Philip Häusser

Zwischen Wissenschaft und Fernsehglitzer: wenn sich zwei Welten verbinden

Von Lisa Ellinger und Lioba Wunsch

Dr. Philip Häusser ist als Wissenschaftler und Unternehmer im Bereich Künstliche Intelligenz tätig und weckt als Moderator, Autor und YouTuber mit unterhaltsamen und schlauen Experimenten die Neugier an Naturwissenschaften. Wir sprachen mit dem Allround-Talent über Wissenschaftskommunikation und darüber, wie er Forschung und Fernsehen unter einen Hut bekommt. 

„Ich glaube ich habe einfach ein bisschen viel Energie abbekommen“ – sagt Dr. Philip Häusser sehr bescheiden über sich selbst. Dass er ein wahres Energiebündel ist, fällt einem sofort auf, wenn man mit ihm spricht. Auch sein Lebenslauf spiegelt das wider. Mit seinen 31 Lebensjahren hat er schon Erstaunliches geleistet und erlebt. Mit 22 gewinnt er den Filmpreis eQuarks von der WDR-Wissenschaftsredaktion „Quarks&Co.“ (Ranga Yogeshwar war Teil der Redaktion) für einen Erklärfilm über die Entstehung des Regenbogens.

Philip Häusser

Moderator, YouTuber und Autor Philip Häusser. Foto: Jacob Beautemps

Danach ging es Schlag auf Schlag weiter: Nach dem Bachelorabschluss in Physik zog es ihn für den Master, ebenfalls in Physik, in die Sonne Kaliforniens nach Santa Cruz. Aus purer Faszination für maschinelles Lernen und neuronale Netze entschloss er sich nach seiner Rückkehr nach Deutschland für eine Promotion in der Informatik. Am Lehrstuhl für Computer Vision der Technischen Universität München hat er, trotz Quereinstieg aus der Physik, im vergangenen Jahr erfolgreich seine Promotion abgeschlossen.

 

Wissenschaft als Hobby und Arbeit

Wenn er gerade nicht in seinem Start-Up an Künstlicher Intelligenz für den Einsatz in der Medizin arbeitet, teilt er seine Begeisterung für Naturwissenschaft unter anderem auf seinem YouTube Kanal BreakingLab (früher: Phil’s Physics). Den Kanal hat er 2016, schon während er an seiner Doktorarbeit schrieb, zusammen mit der Kölner Fernsehproduktionsfirma i&u TV gegründet, für die auch Günther Jauch und Thomas Gottschalk vor der Kamera stehen. Bis vor gut einem Jahr war Philip zudem regelmäßig als Moderator im YouTube Format Terra X Lesch & Co. vom ZDF zu sehen.

Doch auch ein Energiebündel wie Philip hat nur einen 24 Stunden Tag. „Ich habe mir lange Zeit eingeredet, dass etwa der YouTube-Kanal zu meinen Hobbys zählt und daher Freizeit ist, aber so ganz stimmt das natürlich nicht.“ Was ihn dennoch immer wieder antreibe, sei der Spaß an der Sache und seine Motivation, durch gute und verständliche Wissenschaftskommunikation, die Menschen an der aktuellen Forschung teilhaben zu lassen. Es sei oft schon schwer genug, unter Wissenschaftlern so zu kommunizieren, dass der Gegenüber verstehe, um was es geht. Umso schwerer, aber umso wichtiger sei es, eine Kommunikationskultur zu etablieren, die auch die Nicht- Wissenschaftler miteinschließt. Außerdem treibe ihn an, Menschen für die Wissenschaft zu begeistern, damit diese die Zukunft mitgestalten und so die Forschung, speziell in seinem Fachbereich der Künstlichen Intelligenz, weiterentwickeln könnten.

Er selbst wurde in der Oberstufe am Tübinger Keppler Gymnasium von der Begeisterung und Leidenschaft seines Physiklehrers dazu motiviert, sich intensiver mit dem Fach auseinanderzusetzen. Nach seinem Abitur sammelte er zunächst praktische Medienerfahrungen als Redakteur, Reporter und Moderator bei der SWR Jugendredaktion DASDING, bevor er 2010 sein Physikstudium begann. Parallel dazu schrieb er als Autor für die bekannte Fernsehsendung Planet Wissen. Seit 2016 nutzt er auch YouTube als Plattform um sein Wissen und seine Begeisterung mit Interessierten zu teilen.

Zur Person

Dr. Philip Häusser, geboren 1988, ist Physiker und Informatiker in München. Neben seinem YouTube Kanal Breaking Lab (ehemals Phil’s Physics), ist Häusser als Moderator, Buchautor und in einem Medizintechnik- Start-up tätig. Aktuell veranstaltet er in Kooperation mit dem Max-Planck Institut in Tübingen den Bundeswettbewerb Künstliche Intelligenz.

Verpflichtung der Wissenschaft zur Kommunikation

Philip Häusser reizen diese beiden Welten – die des Journalismus und die der Wissenschaft. Er bewegt sich in beiden Welten souverän und selbstbewusst – und man merkt ihm den Spaß an der Sache deutlich an. Im Stolz und Selbstbewusstsein gegenüber der eigenen Forschungsleistung sieht er auch einen Nutzen der Wissenschaftskommunikation für die Forschenden selbst. „Ich glaube jede Wissenschaft darf auch ein bisschen stolz auf sich sein. Gerade in Deutschland ist es häufig leider so, dass man eine großartige Entdeckung erst mal für sich behält und vielleicht mal nebenbei beim Mittagessen davon erzählt.“ Für die Gesellschaft sieht er in der Wissenschaftskommunikation nicht nur einen Nutzen, sondern vielmehr eine Verpflichtung der breiten Öffentlichkeit gegenüber: „Wenn jeder Forscher nur in seinem Kellerchen sitzen würde, dann die Weltformel entdeckt und dieses Wissen nur einer exklusiven Fachwelt zur Verfügung stellen würde – das wäre eine Katastrophe.“ Vielmehr sieht er in der Wissenschaftskommunikation den Schlüssel für die Weiterentwicklung der Gesellschaft.

Was heute als Lebensstandard gilt, basiere zu einem sehr großen Teil auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Damit mit dem Fortschritt aber auch in Zukunft verantwortungsvoll umgegangen werden kann, sei es essentiell, dieses Wissen der Bevölkerung zugänglich zu machen. „Dafür muss nicht jeder studieren, aber es ist unsere Verantwortung als Wissenschaftler, den Leuten, die nicht das Glück oder Pech (lacht) hatten Physik zu studieren, mitzuteilen, was wir machen.“

Junge Menschen für Wissenschaft begeistern

Philip Häusser ist ein Tausendsassa. Er nutzt nicht nur nahezu jede mediale Plattform für Wissenschaftskommunikation, sondern veranstaltet in diesem Jahr erstmalig zusammen mit der Universität Tübingen und dem Max-Planck-Institut Tübingen einen Bundeswettbewerb für Künstliche Intelligenz. Ziel des Wettbewerbs sei es, jungen Menschen Informatik, Künstliche Intelligenz und Computer Science näher zu bringen: „Unsere Gesellschaft wird in den nächsten 20 Jahren von dieser Technologie – ob wir es wollen oder nicht – mehr geprägt werden, als von den meisten anderen.

Wenn wir uns damit nicht auseinandersetzen, dann werden das andere Länder tun und es wäre doch toll, wenn wir in Deutschland und in Europa mit unseren Werten diese Entwicklung mitgestalten können.“ Diese Bandbreite an verschiedenen Plattformen für die Vermittlung seines Fachwissens scheint für Philip gut zu funktionieren.

Der YouTube Kanal BreakingLab

2016, schon während seiner Promotion, hat Philip Häusser den YouTube Kanal Phil’s Physics ins Leben gerufen. Dort erforscht und erklärt er naturwissenschaftliche Phänomene und nimmt umstrittene Wissenschaftsmythen unter die Lupe. Um ein breiteres Publikum für Naturwissenschaft zu begeistern, entstand Ende letzten Jahres der neue Kanal-Name Breaking Lab. Da er inzwischen beruflich viel in sein Start- Up eingebunden ist, unterstützt ihn seit November 2018 Jacob Beautemps, ebenfalls begeisterter Physiker und Naturwissenschaftler.

Existenzkrise für die Wissenschaftskommunikation

Immer wieder wird davon gesprochen, dass der Wissenschaftsjournalismus existentielle Probleme hat. Bei Verlagen werden Stellen für Wissenschaftsautoren gestrichen und die Honorare sind niedrig. Auch Philip Häusser hat die Erfahrung gemacht, dass es gar nicht so leicht ist, ein Medium und damit ein großes Publikum zu finden, das einem Raum für die Vermittlung von Wissenschaft gibt. Insbesondere abseits der Populärwissenssendungen im Fernsehen sei es „verdammt schwer.“ Daher würde er sich über ein Stiftungsmodell, das den Dialog von Wissenschaft und Öffentlichkeit finanziell fördert, freuen.

Eine weitere, aktuelle Diskussion dreht sich um die spannende Frage, ob Wissenschaftskommunikation, also das, was von den Forschenden selbst nach außen getragen wird, und der klassische Wissenschaftsjournalismus sich verbünden sollten, um sich im Kampf gegen Fake News besser wehren zu können. Zu diesem Thema positioniert sich Häusser ganz eindeutig, in dem er den markanten Lehrsatz des Journalisten Hans Joachim Friedrichs zitiert: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten.“ Philip Häusser sieht seine Aufgabe vielmehr darin, „stellvertretend clevere Fragen zu stellen, auf die das Publikum so nicht gekommen wäre.“ Da Wissenschaftsjournalisten mit beiden Füßen in beiden Welten stehen würden, könnten sie einerseits die Wissenschaftler gut verstehen, aber auch die Lebensrealität des Publikums.

Wege in den Wissenschaftsjournalismus

Auf die Frage, was seine Tipps für Uniabsolventen sind, die in der Wissenschaftskommunikation Fuß fassen wollen, antwortet er spontan: „Sich bei mir melden! Wir suchen immer Leute, die Lust haben Wissenschaftsthemen für das Radio, Fernsehen und Internet aufzubereiten.“ Dabei sei ein Praktikum in einer Redaktion für Studenten aller Fachrichtungen ein guter Weg, das journalistische Handwerk zu lernen. Ein weiterer Tipp von ihm ist daher, möglichst ein spezifisches Fachgebiet zu haben. „Ich habe einige tolle Kollegen, die beispielsweise Medizin studiert haben und sich dann für den Journalismus entschieden. Dass sie ein Thema aus einem gewissen Winkel fachlich fundiert anpacken können ist im Journalismus oft sehr viel wert.“

Zwei Welten miteinander zu verbinden war auch seine Strategie: „Wenn mir die Fernsehwelt zu glitzernd, zu oberflächlich und zu verrückt wurde, dann war ich heilfroh, dass ich mich mit der Physik und der Informatik auseinandersetzen konnte.“