweg nach und nach gedrehter Meilenstein der Filmgeschichte, kann sich zu den Favoriten zählen, vor allem für die ganz großen Preise.

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Meine persönlichen Favoriten dieses Jahr sind The Imitation Game und Die Entdeckung der Unendlichkeit, da beide absolut faszinierende und schicksalhafte Geschichten erzählen. Mit seinen acht Nominierungen wird für mich aber The Imitation Game Abräumer des Abends werden.

 

Verlierer

Schon vor Vergabe der Preise zeichnet sich ein Verlierer deutlich ab: Die Diversität in der Hollywood-Filmlandschaft. Unter den nominierten Schauspielern weit und breit nur Weiße, unter den Regisseuren keine einzige Frau. Ein bisschen traurig, dass es sich bei der Academy nach wie vor zu großen Teilen um eine elitäre Gemeinschaft weißer Männer handelt.

Auch davon abgesehen wird es einige Verlierer geben. Zum einen verdientermaßen Clint Eastwoods bislang schlechtester Film, American Sniper, bei dem es ohnehin verwundert, warum er so oft nominiert ist. Trauriger ist da schon die Tatsache, dass The Imitation Game wohl weitgehend leer ausgehen wird. Doch die Konkurrenz in allen Kategorien, in denen er nominiert ist, ist einfach zu groß.

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Birdman gilt als großer Favorit der diesjährigen Oscars. Meiner Meinung nach ist die Konkurrenz aber zu stark, es gibt zu viele gute Filme dieses Jahr und deshalb glaube ich, dass es für Birdman eng werden könnte. Leer ausgehen wird er keineswegs, aber neun Oscars wird er definitiv nicht gewinnen. Auch Grand Budapest Hotel muss heute Abend schwer kämpfen, um alle Nominierungen in Oscars zu verwandeln.

Missachtet

Dass Selma-Regisseurin Ava DuVernay nicht ihren mehr als verdienten Platz in der Reihe der Nominierten einnehmen konnte, zeigt, wie weit es mit der Diversität in Hollywood her ist. Gleichermaßen und für den selben Film übergangen wurde David Oyelowo, der in Selma bahnbrechend als Martin Luther King auftritt und eigentlich als bester Darsteller hätte nominiert werden müssen.

Ebenfalls weitgehend missachtet war David Finchers brillanter Thriller Gone Girl und natürlich The Lego Movie, bei dem nicht nur ich nicht verstehen kann, warum er nicht als bester Animationsfilm nominiert ist.

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Die Filmauswahl der Academy ist dieses Jahr sehr gelungen. Allerdings fällt mir vor allem der Gehypteste des letzten Jahres ein: Interstellar galt als Film des Jahrhunderts, Matthew McConaughey und Anne Hathaway wurden bis in den Himmel gelobt. Nominiert wurde allerdings nur das beste Szenenbild, Filmmusik, Ton und Schnitt sowie Effekte. Regie oder schauspielerische Leistung – also die wichtigsten Kategorien – wurden nicht berücksichtigt.

Bester Film

Boyhood kann getrost als der große Favorit in dieser Kategorie genannt werden. Linklater hat es nicht nur geschafft, das Leben eines heranwachsenden seiner Zeit perfekt zu inszenieren, er schaffte es auch, sein Cast beisammen zu halten, was über die Zeitspanne von über zehn Jahren kein leichtes ist. Zwar hätten auch Birdman, The Grand Budapest HotelThe Theory of Everything und natürlich Selma den Preis mehr als verdient, doch Boyhood wird wohl am Ende das Rennen machen. Nicht unverdient, will man anmerken.

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Definitiv The Imitation Game – der Film war einfach grandios, Benedict Cumberbatch in Höchstform und das muss einfach belohnt werden. Die Verfilmung über den britischen Logiker und Mathematiker Alan Turing und dessen Versuche ,den Enigma Code zu knacken, ist unbeschreiblich gut. Außerdem zeigt der Film Turings Homosexualität und die Probleme, die er dadurch in seiner Zeit hatte.

Beste Regie

Und auch wenn mein Verstand sagt, dass Linklater für Boyhood wohl den Goldjungen mit nach Hause nehmen wird, so muss ich hier doch meinem Bauchgefühl folgen. Gebt Wes Anderson seinen Oscar. The Gand Budapest Hotel ist einer der besten Filme seiner Karriere und andere Regisseure träumen nachts davon, ein solches Meisterwerk irgendwann zu schaffen.

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Wie gesagt – Abräumer des Abends wird für mich The Imitation Game sein und deshalb auch Morten Tyldum in der Kategorie beste Regie. Allerdings ist seine Konkurrenz stark, auch Alejandro González Iñárritu (Birdman) und Wes Anderson (Grand Budapest Hotel) werden sehr weit vorne dabei sein. Es wird also ein enges Rennen dieses Jahr beim Oscar – und das nicht nur in der Kategorie Regie.

Bester Haupt-/Nebendarsteller

Zwei Schauspieler sind die großen Favoriten in dieser Kategorie: Michael Keaton für seine phänomenale Darstellung des abgehalfterten Superheldendarstellers Riggan Thomson in Birdman und Eddie Redmayne für seine unter die Haut gehende Rolle als Stephen Hawking in The Theory of Everything. Beide haben sehr gute Chancen, beide haben den Preis mehr als verdient. Und ich schäme mich ein bisschen dafür, dass man mich daran erinnern musste, was für ein großer Schauspieler Michael Keaton ist. Dieser ist auch mein Favorit, auch wenn es sich hier wieder mehr um eine Herzenssache handelt.

Leichter ist da schon die Entscheidung für den besten Nebendarsteller. Die übrigen Nominierten (nebenbei alle wirklich exzellent in ihren jeweiligen Filmen) dürfen brav das gratulieren vor dem Spiegel üben, denn die Entscheidung muss eigentlich für J. K. Simmons ausfallen. In Whiplash und der Rolle des unausstehlichen Terence Fletcher, dem härtesten Musiklehrer der Welt, zeigt Simmons erneut, wie brillant er eigentlich ist.

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Keine ist eindeutiger für mich als diese: Eddie Redmayne wird den Oscar als bester Hauptdarsteller mit nach Hause nehmen. Seine Rolle als Stephen Hawking in The Theory of Everything spielt dieser so genial, er macht dessen Bewegungen zu seinen eigenen und am Ende des Films könnte man sogar meinen er wäre Hawking persönlich. Absolut bewundernswert und absolut verdient.

Als bester Nebendarsteller steigt für mich Mark Ruffalo in den Ring. In Foxcatcher spielt er den erfolgreichen Ringer David Schultz. Sein größter Konkurrent könnte Ethan Hawke werden, der in dem 12-Jahres-Film Boyhood den Vater spielt,

Beste Haupt-/Nebendarstellerin 

Die Besten sind Julianne Moore als die Alzheimer-Kranke Dr. Alice Howland und Rosamund Pike, in Gone Girl in der Rolle der Amy Elliott-Dunne, einer Figur mit zwei Gesichtern, bei dem man nie genau weiß, woran man bei ihr ist. Favorisieren würde ich hierbei allerdings Julianne Moore, schlicht, weil die Academy ähnliche Rollen schon öfter honoriert hat.

Es sind scheinbar immer die Kategorien der Nebendarsteller, die bereits im vorhinein absolut fest stehen. Auch hier sehe ich wenig Konkurrenz für Patricia Arquette als alleinerziehende Mutter des jungen Mason Evans in Boyhood. Ach, und Meryl Streep (Into the Woods) ist ebenfalls nominiert. Welche Überraschung.

Beste Hauptdarstellerin ist für mich Rosamund Pike als die verschwundene Ehefrau in Gone Girl. Ich habe das Buch gelesen und erst vor ein paar Tagen den Film geschaut und ich bin überwältigt von ihrer Leistung eine so kranke und verrückte Frau zu verkörpern.

Allerdings wird es auch hier eng werden für sie, da sie große Konkurrenz von Julianne Moore bekommt. In Still Alice spielt diese eine Frau, die viel zu früh an Alzheimer erkrankt.

Zwar wird Meryl Streep als beste Nebendarstellerin für ihre Rolle in Into the Woords als große Favoritin gesehen, aber die dreifache Oscar-Preisträgerin wird meiner Meinung nach dieses Mal wieder leer ausgehen. Mein Oscar geht an Emma Stone für ihre Leistung in Birdman als Tochter.

 

 

Foto: flickr.com/Prayitno (CC BY 2.0)

Into the Woods – Ich wünsche, also bin ich

von Miriam Gerstenlauer und Henrike Ledig

 

Nach dem großen Erfolg von „Les Misérables“ 2012 schafft es dieses Frühjahr eine weitere Musicalverfilmung eines in unseren Breitengraden eher unbekannten Stückes in die Lichtspielhäuser: Stephen Sondheims Into the Woods.

Unter der Regie von Rob Marshall (den meisten wohl für seine Arbeit an der Musicalverfilmung Chicago ein Begriff) kommt im Februar der wohl untypischste Streifen für die Produktionsfirma Walt Disney daher. In dieser musikalischen Märchenpersiflage bekommen die Helden alle gehörig ihr Fett weg: Zöpfe werden ausgerissen, Wölfe werden direkt gehäutet, jeder bestiehlt jeden und am Ende will trotzdem niemand an der ganzen Misere die Schuld haben. So wirklichkeitstreu waren Märchen noch nie.

 

“Once upon a time, in a far off kingdom…”

Der Kenner weiß: Fast iedes Märchen beginnt mit einem Kinderwunsch. So auch im Falle von Into the Woods. Ein Bäcker (James Corden) und seine Frau (Emily Blunt) wünschen sich nämlich nichts sehnlicher als eigenen Nachwuchs. Leider bricht eines Tages die Nachbarshexe (Meryl Streep) zur Tür herein und offenbart ihnen, dass sie aus Rache einst einen Fluch über die Bäckersfamilie gelegt hat, dieser aber zum Glück aller Beteiligten just in drei Tagen gebrochen werden könne, wenn ein blauer Vollmond über dem (praktischerweise nebenan liegenden) Zauberwald leuchtet. Dazu müssen die Bäckersleute ihr jedoch vier magische Zutaten für einen Zaubertrank bringen: Eine Kuh so weiß wie Milch, einen Umhang so rot wie Blut, einen Schuh so rein wie Gold und schlussendlich Haar so gelb wie Mais.
Welch ein Glück, dass sich sowohl Aschenputtel (Anna Kendrick), Jack (Daniel Huttlestone) und seine Kuhfreundin Milky White, Rotkäppchen (Lilla Crawford) und Rapunzel (MacKenzie Mauzy) im tiefen, dunklen Wald befinden und dort ebenfalls an der Erfüllung ihrer eigenen Wünsche arbeiten.

Auffällig ist, dass es sich bei den Geschichten in Into the Woods tatsächlich um die ursprünglichen Grimm-Versionen handelt: So regnet Aschenputtels Ballkleid aus Gold vom Baum am Grab ihrer Mutter auf sie herab, und ihre Stiefschwestern werden noch traditionell um ihre Zehen beziehungsweise Fersen gebracht, beim Versuch, sich in den glückverheißenden Schuh zu quetschen. Aus diesen Gründen ist Into the Woods vielleicht auch nur bedingt für junge Zuschauer geeignet: zwar ist die Stimmung zuerst vornehmlich fröhlich und humorvoll, aber spätestens im zweiten Akt auch sehr gnadenlos – hier ist keiner mehr sicher, Pro- und Antagonisten gleichermaßen!
Mal ganz abgesehen von Johnny Depps urkomischem aber nicht ganz jugendfreiem Auftritt als trashigem Großem Bösen Päderasten-Wolf.

Von Hollywood und Broadway nur das Beste

Neben Johnny Depp, der nur einen recht kurzen, dafür umso komischeren Auftritt hat, brilliert ein stimmiger und talentierter Cast. Allen voran die dreifache Oscarpreisträgerin Meryl Streep, die mit ihrer Rolle als böse Hexe gute Chancen auf ihren vierten Gewinn bei den Academy Awards hat. Sowohl mit ihrem ausdrucksstarken Gesang als auch ihrem unnachahmlichen Schauspiel sorgt Meryl Streep für emotionale Höhepunkte und trägt die Geschichte voran. Ihre Kolleginnen Anna Kendrick, Cinderella, und Emily Blunt, die Frau des Bäckers, kennt man bisher nur nicht singend auf der Leinwand.

Selten jedoch hat man in Hollywood bisher ein so charakterstarkes Duo von gleich zwei weiblichen Protagonistinnen gesehen, die nicht nur eindimensionale Stereotype darstellen – und das als Märchenfiguren. Daniel Huttlestone ist Musical-Fans schon bekannt als Gavroche in Tom Hoopers Film-Version von Les Misérables (2012), und als naiver Tollpatsch Jack (Hans in der deutschen Version) singt er sich in die Herzen der Zuschauer.
Überrascht hat vor allem Chris Pine, sonst bekannt als Captain Kirk in Star Trek, der als Prince Charming seiner Rolle als Hollywood-Schönling  alle Ehre macht und seiner Perfomance zeigt, dass er dabei auch noch schön (und schnulzig) singen kann.

Es kommt sogar richtiges Broadway-Feeling auf, dank der Besetzung von James Corden als der Bäcker, MacKenzie Mauzy und Billy Magnussen als Rapunzel und ihr Prinz, sowie des 12-jährigen Ausnahmetalents Lilla Crawford als Rotkäppchen. Durch ihre Erfahrungen auf der Bühne wirkten alle Performances durchweg stimm- und rollensicher, was die Mischung aus Gesprochenem und Gesungenem stets organisch wirken lässt.

 

Viel Musik und noch mehr Text

Stephen Sondheim gehört, zusammen mit Andrew Lloyd Webber und Stephen Schwartz, zu den größten Komponisten des Musicalgenres, wenngleich seine Werke in Deutschland eher selten gespielt werden. Am ehesten sind hierzulande West Side Story und Sweeney Todd – The Demon Barber of Fleet Street bekannt, letzterer vornehmlich durch die Verfilmung aus dem Jahr 2007 unter der Regie von Tim Burton.
Die Gründe dafür liegen dabei vor allem in den komplexen Texten in Sondheims Stücken, hier von James Lapine, die sich meist nur schwer ins Deutsche übertragen lassen, und daran, dass diese durch seine nicht sehr eingängigen Melodien auch nicht viel verständlicher werden.

Darunter könnte auch Into the Woods leiden, denn über wirkliche Ohrwürmer a là Memory aus Cats oder dem Phantom der Oper verfügt das Musical nicht. Das tut den musikalischen Nummern des Films (und davon gibt es viele!) jedoch keinen Abbruch, denn für kurzweilige Unterhaltung sorgt die durchweg brillante Inszenierung: In Nummern wie Agony in der die Prinzenbrüder (Chris Pine und Billy Magnussen) versuchen, sich gegenseitig so theatralisch wie möglich in ihrem Liebesleid zu übertrumpfen ist es kaum möglich, sich vor Lachen noch auf dem Kinositz zu halten.

 

„That’s what woods are for: for those moments in the woods”

Charmant und urkomisch, romantisch und gnadenlos ehrlich – Into the Woods scheint auf den ersten Blick eine ganz typische Disney-Schmonzette zu sein, entpuppt sich aber nach und nach immer mehr als ironische Persiflage ebensolcher, indem die Charaktere auch einmal sich und das, was passiert, hinterfragen. Am Ende ist die Hexe vielleicht doch gar nicht so böse, und die Moral von der Geschicht‘: ist jemand nett, ist er noch lange nicht gut. („Nice is different than good.“)

Into the Woods läuft 124 Minuten, ist momentan noch nicht FSK geprüft und startet am 19. Februar in den deutschen Kinos. Zudem ist er für 3 Oscars nominiert in den Kategorien „Beste Nebendarstellerin“ (Meryl Streep), „Bestes Produktionsdesign“ und „Bestes Kostümdesign“.

Das Leben ist ein Drama

von Felix Niedrich

Das ganze Leben ist ein Drama

„Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien“. Dieses Zitat von Niklas Luhmann dürfte allen Studierenden der Medienwissenschaft zum Hals raushängen. Aber weit mehr als für uns, gilt es für die Truman Burbank (Jim Carrey) in „Die Truman Show“. Zu jeder Sekunde wird sein Leben von den Medien gelenkt. Die Welt, die er kennt, ist eine künstliche Welt. Die Stadt, in der er lebt, ein gigantisches von Wasser umgebenes Filmset unter einer Kuppel. Die Menschen um ihn herum sind Schauspieler und Statisten. 5000 Kameras folgen ihm auf Schritt und Tritt. Er ist – ohne es selbst zu wissen – der Star einer erfolgreichen Fernsehproduktion.

 

In der „Media Bubble“

Seit seiner Geburt lebt Truman in dieser – seiner – Realität. Eine scheinbar heile Welt, deren Künstlichkeit jedem anderen sofort auffallen würde. Truman aber kennt nichts anderes und akzeptiert die gewohnten Gegebenheiten als normal und authentisch. Das Medium bestimmt nicht nur seine Welt, sondern ist seine Welt geworden. Sein Leben und seine Wirklichkeit sind dadurch nicht nur räumlich eingeschränkt. Truman hat keine Möglichkeit sich frei zu entfalten, da er durchgehend auf das beschränkt ist, was ihm das Medium, durch die Hand der verantwortlichen Produzenten, wie Christof (Ed Harris), vorschreibt. Er ist in seiner medialen Blase gefangen.

Die Vorstellung ist irgendwie makaber, aber keineswegs weit her geholt. In unserer von Medien dominierten Gesellschaft sind auch wir so sehr daran gewöhnt, uns auf die neuen Kommunikationsinstrumente zu verlassen, dass wir (im schlimmsten Fall) gar nicht mehr darüber nachdenken, was wir eigentlich tun. Oder, was die Medien mit uns tun. Unreflektiert nehmen wir hin, was uns vorgesetzt wird. Die Truman Show zeigt einen kritischen Blick auf eine Welt, die immer mehr von den Medien beeinflusst wird und abhängig geworden ist. Das gilt nicht nur für die Kommunikation und die Verteilung von Informationen, sondern auch für alle anderen sozialen Bereiche.

Erst im Alter von knapp 30 Jahren beginnt Truman im Zuge einiger seltsamer Entwicklungen, misstrauisch zu werden. Da fällt eines Morgens einfach ein Scheinwerfer vom Himmel und landet direkt in der Einfahrt, als Truman gerade zur Arbeit will. Neuerdings empfängt Truman auch verdächtige Botschaften im Radio. Und warum stellt ihm seine Frau eigentlich ständig Haushaltsprodukte vor? Egal, was es ist. Truman will weg von hier. Raus aus der Stadt. Aber das gestaltet sich schwierig.

 

Big Brother is watching you

Wenngleich die Dimension gewaltig ist, so ist auch das Format der „Truman Show“ keineswegs abwegig. Schließlich existieren längst zahllose solcher „Reality Shows“ oder Dokusoaps, bei denen Millionen von Zuschauern Einblicke in das Privatleben anderer ermöglicht werden.

Selbstverständlich handelt es sich auch da oft um Scripted Reality-Formate, die ebenfalls Manipulationen der Sendungsmacher folgen. Auch wissen die beteiligten Personen normalerweise vorher Bescheid, was sie erwartet (auch wenn das im Nachhinein oft ganz anders aussieht).

Auf Zuschauerseite scheint ein Bedürfnis an solchen Formaten allerdings durchaus da zu sein. Geschichten „direkt aus dem Leben“ befriedigen unseren inneren Voyeur. Auch Truman bietet neben dem reinen Unterhaltungswert für viele wohl eine Projektionsfläche für die existenziellen Ängste und Sorgen. Er bringt das Publikum zum Lachen und zum Weinen.

Auf ausreichend Privatsphäre müssen Akteure in den Medien häufig verzichten. Je prominenter, desto mehr kann die mediale Aufmerksamkeit zum Fluch werden. Privatsphäre und -räume allgemein scheinen sich in der neuen Medienlandschaft neu zu definieren. Nicht zuletzt im Internet geraten (persönliche) Daten in den öffentlichen Kommunikationskreislauf. Die Brisanz dieser Entwicklungen kann an den endlosen Debatten zur Datensicherheit abgelesen werden.

Truman Burbank versucht im Film dieser Welt zu entkommen. Doch die Produzenten schrecken vor nichts zurück, um ihren Star nicht zu verlieren und die Sendung am Laufen zuhalten. So inszenieren sie schon früh in Trumans  Leben den Tod seines Vaters und verpassen ihm ein Trauma, das ihn daran hindert, die Stadt zu verlassen, da er seither Angst vor Wasser hat. Schauspieler, die das Geheimnis der Sendung gefährden, werden kurzfristig ersetzt. Als Truman am Ende seine Ängste besiegt und per Boot zu entkommen versucht, wird gar sein eigenes Leben in Gefahr gebracht, um ihn zur Umkehr zu bewegen.

Trumans Wille aber ist stärker und so schafft er es aus der Welt auszubrechen. Nach dem dramatischen Höhepunkt verabschiedet er sich. „War gar nichts echt?“, fragt er zuvor noch. „Du warst echt“, bekräftigt der Produzent, der wie ein Gott aus dem Himmel zu ihm spricht. Ob das so ganz richtig ist, ist fraglich. Aber Truman wird am Ende zum wahren Helden in der fiktiven Geschichte. Für ihn beginnt ein neues Leben. Die Zuschauer, die schalten einfach um auf einen anderen Kanal und lassen sich weiter berieseln.

 

Foto: flickr.com/Strawbleu  (CC BY-NC-SA 2.0)

Schnulzenalarm am Valentinstag

Von der Redaktion

 

Wie ein einziger Tag

Von Jasmin M. Gerst

In den 40er Jahren verbringt Allie einen Sommer in North Carolina und lernt dort Noah kennen. Während Noah sofort spürt, dass die beiden füreinander geschaffen sind, wehrt Allie sich noch eine Weile – trotzdem schafft er es ihr Herz zu erobern. Leider sind  Allies Eltern gegen diese Beziehung, weil Noah nicht wie Allie aus gutem Hause stammt. Ihre Liebe wird auf die Probe gestellt und als der Sommer vorbei ist, muss Allie wieder zurück nach Hause. Jahre später entdeckt Allie ein Foto von Noah in der Zeitung und beschließt ihn zu besuchen. Allerdings ist sie zu dem Zeitpunkt verlobt, Noah jedoch hat nie aufgehört sie zu lieben.

Für mich der perfekte Film zum Valentinstag, da es einer der schönsten und emotionalsten Liebesfilme ist, die es gibt. Und obwohl ich ihn bestimmt schon 50 Mal gesehen habe, rührt er mich jedes Mal aufs neue zu Tränen.

Liebe braucht keine Ferien

Von Anne-Mareike Täschner

Dieser Film hat alles, was ein guter Liebesfilm braucht: Romantik, Kitsch, Herz, und ja, wie sollte es anders ein, auch ein Happy End. Wer es ab und zu ein bisschen sehr kitschig mag, der ist mit „Liebe braucht keine Ferien“ an Valentinstag bestens versorgt. Hollywoodproduzentin Amanda und Journalistin Iris teilen das gleiche Schicksal: Sie sind von ihrem vorherigen Beziehungen frustriert und machen sich an ein Experiment der etwas anderen Art: Sie tauschen ihre Häuser, um das Weihnachtsfest besinnlich und vor allem “männerfrei” zu verbringen. Doch es kommt ganz anders, als beide dachten. Getreu nach dem Motto „Liebe braucht keine Ferien“ verliebt sich Amanda in Iris’ charmanten Bruder, während Iris in L.A. Interesse an dem bezaubernden Komponisten Miles findet. An Weihnachten, dem Fest der Liebe, gestehen sich die beiden Paare endlich ihre Gefühle. Hach, ist das schön…

Dirty Dancing

Von Valerie Heck

Mein Baby gehört zu mir, ist das klar? Ein Klassiker, der nicht nur am Valentinstag zum absoluten Pflichtfilm eines jeden Lovestory-Liebhabers gehört und der mit wiederholtem Gucken immer nur noch besser wird.

Es ist der Sommer 1963, Familie Houseman verbringt ihren Urlaub im idyllischen Kellerman-Ferienressort, wo die jüngste Tochter Baby den Tanzlehrer Johnny Castle kennenlernt. Es beginnt eine typische Liebesgeschichte: Mädchen verliebt sich in Bad Boy, Bad Boy braucht ein bisschen länger, aber verliebt sich dann auch in das Mädchen, alle anderen sind dagegen und trotzdem finden sie zueinander. Was den Film so besonders macht ist das Tanzen und vor allen Dingen der Abschlusstanz auf „Time of my life“ mit der berühmten Hebefigur, die seit 1987 schon so mancher versucht hat, nachzumachen. Wenn Mädels am Valentinstag ihren Freund dazu überreden können, den Film mit ihnen zu schauen und sie am Ende auch noch die Hebefigur üben, dann muss es wahre Liebe sein.

Rapunzel- Neu verföhnt

Von Sanja Döttling

Rapunzel bekommt ungewollten Besuch in ihrem Turm von Flynn Rider, seines Zeichens Dieb. Obwohl grade auf der Flucht, überzeugt ihn Rapunzel schlagfertig, sie aus ihrem Turm zu befreien, weil sie unbedingt die Feuerlampen in dr Hauptstadt zu ehren der verschwunden Königstocher sehen will. Ein ungleiches Paar, die grundnaive Rapunzel, und der grundgenervte Flynn, aber eines, das mam gerne begleitet. Wie in vielen neuren Disney-Produktionen bemüht sich das Studio redlich, die Gender-Gleichheit zu bewahren. Auch hier ist Rapunzel die treibende Kraft, die Bösewichrer durch schnulzige Lieder, Spührpferde durch Tierliebe und Flynn durch allgemeine Liebenswürdigkeit besiegt. Die allgemeine Liebesstory bleibt einfach genug: aber was will man mehr zum Valentinstag?


The Princess Bride

Von Marius Lang

Wenn man gerne einen romantischen Film am Valentinstag sehen will, die übliche Rom-Com-Sparte allerdings nicht so richtig überzeugen will, dem sei Rob Reiners Film The Princess Bride (oder auf Deutsch Die Braut des Prinzen)empfohlen. Hier verbinden sich ewige Liebe, großer Humor, liebenswerte Halunken, sadistische Bösewichte, Rache, Hinterlist, Schwertkämpfe und Rettungen in höchster Not. Die Geschichte nimmt verschieden Stränge aus Märchen und Mythen, Mantel-und Degen-Filmen, klassischem Hollywoodkino, romantischer Komödie und Abenteuerfilmen und verknotet sie zu einem glorreichen  Knäul des guten Entertainments. Es sollte jedoch auch klar sein, dass man sich auf einen sehr verrückten Film einlässt, bei dem man nie genau sagen kann, welche durchgeknallte Wendung al nächstes wartet. Wenn man damit kein Problem hat, dann ist The Princess Bride, mit seiner Achterbahn der Ideen und ja, auch seinen kitschigen Momenten, jedem ans Herz gelegt.


 

Foto: flickr.com/maf04 (CC BY-SA 2.0)

Vergessene Filme – verborgene Schätze

 

von Andrea Kroner

Denkt man an amerikanische Filme, kommen einem sofort effektstrotzende Blockbuster in den Sinn, indische Filme hingegen verbindet man mit viel Tanz und Gesang. In beiden Fällen gibt es eine gewisse Erwartungshaltung an die Machart von Filmen, die aus den jeweiligen Ländern stammen. Doch das gilt nicht nur für Indien oder die USA – diese klassische Erwartungshaltung gibt es für jede Nation. Dabei wird oft vergessen, dass es in den Ländern auch andere filmische Strömungen gibt, die meist weniger bekannt sind, dafür aber deutlich von diesen Stereotypen abweichen und eine ganz neue Seite der Kultur eines Landes zeigen.

In dieser Artikelserie sollen deshalb acht vergessene Filme verschiedenster Macharten analysiert werden, um ihre Besonderheit und Andersartigkeit zu zeigen und zu bestätigen, dass sie nichts gemein haben mit der Erwartungshaltung, der sie unterliegen. Um einen groben Überblick zu geben, werden diese acht Filme hier kurz vorgestellt:

To The Wonder – Terrence Malick

Der amerikanische Regisseur Terrence Malick setzt in seinem neuesten Film „To The Wonder“ (2012) weniger auf große Spezialeffekte und teures Equipment, als auf bewusst reduzierte Dialoge, innere Handlung und Naturdarstellungen – ganz im Gegensatz zu den meisten seiner Mitstreiter aus Hollywood.

Wakoda – Lucìa Puenzo

Argentinien ist hierzulande weniger bekannt für seine Filme, obwohl in diesem Land zahlreiche Filme produziert werden. Vor allem „Wakolda“ (2013) ist für deutsche Zuschauer interessant, weil die Regisseurin Lucìa Puenzo hier die Flucht eines nationalsozialistischen Arztes nach Argentinien thematisiert und damit ihren eigenen Roman verfilmt hat.

Siddharth – Richie Mehta

Der indische Film „Siddharth“ (2013) von Richie Mehta hat so gar nichts gemein mit der bunt schillernden Welt von Bollywood, denn in diesem Drama, das auf einer wahren Begebenheit beruht,  werden die ambivalenten Verhältnisse in Indien unverklärt dargestellt.

Faust – Alexander Sokurov

Der russische Regisseur Alexander Sokurov  hat sich an ein schwieriges Thema gewagt: Er verfilmte im Jahr 2011 „Faust“, inspiriert vom gleichnamigen Werk Goethes. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den verschiedenen Arten der Machtausübung, wobei mit ungewöhnlich vielen inneren Monologen gearbeitet wird.

Erleuchtung garantiert – Doris Dörrie

Die deutsche Filmemacherin Doris Dörrie hat sich schon immer mit außergewöhnlichen Themen beschäftigt und möchte dem Zuschauer mit „Erleuchtung garantiert“ (2000) die Lebensweise in einem buddhistischen Kloster auf humorvolle Weise näher bringen. In einer Mischung aus Dokumentar- und Spielfilm werden alle Szenen, die in dem Kloster spielen, nur mit einer Handkamera gefilmt, um den Alltag der Mönche nicht zu stören und dadurch möglichst natürliche Bilder zu erhalten.

5×2 – François Ozon

Was passiert, wenn man bei einem Film die Chronologie komplett umdreht? Mit dieser Frage und deren Auswirkungen hat sich der französische Regisseur François Ozon in „5×2“ (2004) beschäftigt. Er beginnt seine Liebesgeschichte nicht bei der ersten Begegnung, sondern vor dem Scheidungsrichter.

Moolaadé – Ousmane Sembènes

Von afrikanischen Filmen hört man selten, und doch werden auch hier zahlreiche Filme produziert, die sich vor allem mit der dort herrschenden Kultur auseinandersetzen. So auch Ousmane Sembènes Film „Moolaadé“ (2004), der die Beschneidung von Frauen und ihren Widerstand thematisiert.

The Garden of Words – Shinkai

Der japanische Ausnahmeregisseur Makoto Shinkai setzt in seinem Anime „The Garden of Words“ (2013) weniger auf eine umfangreiche oder ausgefeilte Handlung, sondern mehr auf hochwertige Animation mit plastischen, eindrucksvollen Naturaufnahmen, die schon fast real wirken.

Diese Artikelreihe soll ein kleinen Ausschnitt der Schönheit des Vergessenen oder nicht Wahrgenommenen zeigen und Lust auf eine außergewöhnliche Filmreise machen.

Machen wir uns auf den Weg.

Teil Eins: Der Meister der Stille

Teil Zwei: „Faust“ – die Geschichte lebt wieder auf

Teil Drei: „Erleuchtung garantiert“ – wirklich?

Teil Vier: „5×2“ – Wieso ging es schief?

Teil Fünf: „Moolaadé“ – Bann der Hoffnung

Foto: flickr.com/zhrefch (CC BY-NC-SA 2.0)

Du da im Radio…

von der Redaktion

von Elena Hodapp

Radio. Ein Nebenbei-Medium, das sowieso. Und für mich? Nichts, das in meinem Alltag einen nennenswerten Stellwert hat. Ausnahme: Ich stehe verzweifelt auf der Autobahn, vor und hinter mir rollt nichts mehr und ich warte nervös auf die nächste Verkehrsansage, zitternd davor, dass ein kilometerlanger Stau oder noch schlimmer eine Vollsperrung durchgesagt wird. Und sonst? Unter der Dusche. Der Einfachheit geschuldet, ziehe ich es hier der Musik auf meinem Handy vor. Ich muss nur den einen Kopf drücken, mich für nichts entscheiden – ich kann mich nicht erinnern, wann an der Frequenz das letzte Mal irgendetwas geändert wurde – muss mich nicht ärgern, dass ich mein Handy schon wieder im Zimmer vergessen habe und kann entspannt zu Katy Perry, Taylor Swift und wie sie sonst noch heißen, die Künstler, die ich sonst tunlichst zu vermeiden versuche, unter die Dusche springen.

 

von Anne-Mareike Täschner

„Du da im Radio – wie geht’s dir denn heut‘ morgen?“. Das hat Rolf Zuckowski in einem seiner Kinderlieder gefragt. Ich frage mich das auch jeden Morgen.  Denn spätestens wenn ich das Badezimmer betrete, stelle ich mein Radio an. Ich brauche die morgendliche Beschallung, die aufgedrehten Moderatoren, die aktuellen Hits aus den Charts und die Heile-Welt-Stimmung. Ich höre gerne Radio, ich geb’s ja zu. Beim Kochen, Duschen, Autofahren. Ich höre auch nie richtig zu, es läuft halt einfach. Und es redet jemand. Dann ist es nicht so ruhig in meiner Wohnung. Wenn ich allerdings wirklich Musik der Musik wegen hören will, dann stelle ich das Radio aus. Dann läuft Spotify.

 

 von Marius Lang

Ihr wacht morgens auf, müsst zur Arbeit oder zur Uni oder sonstwohin. Ihr seid müde und schlecht gelaunt, weil es früh morgens ist und ihr zur Arbeit oder zur Uni oder sonstwohin müsst. Ihr schaltet das Radio an, um etwas wacher zu werden und dann hört ihr: unerträglich gut gelaunte Moderatoren. Was nehmen diese Moderatoren von der Morningshow  und warum bekomme ich das nicht auch, um morgens in besserer Stimmung zu sein? Bis ich mit dem persönlichen Dealer von Radio-DJ’s bekannt gemacht werde, habe ich allerdings einen Grund mehr, morgens das Radio aus zu lassen. Denn nichts geht mir mehr auf die Nerven, als penetrant gute Stimmung, wenn ich übernächtigt und miserabel gelaunt bin. Danke, aber Nein, Danke.

 

von Valerie Heck

Ich muss zugeben, dass das letzte aktive Radiohören bei mir schon eine Weile zurückliegt. Es steht zwar ein Radiogerät auf meinem Schreibtisch, aber wenn ich es andrehe, bekomme ich keinen vernünftigen Sender ohne Rauschen rein. Dann schalte ich doch lieber meinen Computer ein und lasse meine Spotify-Playlist laufen: Ohne Rauschen, ohne nervige Moderationstexte und mit der Musik, die ich mag. Meiner Meinung nach fehlt einfach das passende Programm für die Zielgruppe der Studenten. Eine Mischung aus guter, aktueller, sich nicht ständig wiederholender Musik und interessanten Beiträgen, für die sich das Einschalten und Sender-Suchen auch lohnt, würde ich mir wünschen.

 

von Jasmin M. Gerst

Viele hören Radio vor allem im Auto, da dort regelmäßig die aktuelle Verkehrslage durgesagt wird, um Staus oder Unfälle zu vermeiden. Aber nicht nur dort sind Sender wie SWR1, Antenne1 oder SWR3 ein ständiger Begleiter: auch beim Frühstück oder beim Zähne putzen dienen sie als unterhaltendes Hintergrundgeräusch. Meiner Meinung nach nutzen aber nicht nur Berufstätige das Radio sondern auch Studenten und Rentner. Ob beim putzen, kochen oder einfach nur zum entspannen – ob im Livestream oder klassisch: alle Generation träumen am liebsten mit ihrer Lieblingsmusik. Das tolle an diesen Musiksendern ist, dass eine Liebe zu vergessenen Liedern dadurch wieder aufflammen kann. Deshalb läuft bei mir in der WG auch ständig vor Antenne1, damit wir uns an Klassiker wie z.B. Pretty Woman von Roy Orbison erinnern.

 

Foto: flickr.com/Johan Larsson (CC BY 2.0)

Antik ist out – oder?

von Andrea Kroner

Schon zum 54. Mal findet in Stuttgart die Antiquariatsmesse statt – gleichzeitig läuft in Ludwigsburg die Antiquaria. Beide präsentieren das Schönste aus fünf Jahrhunderten Buchdruck und Buchkunst und zählen zu den wichtigsten Veranstaltungen ihrer Art auf der ganzen Welt. Und sie haben vieles zu bieten: Von breit aufgestellten Antiquariaten über Spezialisten für Handschriften bis hin zu Experten einer bestimmten Epoche oder der östlicher Schriftkultur ist alles vertreten.

 

Highlights der Messe

Wenn man nur den Gesamtpreis aller Werke von etwa 5 Millionen Euro betrachtet, lässt das bereits viele Highlights erwarten: Das teuerste Buch liegt bei 760.000 Euro und stammt aus der Feder des französischen Dichters Octavien de Saint-Gelais aus dem Jahr 1494. Es ist ein Gesamtkunstwerk, mit Bildern aus kräftigen Farben und mit Gold verziert. Im Gegensatz dazu stehen die Zeichnungen Oskar Schlemmers aus dem 20. Jahrhundert. Seine Studien „Familie“ thematisieren seine Zerrissenheit zwischen Familienglück, Ausstellungsverbot  und Todesangst während des zweiten Weltkriegs in leuchtenden Farben. Obwohl das Kunstwerk noch nicht einmal ein Jahrhundert alt ist, muss man dafür 48.000 Euro bezahlen.

Auch Spielzeug gibt es auf der Messe zu finden: Nicht nur ausgefallene Pop-up-Bücher, sondern auch ein dänisches Papiertheater in Miniaturform aus dem Jahr 1884 ist zu bewundern. Äußerst detailgetreu gearbeitet, bietet es mit über 100 Figuren zahlreiche Möglichkeiten, Theaterstücke nachzuspielen oder selbst zu erfinden – wenn man 4.500 Euro dafür ausgeben möchte.

 

„Frauenpower“ im Antiquariat?

„Frauenpower“ – unter diesem Motto stehen die beiden Messen in diesem Jahr. Denn wie viele andere Berufsfelder auch, scheint das Antiquariatswesen von Männern dominiert zu werden. Es finden sich kaum Frauen in diesem Arbeitsbereich – von 217 Mitgliedern des Verbandes Deutscher Antiquare sind lediglich 39 weiblich. Und auch auf den beiden Messen waren nur 21 Antiquarinnen unter den 160 Ausstellern. Doch kann man deshalb gleich von einer Männerdomäne sprechen? Nein, meinen die Ausstellerinnen: Denn sie haben sich ihren Platz und ihre Berechtigung über die Jahre durch harte Arbeit und viel Fleiß redlich verdient.

Nicht nur im Bereich der Antiquare, sondern auch auf dem Büchermarkt sind Frauen zahlreich vertreten – schon seit Jahrhunderten als eines der Hauptthemen der Literatur, werden sie seit dem 19. Jahrhundert auch als erfolgreiche Autorinnen immer bedeutender.

 

Digitale Konkurrenz

Mittlerweile kauft bereits ein Großteil der Leser seine Bücher im Internet. Oft handelt es sich bei der online gekauften Version auch nicht mehr um die gedruckte Ausgabe, sondern um ein eBook. Das hat den Buchhandel in eine große Krise gestürzt und stärkt die Vormachtstellung einiger weniger Internetanbieter, auch wenn diese schon seit längerem in die Kritik geraten sind.

Diese Tendenz lässt sich auch bei antiken Büchern erkennen: Der Antiquitätenmarkt im Netz floriert und was einst selten und heiß begehrt war, gibt es nun in zahlreichen Versionen – sogar in Erstausgaben. Durch diese Ausweitung des Marktes werden Preise besser vergleichbar und transparenter und die Bücher können günstiger angeboten werden. Das ist für den Liebhaber zwar von Vorteil, zwingt aber viele Antiquariate zur Schließung. Doch sie haben der Übermacht auch etwas entgegenzusetzen: Einzigartigkeit. Viele spezialisieren sich und bieten ihren Kunden nur bestens erhaltene Exemplare exklusiv im Geschäft an.

 

Antik ist definitiv nicht out

Selbst wenn man sich als Student keines der ausgestellten Bücher leisten kann, ist es dennoch ein einmaliges Erlebnis, diese Schätze der Vergangenheit einmal in echt erleben zu können – allein schon des besonderen Flairs wegen, der die ganze Messe umgibt. Und diese Meinung teilen viele, denn beide Messen sind gut besucht.

 

Foto: flickr.com/Hoffnungsschimmer (CC BY 2.0)

Gone Girl

von Felix Niedrich

Verbrechensaufklärung als PR-Schlacht

David Fincher hat sich bereits in der Vergangenheit häufig als Meister der Täuschung präsentiert, der den Zuschauer schon so manches Mal hinters Licht geführt hat. Auch seine Besessenheit fürs Detail zeichnet seine Filme aus. In seinem neusten Werk „Gone Girl“ – einer Adaption des gleichnamigen Romans von Gillian Flynn – kombiniert er diese Ansätze. So schafft er eine Mischung aus einem Kriminalfilm a la „Zodiac“ und einem Verwirrspiel wie in „The Game“. Gewürzt wird das ganze mit satirischer Gesellschaftskritik im „Fight Club“-Stil. Zwar setzt „Gone Girl“ diese Ideen nicht so gut um, bietet aber einige interessante Ideen über Beziehungen und Geschlechterrollen, Schein und Sein und vor allem den Umgang der Medien und Zuschauer mit aufsehenerregenden Stories.

Ben Affleck spielt die Hauptfigur Nick Dunne, einen verheirateten Mann, dessen Ehe aber längst nicht mehr rund läuft. Als seine Frau eines Tages verschwindet und vieles auf ein Verbrechen hindeutet, gerät Nick bald selbst unter Verdacht. Tatsächlich ist er aber das Opfer seiner hinterlistigen Ehefrau, die den Vorfall inszeniert hat. Während die Ermittlungen andauern, wird das Ereignis von den Medien bereits zerrissen. Die Öffentlichkeit hat so längst eine eigene Sichtweise auf den Fall bekommen. Die Wahrheit interessiert zwischen den Zeilen niemanden mehr.

 

Image ist alles

Hätte Dunne nur mal Pörksens „Der entfesselte Skandal“ gelesen, hätte er es vielleicht besser gewusst. Von Beginn an geht er nicht gerade überlegt mit der Situation um. Durch widersprüchliche Aussagen verstrickt er sich immer mehr in den Fall. Und auch wenn er für die Tat selbst keine Schuld trägt, so kann er nicht behaupten eine weiße Weste zu haben. Als der Medienrummel um den Fall immer größer wird, gerät Nick zunehmend unter Druck. Sein ungeschicktes öffentliches Auftreten wird zum Skandal. Die Berichterstattung konzentriert sich mehr und mehr auf seine Person und schlachtet dabei jeden Fehltritt aus. Unschöne Spekulationen, Gerüchte und Verleumdungen heizen den Fall immer weiter an. Journalistische Grundprinzipien oder ethische Werte werden ignoriert. Obwohl die Untersuchungen der Polizei noch laufen, wird Nick bereits von einer Mehrheit der Stempel des Täters aufgedrückt. Spätestens als Nicks Affäre mit einer anderen Frau publik wird, sieht er sich gezwungen, selbst in die Offensive zu gehen.
Für viel Geld engagiert er einen auf solche Fälle spezialisierten Anwalt, den man auch als PR-Berater bezeichnen könnte. Das erste Ziel: Image aufbessern. In einem Fernsehinterview vor Millionenpublikum spielt Nick den Ehemann voller Reue – Wort für Wort vorbereitet und ganz nach Anleitung des Experten.

An der Unschuld seiner Frau wird derweil zu keiner Sekunde gezweifelt. Nicht nur, weil sie alles bestens kalkuliert und eingefädelt hat. Sie ist auch – wie der deutsche Zusatz im Titel sagt – das perfekte Opfer. Sie beherrscht nicht nur ihre Rolle erstklassig, sondern hat auch bereits im Vorfeld sämtliche Sympathien auf ihrer Seite. Denn für die meisten Menschen ist Nicks Frau keine Unbekannte. So glauben sie zumindest. Ihre Person ist nämlich die Quelle und Inspiration der populären Romanfigur „Amazing Amy“. Öffentlichkeit und Fans der Bücherreihe sympathisieren mit dieser Version von Amy. Sie projizieren Eigenschaften der Buchfigur auf die „reale“ Person (die Figur im Film) und vermischen die ihnen bekannte mediale Identität mit der wahren Identität der Frau. Nick, der Noname, sieht daneben nicht besonders gut aus. Er ist der Manipulation hilflos ausgeliefert und die ahnungslose Öffentlichkeit spielt das Spiel mit.

 

Mediale Wahrheiten

Der Film zeigt sich kritisch gegenüber der sensationsorientierten Berichterstattung, die die private Misere des Ehepaars für eine spannende Story ausnutzt. Als Informationsquelle haben die Medien die Möglichkeit die öffentliche Meinung zu lenken und zu beeinflussen. Dabei werden ungeniert Faktoren herangezogen, die nichts mit dem eigentlichen Ereignis zu tun haben. Jedes Wort und jede Geste werden untersucht, aus dem Kontext gerissen und genutzt, um Vermutungen zu untermauern. Und ist der Informationsfluss erst einmal außer Kontrolle, entsteht eine Eigendynamik, die schwerwiegende Folgen haben kann.  Die Wahrheit interessiert letztlich niemanden. Vielmehr geht es darum, was die Leute glauben wollen. Wer die beste Geschichte erzählen und sich auf der medialen Bühne gut verkaufen kann, ist im Vorteil.

Nick Dunne hat am Ende Glück im Unglück. Seine Frau kehrt zurück und schiebt alles auf einen alten Verehrer, den sie zuvor eiskalt ermordet. In der vielleicht besten Szene des Films, die die Geschichte sehr gut zusammenfasst, zeigt Fincher das scheinbar glückliche Ehepaar wieder vereint vor Kameras und Publikum. Es kommt der Moment in der Amy ihren Ehemann dazu auffordert, ihr einen Kuss auf die Wange zu geben. Widerwillig beugt sich Nick zu ihr. Aus der Perspektive des Films – hinter den beiden – sieht der Zuschauer, dass Nick seine Frau nicht wirklich küsst. Das Publikum auf der anderen Seite hingegen jubelt im Blitzlichtgewitter. Für sie hat die Story ein zufriedenstellendes Happy End. Doch dem Zuschauer wurde entblößt, was hinter der medialen Wahrheit steckt.

Foto: Merrick Morton/Twentieth Century Fox

Streaming – was darf man, was nicht?

von Anne-Mareike Täschner

Die Streaming-Plattform Popcorn-Time sieht mindestens genauso schick aus wie Netflix oder Watchever. Die Filme dort sind sogar noch aktueller. Und kostenlos. Es gibt da nur einen Haken: Popcorn-Time ist nicht nur ein kostenloses Streaming-Portal, sondern eine Tauschbörse. Und genau da liegt das Problem. Das haben jetzt auch die Popcorn-Time-Nutzer zu spüren bekommen: Ihnen wehte in letzter Zeit besonders häufig Post vom Abmahnanwalt ins Haus. Denn während sich die Geister an der Frage, ob man nun legal Filme auf kinox.to gucken darf oder nicht, noch scheiden, ist die Rechtslage im Falle von Tauschbörsen eindeutig: Das darf man nicht. Denn da werden die Filme, die man sich ansieht, nicht einfach nur heruntergeladen, sondern gleichzeitig der Community zur Verfügung gestellt und somit wieder hochgeladen – und das ist strafbar. Was ist nun also legal, was nicht? Der Streaming-Dschungel ist teilweise unergründlich. Vieles ist geregelt, vieles liegt aber auch in einer Grauzone. Wir holen an dieser Stelle das Urheberrechts-Gesetzbuch heraus und versuchen ein bisschen Klarheit in den Streaming-Dschungel zu bringen und mit weitverbreiteten Vorurteilen aufzuräumen.

 

Was ist überhaupt Streaming?

Um Videomaterial im Internet anzuschauen, gibt es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten: Downloaden oder Streamen. Das Videoportal YouTube, die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender oder Video-On-Demand-Portale wie Netflix und Watchever nutzen die Streaming-Methode: Dabei werden per Klick die Filme online abgespielt. Es bedarf keiner speziellen Software und das Material wird im Normalfall nicht komplett heruntergeladen. Da der Stream in der Regel aber vor- und zurückgespult werden kann, werden die Daten im Zwischenspeicher des Computers (RAM) gespeichert, nicht jedoch auf der eigentlichen Festplatte. Die Datei kann deshalb nicht einfach weitergegeben werden. Ein Stream ist kein direkter Download, sondern nur ein Abspielen eines online verfügbaren Videos oder Songs im Browser oder einer speziellen Software, etwa dem Spotify-Player. Anders beim Download: Hier wird die Datei direkt vom Server auf die Festplatte des Computers heruntergeladen. Anschließend kann man die lokal gespeicherte Datei abspielen oder auf andere Speichermedien kopieren.

 

Viele Portale sind kostenlos, nicht alle sind legal

Streams sind nicht per se illegal. Die meisten legalen Video-Streaming-Dienste wie YouTube sind kostenlos und finanzieren sich über Werbung. Legale Video-on-Demand-Portale wie Netflix und Watchever sind dagegen größtenteils kostenpflichtig und funktionieren meist über ein Abo-Modell, bei dem man monatlich einen festen Betrag zahlt und sich dafür so viele Filme ansehen kann, wie man möchte. Aktuelle Kinofilme sucht man hier allerdings vergebens. Schwieriger wird es bei Seiten wie kinox.to, auf denen sich aktuelle Kinofilme oder Serien streamen lassen. Die Betreiber dieser Seiten handeln illegal, da sie weder Lizenzgebühren an die Urheber zahlen, noch Verwertungsrechte an den angebotenen Werken besitzen. Durch die Verbreitung des urheberrechtlich geschützten Materials machen sie sich strafbar. Doch wie steht es um die Nutzer, machen die sich auch strafbar?

Die Rechtlage in Deutschland ist hier nicht ganz eindeutig. Wie gesagt, beim Streaming werden einzelne Datenpakete des gestreamten Materials auf dem Computer zwischengespeichert. Es wird also eine Kopie erzeugt und damit ein urheberrechtlich geschütztes Werk vervielfältig, wenn auch nur vorrübergehend. Eine Kopie eines urheberrechtlich geschützten Werkes ist nach § 53 Abs. 1 Satz 1 UrhG „zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern […]“ gestattet, aber nur „[…] soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird.“ Die auf kinox.to angebotenen Inhalte sind aber eindeutig rechtswidrig – das sollte selbst Laien auffallen. Schließlich werden hier die aktuellen Kinofilme für lau angeboten. Daraus folgt: Auch der Nutzer begeht beim Streamen von Filmen auf illegalen Portalen wie kinox.to einen Urheberrechtsverstoß – oder nicht? Nicht ganz, denn § 44a UrhG erlaubt „vorübergehende Vervielfältigungshandlungen“, solange diese „flüchtig oder begleitend sind und einen integralen wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen“. Bei den während des Streamens zwischengespeicherten Daten handelt es sich im Grunde um solche flüchtigen Vervielfältigungen, da sie nicht dauerhaft bestehen und auch nicht weitergegeben werden können. Demnach ist das Streamen von Filmen auf solchen Portalen nicht unbedingt  illegal.  Dieser Auffassung schließt sich auch das Bundesjustizministerium an. Bislang gibt es allerdings keine Gerichtsurteile und manche Rechtsexperten widersprechen dieser Auslegung des Urheberrechts. Bis es eine verbindliche Rechtsprechung gibt, bewegen sich die Nutzer von kinox.to in einer rechtlichen Grauzone.

 

Nur Anschauen, nicht weiterverbreiten

Das Rechtslage um das Streamen von Filmen auf illegalen Filmportalen ist also kompliziert. Wegen des Anschauen eines Films auf einem illegalen Streaming-Portal wird jedoch kein User eine Abmahnung vom Abmahnanwalt bekommen. Nur herunterladen oder gar weiterverbreiten sollte man nichts. Das kann nämlich schnell teuer werden. Einige Streaming-Portale, unter anderem auch Popcorn-Time, sind so angelegt, dass eine Datei heruntergeladen und dann wieder anderen Nutzern angeboten wird. Das passiert teilweise unbemerkt im Hintergrund bei sogenannten Peer-2-peer- oder Torrent-Netzwerken. Diese Tauschbörsen sind illegal, da hier urheberrechtliche geschützte Inhalte unerlaubt verbreitet werden. Auch der Nutzer macht sich hier strafbar, da er die Inhalte selbst verbreitet. Er begeht somit eine klare Urheberrechtsverletzung und das kann sehr schnell sehr teuer werden. In solch einem Fall sollte man besser einen Anwalt zu Rate ziehen, denn nicht jedes Mahnschreiben ist immer gerechtfertigt und jede Gebühr in ihrer Höhe zulässig.

 

Achja…

Darf man eigentlich die Tonspur eines YouTube-Videos aufzeichnen und als MP3 speichern? Hier sind sich die Juristen nicht einig. Einige vertreten die Auffassung, dass bei diesem Vorgang mittels der verwendeten Software die technischen Schutzmaßnahmen ausgehebelt werden. Der Großteil der Experten wiederum hält das Aufzeichnen der Tonspur für unproblematisch, denn der Vorgang ist im Prinzip vergleichbar mit einer Aufnahme im Radio und deshalb erlaubt. Und wenn man sie nicht weiterverkauft, ist auch das Verschenken einer Privatkopie der Songs an Freunde und Familie erlaubt.

Foto: flickr.com/John Trainor (CC BY 2.0)