Mit Köpfchen im Netz – Wissenschaft auf YouTube

Von Lisa Heinlin und Anne-Sophie Fauser

Kennt ihr das: Ihr müsst auf eine Klausur lernen und kommt nicht weiter? YouTube- Erklärvideos sind oft die letzte Hoffnung. Der 32-jährige Mirko Drotschmann beweist auf seinem Kanal „MrWissen2go”, dass YouTube auch wissenschaftlich sein kann. In einem Interview mit ihm fanden wir mehr über Mirkos Beruf heraus und darüber, wie Wissenschaftsvermittlung auf YouTube funktioniert.

Mirko ist gelernter Journalist. Schon während seiner Schulzeit verfasste er Texte für die Schülerzeitung und brachte Zeitschriften für die Jugendlichen in seiner Stadt heraus. Nach dem Abitur machte er eine Hospitation beim SWR. Mirko moderierte ebenfalls für DasDing und fungierte dort als Reporter und Autor.

„Ich wollte eigentlich schon sehr früh Journalist werden. […] Mit 14 oder 15 bin ich zur Schülerzeitung gegangen und war dann auch lange Chefredakteur der Schülerzeitung. Ich fand das einfach total cool!” (Mirko Drotschmann)

Praktische Erfahrungen sammeln stand für ihn schon immer im Mittelpunkt. Dennoch kam auch die Theorie nicht zu kurz: Er studierte Geschichte und Kulturwissenschaft in Karlsruhe. Wer denkt, Mirko hätte sich während dieser Zeit entspannt zurückgelehnt und das Studentendasein genossen, irrt. Parallel arbeitete er beim SWR. Es folgten Tätigkeiten im Musikjournalismus beim NDR, ein journalistisches Volontariat beim SWR für Fernsehen, Radio und Internet und Arbeiten beim ZDF und MDR.

YouTube lief während all dieser Schritte in Mirkos beruflicher Laufbahn nebenher und mittlerweile ist es ein sehr umfangreiches Hobby geworden.

Hauptberuflich leitet er seine eigene Produktionsfirma „objektivmedia” und arbeitet als Journalist für verschiedene Fernsehformate. Seit 2012 erklärt er als „MrWissen2go“ seinem vorwiegend jungen Publikum geschichtliche, politische und gesellschaftliche Themen leicht verständlich auf YouTube.

Von der Wissenschaft zu YouTube

Wie geht Mirko bei seiner Arbeit als „MrWissen2go“ vor?

Bei jedem Video steht er immer wieder aufs Neue vor der Herausforderung, komplexe Themen kurz und knapp zusammenzufassen, ohne wichtige Details weg zu lassen. Dabei helfen ihm vor allem seine Vorerfahrungen als Journalist. Durch seine Arbeit, zum Beispiel beim SWR, hat er gelernt Sachverhalte so zu kürzen, dass sie nur noch auf das Wesentliche beschränkt sind. Dennoch darf keine wichtige Information weggelassen werden. Auch seine Arbeit bei dem Kindermagazin „Logo” hilft ihm bei der Vorbereitung seiner Videos. Hier ist es essentiell, dass alle Informationen so kurz und verständlich wie möglich rübergebracht werden.

Mirko Drotschmann wurde per Skype über seinen Beruf und das Thema Wissenschaftskommunikation bei YouTube befragt.

Mirkos Vorarbeit für ein YouTube-Video beginnt damit, alle Informationen, die er finden kann, zu sammeln – schriftlich festgehalten wird hiervon jedoch erstmal noch nichts. Am Ende schreibt er nur die Punkte auf, die sich als besonders wichtig in seinem Gedächtnis festgesetzt haben. Mit dieser Art und Weise der Informationssammlung vermeidet er, zu viel Input mit zu vielen Details in seine Videos einfließen zu lassen.

Die Recherchearbeit und auch die inhaltliche Ausarbeitung für seine Videos übernimmt Mirko komplett alleine. Nur bei der Technik hat er Hilfe, zum Beispiel für den Schnitt oder die Vorschaubilder, welche zu Anfang von jedem Video zu sehen sind.

Der Weg zum YouTuber

 „Im Zweifelsfall […] ist jemand ein besserer Journalist, wenn er seit Jahren praktisch arbeitet, einen super Job gemacht, dafür aber kein abgeschlossenes Studium hat, als jemand bei dem es andersrum ist.“ (Mirko Drotschmann)

Wissens-YouTuber*innen müssen nicht unbedingt ein klassisches Journalismusstudium absolviert haben. Natürlich kann man durch ein Studium viel Theorie über den Journalismus lernen.

Während des Skype-Interviews mit Mirko konzentriert sich Anne auf ihre Fragen an „MrWissen2go“.

Das reicht aber laut Mirko nicht aus, um im Journalismus erfolgreich zu arbeiten. Genauso wichtig wie eine akademische Ausbildung sei die praktische Arbeit. Ein journalistisches Studium ist also von Vorteil, muss aber nicht unbedingt gegeben sein. Viel wichtiger ist es, mit Spaß und Selbstidentifikation an einem Video zu arbeiten und sich im favorisierten Bereich viel Wissen anzueignen. Selbstverständlich ist ein Studium nicht völlig nutzlos. Recherchetechniken oder der richtige Umgang mit Quellen sind auch für YouTube hilfreiche Fähigkeiten.

Für ganz besonders wichtig in seinem Job als YouTuber empfindet Mirko seine ausgeprägte Neugier.

„Das wichtigste ist […], dass man neugierig sein sollte. Man sollte nicht denken […] die Welt wurde schon hundertmal erzählt […], sondern einfach offen sein, mit offenen Augen durch die Gegend gehen und immer wieder auf der Suche nach Themen sein.” (Mirko Drotschmann)

 Als Journalist geht man nicht in den Feierabend und schließt dann komplett mit der Arbeit ab. Mirko ist auch in seiner Freizeit automatisch auf der Suche nach neuen, interessanten Themen. Neugier ist somit einer der Kerneigenschaften, die man mitbringen sollte, um erfolgreich Wissens-Videos auf YouTube zu produzieren.

Klassische Berichterstattung versus YouTube

Bei YouTube herrscht ein „Buddy-Verhältnis“, da man näher an den Zuschauer*innen dran ist. Man bekommt direkte Rückmeldung von dem Publikum, zum Beispiel in den Kommentaren, was bei der klassischen Berichterstattung nicht möglich ist. Bei seiner Arbeit im Fernsehen bekommt er nur sehr wenig Rückmeldung von seinen Zuschauer*innen.  Das findet Mirko besonders gut an YouTube. So kann man auch direkt sehen, welche Themen die Rezipient*innen interessiert und welche eher weniger, um somit zukünftige Videos besser gestalten zu können. Die Verweildauer im Internet ist kürzer als bei den klassischen Medien. Deswegen muss man mehr dafür tun, um die Aufmerksamkeit der Zuschauer*innen zu halten.

Lisa im Gespräch mit Mirko Drotschmann.

Die äußere Form ist ein weiterer Unterschied zwischen YouTube und klassischer Berichterstattung. Bei einem YouTube- Video erzählt eine Person für einige Minuten am Stück von einem bestimmten Thema. Im Fernsehen sind lange Aufsager eher untypisch.

Inhaltlich unterscheidet sich die Arbeit aber nicht so sehr. Recherche und Themenfindung laufen gleich ab, nach dem Prinzip: Was die Zuschauer*innen interessiert, wird näher und intensiver recherchiert. Das Verhältnis zu den Rezipient*innen und die Art der Aufbereitung bilden die beiden größten Unterschiede.

Mit YouTube Geld verdienen?

Aufgaben, Arbeitsweisen oder Routinen eines Berufes spielen eine wichtige Rolle, wenn es um die Frage nach der eigenen zukünftigen Karriere geht. Doch nicht nur die eigene Leidenschaft ist bei der Berufswahl elementar, auch das Gehalt wird meist nicht außer Acht gelassen – so auch beim Beruf YouTuber*in. Oft stehen viele Klickzahlen nicht automatisch für ein hohes Einkommen. Wenn man zum Beispiel Produktplatzierungen – das ist die gezielte Darstellung von Produkten – in die Videos integriert, kann man mehr Geld verdienen. Dies gibt es auch auf YouTube. Von den jeweiligen Firmen bekommen YouTuber*innen dann Geld oder Sachzuwendungen. Mirko verdient sein Geld nur durch Klickzahlen; er macht keine Produktplatzierungen. Das gehört für ihn nicht in den Journalismus. Allein durch YouTube kann er seinen Lebensunterhalt aber so nicht finanzieren.

Trotzdem ist YouTube ein wichtiger Teil seiner Arbeit. Durch seinen Kanal hilft er Schüler*innen, komplexe Themen zu verstehen. Mirko sieht sich selbst aber eher als Journalist und nicht als klassischen Wissenschaftsvermittler. Dennoch kann man sagen, dass er wissenschaftliche Themen korrekt und verständlich aufbereitet und somit die Wissenschaft und YouTube vereint.

Podcast mit Mirko Drotschmann

Wenn ihr am Thema YouTube und Wissenschaftsvermittlung interessiert seid, dann hört euch unseren Podcast mit Mirko Drotschmann an!

 

Titelfoto: Schmott Photographers