Katzenjammer auf höchstem Niveau
Von Maya Morlock
Am 29. Oktober 2015 kommt Xavier Giannolis neuer Film in die Kinos. In der Tragikomödie „Madame Marguerite oder die Kunst der schiefen Töne“, die Madame wird von Catherine Frot (Dinner für Spinner) gespielt, geht es vordergründig um eine Frau, die völlig schief und unrhythmisch singt, doch dies durch die durchweg positive Resonanz ihres Publikums nicht weiß. Doch der Film hat auch eine äußerst verletzliche und sentimentale Seite.
Bis die Ohren bluten
In den 1920er Jahren gibt Marguerite Dumont ein Benefizkonzert für die Kriegswaisen in ihrem kleinen Schloss nahe Paris. Einige begnadete Musiker und Sänger treten auf, zarte und wohlklingende Musikstücke der Klassik sind zu vernehmen. Als Höhepunkt betritt Marguerite die Bühne. Die allseits bekannten Anfangstöne der Arie der „Königin der Nacht“ aus Mozarts Zauberflöte erklingen. Dort besingt die Königin der Nacht die Verstoßung ihrer Tochter Pamina. „Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen. Tod und Verzweiflung“, singt Marguerite, doch leider nicht mit den gewöhnlichen Tönen. Völlig falsch intoniert und schwankend im Rhythmus quält sie sich durch das Stück. Bei dem gefürchteten Hochton und der Koloratur gefriert dem Zuschauer fast das Blut in den Adern, so unerträglich ist der Missklang. Gleichzeitig imponiert die Inbrunst, mit der die Gastgeberin ihr nicht vorhandenes Gesangstalent zur Schau stellt.
Das Publikum ist wenig überrascht, im privaten Klub kennt man die Madame und ihr Gejaule bereits. Nur der Journalist Lucien Beaumont (Sylvain Dieuaide) und die spontan eingesprungene Sängerin Hazel (Frankreichs Shootingstar Christa Théret) sind neu. Trotz des unausstehlichen Gekrächzes applaudieren die Zuhörer und überschütten die Gastgeberin mit Lob – die Neuen sind verwundert. Als der Journalist Lucien am Folgetag eine begeisterte Kritik veröffentlicht, fasst Marguerite den Entschluss endlich auf einer großen Bühne in der Öffentlichkeit aufzutreten. Ihr Mann, der sich für sie schämt, versucht dies auf Teufel komm raus zu verhindern.
Der Ursprung der schiefen Töne
Die Geschichte basiert auf der reichen Erbin Florence Foster Jenkins, die in den 40er Jahren in den USA verstarb. Auf YouTube, kann man ihre unverwechselbare und wahrhaftige Interpretation der Königin der Nacht anhören. Auch sie war überzeugt von ihrer Gesangsqualität, obwohl sie keinen Ton traf. Trotzdem ist dieser Film keinesfalls eine Biografie (diese wird momentan in den USA gedreht), sondern entwickelt nach der Basis einen eigenen Handlungsstrang. Denn neben der Belustigung findet der Zuschauer einen Draht zur Innenwelt der Marguerite und begreift, dass sie eigentlich völlig einsam ist. Während den Geschäftsreisen ihres Mannes ist ihr nur die Musik geblieben und ausschließlich durch sie kann sie sich ausdrücken und etwas Aufmerksamkeit vonseiten ihres Mannes erhaschen. Denn im Grunde möchte sie nur, dass er stolz auf sie sein kann.
Die perfekte Besetzung
Catherine Frot brilliert in ihrer Rolle als Marguerite: Sie ist überschwänglich und heiter, behält sich jedoch auch in diesen Szenen einen Kern Traurigkeit. Ihre Mimik spricht Bände, sodass sie vergleichsweise wenig sagen muss, um sich darzustellen. Ein weiterer Augenschmaus ist der exzentrische Gesangslehrer Atos Pezzini (Michel Fau), der Marguerite auf ihr großes Konzert vorbereiten soll. Er lebt für die Musik, erstarrt zur Salzsäule, als er den schaurigen Gesang der Madame zum ersten Mal hört und versucht trotz aller schlechten Omen sie bestmöglich für ihr Vorhaben zu wappnen.
Zu empfehlen
Auch wenn der Film einige Längen aufweist, ist er für jeden Musikliebhaber sehenswert. Der Facettenreichtum ist erfreulich, eine schlichte Komödie, bei der die Madame zur Witzfigur degradiert wird, wäre zu flach und bliebe unter dem möglichen Potenzial. Man lacht Tränen, hält sich die Ohren zu und leidet mit der Hauptfigur mit, die im Grunde nur um ihrer selbst willen geliebt werden möchte. Man fiebert gespannt dem großen Auftritt entgegen und hofft sie möge nun endlich die Töne treffen.
Ob Marguerite Dumonts Ehrgeiz und Wille sich am Ende gelohnt haben, könnt ihr ab dem 29. Oktober auf der Leinwand verfolgen. Von mir gibt es auf jeden Fall drei Daumen nach oben!
Fotos: © 2015 Concorde Filmverleih GmbH















Einst war Ant-Man, mit bürgerlichem Namen Hank Pym (Michael Douglas), einer der Top-Agenten der USA im Kampf gegen fremde Mächte. Doch als das Militär seine Techniken finanziell nutzen wollte, nahm der brillante Forscher seinen Hut und seine Technologie gleich mit. Heute lebt Hank Pym zurückgezogen und von seiner Tochter entfremdet. Seine Firma haben längst andere übernommen, geführt von Pyms einstigen Schützling Darren Cross (Corey Stoll). Als Cross jedoch enthüllt, dass er die Technologie von Ant-Man, sich selbst und andere Materie nach Willen kleiner zu machen, entdeckt hat und nun ebenfalls als Waffe vermarkten will, ist Pym zum erneuten Handeln getrieben. Er rekrutiert den Ex-Knacki Scott Lang (Paul Rudd) und bildet ihn gemeinsam mit seiner Tochter Hope van Dyne (Evangeline Lilly) zum neuen Ant-Man aus, um die Pläne seines früheren Schülers zu durchkreuzen.
Diese Charaktere, bis in die kleinsten Nebenrollen großartig besetzt, sind dann auch die erste große Stärke des Filmes. Paul Rudd ist ein wahrer Glückstreffer als Hauptfigur Scott Lang, er bringt genau die richtige Mischung aus Humor und Charaktertiefe mit sich, die der Film von seinem Hauptdarsteller verlangen kann. Geschult wird er im Film von Michael Douglas als in die Jahre gekommener Ex-Ant-Man Hank Pym. Und wie könnte man es von dem Schauspieler anders erwarten, Douglas ist großartig. Die Mentoren-Rolle steht ihm gut und doch blitzen da stets die Anzeichen des harten Knochen und alten Haudegens durch, die man von einem pensionierten Superhelden erwarten würde. Auch Evangeline Lilly als Hope van Dyne, Hank Pyms entfremdete Tochter, macht eine exzellente Figur. Tragisch ist dabei nur, dass der Film sie von Anfang an als offensichtliches Love-Interest für Scott Lang eingeplant hat. Das Problem dabei: Hope ist eigentlich als Charakter die eigentlich logische erste Wahl ihres Vaters für den Anzug des Titelhelden. Sie ist hochintelligent, stark, beherrscht die Technik des Helden und ist von Anfang an gewillt, trotz aller Differenzen mit ihrem Vater, ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Die Begründung, warum sie dann nicht zum Helden werden darf, wirkt demzufolge etwas an den Haaren herbeigezogen. Doch am Ende wird man hierfür entschädigt.
Neben dem Humor und den guten Charakteren hat der Film noch eine weitere große Stärke: Die phänomenalen Sequenzen, immer dann wenn Ant-Man auf Ameisengröße schrumpft. Daraus hätte man zwar eigentlich noch so viel mehr machen können, doch das was man bekommt, ist schon fantastisch. Die Ameisen, mit denen Ant-Man kommunizieren kann, werden zu einem emotionalen Anker des Films. Die Actionsequenzen sind gut choreografiert und machen exzellenten Gebrauch von der Technik des Helden. Tragisch ist dabei nur, dass der finale Kampf der Hauptfigur mit Schurke Yellowjacket bereist zum Löwenanteil im Trailer des Filmes vorweg genommen wurde. Doch das große Finale des Filmes entschädigt hierfür mehr als ausreichend. Ohne zu viel vorwegzunehmen, es ist der beste Moment des Films und kann getrost als Andeutung darauf gesehen werden, wie künftige MARVEL-Filme, insbesondere der bald erscheinende Doctor Strange, aussehen könnten.