Traumprinz sucht Froschkönig
von Sandra Fuhrmann
It’s dating time. Und das immer und überall – zumindest, dort, wo man über einen Webzugang verfügt. Laut Singlebörsen-Vergleich haben sich seit der Jahrtausendwende 90 Millionen Deutsche bei Online-Dating-Portalen registriert. Auf den Straßen sind Millionen von Singles unterwegs – das Internet aber ist der Ort, wo man sie gezielt finden kann.
Wer heute ins Netz eintaucht, der begibt sich an einen bunten Ort der Vielfalt. Hier wird nicht nur die Prinzessin mit Angeboten überschwemmt, wie sie garantiert den perfekten Traumprinzen findet, und manch ein Prinz bekommt auch die Gelegenheit, endlich auf den passenden Froschkönig zu treffen.
Magische Orte
Die Zahl des homosexuellen Bevölkerungsanteils schwankt je nach Land und Informationsquelle. In manchen Städten wird sie auf 5-10% geschätzt. Diese Zahl teilt sich natürlich in Männer und Frauen auf. Lebt man als schwuler Mann oder lesbische Frau dann noch außerhalb der großen Städte, erschwert sich die Suche nach einem Partner zusätzlich. Im Cyberspace jedoch gibt es sie – jene regenbogenfarbenen Orte, wo Gleichgesinnte sich finden können.
Das Geschäft mit Dating-Sites boomt. Und der Markt für homosexuelle Portale ist eine längst entdeckte Nische. Das Angebot reicht vom einfachen Chat, über Flirts, bis hin zu Seiten wie Gay Parship, die mit Hilfe von Persönlichkeitstest versuchen, den Partner fürs Leben zu ermitteln. Im Grunde bieten Online-Dating-Sites Homosexuellen dieselben Vorteile, die sie Heterosexuellen bieten – und noch ein paar Dinge mehr. Zum einen bietet sich Heterosexuellen hier die Möglichkeit, auf so viele Gleichgesinnte zu treffen, wie es in der realen Welt nur selten möglich ist, zum anderen gehen die Nutzungsmöglichkeiten dieser Seiten oft über die reine Partnervermittling hinaus.
Manche mögen’s heiß
Nimmt man vorweg, dass auch manche Frauen ab und an gerne einen Blick auf die für schwule Männer konzipierte Seite Gayromeo riskieren, kann man seiner Fantasie freien Lauf lassen. Schon die Startseite macht mit wechselnden Profilbildern keinen Hehl daraus, was der Suchende beim Weiterklicken finden kann. Aus diesem Grund mussten die Macher der 2002 an den Start gegangenen Seite aus jugendschutzrechtlichen Gründen ihren Sitz 2006 von Berlin in die Niederlande verlegen. „Wir sind das, was du aus uns machst„, heißt es auf den Seiten des Portals. Und damit hat der Autor dieses Satzes vermutlich nicht ganz unrecht: Gayromeo bietet seinen Usern zahlreiche verschiedene Angebote und Nutzungsvarianten. So bietet der „Health Support“ eingeloggten Usern die Möglichkeit, speziell ausgebildeten „Supportern“ beispielsweise Fragen zum Thema HIV und AIDS zu stellen. Auch Tipps beim Coming-Out, beim Safer Sex oder bei der nächsten Veranstaltung findet man auf dem Portal.
Trotz der teils eindeutig zweideutigen Bilder muss gesagt werden, dass es vielen Usern tatsächlich nur um eines geht. Und zwar ist damit vordergründig nicht das Eine gemeint, sondern vielmehr die Absicht, Leute kennenzulernen. „Man bekommt viele Angebote unter der Gürtellinie“, sagt ein User von Gayromeo im Interview mit Media-Bubble. „Aber wenn man dem Ganzen mit ein wenig Humor begegnet, ist das eigentlich kein Problem.“
Gayromeo ist inzwischen lange kein Exot mehr unter den Anbietern von Dating-Websites. Was als Seite mit Buchtipps für Lesben begann, ist inzwischen zu Lesarion geworden. Einer Seite, die vor allem Lesben, jedoch auch Bi- Inter- oder Transsexuellen die Möglichkeit bietet, Kontakte zu knüpfen und ebenfalls über viele Extrafunktionen verfügt.
Manche Seiten wie Singlebörsen-Vergleich und andere haben es sich dabei allein zum Ziel gemacht, dem Suchenden einen Überblick über die Fülle des Angebots zu verschaffen, wobei Seiten für Homosexuelle sogar extra aufgeführt werden.
Schluss mit der Märchenstunde
Doch nun einmal Schluss mit Prinzen und Fröschen. Schaut man in die Tageszeitung statt in das Märchenbuch, sieht die Welt leider ganz anders aus. Man muss sich nicht erst die jüngsten Ereignisse in Russland vor Augen rufen, um zu wissen, dass Homophobie längst nicht aus der Welt geschafft ist. Vielleicht mag Deutschland in seinen Gesetzen etwas liberaler sein. Gerade was das Outing am Arbeitsplatz betrifft, gibt es aber offenbar noch genug Stoff zur Diskussion. Viele Homosexuelle leben mit der Angst, sich durch ein Outing Chancen im Beruf zu verbauen. In einer Zeit, in der jeder Chef einen Internetzugang hat, Gesichtserkennungssoftwares auch in Dating-Portalen schnüffeln, und der Großteil der Internetseiten personalisiert ist und damit Nutzerdaten abspeichert, kann zu Recht die Frage gestellt werden: Wie steht es eigentlich mit Sicherheit und Datenschutz?
Gewöhnlich finden sich bei den Anbietern von Dating-Seiten Datenschutzbestimmungen, die für die User einsehbar sind. Testberichte zeigen jedoch, dass es bei der Sicherheit große Unterschiede zwischen den Anbietern gibt. „Die Testsieger sind nicht ohne Grund Testsieger“, sagt Pamela Moucha von der Testseite Singlebörsen-Vergleich. Doch egal, wie gut die Bestimmungen der Anbieter sind, vor Gesichtserkennungssoftwares schützen sie nicht. Wer also nicht von vornherein offen mit seiner Sexualität umgeht, dem sei zur Vorsicht geraten.
An dieser Stelle noch ein Wort zu Märchentanten: Die gibt es übrigens auch in Dating-Portalen zuhauf. Nur werden sie hier als „Faker“ bezeichnet. Die mehr oder weniger gegebene Anonymität des Internets kann auch ihne Schattenseiten haben. Wer bei seinen Kontakten im Internet keinem falschen Profil auf den Leim gehen will, der sollte sich also besser durch zusätzliche Informationen über die entsprechende Person absichern. Wie im Grunde für das Internet generell gilt: Es bietet eine großartige Fülle an Möglichkeiten. Und gerade wenn man gezielt nach bestimmten Personengruppen sucht, ist es so hilfreich, wie keine Kontaktanzeige in der Zeitung es sein könnte. Großartig sind jedoch auch seine Tücken. Wer sich dessen aber bewusst ist und damit umgehen kann, dem kann man nur viel Spaß beim nächsten Date wünschen.
Fotos: flcikr/Roberto Verzo (CC BY 2.0) und „Lena Sachse“ / www.jugendfotos.de, CC-Lizenz(by-nc)
Dieser Text ist ein Beitrag zur Aktion der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld zum “Internationalen Tag gegen Homo- und Transphobie” am 17.5.2012. Auf media-bubble.de gibt es dazu auch eine Aktionsseite.
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