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„5×2“ – Wieso ging es schief?

von Andrea Kroner

Entgegen des normalen Verlaufs einer Liebesgeschichte, sieht man die Hauptfiguren in der Anfangsszene von „5×2“ nicht bei ihrer ersten Begegnung, sondern vor dem Scheidungsrichter. Denn ihre Liebe hat nicht gehalten. Wieso sie schon von Anfang an zum Scheitern verurteilt war, zeigen diese und vier weitere Szenen.

Die Trümmer ihrer Ehe

5x2Marion (Valeria Bruni Tedeschi) und Gilles (Stéphane Freiss) hören niedergeschlagen das Urteil ihrer Scheidung – und schlafen direkt danach miteinander. Das ist jedoch nicht von Liebe und Leidenschaft, sondern von zunehmender Enttäuschung und Gewalt geprägt. Danach trennen sich ihre Wege. Die nächste Szene zeigt die beiden als sie noch eine glückliche Familie mit ihrem Sohn Nicolas waren. Sie bereiten sich gerade auf den Besuch von Gilles‘ schwulem Bruder vor. Doch trotz des scheinbar harmonischen Treffens werden die Differenzen zwischen Marion und Gilles deutlich. Diese Spannung bricht auch nicht ab, als die beiden wieder allein sind. Nicht erst hier, sondern auch schon bei Nicolas‘ Frühgeburt zeigt sich dieses gegenseitige Unverständnis, da Gilles bei der Geburt nicht dabei ist. Er kommt erst später ins Krankenhaus, betrachtet seinen Sohn im Brutkasten und verschwindet dann wieder. Die genauen Motive dafür bleiben unklar – einzig die gegenseitige Enttäuschung und Verzweiflung des Paares wird erneut deutlich. Daraufhin springt die Handlung zu ihrer Hochzeit. Während der Feier wirken beide glücklich und verliebt – bis zur Hochzeitsnacht. Gilles ist so müde, dass er im Hotelzimmer sofort einschläft. Daraufhin geht Marion nach draußen und betrügt ihn mit einem Fremden, den sie dort kennenlernt. In der Schlussszene lernen sich Marion und Gilles im Urlaub kennen. Sie ist allein unterwegs, er mit seiner damaligen Freundin. Da Gilles in seiner Beziehung nicht mehr glücklich ist, fühlt er sich immer mehr zu Marion hingezogen.

Es kann nicht gut gehen

Das weiß der Zuschauer schon von Anfang an. Weshalb es so weit gekommen ist, wird von Szene zu Szene immer deutlicher. Auch bei scheinbar glücklichen Augenblicken sucht man immer nach einem Anzeichen für das Scheitern – und wird dabei stets fündig. Denn die gesamte Beziehung scheint von Anfang an nur auf Lügen, Betrug, falschen Hoffnungen, Verrat und unüberbrückbaren Gegensätzen aufgebaut zu sein. Jede Szene wird auf ihre eigene Art und Weise davon geprägt: Beispielhaft ist Gilles‘ Erzählung, dass er Marion auf einer Feier betrogen hat. Die beiden wussten nicht, dass es sich um eine organisierte Sexparty handelte. Marion wollte nicht mitmachen, gab Gilles jedoch ihr Einverständnis. Obwohl Marion das gebilligt hat, merkt man deutlich ihre Unzufriedenheit, während ihr Mann davon erzählt. Als später ihr eigener Seitensprung in der Hochzeitsnacht gezeigt wird, kann man besser verstehen, weshalb sie ihrem Mann diese Erlaubnis gegeben hat. Ähnlich wie hier erfährt der Zuschauer noch in vielen anderen Punkten Stück für Stück, wie beide zu ihrer Scheidung gelangt sind und was dahintersteckt.

Die rückwärts erzählte Handlung bietet dabei eine vollkommen neue Perspektive auf das Erzählte. Dazu trägt auch die ruhige, nüchterne Darstellungsweise bei, bei der die Figuren nur von außen betrachtet werden, wie von einem unbeteiligten Beobachter. Dadurch werden sie in keinster Weise psychologisiert und der Zuschauer muss sich die Hintergründe für ihre Handlungen selbst erarbeiten. Darüber hinaus schafft es Ozon auf beeindruckende Weise durch seine rückwärts erzählte Geschichte Unmittelbarkeit und Mitfiebern zu erzeugen. Obwohl man weiß, dass die Beziehung nicht funktionieren kann, keimt dennoch immer wieder Hoffnung auf, es könne doch noch klappen.

Gegensätze ziehen sich an

Viele Beziehungen bauen auf diesem Prinzip auf und auch Marion und Gilles scheinen vollkommen gegensätzlich: Sie ist eine verletzliche, zarte Frau – er ein herber, starker Mann mit zerfurchten Gesichtszügen. Und beide wandeln sich im Laufe des Films: Gilles ist im Laufe der Jahre zu einem harten, verbitterten Mann geworden. Als er nach der Scheidung mit seiner Ex-Frau schläft, wird er dabei so gewalttätig, dass es fast schon einer Vergewaltigung gleicht. Er entzieht sich allen Problemen und Konfrontationen, wird dabei jedoch teilweise zu extrem als gefühlloses Monster dargestellt. An vielen Stellen kann man gar nicht nachvollziehen, wie sich Marion in ihn verlieben konnte, doch am Strand bei ihrer ersten Begegnung zeigt sich, dass er damals ein liebenswerter junger Mann war.

Marion ist innerlich an der Beziehung zu Gilles zerbrochen: Sie wirkt müde und enttäuscht und wird durchgehend als Opfer von Gilles‘ Handlungen stilisiert. Doch mit jeder folgenden Szene gewinnt sie auch an Schönheit und Lebensfreude. Ihre Unbeschwertheit in jungen Jahren führte dazu, dass sie fremdgegangen ist und somit auch zum Scheitern der Beziehung beigetragen hat.

Ein neuer Blickwinkel

Durch die entgegengesetzte Handlungsrichtung setzt Ozon an einem ganz anderen Ausgangspunkt an und bringt den Zuschauer mehr ins Nachdenken über die Geschehnisse, obwohl das Ende schon vorweggenommen ist. Dafür hat er in Venedig auch einen goldenen Löwen bekommen.

Foto: flickr.com/S.I.B Fotos (CC BY-NC-ND 2.0)

Von Unsicherheit und Selbstzweifeln

Von Jasmin M. Gerst

Wir alle müssen es irgendwann tun: Entscheidungen treffen, die alles verändern können. In ihrem ersten Roman „Was will ich und wenn ja, wie viele?“ schreibt die Mainzer Autorin Felicitas Pommerening über entscheidende Veränderungen im Leben von drei Freundinnen und deren Auswirkungen.

Die Qual der Wahl

Der Roman erzählt die Geschichte von Workaholic Andrea, Familienmensch Lotta und Akademikerin Doreen. Die drei Frauen verbindet nicht nur eine enge Freundschaft, sondern auch die Frage, wie es mit dem Leben weitergehen soll. Alle stehen vor der Qual der Wahl – ob beruflich oder privat.

Andrea ist frisch mit ihrem Freund zusammengezogen, hat aber nur ihre Karriere im Sinn. Als sich ihr eine große berufliche Chance bietet, nutzt sie diese, ohne es vorher mit ihrem Freund zu besprechen. Dieser ist davon gar nicht begeistert und so beginnt sie zu zweifeln, ob sie die richtige Entscheidung getroffen hat. Karriere oder Liebe? Lotta heiratet ihren Florian und ist überglücklich. Aber wann ist der perfekte Zeitpunkt für Kinder? Diese Frage lässt Lotta fast verzweifeln, vor allem, da es für sie beruflich endlich gut läuft. Und Doreen ist genervt von ihrem Zustand als Dauersingle und verliebt sich ihrer Meinung nach immer in den Falschen.

Obwohl alle drei unterschiedlicher nicht sein können, stellen sie sich alle die gleiche Frage: Was will ich wirklich in meinem Leben und wie soll es weiter gehen?

Kein Ratgeber und trotzdem hilfreich

Die drei Freundinnen werden sehr sympathisch dargestellt – schön ist auch, dass man sich mit mindestens einer von ihnen identifizieren kann bzw. mit ihren Problemen. Jeder weiß, spätestens ab 30 stehen die meisten großen Veränderungen an – man heiratet, muss sich beruflich an einen speziellen Ort binden oder man bekommt ein Kind. Es sind genau die Fragen, die man sich zwangsläufig nach Studium oder Ausbildung stellt, wenn das „richtige“ Leben beginnt. Und genau mit diesen Veränderungen beschäftigen sich Andrea, Lotta und Doreen. Dadurch, dass jedes Kapitel abwechselnd aus der Sichtweise einer der Frauen geschrieben ist, bekommt der Leser einen kleinen Einblick in das Leben jeder einzelnen.

Aber, wer hier einen Ratgeber sucht, ist falsch. Denn jeder Mensch trifft andere Entscheidungen, wie man an diesen drei Frauen sehen kann und jede Entscheidung hat seine Vor- und Nachteile. Aber der Roman liefert Ideen, auf die man gar nicht gekommen wäre und vielleicht hilft er dem einen oder anderen ja doch. Es ist ein schöner Frauenroman, der sich damit auseinandersetzt, was man im Leben eigentlich will – es gibt schließlich viele Optionen: Karriere? Mann und Hochzeit? Und dann Kinder? Oder vielleicht doch lieber den Traumjob annehmen, obwohl man dann eventuell vom Partner getrennt sein muss? Oder verlässt man den Traumjob für ein Kind?

Pommerening kennt sich mit Entscheidungen aus

 Felicitas Pommerening sind solche Probleme bekannt – nach ihrem Studium der Filmwissenschaft, Publizistik und Psychologie hat sie fast jährlich den Job und Wohnort gewechselt, bis sie keine Lust mehr hatte. Irgendwann wollte auch sie sich binden und wohnt bis heute mit ihrem Mann und ihren Kindern in Mainz. 2011 hat sie ihre medienwissenschaftliche Doktorarbeit abgeschlossen und kurz darauf erschien ihr erstes Buch „Weiblich, jung, flexibel: Von den wichtigsten Momenten im Leben und wie man sie am besten verpasst“. Anfang 2014 brachte sie ihren ersten Roman „Was will ich und wenn ja wie viele“ heraus.

Da Pommerening selbst Mutter von zwei Kindern ist, kennt sie sich mit Entscheidungen und Fragen wie „Wann ist der beste Zeitpunkt, Kinder zu bekommen?“ aus. Vielleicht wurde sie dadurch dazu inspiriert, uns am Leben von Andrea, Lotta und Doreen und an deren Suche nach Antworten teilhaben zu lassen.

Meiner Meinung nach ist der Roman sehr unterhaltsam und spannend. Und da bald der große Sommerurlaub ansteht, ist er eine weitere perfekte Lektüre für den Strand.

Foto: Berlinverlag.de

„Satire und Aufklärung nach Charlie Hebdo“ mit Martin Sonneborn

Von Andrea Kroner

Martin Sonneborn irritiert durch Versuche der „Weltverbesserung“ und hat auch schon für einige Skandale gesorgt. Doch wofür steht er und was möchte er erreichen? Bei ihm ist das schwer zu sagen, denn keiner weiß, was er wirklich ernst meint!

 Die Arbeit eines Abgeordneten

„Vorsicht Satire!“, müsste man fast rufen, bevor er den Mund öffnet, denn selbst als Abgeordneter des Europaparlaments sind die meisten seiner Aussagen keinesfalls ernst gemeint, eher das Gegenteil ist die Regel. Das wird besonders deutlich, als er seine Arbeit weiterempfiehlt, weil er für 33.000€ im Monat erst um 12 Uhr zu den Abstimmungen erscheinen muss. Die Arbeit selbst als Fraktionsloser sei nicht immer einfach, denn Sonneborn ist dort in den Reihen bei Weitem nicht der Verhaltensauffälligste. Bei den Fraktionslosen sitzen alle, die zu extrem sind, um in eine bestehende Fraktion zu passen oder gar nicht aufgenommen werden wollen. Viele von ihnen sind rechtsradikal, nationalsozialistisch oder judenfeindlich eingestellt. Sein Antrag auf einen anderen Platz wurde jedoch leider abgelehnt.

 Einmal im Monat gibt es einen Ortswechsel, wenn alle Abgeordneten für Abstimmungen nach Straßburg gebracht werden. Ob wohl auch alle Limousinen der Abgeordneten von Brüssel dorthin gefahren werden? Darauf hat Sonneborn leider nie eine Antwort bekommen. Die Abstimmungen selbst werden jedoch so schnell durchgeführt, dass sich ein einzelner Abgeordneter nicht mit allen Themen befassen kann. Aber als „Kleiner“ kann Sonneborn sowieso nichts erreichen, da es feste Fraktionen mit genügend Stimmen gibt.

Was Satire ändern kann                                                                                                               

In seiner Magisterarbeit hatte Sonneborn noch geschrieben, dass es in der heutigen Zeit für die Satire keine Möglichkeit mehr gäbe, etwas zu verändern. Während seiner Zeit als Redakteur des Satiremagazins „Titanic“ wurde er jedoch eines Besseren belehrt und hat gemerkt, dass Satire viel Potenzial zur „Weltverbesserung“ habe. Deshalb glaubt er auch nicht, dass er es eines Tages leid sein könne, die Schwachstellen seiner Gegenüber satirisch aufzuarbeiten.

 Anders als viele andere glaubt er nicht, dass Satire Grenzen hat, im Gegenteil: Er bekräftigt sogar, dass es der Auftrag der „Titanic“ sei, monatlich die Grenzen der Satire neu auszuloten. Das gilt auch für Gleichberechtigung in der Satire. Es sei diskriminierend, eine Gruppe nicht satirisch zu behandeln. Und viele in den betreffenden Gruppen wollen auch gar nicht ausgespart werden, so stammen die besten Karikaturen über Behinderte seiner Meinung nach von einem britischen Rollstuhlfahrer. Deshalb findet Sonneborn auch, dass man nicht grundsätzlich sagen kann, was für Satire erlaubt ist und was nicht. Daran anknüpfend stellte sich die Frage, ob er überhaupt zur Empathie fähig sei und Mitleid für seine Opfer empfinden könne. Für ihn hat diese Eigenschaft jedoch nichts mit seiner Arbeit zu tun, denn sein Ziel sei es nicht, andere Menschen zu verletzen, sondern zum Nachdenken zu provozieren.

Satire ist in

In letzter Zeit hat die Satire stark an Popularität gewonnen: Im Internet wird man zwangsweise mit ihr konfrontiert und Ironie ist für viele ein Schlüssel zum Erfolg geworden. Deshalb möchte Sonneborn mit seiner Arbeit zu einer neuen Ernsthaftigkeit zurückfinden und Satire nur mit einem überdachten Ansatz und aufklärerischen Moment machen. Ihm geht es dabei weniger um den Witz, als vielmehr um das Offenlegen von Ereignissen, die in anderen, seriösen Formaten nicht gezeigt oder gesagt werden dürfen. So hat er in „Sonneborn rettet die Welt“ ein Interview mit der Deutschen Bank geführt, welches ihm „drehbuchähnlich“ vorgegeben war – sowohl die Fragen, als auch die Antworten wurden ihm im Vorfeld zugeschickt. Trotz dieser Einschränkungen ist er zu dem Termin erschienen und hat gezeigt, wie sich „seriöse“ Medien ihre „freie“ Berichterstattung diktieren lassen. Bei solchen Aktionen profitiert er stets von seiner überwältigenden Glaubwürdigkeit, denn augenscheinlich tritt er immer so seriös auf, wie sein Gegenüber.

Sein Einsatz für die kleinen Dinge

Nach einem donnernden Applaus und vielen Lachern beendete Sonneborn seinen gelungenen Auftritt. Zum Abschluss ließ er es sich jedoch nicht nehmen, noch anzukündigen, dass er sich als Abgeordneter im Europaparlament für die Anliegen einsetzen möchte, die sonst wenig interessieren. Darunter fallen beispielsweise die Idee, dass man in Zukunft Geld für die Nutzung von Google bekommen solle oder die Wiedereinführung der Gurkenkrümmungsverordnung. Dadurch möchte er seine Politikerkollegen in Bedrängnis bringen und zeigen, wie sinnlos so manche politische Entscheidung ist. Was er damit wirklich erreichen kann, wird die Zukunft zeigen.

Foto: Wikimedia.org

Ein Leben in Panels

von Marius Lang

illustriert von Henrike Ledig

Jedes Comic beinhaltet Teile der Persönlichkeit des Autors. Doch die persönlichste Art von Comics ist wohl das biographische oder autobiographische Comic. Oft unabhängig von den großen Verlegern stellen sie in Bildern und Sprechblasen die Leben realer Persönlichkeiten, sei es der Autor selber, jemand der dem Autor nahe steht oder jemand, den der Autor selber eigentlich gar nicht kennt. Doch jeder hat ein Leben geführt, welches sich anbietet, grafisch durch Bilder begleitet zu werden. Die Frage ist, warum sich ein Autor hier entscheidet, diese Lebensgeschichte als Comic, statt als schlichtes Buch festzuhalten und was diese Geschichten in ihrer Form so einzigartig macht.

Ein Comictrend?

11655580_10204289429411711_1980131261_nBiographische Comics und Graphic Novels sind nicht etwa eine Seltenheit. Der deutsche Comicautor Reinhard Kleist etwa veröffentlichte unter anderem Biographische Comics über Johnny Cash und Fidel Castro. David Small erzählt in Stitches die Geschichte seiner Kindheit, samt Krebserkrankung und mehr als düsteren Verhältnis zu seiner Mutter. Und auch im Bereich der Web-Comics hat die Biographische Comickunst ein festes Standbein. Der deutsche Comiczeichner und -autor Felix „Flix“ Görmann veröffentlicht seit vielen Jahren (mehr oder weniger) regelmäßig auf seiner Website (http://derflix.de/) ein Comictagebuch. Auch seine held-Trilogie ist hat autobiographische Züge, schweift allerdings, wie eine Hommage an die Comickunst an sich, schon bald ins absurde ab. Die wohl interessantesten Graphic Novels mit biographischem Charakter sind Art Spiegelmans legendäres Meisterwerk Maus – A Survivor‘s Tale und Marjane Satrapis Persepolis. Anhand dieser beiden Beispiele soll diese besondere Ausprägung des Mediums auch näher untersucht werden.

Das Leben des Vaters

Beginnen wir mit Maus. Das Comic wurde in einzelnen Kapiteln zwischen 1980 und 1991 in dem Inependent-Comic-Magazin RAW veröffentlicht. 1986 wurden dann die ersten fünf Kapitel unter dem Titel Maus – My Father Bleeds History veröffentlicht, 1991 gefolgt von den anderen fünf Kapiteln, unter dem And Here my Troubles Began. Spiegelman erzählt hierbei nicht etwa nur seine eigene Geschichte, sondern vor allem die seines Vaters, Vladek Spiegelman, und dessen Überlebensgeschichte als polnischer Jude durch den Horror der Konzentrationslager von Dachau und Auschwitz. Unterbrochen wird die Geschichte von einer Rahmenerzählung in den Jahren 1978-1970, in denen Art seinen Vater zu dessen Leben interviewt. Das Comic ist einerseits ein Denkmal an den menschlichen Willen zu überleben und andererseits eine Form, das eher schlechte Verhältnis Arts zu seinem Vater aufzuarbeiten.

Was nun war der ausschlaggebende Grund für Spiegelman, die Geschichte seines Vaters in Comic-Form zu erzählen. Zunächst gibt es da den einfachsten Grund: Spiegelman ist nun mal grafischer Erzähler. Mit einer festen Vergangenheit in der Independent-Comicszene seiner Zeit wäre dies wohl der erste Grund sich für diese Art der Narration zu entscheiden. Dies allein ist jedoch zu einfach. Viel wichtiger ist die Bedeutung der Möglichkeiten, die das Comic als Medium für eben diese Geschichte bietet. Graphisches Storytelling bietet zusätzliche Möglichkeiten, eine Geschichte zu charakterisieren. Im Falle von Maus ist dies besonders auffällig. Die Zeichnungen sind simpel gehalten. Farben sind abwesend, alles ist in Schwarz und Weiß gehalten, was der Story ein starkes Spiel mit Kontrasten, Schatten und Dunkelheit erlaubt. Doch die wichtigste bildliche Eigenschaft ist die, die dem Comic ihren Namen gegeben hat. In Art Spiegelmans Holocaust-Geschichte werden Juden als Mäuse, Nazis und nichtjüdische Deutsche als Katzen, Amerikaner als Hunde und Polen als Schweine dargestellt (eine graphische Entscheidung, die auf extreme Kritik aus Polen gestoßen ist). Die auffälligsten Unterschiede zwischen den Figuren sind dabei jedoch nur die Köpfe und Schwänze der Figuren, der Rest sieht ausgesprochen menschlich aus. Dieser graphische Kniff erlaubte es Spiegelman, neben der offensichtlichen Katz-und-Maus-Analogie, etwa einen Juden, der versucht, sich als Pole auszugeben, mit einer Schweinemaske darzustellen. Auch eine gewisse Problematik dieser Darstellung wird an anderer Stelle thematisiert: Art Spiegelmans Frau, eine, als Gefallen für Arts Vater zum Judentum konvertierte, gebürtige Französin wird durchweg als Maus dargestellt. Art stellt jedoch die Frage, ob er sie nicht eigentlich als Frosch darstellen sollte, wie Franzosen im Comic ansonsten gezeichnet sind.

Es ist das Spiel mit den bildlichen Möglichkeiten des Mediums, die das Comic für Spiegelman zur logischen Wahl für die geschichte seines Vaters machte. Das Leben und Überleben des Vladek Spiegelman konnte so um einen weiteren wichtigen medialen Kanal erweitert werden. Heute gilt Maus als die Graphic Novel, die den Trend biographischer Comics vielleicht nicht begründet hat, ihm aber Schwung verliehen hat.

Mehr als 1000 Worte

Ähnlich verhält es sich in Persepolis der iranischen Zeichnerin und Autorin Marjane Satrapi. In Frankreich in vier jährlichen Ausgaben zwischen 2000 und 2003 erstmals veröffentlicht erzählt das Comic die Geschichte von Marjane Satrapis Kindheit und Jugend im Iran in Zeiten der isalmischen Revolution und der Einrichtung des Gottesstaats. Anders als im Falle von Maus ist die zentrale Narration jedoch eine Geschichte aus erster Hand und aus Sicht der Erzählerin. Ähnlich wie Art Spiegelman entschied sich auch Satrapi dazu, nur mit Schwarz und Weiß zu arbeiten. Auch hier unterstreicht die Optik die Narration, die Kontraste spiegeln Satrapis Konflikt mit ihrer eigenen Heimat, die sie so sehr liebt wieder. Das Bild sagt immer mehr als 1000 Worte. Somit ist es nicht verwunderlich, dass Satrapi sich ebenfalls für das Comic als Medium ihrer Geschichte entschied. Ein weiterer Aspekt ist wohl, dass durch die Bilder gewisse Geschichten besser oder zumindest persönlicher transportiert werden, können. Wie auch bei Art Spiegelman und Maus ist es Satrapis Zeichenstil, der ihrer Geschichte eine weit größere, persönliche Note verleiht, als es bloße Wörter könnten. Es hilft, eine Bindung zur Narration aufzubauen, sich in die Autorin hineinzuversetzen und geben ein Bild in ihre Gefühlswelt preis, wie sie mit einer imaginären Gottesfigur redet, Konflikte durchmacht, nach Österreich auf die Schule geht, heiratet und sich scheiden lässt. Alles wird untermalt von den graphischen Möglichkeiten des Mediums.

Und diese Möglichkeiten, die blanke Erzählung vom Leben mit Bildern, persönlichen Stilmitteln und ähnlichem zu versehen, sind der Hauptgrund, warum sich so mancher Comickünstler früher oder später entschließt, sein Leben oder das Leben eines anderen mit Bildern zu versehen, in Panels zu pressen und mit der Welt zu teilen. Und wie diese beiden Beispiele jedem Leser zeigen werde, sind dies oft auch die besten Geschichten.

Empfehlungen:

Maus – Art Spiegelman

Persepolis – Marjane Satrapi

held – Flix

CASH: I See A Darkness – Reinhard Kleist

Stitches – David Small

 

Weitere Artikel aus dieser Reihe:

Teil Eins: Hinter den Panels – Das Comic als Medium

Teil Zwei: Kühlschränke, Frauen und Comics

Teil Drei: Tod und Rückkehr der Comic-Industrie

Teil Vier: Superhelden in Zelluloid – Teil 1

Teil Fünf: Superhelden in Zelluloid – Teil 2

Teil Sechs: Untot und trotzdem Spaß – The Walking Dead

Teil Sieben: Die Rache der Minderheiten

„Minions“ – Wie alles begann

Von Andrea Kroner

Sie waren schon die heimlichen Stars bei „Ich – einfach unverbesserlich 1 & 2“. Deshalb zeigen die kleinen gelben Helferlein nun in ihrem eigenen Kinoabenteuer, wie sie zu ihrem Job bei Gru gekommen sind.

Oft werden die Nebencharaktere zum Liebling der Zuschauer, sei es „Scrat“ in „Ice Age“ oder die Pinguine aus „Madagascar“, welche auch schon einen eigenen Kinoauftritt hatten. Das ist jedoch nicht immer von Erfolg gekrönt. Ob es die Minions schaffen?

Die Geschichte einer Evolution

2421_MM_R4_2250_3225_150302ARMinions leben schon seit mehreren Millionen Jahren auf der Erde. Und seit jeher sind sie auf der Suche nach einem Meister. Einem T-Rex, Anubis, Dracula und Napoleon haben sie schon gedient. Doch durch unglückliche Umstände haben sie auch allen zum Tod verholfen. Aus diesem Grund sind sie in eine Eishöhle ans Ende der Welt geflohen und werden dort immer lustloser, denn ohne Meister hat ihr Leben keinen Sinn mehr. Deshalb  macht sich das ungleiche Trio Kevin, Stuart und Bob auf den Weg, um endlich den „Bigboss“ zu finden.

Zunächst landen sie im New York der 60er Jahre und werden dort auf die VillainCon, eine Messe für Superschurken, aufmerksam – die ideale Gelegenheit, einen Meister zu finden. Mit einer chaotischen Bankräuberfamilie trampen sie deshalb nach Orlando und schaffen es dort schließlich, die Gehilfen der größten Verbrecherin ihrer Zeit, Scarlet Overkill, zu werden. Diese setzt die drei darauf an, die Krone der Queen zu stehlen, was in einem kompletten Chaos voller lustiger Zwischenfälle endet.

Ein Kauderwelsch aus Bananas und Bosse

Die beiden Lieblingswörter der Minions sind „Bananas“ und „Boss“, die aus ihrem Kauderwelsch am besten herauszuhören sind. Davon abgesehen ist ihre Sprache eine Mischung aus einer Vielzahl von verschiedensten Sprachen und undefinierbaren Lauten. Dadurch ist es oft nicht leicht, ihren Gesprächen zu folgen, denn man versteht bei weitem nicht alles. Doch das scheint auch beabsichtigt zu sein: Meist sind bei längeren Reden Schlüsselwörter eingestreut, die grobe Zusammenhänge verständlich machen. Manchmal bleibt es aber auch beim unverständlichen Kauderwelsch. Das tut dem Spaß und Verständnis des Films jedoch keinen Abbruch – man versteht die kleinen gelben pillenförmigen Wesen und ihre Gags auch ohne viele Worte und muss oft schon lachen, wenn sie nur den Mund aufmachen. Interessant ist dabei, dass alle Minions vom Produzenten Pierre Coffin gesprochen werden.

Ein Spaß für jeden

2421_FPF2_00232RDieser Animationsfilm ist so von Witzen und lustigen Episoden durchsetzt, dass man gar nicht mehr mit dem Lachen aufhören kann. Doch er ist keinesfalls nur für Kinder gedacht. Auch Erwachsene kommen auf ihre Kosten, denn es werden nicht nur andere Filme, sondern auch berühmte Persönlichkeiten aufs Korn genommen – beispielsweise die berühmte Überquerung eines Zebrastreifens von den Beatles. Auch die Musik dazu kommt aus den Sechzigern. Statt Pharrell Williams mit „Happy“ hört man „The Who“ oder die „Kinks“. Das ist vielleicht nicht so einprägsam, jedoch passender für die Zeit und weckt Erinnerungen bei so manchem Erwachsenen.

Wie auch schon bei den beiden „Ich – einfach unverbesserlich“-Filmen sind viele Gags jedoch nicht offensichtlich, sondern nur bei genauerem Hinsehen zu erkennen. Besonders bei den zahlreichen  Anspielungen wird es schwierig, alles zu entschlüsseln. Doch gerade das macht den Reiz des Films aus und regt dazu an, ihn nochmals anzusehen.

Der gelbe Kult

Schon vor dem Kinostart haben die quirligen kleinen Männchen die Herzen vieler Fans erobert und sind mittlerweile in allen möglichen Formen und Größen, zum Essen oder Knuddeln erhältlich. Sie haben schon einen gewissen Kultstatus erreicht.
Und auch in ihrem Film konnten sie überzeugen. Natürlich darf man keine tiefgründige Handlung erwarten, aber wer „Ich – einfach unverbesserlich“ kennt, weiß, worauf er sich einlässt. Jedoch ist es durchaus kein seichter Film, da viele hintergründige Informationen eingestreut werden. So eignet sich der Film für jeden, der gerne lacht.

MINIONS, 2015 – Regie: Pierre Coffin, Kyle Balda. Buch: Brian Lynch, Ken Daurio, Cinco Paul. 91 Minuten.

Fotos: © Universal Pictures

Die perfekten Schmöker für den Sommer

Ein ganzes halbes Jahr – Jojo Moyes

Von Jasmin M. Gerst

Für mich ist Ein ganzes halbes Jahr von Jojo Moyes ein Must-have für jeden Urlaub. Es ist die Geschichte von Lou und Will: Lou ist eine junge Frau mit schrägem Modegeschmack, Will ein Genießer des Lebens. Ein Leben ohne Action und Abenteuer kann er sich nicht vorstellen – bis zu dem tragischen Unfall, der sein Leben für immer verändert hat. Lou kommt durch Zufall zu einem neuen Job und lernt dabei den depressiven Will kennen.

Auch wenn es zunächst so klingt, ist es aber keineswegs nur eine banale Liebesgeschichte, die dieser Roman erzählt, sondern er dreht sich um die Schattenseiten des Lebens und regt zum Nachdenken an. Genau deshalb hat er für mich alles, was man im Urlaub braucht: er zaubert ein Lächeln auf die Lippen, bringt zum Lachen, aber auch zum Weinen.

Passagier 23 – Sebastian Fitzek

Von Antje Günther

Ein Kreuzfahrtschiff, ein Mann, der seine Familie verloren hat und… ein Teddy. So beginnt die Geschichte um Martin Schwartz, dessen Ehefrau und Sohn vor Jahren auf einem Kreuzfahrtschiff verschwanden. Nun taucht auf demselben Schiff der Teddy seines Sohnes wieder auf. Und Martins verzweifelte Suche beginnt.

Auch wenn es bei den meisten Studenten vom Budget her doch eher auf ein Tretboot als auf ein Kreuzfahrtschiff geht – der Schauplatz übt einen ungeheuren Reiz aus. Das Schiff „Sultan of the Seas“ ist wie eine eigene Stadt mit Krankenhaus, Unterhaltungsmöglichkeiten, aber ohne Polizei. Es gibt vornehme Damen in Kasinos und Taschendiebe, welche die Kabinen ausräumen und lange, verwinkelte Gänge und Bereiche, die nie ein Gast betreten hat. Und schließlich sind die Reling und das Meer nicht weit und wer über Bord geht, ist verloren.

Vor dieser Folie entwickelt Fitzek seinen Psychothriller, der wie immer nichts für schwache Nerven ist. Auch wenn die Auflösung teilweise schon früh klar wird, ist ihr Ausmaß doch überraschend und nicht wirklich vorhersehbar. Es ist nicht Fitzeks bestes Buch, aber gerade wenn man es auf einem Schiff liest (bei mir war es die Fähre von Stockholm nach Helsinki ) bereitet es großen Lesespaß. Wer also im Urlaub neben Entspannung auch mal etwas Spannung machen möchte und idealerweise noch ein Boot besitzt (Stocherkahn zählt auch), der wird mit Passagier 23 seine Freude haben.

Der Schatten des Windes – Carlos Ruiz Zafón

Von Valerie Heck

Es ist zwar schon ein paar Jahre her, dass ich Der Schatten des Windes von Carlos Ruiz Zafón gelesen habe, aber in meinem damaligen Sommerurlaub war es die perfekte Strandlektüre.

Der Roman spielt in Barcelona und handelt von dem jungen Mann Daniel Sempere, der sich als Junge auf dem „Friedhof der vergessenen Bücher“ ein Buch aussuchen soll, für das er die Verantwortung übernimmt. Seine Wahl fällt auf das Buch „Der Schatten des Windes“ von einem Julian Carax. Diese Geschichte wird das restliche Leben von Daniel, seine Beziehungen und seine Entscheidungen maßgebend prägen – eine in sich verworrene, spannende Geschichte, die man nicht einfach mal zwischen Uni und Arbeit lesen kann, sondern für die es sich lohnt, die freie Zeit in den Ferien zu nutzen.

Afrika – Heinz Strunk

Von Marius Lang

Der erholsamste Urlaub ist immer noch der, in dem möglichst wenig passiert. Das heißt im Klartext: keine Safaris, keine Städtereisen, keine Dschungeltouren und kein Tauchschein. Nach diesem Ethos macht Heinz Strunk, Autor, Komiker und Gründungsmitglied des legendären Studio Braun, seit Jahren um die Weihnachtszeit Urlaub mit einem Freund. Irgendwann treibt es die beiden nach Kenia. Wohin genau? Völlig egal, Hauptsache, das Hotel ist gepflegt, hat Meerblick und ist irgendwo in direkter Nähe zu einem Spielcasino gelegen. In der ersten Woche bleibt alles beim Plan, doch als in der zweiten Woche plötzlich Gewehrschüsse durch die Luft hallen, als Folge der Präsidentschaftswahlen von 2007, sind die beiden Freunde allen Warnungen zum Trotz, nicht davon abzuhalten, nach Mombasa City zu reisen, um alles aus nächster Nähe zu erleben. Afrika ist, wie gewohnt von Heinz Strunk, natürlich in erster Linie zum Brüllen komisch. Seine schrägen Philosophien unterhalten durchweg und selbst banalste Ereignisse, oder am Anfang noch Nichtereignisse schaffen es einen immer wieder zum Lachen zu bringen. Für mich persönlich perfekte Urlaubslektüre, kurz, unterhaltsam und wunderbar zu lesen.

The Bees – Laline Paull

Von Henrike Ledig

Erst vor ein paar Tagen habe ich The Bees (in der deutschen Ausgabe Die Bienen) von Laline Paull quasi blind geschenkt bekommen und kann es nun schon als mein Sommerbuch des Jahres 2015 weiterempfehlen.

Wir folgen dem Lebensjahr der Protagonistin Flora 717, die in die unterste Arbeiterinnen-Kaste des streng totalitären Bienenstaates geboren wurde. Eine Warnung vorweg: Das Buch ist brutal und grausam und schreckt vor keiner eindrücklichen Beschreibung zurück. Aber so ist das Leben in einem Bienenstock eben: gnadenlos und konsequent auf das Gemeinwohl ausgerichtet. Jeder hat seine Aufgabe, die erledigt werden muss. Wer nicht funktioniert wird der Erlösung zugeführt. Ganz nach dem Credo des Schwarms: „Akzeptiere. Gehorche. Diene.“

Getragen wird alles von einem wunderschönen und absolut ungewöhnlichen Schreibstil. Wo andere Autoren mit detaillierten Bildern arbeiten, zeichnet Laline Paull den Bienenstock vor allem mit Gerüchen. Das mag am Anfang ungewohnt sein und ich habe mich gefragt, wie wohl Misstrauen oder Hingabe riechen, aber genau das ist es, was am Ende die Faszination ausmacht.

Das Buch passt schwer in ein Genre, hat aber sehr viel zu bieten. Es ist ein bisschen Fabel und ein bisschen Abenteuerroman. Ob man „The Bees“ als Metapher über Individualismus und Mut liest oder einfach das Abenteuer genießen möchte, ist eigentlich egal. „The Bees“ ist das perfekte Buch, um im Freien zu lesen, den Sonnenschein zu genießen und dabei vielleicht auch die Wesen zu beobachten, deren Überleben gerade stark gefährdet ist.

Der Architekt des Sultans – Elif Shafak

Von Anne-Mareike Täschner

16. Jahrhundert, Osmanisches Reich. Mitten im Zentrum des blühenden Orients legt der junge Inder Jahan zusammen mit einem weißen Elefanten am Hafen an. Der Elefant ist ein Geschenk seines Schahs für die Menagerie des Sultans. Jahan muss sich von nun an als Dieb zu Hofe durschlagen, doch eines Tages ändert sich alles. Der berühmte Baumeister der islamischen Welt und Hof-Architekt Sinan wählt ihn als einen seiner Meisterschüler aus. Zusammen schaffen sie prachtvolle Moscheen, Paläste, Aquädukte und Mausoleen, die alle Zeit überdauern sollen.

Jahan und sein weißer Elefant Chota durchleben mehr als 40 Jahre osmanischer Geschichte: Politische und persönliche Intrigen, eine zarte, unglückliche Liebe, Kriege, Brandkatastrophen. Man schmeckt den Blütenduft, die Parfüms des Harems, begegnet der Exotik der Menagerie und erliegt dem Aberglauben der Zeit, ihrem Zauber, ihrem Reichtum, ihrer Erbärmlichkeit, ihrer Grausamkeit, ihrer Willkür. Der Architekt des Sultans von Elif Shafak ist ein Buch über Freundschaft und zeichnet ein Bild des Orients vergangener Tage. Mehr Orientfeeling geht eigentlich nicht. Wer sich also im Sommer in exotische Welten flüchten will, sollte dieses Buch lesen!

Foto: Flickr.com/mattdwen (CC BY-NC 2.0)

Das große Lied vom Scheitern

Von Antje Günther

Die klassische Dystopie ist kein optimistisches Stück Genregeschichte. Die Erzählungen sind düster und auf eine Besserung der Zustände des Protagonisten wartet man vergeblich. Entstanden im Zeitraum der 20er bis 40 oder 50er Jahre, je nach Zuordnung, reflektieren sie eine Zeit der Umbrüche und gewalttätigen Auseinandersetzungen. Insbesondere den Werken Orwells und Huxleys ist dabei große Nähe zu realpolitischen Ereignissen und Situationen zu entnehmen.

Die Inspirationen der klassischen Dystopie

So zeigen sowohl Nineteen-Eighty-Four als auch Brave New World klare Parallelen zum sovietischen Sozialismus der damaligen Zeit. Beide Werke richten sich gegen die Regierung und Visionen Stalins und porträtieren eine negative und absolutistische Version des einstigen utopischen Ideals des Sozialismus. Dabei lehnten beide den Sozialismus an sich jedoch nicht ab. Gerade Orwell, in dessen Werk die anti-stalinistischen Tendenzen deutlicher heraustreten als bei Huxley, war überzeugter Sozialist und plädierte für seine Vision eines demokratischen Sozialismus. Sein Kampf galt dem Totalitarismus, welcher den Sozialismus in der UdSSR prägte.

Ein weiterer wichtiger geschichtlicher Bezugspunkt der klassischen Werke waren die Utopien H. G. Wells. Insbesondere A Modern Utopia (1905) and Men Like Gods (1923) fungierten als Ansatzpunkte ihrer negativen Gegenerzählungen. So konzipierte Huxley Brave New World als klare Antwort auf Men like Gods und verkehrte Wells optimistische Ideen von technischem und biologischem Fortschritt in das Gegenteil. Technologie und Wissenschaft sind in Brave New World die treibenden Motoren der Überwachung. Die Biologie des Menschen wird bereits vor der Geburt künstlich manipuliert, um die Zugehörigkeit und Akzeptanz der Kaste sicherzustellen. Auch Orwell teilte Wells Fortschrittsoptimismus nicht und erschuf ein System, in dem Medien und Technik der Kontrolle dienen; der Teleschirm bildet hier das markanteste Beispiel. Aber auch außerhalb dieser beiden Klassiker ist das Motiv der Kontrolle durch Wissenschaft und Technik zu finden: in Zamyatins We (1921) wird ähnlich wie in Brave New World die Biologie des Menschen kontrolliert, in Bradburys Fahrenheit 451 (1953) fungieren die „parlor walls“ (riesige Videoleinwände) als Ablenkungs- und Ruhigstellungsmechanismus.

Sexualität als Rebellion

3_You shall obeyNeben diesem Fokus auf Technologie und Wissenschaft teilen die Werke eine weitere Gemeinsamkeit: sie thematisieren die Sexualität des Menschen und zwar als etwas, das kontrolliert werden muss. Passion und Liebe sind verpönt und verboten, wer schwanger werden darf ist, strikt geregelt. Es gibt „sex crimes“ in Nineteen-Eighty-Four, Schwangerschaftssubstitute in Brave New World und Wes O-90 wird die  Schwangerschaft aufgrund ihrer Körpergröße verboten. Dabei ist interessant zu beobachten, wie unterschiedlich die Normen ausfallen. Bei Orwell ist die freie Liebe untersagt, Sex wird nur mit proletarischen Prostituierten oder der eigenen Frau zähneknirschend gestattet. Winstons Affäre mit Julia stellt somit das große Verbrechen dar. Ähnlich verhält es sich in We, wo Sexualpartner vom Staat zugewiesen werden und  D-503s Bewunderung für die trinkende und flirtende I-330* die Regeln bricht. In  Huxleys Gesellschaft hingegen ist Promiskuität die Norm, schon Kinder sollen an erotischen Spielen mit ihren Altersgenossen teilnehmen. Dabei sind Sexualität und Reproduktion getrennt, Kinder entstehen durch die Wissenschaft. In dieser Gesellschaft ist es Lenina, die durch ihr Sexualleben auffällt. Sie hat stets nur einen Sexualpartner zur gleichen Zeit, was sie aus der Masse hervorstechen lässt.

Durch diese Regulierung der Sexualität ergibt sich für die Figuren jedoch auch ein Weg der Rebellion. Es sind insbesondere diese Regeln, gegen die sie sich stellen und die sie durch ihr Verhalten brechen. Sie gehen Affären oder fast Affären ein oder weigern sich der Promiskuität der Gesellschaft zu unterwerfen. Die eigene Sexualität wird somit zur Waffe, zur Möglichkeit der Selbstbestimmung.

Und am Ende steht der Anfang

Weit führen diese Rebellionen schlussendlich jedoch nicht. Sie alle scheitern: an der Gesellschaft oder an sich selbst. Das System bleibt unverändert. Winston und D-503 werden einer Gehirnwäsche unterzogen und leben fortan glücklich weiter als Rädchen im System; John „the Savage“ begeht Selbstmord. Sie alle konnten letztendlich das System nicht verändern; ihre Rebellion ist persönlich und auf ihr eigenes Leben, auf ihre eigene unmittelbare Umgebung bezogen. Die Erzählungen enden düster und genau dort, wo sie begannen. Optimismus lässt sich nur außerhalb der Seiten finden, in der Hoffnung, dass es durch dieses Wissen nun nicht so weit kommen wird. Einzig Geschichten wie Fahrenheit 451, welche in der Flucht des Protagonisten Guy Montag zu den Verbannten und der Zerstörung der Stadt durch Atombomben endet, lassen einen Hoffnungsschimmer erkennen. Deshalb werden sie häufig auch bereits als Vorläufer oder Mitglieder der Kritischen Dystopie angesehen, welche im nächsten Artikel dieser Reihe zum Thema gemacht wird.

* In Zamyatins We besitzen die Figuren keine Namen, sondern werden durch die staatlich zugewiesenen Zahlen angesprochen.

Fotos: Flickr.com/zeltfaenger.at (CC BY 2.0), Flickr.com/Fish Gravy (CC BY 2.0)

„Erleuchtung garantiert“ – wirklich?

von Andrea Kroner

Zwei ungleiche Brüder begeben sich auf die Reise in ein buddhistisches Kloster, um dort zu lernen, besser mit ihrem Leben umzugehen. Doch schon auf der Reise dorthin müssen sie Hürden unterschiedlichster Art meistern. Und selbst im Kloster ist Erleuchtung ganz und gar nicht garantiert.

Ein Trip durch die Hürden des Lebens

Die Brüder Uwe (Uwe Ochsenknecht) und Gustav (Gustav-Peter Wöhler) könnten unterschiedlicher nicht sein. Uwe führt ein scheinbar glückliches, bodenständiges Familienleben und verkauft Einbauküchen. Gustav hingegen interessiert sich sehr für fernöstliche Lehren und die dortige Lebensweise. Deshalb arbeitet er auch als Feng-Shui-Experte. Er wirkt langweilig und introvertiert – und ist ebenso wenig zufrieden mit seinem Leben.

Als Uwes Frau ihn plötzlich mitsamt der Kinder verlässt, bricht für ihn eine Welt zusammen. Deshalb flüchtet er zu seinem Bruder, um sich bei diesem auszuweinen. Doch Gustav ist gerade mit ganz anderen Dingen beschäftigt: Er möchte zu einem japanischen Zen-Kloster reisen, um dort seine Erleuchtung zu finden. Kurzentschlossen schließt sich ihm Uwe einfach an – ohne zu wissen, worauf er sich eigentlich einlässt.

Schon der Beginn ihrer Reise verläuft nicht ohne Komplikationen: Bereits bei ihrer Ankunft in Tokio müssen sie mit Hunger, Durst und eingezogenen Kreditkarten kämpfen und letztendlich sogar in einem gestohlenen Zelt übernachten. Dadurch finden sie aber schon ein Stück weit zu sich selbst, noch bevor sie sich im Kloster überhaupt näher damit befassen.

Doch auch dort wird es nicht leichter, da sie sich an strenge Regeln halten müssen. Und hier ist es eher Gustav, der dadurch einzuknicken droht – würde ihm Uwe nicht helfen. Und so finden die Brüder nicht nur zu sich selbst, sondern auch zueinander und entwickeln eine vollkommen neue Sichtweise auf ihr Leben.

Disziplin als oberstes Gebot

Nicht nur die Charaktere, sondern auch die Crew musste mit vielen Einschränkungen zurecht kommen, da in einem richtigen Zen-Kloster gefilmt wurde. Alle mussten sich an die dort lebenden Mönche anpassen: Aufstehen um halb vier Uhr morgens, kaltes Duschen und stundenlanges Meditieren im Lotussitz waren deshalb an der Tagesordnung. Dafür war äußerste Disziplin notwendig. Doch nur so konnte eine größtmögliche Lebensnähe und Unmittelbarkeit erzeugt werden, was den Film authentischer macht. Um den Eindruck dieser Nähe noch zu verstärken wurde lediglich mit einer kleinen Filmkamera gedreht und das Team in Japan auf fünf Techniker und zwei Schauspieler beschränkt.

Dadurch bekommt dieser Film eine ganz Stellung, da er sich nicht einem einzigen Genre zuordnen lässt, sondern eine Mischung aus Spiel- und Dokumentarfilm darstellt: Einerseits ist die Grundkonstellation der Handlung erfunden, jedoch wurde im Kloster das alltägliche Leben der Mönche und Schauspieler begleitet. Darüber hinaus filmten sich Uwe und Gustav gegenseitig mit einer eigenen, handelsüblichen Handkamera, wodurch eine noch beeindruckendere Nähe entstand.

Ein Film der Gegensätze

Nicht nur Uwe und Gustav sind vollkommen gegensätzlich, sondern auch die Handlungsorte des Films: Er beginnt im winterlichen Deutschland mit dem eintönigen Leben der Brüder. Darauf folgt der erste Teil ihres Abenteuers im überfüllten, lauten und hektischen Tokio. In dieser Stadt liegt der Fokus auf der Faszination der Medien. Die Einheimischen befinden sich fast ausschließlich im Bann ihrer Handys umgeben von bunt blinkenden Reklameschildern.

Diese werden den Brüdern noch zum Verhängnis: Sie wollen sich an einem Schild orientieren, um wieder zu ihrem Hotel zurückzufinden – doch auf dem Heimweg können sie es nicht mehr ausmachen und müssen sich deshalb anderweitig orientieren. Im Zen-Kloster angekommen empfängt sie dagegen eine enorme Stille und Einfachheit, die die Brüder nach der turbulenten Großstadt besonders überwältigt. Es gibt keinen Komfort, viel Arbeit und Betteln als die einzige Möglichkeit der Mönche zu überleben.

Besonders ist dabei, dass den ganzen Film über mit diesen Gegensätzen gespielt wird und es scheint, als würde nichts davon zusammen passen. Doch am Ende erkennt man, dass sich scheinbar Konträres gut kombinieren lässt, wenn man den Sinn dahinter verstanden hat.

Die Weisheiten des Zen

Um sich auf das Leben im Kloster einzustimmen hat Gustav durchweg ein kleines Buch mit Zen-Weisheiten bei sich. Doch beide wissen zunächst nichts mit den rätselhaften Formulierungen anzufangen – bis sie im Kloster mithilfe der Mönche lernen, damit umzugehen. Sie beginnen langsam zu verstehen, wie sie ihr zukünftiges Leben leben können und schließen mit ihren schlechten Erfahrungen ab. Uwe beginnt, damit klarzukommen, von seiner Frau verlassen worden zu sein. Und Gustav gesteht sich ein, dass er schwul ist.

Und so bringt der Film am Ende viele Fäden zusammen: Er schafft es auf ganz besondere Weise, die fernöstliche, mit der westlichen Lebensweise zu verbinden und zeigt, dass Erleuchtung wirklich garantiert ist, wenn man gewillt ist, sie zu finden.

Foto:  wikimedia.org

Weitere Artikel aus dieser Reihe:

Teil Eins: Vergessene Filme – verborgene Schätze

Teil Zwei: Der Meister der Stille

Teil Drei: „Faust“ – die Geschichte lebt wieder auf

Teil Vier: „Erleuchtung garantiert“ – wirklich?

Teil Fünf: „5×2“ – Wieso ging es schief?

Teil Sechs: „Moolaadé“ – Bann der Hoffnung

Kosmopolitisierung, Anerkennung, Solidarisierung?

von Anne-Mareike Täschner

Der Lehrstuhl von Prof. Dr. Tanja Thomas am Institut für Medienwissenschaft der Uni Tübingen veranstaltet am 25. und 26. Juni 2015 eine Nachwuchstagung mit dem vielversprechenden Titel „Kosmopolitisierung, Anerkennung, Solidarisierung? Potentiale transkultureller Öffentlichkeiten in Medienkulturen“.

Zu den öffentlichen Vorlesungen im Rahmen der Tagung am Donnerstag sind auch Nichtnachwuchsforscher*innen, Studierende und alle weiteren Interessierten herzlich eingeladen. Und die Referentinnen können sich wahrlich sehen lassen: Für die öffentliche Mittagsvorlesung konnte Prof. Dr. Magdalena Nowicka von der Humboldt Universität zu Berlin gewonnen werden, bei der Abendvorlesung spricht Prof. Dr. Radha Hegde von der New York University (!).

Prof. Dr. Magdalana Nowicka spricht um 12 Uhr zum Thema On the analytical and normative dimensions of conviviality and cosmopolitanism, Prof. Dr. Radha Hegde spricht um 18:30h zum Thema Theory as disturbance and feminist activism. Beide Vorlesungen finden im Hörsaal der Keplerstrasse 2 statt.

Hier könnt ihr euch den Tagungsflyer runterladen: Nachwuchstagung