Was die Medien mit uns machen – der Fall „Queer as Folk“
von Alexander Karl
Die Medien beeinflussen uns. Immer und überall. Egal, ob wir Tageszeitung oder Blogs lesen, Fernsehen oder Filme schauen: Alles was wir wahrnehmen und konsumieren, wirkt auf uns. Doch welche Wirkung kann eine Serie wie „Queer as Folk“ haben, wenn es um das Aufräumen mit Vorurteilen um Schwule und Lesben geht?
Die Medien wirken – und wie!
Wie genau die Medien uns, unser Weltbild und unser ganzes Leben beeinflussen, erforscht die Medienwirkungsforschung. Medien – und somit auch Filme und Serien – wirken auf uns. Das stellt auch die Wissenschaft fest:
“Because the movies have taught us what it means to be heroic or villainous, masculine or feminine, heterosexual or homosexual. The movies, as one aspect of the vast popular-culture industry, influence how we think about ourselves and the world around us”, schreibt Ellis Hanson in der Einleitung seines Buches „Out takes. Essays on Queer Theory and Film“ (1999, S. 2). Und weiter schreibt Hanson (S. 3): „The study of film is espacially important to questions of desire, identification, fantasy, representation, spectatorship, cultural appropriation, performativity, and mass consumption, all of which have become important issues in queer theory in recent years.”
Das findet auch Peter Paige, Schauspieler der Serie „Queer as Folk“: „Die Serie ist wichtig für die LGBT-Bewegung. Man erreicht die Menschen über die Medien – und speziell über das Fernsehen da, wo sie verwundbar sind – zu Hause im Privaten.“
Eine erste Überlegung könnte also sein, dass es gut ist, queere Charaktere in Serien und Filme einzubauen – dadurch werden die Menschen mit einer Lebenswelt konfrontiert, die sie vielleicht nicht aus erster Hand kennen. In der Vergangenheit beherrschte aber das Bild des femininen Schwulen die TV-Landschaft. Das änderte sich mit „Queer as Folk„. Wie Sharon Gless erzählte, konnte Queer as Folk sogar Leben retten: Ein Junge kam zu ihr und erzählte, dass ein Freund von ihm, der die Serie nicht gesehen hatte, Selbstmord beging. „Für mich wart ihr aber rechtzeitig da“, sagte er, wie Gless bewegt erzählte. Peter Paige alias Emmett sieht „Queer as Folk“ auch deshalb als Outing-Hilfe, als „ongoing resource“, also eine weiterführende Quelle, wie er es ausdrückt- auch zeitlich. Denn auch sieben Jahre nach dem Aus der Serie entdecken noch immer viele die Serie für sich. Trotzdem bleibt Homophobie noch immer ein Thema in der Gesellschaft und wir auch in der Serie angesprochen – und deshalb stand auch bei der „Queer as Folk“-Convention in Köln eine Gesprächsrunde von Stars, Betroffenen und Mitarbeiter des Schwulen und Lesben Beratungscenters Rubicon auf dem Programm.
Homophobie und „Queer as Folk“
„Homophobie bedeutet Angst“, bringt es Robert Gant alias Ben auf den Punkt. Wichtig für Schwule und Lesben ist vor allem die Liebe zu sich selbst, findet Gant. Peter Paige, der wie Robert Gant offen schwul lebt, glaubt, das der gesellschaftliche Wandel global kommt, etwa auch in Ländern wie China, wo die Serie nicht lief. Trotzdem, so stellen die Schauspieler fest, gibt es auch Gegenbewegungen, etwa in Amerika. „Man muss in seinem Land oder System einen Weg finden, die LGBT-Bewegung zu unterstützen“, so Gant.
Michelle Clunie alias Melanie ist selbst heterosexuell, hatte aber auch schon Sex mit Frauen. Sie kann nur versuchen, sich die Probleme eines Coming-Outs vorzustellen, wenn sie es mit der Unterdrückung der Frauen vergleicht. Sie setzt sich aber immer wieder für die Rechte von Schwulen und Lesben ein. Clunie: „Wenn du nicht an die Liebe glaubst, an was glaubst du dann? Hass?“. Robert Gant erzählt offen, dass er manche Rollen bekommen hat, eben weil er offen schwul lebt. „Andere aber nicht“, sagt er schulterzuckend. Peter Paige ergänzt, dass gerade schwule Regisseure immer wieder versuchen, geoutete Schauspieler in stereotype Rollen zu pressen. „Aber manchmal helfen schwule Regisseure auch“, findet Gant.
Unter den Tisch wird aber auch nicht gekehrt, dass Homosexuelle Vorbehalte gegen Transsexuelle und Bisexuelle haben. Ein Kritikpunkt an „Queer as Folk“ war und ist etwa, dass Bisexuelle in der Serie nicht auftauchen. Hal Sparks, der Michael aus Queer as Folk, glaubt, dass man die Menschen – gerade auch in den USA – nicht überfordern dürfe, sondern Stück für Stück vorgehen müsse. „Und man kann nicht jede Minderheit repräsentieren“, sagt er.
Einig sind sich Stars, Betroffene und Berater, dass Sendung wie „Queer as Folk“ wichtig sind, um einen gesellschaftlichen Kontakt zu Themen wie Homosexualität und Homophobie herzustellen – und da gibt es noch immer viel zu tun. Auch für und gerade in den Medien.
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