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Größer. Härter. Mehr.

von Marius Lang

Erwartungsgemäß ist Marvels neuestes Superhelden-Stelldichein wieder ein echt dicker Brummer. Der Film lohnt sich auf jedem Level: er ist größer, bunter, wilder und düsterer als der Vorgänger. Vielleicht sogar ein bisschen besser.

 

Supermensch gegen Maschine

Das Spektakel beginnt irgendwo in Osteuropa, wo die Avengers unter Führung von Captain America und Iron Man die Festung des Deutschen Baron von Strucker attackieren, um damit endgültig den Nazi-Todeskult HYDRA zu zerschlagen und das Zepter von Loki, dem Bruder von Thor, zu erobern. Bei dieser ersten Mission trifft das Superhelden-Team zum ersten Mal die Maximoff-Zwillinge. Marvel-Fans sind die Zwillinge besser bekannt als Scarlett Witch und Quicksilver. In diesem Film noch über weite Teile Gegenspieler, werden sie in Zukunft ein Teil des Avengers-Team.

Zuvor schon beschließt Tony Stark, durch eine Vision dahingehend beeinflusst, mithilfe von Hulk Alter Ego Bruce Banner, einen zentralen Teil seiner Forschung weiterzutreiben: die Entwicklung des Ultron-AI, ein intelligentes Programm, welches künftig den Avengers die Weltrettung leichter machen soll. Ultron wird schließlich der Bösewicht des Films, ein selbstgebauter noch dazu.

Ein ganz normaler Dienstag im Marvel-Universum also.

 

Ein Gegner zum Fürchten

So gut die Filme des Marvel-Cinematic Universe bislang auch waren, eine Schwachstelle waren stets ihre Bösewichte. Einige wenige Widersacher ausgenommen (Loki, Red Skull, Alexander Pierce) waren diese stets blass und uninteressant. Doch Ultron hält alles, was sein großer Name verspricht. James Spader spielt den Androiden perfekt in allen seinen Facetten. Ultrons Verhalten ist geprägt von Stimmungsschwankungen, zwischen bitterem, schwarzem Humor, dem blendenden Charme des Bösen und blindem Hass.

Ultron vernetzt sich selbst mit dem World Wide Web, lernt in Sekunden und sieht die Zerstörung, die die Avengers auf ihren Heldenaktionen oft anrichten. Für Ultron ist die Sache klar: Die Avengers wollen die Welt beschützen, doch nicht verändern. Und nur wenn die Welt geändert wird, wird Frieden herrschen. Die Welt muss zum Frieden gezwungen werden und die Avengers, die dies trotz all ihrer Macht nicht tun würden, sind damit für Ultron die Wurzel allen Übels. Ultrons Bewusstsein entkommt über das Internet, er zieht die Zwillinge auf seine Seite und macht sich daran, ebendiese Wurzel auszureißen. Und dabei im Notfall die Menschheit mit in die Vernichtung zu reißen.

Spaders Ultron kann absolut ruhige Gespräche über Massenvernichtung führen und Geschäfte mit Waffenhändlern abschließen, nur um im nächsten Augenblick an die Decke zu gehen und eben diesem Waffenhändler beleidigt kurzerhand den Arm abzureißen: Ultron ist nicht nur ein Bösewicht, er ist ein Charakter. Er verführt gekonnt die Maximoffs auf seine Seite, erzählt ihnen von einer Welt in Frieden, ohne die Avengers.

Geplagt von Selbsthass, begründet in seiner künstlichen Herkunft, den er auf die Avengers und die gesamte Menschheit projiziert, verfolgt er seine Ziele akribisch, Punkt für Punkt und wechselt mehr als einmal ohne Probleme seine Vorgehensweise. Einer der herausragenden Momente, ja, sogar einer der besten Momente aller Marvel-Filme ist die Geburt seines Bewusstseins. Die Sequenz verursacht Gänsehaut und setzt den Ton für den Charakter über den Rest des Films: Ultron ist, endlich, ein Gegner zum Fürchten.

 

Uuund…. Action!

Von Anfang an bietet der Film genau das, was man sich von so einem Film mit den Avengers erwartet: Action Pur. Die Action-Szenen sind generell und erwartungsgemäß sehr gut. Ein Höhepunkt ist vermutlich ein direkter Zweikampf zwischen Iron Man und Hulk. Die Sequenz gehört zu den im Vorfeld am meisten antizipierten Teilen des Films und sie hält alles, was sie versprochen hat. Hulk und Iron Man zerlegen im Kampf gegeneinander eine afrikanische Metropole. Völlig übertrieben, und gewaltverherrlichend, aber egal: es fühlt sich fantastisch an.

 

Helden sind auch nur Menschen

Auch wenn die Actionsequenzen durch ihre Choreografie, das Zusammenspiel der Helden und der Technik des Films ein echter Hingucker sind, seine eigentliche Stärke offenbart der Film in seinen ruhigeren, charaktergetriebenen Momenten. Regisseur Joss Whedon versteht es, auch bei einem Übermaß an Hauptcharakteren niemanden zu kurz kommen zu lassen. Zu den Höhepunkten hierbei zählt unter anderem die Party der Helden im Avengers-Tower. Hierbei offenbart sich eine Romanze zwischen Black Widow (Scarlett Johansson) und Bruce Banner (Mark Ruffalo), die natürlich geprägt ist von Banners Angst, die Kontrolle über Hulk zu verlieren.

Doch auch die übrigen Helden haben durch den Film ihre großen und kleinen Momente der Charakterarbeit, besonders hervorzuheben sind dabei die größeren Charaktermomente von Hawkeye (Jeremy Renner), die weiter ausgebaute und in diesem Film auch auf die Probe gestellte Science-Bromance von Bruce Banner und Tony Stark (Robert Downey Junior), die besonders im Mittelpunkt steht, als die beiden mit vereinten Kräften die Grundlage für Ultron schaffen. Auch die ersten größeren Meinungsverschiedenheiten zwischen Captain America und Tony Stark werden in einer Szene klar, in der die beiden sich mit den anderen Avengers in einem sichern Zufluchtsort von einer dramatischen Niederlage gegen Ultron erholen. Tony verteidigt seine Entscheidung, Ultron als Präventivwaffe gegen fremde Mächte zu erschaffen. Eine Argumentation die Cap nicht einleuchten kann. Diese sind die erste Andeutung auf den dritten Teil von Captain America, in dem die beiden Helden auf zwei verschiedenen Seiten einer Debatte stehen werden.

 

Schneller. Schneller.

Ein kleiner Wehrmutstropfen ist dennoch offensichtlich. Zwischen all der kompakten Charakterarbeit und den Actionsequenzen wirkt der Film nie lang. Im Gegenteil. Age of Ultron scheint bisweilen eher gehetzt zu sein. Der Film ist recht episodisch aufgebaut, die Helden rennen von Plotpoint über Charakterentwicklung und hin zur nächsten Actionsequenz. Der Balance zwischen so vielen Helden ist es geschuldet, dass man innerhalb des Films kaum echte Momente der Ruhe hat, in denen sich alles gesehene setzen kann. Doch dies ist durchaus zu verkraften, hinsichtlich der vielen Stärken des Films. Wer jedoch gerne mal im Kino auf die Toilette geht, sei gewarnt, dass es keine unwichtigen Momente im Film gibt und die nächste wirklich große Sequenz jederzeit auftreten kann.

 

Fazit

Avengers – Age of Ultron setzt den erfolgreichen Lauf, den Marvel in den letzten Jahren hatte, fort. Es ist alles da, was die früheren Filme so gut machte, nur in noch größerem Ausmaß. Die Action ist je nach Bedarf mal sauber, mal dreckig und stets ein neuer Höhepunkt des Films. Die Charaktere sind vielschichtig, jeder bekommt seine glänzenden Momente und jeder bleibt liebenswert. Und für die Nerds unter den Zuschauern gibt es natürlich wie immer allerlei Easter Eggs und Anspielungen, die hoffentlich in späteren Filmen noch ihre Relevanz offenbaren. Alles in allem großes Actionkino mit guter Story und Charakteren voller Herzblut.

 

Foto: Marvel’s Avengers: Age Of Ultron, ©Marvel 2015

Journalismus unter Verdacht

Von Valerie Heck

 

Schon im Spätherbst, als „Lügenpresse“ noch nicht zum Unwort des Jahres gekürt worden war und es „Pegida“ in der aktuellen Form noch nicht gab, lud Bernhard Pörksen, Professor für Medienwissenschaft an der Universität Tübingen, den Journalisten und Medienkritiker Stefan Niggemeier zu einem Gastvortrag ein. Seitdem hat die Medienverdrossenheit in Deutschland eine ganz neue Dimension angenommen und das Thema, mit dem sich Niggemeier in seinem Vortrag „Journalismus unter Verdacht – Wie Medien Vertrauen verspielen“ am letzten Montag auseinandersetzte, gewann stetig an Bedeutung. Pörksen spricht von einem „Prinzip Niggemeier“ und beschreibt damit dessen Kombination aus Unerschrockenheit, Direktheit und präziser Medienkritik. Am 19. Januar kam Niggemeier dann extra aus Berlin nach Tübingen, um einem Hörsaal voller interessierter Studierenden von seinen Erfahrungen und Einschätzungen zu den Themen Lügenpresse und Vertrauenskrise zu berichten.

„Ich hatte das Gefühl, es gäbe ein Problem“

Stefan Niggemeier hatte schon im November das vage Gefühl, es gäbe ein Problem. Er sah eine große Kluft und eine enorme Unzufriedenheit mit den Medien bei großen Teilen der Bevölkerung. Die Umfrage von Zapp im Dezember 2014, die nach dem Vertrauen der Menschen in die Berichterstattung bei politischen Ereignissen fragte, sah Niggemeier als klares Warnsignal, denn nur ein Drittel der Bevölkerung gab dabei an, noch Vertrauen in die Medien zu haben.

Dass tatsächlich etwas schief gelaufen ist, zeigen laut Niggemeier Formate wie „Die Anstalt“, die oftmals berechtigte Kritik an den Medien äußern und offenlegen, welche Fakten in der aktuellen Medienberichterstattung, sei es bezüglich der Ukraine-Krise oder des Bahnstreiks, nicht erwähnt wurden. Niggemeiers Lieblingsbeispiel ist dabei Udo Ulfkottes Buch „Gekaufte Journalisten“: „Ich habe selten ein Buch gelesen, was mir so schlechte Laune gemacht hat“, gibt Niggemeier zu. Grund dafür sei die „gruselige Mischung aus völligem Unsinn und total berechtigter Kritik“. Zwar legt Ulfkotte nichts Neues dar, aber er rührt in dem Buch bekannte Medienkritik mit der großen Verschwörung zusammen und sagt: „Im Grunde sind alle gekauft“. Der große Erfolg des Buches, das auf Platz 3 der Spiegel Bestsellerliste landete, zeigt, dass Ulfkottes Kritik beim Publikum durchaus ankommt.

Sind das alles Verrückte?

Aber wer sind die Leute, die solche Verschwörungstheorien lesen? „Verrückte, die sich zu lange im Internet rumtreiben, die nur ein paar Klicks brauchen, um in einen merkwürdigen Fiebertraum, eine schweißnasse Angstphantasie abzudriften“. Das an die Wand projizierte Zitat von Bernhard Pörksen sorgt für Gelächter und vereinzelten Applaus im Hörsaal. Wobei das Wort „Verrückte“ von Niggemeier hinzugefügt wurde, wie er zugibt. Allerdings ist das nur ein Teil der Wahrheit. Denn meistens sind es gar keine anonymen Verrückten im Netz, sondern die eigenen, jahrelang treuen Zuschauer, Zuhörer und Leser, die mit der Zeit den Glauben in die Berichterstattung der Zeitung oder des Radios verloren haben, wie Niggemeier berichtet.

„Der Meinungskorridor war schon einmal breiter“

Der große Vorwurf aller Akteure ist, dass Journalisten gekauft sind und dass es eine Verschwörung gibt, die Leute nicht richtig zu informieren. Tatsächlich sei ein gewisser Gleichklang festzustellen, bestätigt Niggemeier. Der Journalist sagt es in den Worten von Frank-Walter Steinmeier: „Der Meinungskorridor war schon einmal breiter.“ Dabei findet Niggemeier es erstaunlich, dass der Außenminister eine so präzise und kritische Beschreibung der aktuellen Situation gibt, wo er doch mit der einseitig positiven Berichterstattung zur großen Koalition zufrieden sein könnte.

Gründe für den Gleichklang sei unter anderem die Bequemlichkeit der Journalisten. Sie schwimmen mit dem Strom und wollen keine gewagte Interpretation liefern, die die anderen nicht auch liefern. Das größte Problem sei laut Niggemeier allerdings der sogenannte „self-embedded journalism“: Journalisten orientieren sich bei ihrer Berichterstattung unbewusst, an der Meinung, die ein Großteil der Bevölkerung vertritt und lesen möchte.

Das Phänomen des „self-embedded journalists“ war Niggemeier zufolge ein Grund für die einseitige Berichterstattung zur Ukraine-Krise. Die Grundannahme war hier „Gut gegen Böse“ und die Journalisten haben sich natürlich auf der Seite der Guten, das heißt gegen Russland, positioniert. Dabei sind ihnen Fehler unterlaufen, wie sämtlichen NATO-Erklärungen zu glauben und Berichten von Russland eben nicht. Diese Positionierung sieht Niggemeier kritisch. Ein Journalist müsse berichten ohne zu fragen, ob es am Ende jemandem nutzt, den er nicht mag, meint der Gründer des BILDblogs.

Medien machen viel richtig, aber…

Niggemeier sieht jedoch nicht alles negativ: „Ich glaube, dass in den Medien viele gute Dinge passieren und dass Medien auch viel richtig machen.“ Ein Schlüsselbegriff ist mittlerweile die Glaubwürdigkeit. In den Sozialen Netzwerken behaupten Menschen wie Udo Ulfkotte, dass die deutschen Medien über bestimmte Ereignisse nicht berichten und treffen dabei auf Zustimmung, obwohl niemand überprüfe, ob diese Aussage stimmt. Dabei könnten sie mit einer kurzen Recherche feststellen, dass häufig doch darüber berichtet wurde. Dadurch wird die Medienverdrossenheit beim Publikum größer und die Medienakteure können häufig nicht mehr dagegen steuern.

Der Journalist stellt aber auch heraus, dass die Ursachen der Vertrauenskrise zwar vielseitig sind, der Fehler aber häufig bei den Medien selbst liege: „Medien müssen erkennen, dass es ein Problem gibt, dass es tatsächlich eine Kluft gibt, zwischen Publikum und Medien und dass es nicht nur ein paar Verrückte sind, auf die man auch verzichten kann“. Die Medien müssen sich überlegen, wie sie mit der Kritik umgehen. Dabei können kleine Dinge, wie die Suche alternativer Quellen und Fairness gegenüber Leuten, die man nicht mag, die Glaubwürdigkeit schon stark verbessern, denn „die Schwächen des Journalismus begünstigen die Verschwörungstheorien“. Mit diesen Worten schließt Stefan Niggemeier seinen Vortrag. Entlohnt wird der Journalist von Bernhard Pörksen mit „akademischen Naturalien“: Einem Buch.

2 Broken Down – eine Filmkritik

von Marius Lang und Selina Juliana Sauskojus

Wettschulden sind Ehrenschulden. Beinhalten diese Wettschulden allerdings, dass man sich einen Teil der Twilight-Verfilmungen ansehen muss, dann führt es eher zur kompletten Entwürdigung des Verlierers. Und die Oscar-Wette ergab dann schließlich ein Unentschieden: Gemeinhin das Äquivalent einer beidseitigen Niederlage. Im Schluss bedeutet dies, dass wir uns diese Entwürdigung gemeinsam antun mussten, denn geteiltes Leid ist halbes Leid.

„Breaking Dawn – Teil 2“ schaffte es bei der Verleihung der Goldenen Himbeere  so miserable Konkurrenten wie „Der Chaos Dad“ oder Battleship“ sowohl bei den Nominierungen als auch bei den Siegen weit hinter sich zu lassen. Am Ende konnte der Film sieben der zehn Preise gewinnen. Jeden davon verdient. Applaus für eine derart schlechte Gesamtleistung.

Der Krampf beginnt

Zunächst glauben wir, noch nie einen so langen Vorspann gesehen zu haben. Selbst die bekanntermaßen langen Opening Credits der Spider Man-Filme wirkten dagegen kurz. Die Langeweile kriecht uns in alle Glieder. Wie kann es denn sein, dass so viele Menschen an diesem Murks mitgearbeitet haben? Und selbst wenn wir davon ausgehen, dass all diese Menschen daran beteiligt waren, wäre es nicht naheliegender, seinen Namen nicht in dieser zelluloidgewordenen üblen Unterhaltung erwähnt zu wissen? Ja, wir müssen zugeben, das machte schon traurig und betroffen.

Betroffen schauen, bitte!

Apropos betroffen. Man will fast meinen, es wäre absolute Grundvoraussetzung beim Casting gewesen, Darsteller zu finden, die möglichst betroffen schauen können. Und das tun sie. Ständig. Leider nicht mal besonders gut, so oft schauderten wir angesichts der schlechten Darstellung. Ob Kristen Stewart das allerdings absichtlich macht oder ob sie es einfach nicht besser kann, das sei dahingestellt. Als sie ihr Baby zum ersten Mal in den Armen hält, hätte man genauso gut vermuten können, dass sie sich einen Holzscheit anschaut, statt des Babies, das sie beinahe das Leben gekostet hätte.

Das Baby von Bella und Edward ist in diesem Film zudem die wohl gruseligste Plotdevice. Zunächst handelt es sich um ein Baby mit CGI-Visage, um Bella möglichst ähnlich zu sehen. Ein bisschen wie Schwarzeneggers Kind in „Junior“, nur noch eine Spur unangenehmer. Die Filmemacher generierten damit eine Horrorvision des menschlichen Nachwuchses.

Schwanzwedelnde Wölfe

Das Gesicht jedoch beiseite: Bellas bester Freund und Edwards Nebenbuhler Jacob Ohneshirt ist jedenfalls jetzt nicht mehr scharf auf Bella, sondern auf ihr Baby. Er war wohl schon immer irgendwie auf ihre Eizellen geprägt. Und das macht jetzt alles Sinn, irgendwie. Es ist überhaupt nicht ekelhaft oder pädophil, denn sie wächst ja schnell und was bitte hat sich die Autorin dabei eigentlich gedacht? Übelkeit gesellt sich zu unserer Langeweile. Wie sollen wir das nur durchstehen?

Ekel beiseite, das Baby ist der Grund für die Krise im Vampirparadies, denn irgendeine Verwandte der Cullens denkt, es sei ein Kind, das zum Vampir gemacht wurde. Das wiederum finden die Volturi nicht so gut, finstere Gesellen, angeführt von einem übertrieben spielenden Michael Sheen. Bei dem fragt man sich, ob er als eigentlich guter Schauspieler aus Spaß mitmacht oder, so wie wir, eine Wette verloren hat. Jedenfalls rufen die Volturi jetzt zum Gegenschlag auf. Allzu eilig haben sie es damit allerdings nicht, denn die Cullens haben immer noch Wochen Zeit Vorbereitungen zu treffen.

Vampire fahren Volvos

Aber wir wollen Gnade walten lassen. Der Film wies natürlich auch durchaus Positives auf. Insbesondere ist da natürlich das meisterhaft inszenierte Product-Placement zu nennen. Vampire fahren Volvo. Und wenn die Taktik aufging, tun dies jetzt auch Millionen verwirrter Teenies in den USA. Warum fahren die Volturi eigentlich keinen Volvo, wäre die Alliteration doch genauso schön gewesen? So hätte sich die ganze Chose zumindest nicht gar so lange gezogen und wir hätten uns ganz auf die finale Schlachtszene konzentrieren können.

Selbstbeherrschung rules!

Tatsächlich hatte diese Szene sogar einige erhellende Momente. Nachdem wir schon komplett resigniert hatten, und nicht einmal mehr lachen konnten über die Abstrusität des Ganzen, da haben sich die Filmemacher doch noch ein bisschen ins Zeug gelegt. Der finale Kampf ist nicht nur humorvoll schlecht choreographiert, hier können auch  alle Vampire ihre „Superkräfte“ einsetzen. Da gibt es eine die Blitze wirft, einen der die Elemente beherrscht, einen der Briten nicht mag und natürlich Bella die sich beherrschen kann. Eine Fähigkeit, mit der sie mit Sicherheit nicht Mitglied der X-Men werden könnte.

Und plötzlich konnte man sich auch vor wunderbaren Cameos nicht mehr retten. Eine sehr gut getarnte Uma Thurman aka Jamie Campbell Bower ließ allerdings die Macheten stecken und war, dem Film angemessen, eher unnütz. Aber als wir dachten, dass nun plötzlich unser liebster Reiterfürst Drogo die Szenerie betritt, war es doch nur ein langsam sprechender Vampir-Mensch-Mischling. Wäre der nur eine halbe Stunde früher gekommen, eine Menge Nerven wären uns erspart geblieben.

Dieses Baby!

Unsere Nerven liegen blank. Nach 115 Minuten endet der Film. Breaking Dawn 2, das ist Horror pur. Wir fassen zusammen: Dem Film mangelt es an allem. Die schauspielerische Leistung ist im besten Falle durchschnittlich, im schlimmsten schrecklich. Die Dialoge sind schlicht nicht gut. Eine Story ist praktisch nicht existent, die Effekte dem Budget nicht angemessen und man will gar nicht wissen, was sich die Drahtzieher bei einigen Bestandteilen (DIESES BABY!) eigentlich dachten.

Es wäre bestimmt ein Mordsspaß für den Sieger gewesen, zu wissen dass der Verlierer der Oscar-Wette gänzlich alleine durch die Sache durch muss. Doch gemeinsam war es dann leichter zu schaffen. Wir haben gelitten, wir haben mit unserem guten Geschmack gekämpft. Wir haben uns sogar noch mit dem Film beschäftigt, um diese Kritik zu liefern. Und am Ende waren wir siegreich. Wir haben triumphiert, Twilight hinter uns gelassen und sind noch stärker, wenn auch entnervt aus diesem Erlebnis hervorgegangen. Und gelernt haben wir auch noch etwas daraus: Selbst wenn das Leben noch so hart mit dir ist, immerhin zwingt es dich nicht, Twilight zu sehen. Es sei denn, du hast eine Wette verloren.

Foto: Copyright, Sanja Döttling

 

Teurer Datentransport

von Pascal Thiel

Es war ein Aufschrei der Computerfachwelt, der Presse, der Öffentlichkeit: Die Gema macht USB-Sticks und Speicherkarten teurer! Die Süddeutsche Zeitung skandierte sogar „Gema erhöht Speicher-Gebühren um 1850 Prozent“. Auch von den Branchenverbänden kam scharfe Kritik. Was war passiert?

Größere Datenträger und das liebe Geld

Mai 2012: In einer Erklärung gibt die Zentralstelle für private Überspielungsrechte (ZPÜ) bekannt, die Abgaben für urheberrechtlich geschützte Dateien bei USB-Sticks und Speicherkarten aller Art massiv zu erhöhen. Gab es zuletzt noch eine Pauschalabgabe pro Gerät von 0,10 €, zahlt man nun seit Beginn Juli diesen Jahres für USB-Sticks zwischen 0,91 € und 1,56 €, für Speicherkarten 0,91 € bis 1,95 € auf den Warenpreis obenauf. Somit steigt die Abgabe bei Speicherkarten mit einem Speichervolumen von über 4 GB um fast 2000 Prozent.

Doch wie kam es dazu? Die ursprüngliche Abgabe von 10 Cent habe nach Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs in den Jahren 2010 und 2011 nicht aufrechterhalten werden können, so die Gema. Somit habe man den 2010 geschlossenen Vertrag zwischen der ZPÜ und den Verbänden der Branche aufkündigen müssen. Da diese sich jedoch nicht an die neuen rechtlichen Gegebenheiten anpassen haben wollen, wurden sie im Prozess der Neuregelung ausgeschlossen. Den enormen Anstieg der ZPÜ-Abgaben rechtfertigt die Gema, eine der Gesellschafter der ZPÜ, mit immer gewaltigeren Speichervolumina und einer größeren Lebensdauer von Datenträgern: Während der Gesamtlebensdauer eines USB-Sticks würden „677 Musiktitel, 541 professionelle Fotografien, Bilder oder Kunstwerke, 93 Graphiken und 66 Teile aus Büchern“ vervielfältigt werden können. Die „betroffenen Rechteinhaber“ – Urheber, Künstler und Produzenten – müsse man angemessen vergüten und dabei stets die wirtschaftliche Angemessenheit im Blick haben, so die Gema in einer offiziellen Erklärung.

Widerstand

Erstmals wurde der Tarif ohne eine Absprache mit den Branchenverbänden festgelegt. Diese laufen nun Sturm. Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (Bitkom) kritisiert die neue Regelung als ungerechtfertigt und unverhältnismäßig: „Das Nutzungsverhalten kann sich nicht einfach über Nacht ändern“, so Judith Steinbrecher, Bereichsleiterin Urheberrecht. In einer Pressemitteilung erklärt der Bitkom weiter, solche „Mondtarife“ seinen kein „fairer Interessenausgleich zwischen Verbrauchern, Rechteinhabern und Wirtschaft“. Man nehme in Kauf, dass viele Produkte bis zu einem Drittel teurer würden. Steinbrecher sieht hier das Gesetz zum Urheberrecht verletzt: „Paragraf 54a Absatz 4 schreibt ein angemessenes Verhältnis der Gebühr zum Preisniveau des Speichermediums vor.“ Dies sei jedoch mit den neuen Gebühren nicht mehr der Fall. Der Bitkom hat bereits angekündigt, rechtlich gegen den neuen ZPÜ-Tarif vorgehen zu wollen, der Informationskreis AufnahmeMedien (IM) befindet sich in einem laufenden Gerichtsverfahren.

Folgen

Tatsächlich hat die Anhebung der Tarifbeträge umfassende Konsequenzen. USB-Sticks und Speicherkarten aller Art werden allein rechnerisch um etwa 25 Prozent teurer. Offen bleibt, wie die Hersteller auf die Tarife reagieren. Am Ende muss wohl der Konsument, der Steuerzahler selbst, tiefer in die Tasche greifen. Zudem kann die Gebühr den Wirtschaftsstandort Deutschland potentiell beeinträchtigen, da es in vielen EU-Staaten keine bzw. keine solch hohe Gebühren gibt.

Offen ist auch, ob und wie gewährleistet werden soll, dass die Urheber die Abgabe auch wirklich erhalten. Ist dies nicht sichergestellt, so sind Zweifel an der Rechtmäßigkeit, der Sinnhaftigkeit, der Legitimation der Abgabe durchaus gerechtfertigt. Sicher ist: Von der ZPÜ-Gebühr profitieren im Endeffekt nur die Mitglieder der Gema. Besteht diese Mitgliedschaft nicht – was nicht selten der Fall ist – profitiert der Urheber nicht von der Gebühr. Dass der kleine Fotograf, dessen Bild ich mir via Google auf meinen USB-Stick gezogen habe, seinen Anteil der neuen Abgabe erhält, kann ich mir also nicht sicher sein.

Doch ein Speichermedium speichert nicht nur, wie von der ZPÜ intendiert, Kopien urheberrechtlich geschützter Dateien, sondern auch persönliche, private, eigens erstellte Dateien. Diese Art der Nutzung befreit nicht von der neuen Gebühr. Unabhängig davon, ob man nun veröffentlichte oder private Dateien auf seinen Datenträger lädt, zahlt man die Gebühr. Eine normativ bedenkliche Situation: Man muss für den privaten Transfer seiner eigenen Dateien bezahlen.

Doch die Kritik des Bitkom betrifft diese Problematik nicht. Im 2010 geschlossenen Vertrag genossen der Verband und seine Mitglieder das Privileg einer zusätzlich vergünstigten Gebühr von acht Cent. Dies ist nun nicht mehr der Fall. Verkörpert die Kritik an der neuen ZPÜ-Gebühr also eher den Groll des Verbands der GEMA gegenüber aufgrund des Verlusts der privilegierten Position? Die Antwort fällt schwer, jedoch konstituiert sich die Motivlage wohl eher aus einer Mischung von konsumentorientierten, selbstbezogenen und wirtschaftlichen Aspekten.

Nebenbei sei betont, dass nicht nur USB-Sticks und Speicherkarten von einer Gebührenerhöhung betroffen sind. Auch für externe Festplatten werde eine neue Gebühr gefordert, so Bitkom und IM, die bis zu neun Euro pro Stück betragen könnte. Für Handys betrugen die Gebühren bis 2011 mit Touchscreen 11, ohne Touchscreen 4 Euro. Im Juli 2011 wurden sie rückwirkend für Handys mit Touchscreen auf 36 Euro (mit einer Speicherkapazität ab acht GB) und 16 Euro (mit einer Speicherkapazität unter acht GB) bzw. für herkömmliche Handys auf 12 Euro erhöht.

Somit müssen sich die Konsumenten auf lange Sicht wohl auf steigende Preise im Elektroniksektor einstellen.

Fotos: flickr/joshlowensohn (CC BY-NC-ND 2.0), flickr/willispaetzel (CC BY-NC-SA 2.0)

 

50 Shades of Sex

von Alexander Karl

Es ist DAS (Pseudo-)Skandalbuch des Jahres: Der Erotik-Roman Shades of Grey. Von Boulevard bis Feuilleton wird es besprochen, mal mit mehr, mal mit weniger positiven Kritiken. Fakt aber ist: Es sorgt für Gesprächsstoff. Und ist doch nicht neu.

Fanfiction goes Independent

Was kaum einer weiß: Der Ursprung der Triologie Shades of Grey liegt in einer aufgepeppten – oder aufgesexten – Version von Twilight. Sex in Fanfiction ist nichts Neues. Dass daraus dann aber plötzlich ein Bestseller wird schon. Erika Leonard, die das Buch unter dem Pseudonym E. L. James auf den Buchmarkt brachte, veröffentlichte die formalige Fanfiction auf der Seite 50shades.com – damals noch unter dem Namen Master of the Universe. Jetzt, nachdem das Buch ein riesiger und weltweiter Erfolg ist, schauen sich Fans der Bücher die veröffentlichte und die frühere online Variante an – und stoßen auf einige Ähnlichkeiten, wie Galleycat berichtet:

Blogger Jane Litte used the Turnitin plagiarism detection program to measure similarities between the two books. She reported: “According to Turnitin, the similarity index was 89%.  There are whole swaths of text wherein just the names were changed from MoTU to 50 Shades.”

Mittlerweile sind die Spuren zu den Wurzeln des Buches aber aus den Weiten des Webs verschwunden – nur noch wenige Screenshots existieren. Doch die Zeiten, in der das Buch ein Insidertipp in Fanforen war, sind vorbei. Shades of Grey, wie das Buch in Deutschland heißt, wurde hierzulande mit einer Auflage von 500.000 Stück geradezu auf den Markt geworfen – und das mit viel Wirbel. So wurden etwa auf bild.de vorab Auszüge aus dem Buch veröffentlicht. Die Überschrift zum Artikel: „Shades of Grey“: Dieses Buch ist schärfer als Porno„. Wie scharf das Buch ist, das ist Geschmackssache. Es dauert einige Seiten, bis der Multi-Milliardär die 21-jährige und jungfräuliche Ana rumbekommt – und ihr zunächst zeigt, was er unter Blümchensex versteht. Denn Christian Grey, nachdem das Buch benannt ist, steht auf harten Sex. SM um genau zu sein – und so findet Ana in seiner Wohnung ein Spielzimmer mit Andreaskreuz und bekommt schnell eine Verschwiegenheitsklausel plus Vertrag vorgelegt – letzteres, um sich als Sub (die vornehme Bezeichnung für Sklave) zu verpflichten.

Sex sells

Und so kommt es, dass viele Stellen äußerst sexuell sind (Stichwort Mommy Porn), wie es aus der Vorab-Veröffentlichung von bild.de vorgeht:

Verdammte Scheiße, tut das weh! Ich gebe keinen Laut von mir, doch mein Gesicht ist schmerzverzerrt. Ich versuche, mich ihm zu entwinden – angetrieben vom Adrenalin, das durch meine Venen pumpt. „Halt still“, knurrt er, „sonst muss ich noch länger weitermachen.“ Inzwischen reibt er meine Pobacke, dann kommt der nächste Schlag. Er verfällt in einen steten Rhythmus: streicheln, tätscheln, schließlich ein kräftiger Schlag. Ich muss meine volle Konzentration aufbieten, um die Schmerzen zu ertragen. Mein Kopf ist wie leer gefegt, während ich versuche, die Schläge wegzustecken. Mir fällt auf, dass er nie zweimal hintereinander auf dieselbe Stelle schlägt, sondern den Schmerz gleichmäßig verteilt.

An dieser Stelle lässt sich natürlich ein zweifelhaftes Frauenbild vermuten: Die völlig unerfahrene Ana unterwirft sich körperlich wie emotional einem deutlich erfahreneren Mann. Bisher hat man aber noch keinen Aufschrei von Alice Schwarzer gehört – nur in der Presse rumort es schon. Beispiel Hamburger Abendblatt. Da heißt es:

Nur die Emanzipierten dürften mit dem Kopf schütteln: Was ist das denn für ein Rollenbild, bitte? Frau mit guter Ausbildung und gesellschaftlichem Selbstvertrauen lässt sich heimlich auspeitschen und sexuell demütigen. Was ist das: Postfeminismus?

Und auch das Wort „Schocker“ oder „Skandal“ ist für Shades of Grey zu viel des Guten: Geschockt wird ein wenig, da ist sich die Presse einig: Sowohl in American Psycho als auch in Geschichte der O geht es härter zur Sache. Trotzdem eignet es sich – da muss man der Schwäbischen Zeitung zustimmen – als Urlaubslektüre. Aber nicht nur Zwecks Eskapismus, sondern, weil der menschliche Voyeurismus par excellence bedient wird – und das nicht zu knapp. Auch deshalb stellen die Verkaufszahlen selbst Harry Potter in den Schatten. Deshalb steht nun halb Hollywood für die Filmrollen Schlange – aber nicht die Stars aus Twilight, die ja immerhin indirekt als Imspiration dienten. Übrigens: Auch Stephenie Meyer, Autorin der Twilight-Saga, äußert sich zu dem Buch: „I haven’t read it. I mean, that’s really not my genre, not my thing,“ she said with a laugh. „I’ve heard about it; I haven’t really gotten into it that much. Good on her — she’s doing well. That’s great!“

Foto: Presse

Die tagesWEBschau im Test

von Pascal Thiel

Die Tagesschau will endlich für junge Menschen attraktiv werden. Richtig gelesen, die Tagesschau, die noch immer in einem nicht-virtuellen Studio gedreht wird, die Tagesschau, bei der die Moderatoren noch mit gelben Nachrichtenzetteln hantieren, die Tagesschau, die seit einem halben Jahrhundert den Abend „eingongt“.

Ja, genau diese Tagesschau versucht wieder einmal, das junge Publikum für sich zu interessieren. Wie? Mit der tagesWEBschau. Das bedarf einer medienkritischen Betrachtung.

tagesWEBschau? Was ist denn das?

Die tagesWEBschau ist eine dreiminütige Nachrichtensendung, die seit dem 4. Juni 2012 täglich auf dem digitalen ARD-Nachrichtensender tagesschau24 (ehemals EinsExtra) ausgestrahlt wird. Im Internet ist sie über den tagesWEBschau-Player zu erreichen. Die Sendung wird nicht – wie das Mutterformat Tagesschau – moderiert, sondern setzt sich aus drei kompakten Beiträgen zusammen. Es besteht eine starke Ähnlichkeit zu einem anderen Angebot der ARD, der „Tagesschau in 100 Sekunden“.

Thematisch soll die Sendung vor allem internetaffine Junge ansprechen, so Radio-Bremen-Intendant Jan Metzger:

Die tagesWEBschau ist eine kleine Schwester der Tagesschau. Wir werden die Themen des Tages aufgreifen, aber durch den Blickwinkel des Netzes erzählen […]. Darüber hinaus werden wir Inhalte berücksichtigen, die im Netz aktuell sind und die Gemeinde bewegen, aber für die große Tagesschau und das Publikum um 20 Uhr eher weniger wichtig sind. Das alles mixen wir zu einem Format, das die Informations-Qualität der Tagesschau mit der Lebenswelt der Jungen und der Netzaffinen verbindet.

Dabei soll die Komponente der sozialen Interaktion nicht zu kurz kommen. Der tagesWEBschau-Player ist mit drei sozialen Netzwerken verbunden: Facebook, Google und Twitter.

Premiere im Fernsehen ist täglich um 17 Uhr auf tagesschau24, danach kann man die tagesWEBschau abends auf EinsPlus und Einsfestival sehen. Die Sendung befindet sich aktuell in einer sechsmonatigen Testphase. media-bubble.de hat die tagesWEBschau getestet.

Der Praxis-Test.

Viele euphorische Worte, doch hält die neuste Innovation der ARD auch das, was sie verspricht?

Der tagesWEBschau-Player ist schnell gefunden: Auf tagesschau.de weißt ein gut erkennbarer Kasten auf die neue Sendung hin, der mit sofort zum Ziel leitet. Es öffnet sich eine moderne, übersichtlich gestaltete Seite mit einem großen „Play“-Button in der Mitte.

Erstes Urteil: Interface: top!

Der Button ist gedrückt, die Sendung läuft. Drei Themen kurz, prägnant und verständlich dargestellt. Auf den ersten Blick eine solide Berichterstattung im Internet. Doch hieß es nicht, man wolle die Themen „durch den Blickwinkel des Netzes erzählen“?

Sollte damit das Arrangement einfacher Fernsehbilder zusammengeschnitten mit Screenshots, einigen animierten Grafiken und Skype-Interviews gepaart mit stylischen Google-Earth-Zooms gemeint sein, hat die ARD noch viel Arbeit vor sich. Denn was als bahnbrechende Innovation für Digital Natives verkauft wird, ist doch lediglich eine verkürzte, aufgepimpte Version der 20-Uhr-Tagesschau.

Ebenso „offline“ ist das überschaubare interaktive Angebot. Es ist zwar möglich, sich zu aktuellen Clips vertiefend zu informieren, doch landet man zumeist auf schon bestehenden Seiten des ARD-Netzwerks. Externe Links führen vorhersagbar entweder zu YouTube- oder ARD-Angeboten, neue Informationspfade wird der tagesWEBschau-User wohl kaum beschreiten.

Was die Möglichkeiten der Sozialen Netzwerke betrifft – der Plural sollte da nicht überbetont werden. Der tagesWEBschau-Player gibt dem User lediglich die Möglichkeit, Nachrichten auf Facebook, Google oder Twitter – sogar per Mail – zu teilen. Von neuen, innovativ-sozialen Interaktionsfunktionen keine Spur. Für die Internetgeneration doch ein bisschen mager.

Zweites Urteil: Format: Flop!

Stichwort Themen. Über was wird eigentlich berichtet? Beispiel erster Tag: Facebook-Abstimmung, Gaming-Messe und Occupy musikalisch: Die ARD hat tatsächlich Themen gefunden, die Junge interessieren könnten. Doch lediglich Ersteres hat mit dem Internet zu tun. Ob das wirklich dem Interesse der „Netzgemeinde“, der eigentlichen Zielgruppe, entspricht? Die wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit weiter anderweitig informieren.

Drittes Urteil: Themen: Interessant! Aber: Nur ein Internet-Thema.

Laut RadioBremen sitzt hinter der tagesWEBschau eine Redaktion, die täglich alle sozialen Netzwerke nach interessanten und relevanten Themen durchforstet. Hinzukommen die „Internetaspekte“ der „normalen“ Nachrichten. Aus diesem Pott werden dann drei Themen herausgegriffen. Bedeutet dies, dass das ursprüngliche Tagesschau-Nachrichtenspektrum frei nach dem Motto „Ist das Internet drin? Her damit!“ durchkämmt wird? Andere „nerdigere“ Themen, also Nachrichten direkt aus den Weiten des Netzes, werden dann vernachlässigt. Und so rennt die ARD völlig am eigentlichen Ziel vorbei – der Information über Spezialthemen aus der Welt des Internets.

Viel interessanter und vor allem interaktiver wäre es, die Zuschauer selbst online über Mail, Facebook, Twitter, Skype, Google und co. über die Themenagenda entscheiden zu lassen. Der Bayrischen Rundfunk macht’s vor: Die Rundshow feierte ein Debüt, das für Aufsehen sorgte (media-bubble.de berichtete). Doch dies ist nach jetzigem Stand der Dinge nicht geplant.

Viertes Urteil: Themenfindung: Outdated!

Das Fazit:

Die tagesWEBschau ist ein schönes neues Spielzeug im Spektrum der Nachrichtenangebote der ARD, jedoch nicht wirklich mehr als das. Nach dem Tatort via Twitter und  Gottschalk mit Facebook am Vorabend stolpert die ARD wohl auch beim dritten Anlauf zum jungen Publikum. Es wird sich zeigen, ob sich eine Sendung wie die Tagesschau mit diesem neuen Angebot dauerhaft bei den Jungen etablieren kann.

 

Foto: Screenshot.

Ich habe heute eine BILD für dich.

von Alexander Karl

Die BILD wird 60. Dieser runde Geburtstag soll gefeiert werden. Deshalb hat sich der Axel-Springer-Verlag, der hinter BILD steckt, etwas Einzigartiges überlegt: Jeder Deutsche soll am 23. Juni eine Ausgabe des Blattes umsonst nach Hause bekommen. Deutschlandweit. 41 Millionen Haushalte. Auch solche, die keine Werbesendungen möchten. Im Internet wird schon laut überlegt, wie man dem Springer-Konzern ein Schnippchen schlagen kann.

BILD für lau

Man kann über die BILD-Zeitung viel diskutieren, Fakt ist: Sie polarisiert. Jeder kennt sie, doch die Leserschaft wird immer geringer.  Innerhalb der letzten zehn Jahre verlor die BILD etwa 1,55 Millionen Leser. Bei der BILD am Sonntag sind es nicht ganz so viele, aber auch hier stehen etwa 1 Millionen weniger Leser zu Buche. Das kann natürlich auch mit dem digitalen Wandel zu tun haben. Denn online ist BILD das stärkste Nachrichtenportal mit fast 200 Millionen Klicks im Monat. Auch wenn BILD durch seine Volksprodukte noch den ein oder anderen Euro verdient, muss sich die Zeitung immer wieder überlegen, wie sie wieder mehr Beachtung findet und im Geschäft bleibt.

Es ist also ein kluger Schritt, zum 60. Geburtstag jedem Deutschen zu zeigen, wie eine echte und gedruckte BILD aussieht. Und daran kann man auch gut verdienen. Denn: Die Anzeigenpreise sind bei so einer riesigen Verbreitung natürlich immens hoch. 4 Millionen Euro verlangt die BILD für eine Anzeigenseite. Sonst kostet eine ganzseitige Anzeige 432.455 Euro.

Kritik im Web

Viele Blogger kritisieren die BILD für ihr Vorhaben, durch ihre bundesweite Postwurfsendung die Anzeigenpreise in die Höhe zu treiben. Andere wollen das Blatt aus Prinzip boykottieren. So heißt es etwa im Blog lifesoundsreal: „Ich finde das milde gesagt eine grobe Unverschämtheit, dass ich eine hirnlose, volksverblödende und journalistisch tieffliegende Zeitung zugestellt bekomme – ob ich das nun will oder nicht: Von Springer´s Gnaden sozusagen.“ Passend dazu gibt es ein Logo, das man an den Briefkasten kleben kann, um den Postboten vom Einwurf abzuhalten. Juristisch sei es auch möglich, die BILD zu verweigern. Im law blog von Udo Vetter heißt es dazu,

„[d]as Urteil (früherer Bericht im Blog) sagt nämlich klipp und klar, dass Postwurfsendungen jedenfalls dann unzulässig sind, wenn der Empfänger beim Absender widersprochen hat. Ich werde also mal einen kleinen Brief (vorab als Fax) an den Axel Springer Verlag senden und fordern, mich aus der Empfängerliste zu streichen. Sollte dann doch die BILD im Briefkasten sein, wird man über Unterlassungsansprüche nachdenken können.“

Ein weiterer Vorschlag wird in Blog medienblase gemacht:

„Als dritte und wohl charmanteste Möglichkeit, Springer bei seiner „BILD für ALLE“-Aktion ein wenig Breitseite zu geben, kann man die Zeitung auch einfach in den nächstbesten Briefumschlag stecken, als Absender

„Axel Springer AG
Axel-Springer-Straße 65
10888 Berlin

angeben und das Ganze mit dem Vermerk „Porto zahlt Empfänger“ gen Berlin senden.“

Was BILD damit auf jeden Fall gelungen ist, ist bereits jetzt für Gesprächsstoff zu sorgen. Und genau das kann BILD. Kein anderes Blatt sorgt für so viel Aufsehen, manchmal sogar, wenn sie eben nichts schreibt, sondern andere schreiben lässt – wie im Fall Wulff. Gleichzeitig dürfte es aber spannend zu sehen sein, wie die BILD an ihrem Geburtstag aussieht und aufgemacht ist. Wird ein Skandal enthüllt, den ganz Deutschland am Frühstückstisch serviert bekommt? Wirft BILD sein sonst übliches boulevardeskes Gesicht über Bord und liefert einen historischen Rückblick über die letzten 60 Jahre mit BILD? Das dürfte spannend werden. Denn gerade in 60iger und 70iger Jahren sorgte BILD für mächtig Zündstoff – zu nennen sei hier nur der Name Wallraff. Ende letzten Jahres sorgte aber der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer AG Mathias Döpfner für Tauwetter, in dem er Günter Wallraff verbal die Hand reichte.

Übrigens: Erstmals erscheint die BILD am Sonntag nun auch an einem Feiertag – nämlich dem 1. Mai.

Leider finden sich die Metadaten zur Aktion der BILD nicht mehr online, weshalb in diesem Beitrag auf Sekundärquellen gesetzt werden musste.

 

Foto: Sophie Kröher

Autor will Blogger wegen schlechter Rezensionen verklagen

von Alexander Karl

Ein Autor und dessen Verlegerin wollen eine Bloggerin verklagen, weil sie eine schlechte Rezension über ein Buch verfasst hat? Nein, das ist kein Witz, es scheint bittere Realität zu sein! Während sich die Bloggerin auf die Meinungsfreiheit beruft, wittert der Autor mafiöse Strukturen. Aber der Reihe nach.

Eine Rezension – und die Klage droht

Der Blog Bücherzeit bespricht das Buch „Twin-PRYX. Zwillingsbrut“. Die Bloggerin Myriel gibt offen zu, nur 90 Seiten des 900 Seiten starken Werks gelesen zu haben: „Denn auf diesen Seiten sind mir schon so viele Dinge aufgefallen und haben mir quer im Magen gelegen, so dass ich gar nicht erst wissen möchte, wie es weiter geht.“ Dementsprechend fällt auch die Rezension aus: „Noch einige mehr dieser Ungereimtheiten sowie eine ziemlich schwerfällige Sprache haben die Lektüre für mich zu einer Qual gemacht, so dass ich nicht mal ein Zehntel dieses Ziegelsteins geschafft habe. Daher kann ich auch kein einziges Indianer-Armband für unsere Dracula-Nachfahren vergeben.“

Das ist für einen Autor vielleicht nicht schön zu hören, aber nun mal eine Kritik, mit der man Leben muss, wenn man ein Buch schreibt. Anscheinend nicht für John Asht. Denn er antwortet im Kommentarfeld:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Damit jedoch nicht genug! Denn die Verlegerin schaltet sich nun ein (hier der komplette Antwortpost). Kurz gesagt wirft sie der Bloggerin eine „feindliche und destruktive Kampagne“ gegen Autor und Verlag vor, kritisiert den „Decknamen“ (man nennt es im Internet auch Nickname) und hält es für nicht professionell, bereits nach 90 Seiten aufzugeben. Während sich die Bloggerin auf den Artikel 5 des Grundgesetzes beruft, kontert die Verlegerin erneut: „Es tut mir leid, Ihnen sagen zu müssen, dass ich mich John Asht anschließen werde und ab Montag gerichtlich gegen Sie vorgehe, falls Sie diese Rezension nicht sofort entfernen.“

Meinungsfreiheit oder Narrenfreiheit?

Soweit zur ersten Runde. Doch John Asht lässt das nicht auf sich sitzen und schreibt in seinem Blog wiederum:

Heute aber, im zweiten und vielleicht auch letzten noch freien Internetjahrzehnt, kann jeder veröffentlichen, was er will – egal ob er etwas drauf hat oder auch nur eine frustrierte Niete ist: Er veröffentlicht vor allem Texte, weil’s nix kostet – und weil er irrtümlich glaubt, dass das „Freie Internet“ einen vor Strafverfolgung schützt – oder weil er „Meinungsfreiheit“ mit „Narrenfreiheit“ verwechselt.

Es folgen einige diffamierende Worte gegen eine „Studienhopperin“ (anscheinend die Autorin des Bücherzeit-Blogs), deren Buch bei einem Verlag abgelehnt wurde und sich nun rächen will – mit einer schlechten Rezension. So schildert zumindest Asht die Vorgänge. Nun sind wir wieder an dem Punkt der Anzeige – wie John Asht sagt „wegen Verstoßes gegen § 15 UWG „Geschäftlicher Verleumdung““. Und weiter heißt es in einem Nachtrag: „Er [Ashts Blog] hat viel Staub aufgewirbelt und mir letztendlich den erhofften Beweis erbracht, dass es tatsächlich so etwas wie „Rezensenten-Mafia für geistig Arme“ gibt.“

Doch damit nicht genug. Asht schreibt auf seinem Blog weiter:

Nach drei Tagen Provozier-Blog ist nun die Falle definitiv zugeschnappt – der Jäger zählt seine Beute: etliche 700 Screenshots von kriminellen Negativ-Rezensionen meines Romans „TWIN-PRYX, Zwillingsbrut“ – samt Namen, Blogadressen, Homepages, Foren, Gruppen, etc. Kriminell darum, weil keiner dieser gehässigen Rezensenten jemals das thematisierte Buch in der Hand gehalten hat, geschweige denn gelesen. Und jetzt drehen wir ganz sachte den Spieß um – seine Spitze heißt UWG.

Doch die Spitze des Eisbergs ist noch nicht erreicht: Wie der Blog „Kotzendes Einhorn“ schreibt, finden sich in einer früheren Version des Blogbeitrags von Asht (hier als Screenshot)  eine „explizit zweideutige Formulierung im Nachtrag zu Ashts Rant, die man als Vergewaltigungsaufruf missverstehen könnte“.

Noch einmal: Es geht hier um einen kleinen Verlag und einen Autor, die Rezensenten mit juristischen Schritten drohen – nämlich auf Basis des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Ich bin kein Jurist, doch schaut man sich einmal den Gesetzestext zum Thema „Geschäftliche Verleumdung“ an, kann ich als Laie keinen Verstoß erkennen – außer, man würde das Internet als einzigen Verstoß betrachten.

Denn dann wäre jede Amazon-Rezension potenziell geschäftsschädigend, jeder Kommentar zu dem YouTube-Video eines noch weitgehend unbekannten Künstlers könnte seine Karriere zerstören und so weiter. Um Ashts Überlegungen aber noch weiter zu drehen: Darf ich im Freundeskreis meine Meinung über ein Buch äußern, dass ich bisher erst angelesen habe? Darf ich auf Facebook einen Kommentar dazu posten? Darf ich behaupten, dass ich Justin Bieber nicht mag, obwohl ich nur eine Hand voll Songs von ihm kenne und nicht die komplett Diskografie?

Was vor oder hinter den Kulissen gelaufen ist oder in welcher Beziehung Autor und Bloggerin zueinander stehen, ist mir nicht bekannt. Vielleicht ist dies der Grund für den kleinen Skandal, vielleicht auch nicht. Fakt aber ist: Ein Autor, der sein Werk veröffentlicht, muss sich darauf gefasst machen, dass es nicht jedem gefallen kann. Es ist diskutabel, ob man für eine Rezension das Buch komplett gelesen haben muss – ich finde nicht. Denn Literaturagentur wie auch Lektoren lesen maximal fünf Seiten eines Buches, bevor sie zu einem ersten Urteil kommen – nämlich ob Potenzial vorhanden ist oder nicht. Wenn eine Leserin nach 90 Seiten kapituliert und dies offen zugibt, dann ist das ihr gutes Recht. Und kein Grund, um die deutschen Gerichte zu bedienen. Erschreckend ist zudem der Ton, mit dem Asht gegen Blogger zu Felde zieht: Denn ohne das Internet und die Möglichkeit zu bloggen, würde man auf sein Buch kaum aufmerksam werden und er selbst könnte seine Tiraden nicht öffentlich machen.

Übrigens: Im Internet formiert sich Widerstand gegen dieses Verhalten: Lesekreis.org, rezensionen-sam und natürlich zahlreiche Kommentare bei Bücherzeit. Und ich überlege mir gerade, ob das nicht eine (zugegeben schlechte) Werbekampagne ist…

Foto: flickr/Maria Reyes-McDavis (CC BY 2.0); Screenshot: buecherzeit.wordpress.com/2011/11/16/john-asht-twin-pryx-zwillingsbrut/ (24.01.2012)

 

Nur ein kleines Video

von Jürg Häusermann

Die Bundeswehr hat ein Video produzieren lassen:

Eine Heavy-Metal-Version des Deutschlandlieds begleitet ziemlich banale Bilder von militärischen Fortbewegungsmitteln. Raketen, die in die Luft steigen. Streiflichter auf das schützenswerte Idyll: Eine Familie spaziert durchs Watt. Der Kölner Dom glänzt in der Abendsonne. Ein Bergdorf am See plätschert vor sich hin. Insgesamt nur wenige Detonationen. Dafür viele Soldaten in Nahaufnahme. Und noch mehr Fortbewegungsmittel zu Wasser, zu Lande, in der Luft. 100 Sekunden, die Zivilisten für den Beruf des Soldaten begeistern sollen.

Auch, wenn das Video nur kurze Zeit online stand, regt sich ganz Deutschland auf: Die Grünen-Abgeordnete Agnieszka Malczak war auf den Clip aufmerksam geworden. Sie warf dem Verteidigungsministerium vor, es stelle den Dienst bei der Bundeswehr wie ein „Ballerspiel“ dar.“

In ihrer Pressemitteilung sagt Malczak: „Dieses Video stellt eine Verherrlichung militärischer Gewalt und kriegerischer Auseinandersetzungen dar. Bilder und Musik gleichen teilweise einem Ego-Shooter und entwerfen so ein Zerrbild des Dienstes bei der Bundeswehr.“

Einen Tag lang war das Video im YouTube-Kanal der Bundeswehr zu sehen. Dann wurde es wieder entfernt. Nicht aufgrund der Oppositionskritik, sondern – so der stellvertretende Regierungssprecher – weil der Off-Text fehlte. Aber greift denn die Kritik, hier werde ein „Zerrbild des Dienstes bei der Bundeswehr“ entworfen? Von wie viel Sachkenntnis zeugt denn der Vorwurf, „Bilder und Musik gleichen teilweise einem Ego-Shooter“?

Die Ästhetik des Krieges

Was die Kritikerinnen und Kritiker  nicht berücksichtigen: Schon längst wird uns mit dieser Ästhetik vom Krieg berichtet. „Banal Militarism“ nennen es zum Beispiel Tanja Thomas und Fabian Virchow, die die Vermengung von Militär und Alltag seit langem erforschen. Ob es um Krieg geht, um ein Ballerspiel oder einen Action-Film – die Grenzen werden bewusst vermischt. Man erinnere sich daran, wie die Öffentlichkeit auf die Operation „Iraqi Freedom“ vorbereitet wurde: „Boom, boom, we’re going in hard and fast. ‘By this time next week, sit by your TV and get ready to watch the fireworks’.

Das ist immerhin O-Ton eines Sprechers aus dem Weißen Haus.

Und es wird dafür gesorgt, dass auch die Soldaten selbst dieser Ästhetik nicht entkommen. In einer schaurigen Stelle in Michael Moores „Fahrenheit 9/11“ (bei ca. 70 Min.) erklären die Soldaten sorgfältig, wie sie die Musik auswählen, die sie über die Kopfhörer dröhnen lassen, wenn sie auf den Feind losballern. Sie haben Bloodhound Gang und „The Roof is on Fire“ gewählt:

„The war happens and the fighting starts, you know, it’s kind of like thumped up and motivated ready to go. Its the ultimate rush. Because you know you’re going into the fight to begin with.  And then you got a good song playing in the background and uh that gets, that gets you real fired up, ready to do the job.“

In vieler Hinsicht gibt es kaum noch einen Unterschied zwischen dem Einsatz im Krieg und dem Spielen eines Ballerspiels. In beiden Fällen geht es darum, Menschen zu töten.  Für diejenigen, die am Drücker sind, soll es sich auch gar nicht real anfühlen. Für die Opfer schon – und die sind noch immer zur Hauptsache Zivilisten, auch wenn es aussieht, als ob nur noch gezielt die Bösewichte ausgeschaltet würden, und man daran arbeitet, dass es künftig nur noch virtuellen Krieg gäbe.

Was ist Ballerspiel? Was ist Krieg?

Die, die sich jetzt zu Wort melden, möchten, dass es noch so ist wie früher: Die Soldaten frieren in den Schützengräben still und leise vor sich hin, und wir sitzen unbeteiligt zu Hause.

Es gibt keinen Krieg, an dem die Bürger nicht beteiligt wären. Und spätestens seit Golfkrieg von 1990 ist klar, dass die Kriegsführung ein audiovisuelles Spektakel ist, von dem wir uns nicht ausgrenzen können. Wir sitzen zu Hause und ballern vor uns hin. Gleichzeitig dirigieren die Soldaten (natürlich nicht die Deutschen, nur ihre Verbündeten) ihre Drohnen und lenken sie scheinbar zentimetergenau auf ihre Ziele auf anderen Kontinenten. Wissenschaftler, die analysieren, was vor sich geht, sprechen längst nicht mehr von Kriegstechnologie, sondern vom Military-Entertainment-Complex: Der Krieg wird längst mit den gleichen Mitteln geführt, mit denen wir zu Hause virtuelle Krieger hopsgehen lassen.

Das US-Militär benutzt Ego-Shooter nicht mehr nur, um neue Soldaten anzuwerben, sondern sie setzt sie auch in ihrer Ausbildung ein. Mit dem Spiel „America’s Army“ kann man nicht nur spielen, sondern auch lernen, wie man einen bewaffneten Roboter führt. „Unsere Roboter werden mit genau so einem Game Controller gesteuert, wie Sie ihn von Computerspielen her kennen. Unserer ist nur etwas robuster gebaut. Wem es also Sorgen macht, dass Jugendliche heute so viel Zeit mit Computerspielen verbringen, der sollte sich klar machen, dass sie eigentlich nur trainieren, um später gute Roboter-Piloten zu werden.“

Dies sagt Joe Dyer, Chief Operation Officer der Rüstungsfirma iRobot in einem Feature von Jan Lublinski über den nur scheinbar sauberen Krieg der Drohnen. Vielleicht haben viele den Wunsch, dass die Bundeswehr sich für immer wohltuend und sauber von all den anderen Armeen wird abheben können. „Die Außenkommunikation der Bundeswehr“ sagt Agnieszka Malczak, „muss durch Sachlichkeit, Transparenz und Ehrlichkeit gekennzeichnet sein“.

Aber vielleicht ist diese Art von Video einfach eine ehrliche Einstimmung auf die globale Kriegsführung, an der wir beteiligt sind.

Jürg Häusermann, Jahrgang 1951, ist Professor für Medienwissenschaft (Schwerpunkt: Medienanalyse und Medienproduktion).