Coming-out in Songs: Die Musical-Serie „Glee“

von Alexander Karl

Wenn FOX am 26. September die erste Folge der fünften Staffel von „Glee“ ausstrahlt, wird einer fehlen: Cory Monteith. Im Juli dieses Jahres starb der Darsteller von Finn Hudson. Sicherlich ist es ein schwerer Verlust für seine Angehörigen, gerade auch für seine Freundin und Serienpartnerin Lea Michele. Aber auch für die Serie selbst.

Musical ist wieder in

Denn auch Dank Cory Monteiths schauspielerischem und gesanglichem Talent hat es „Glee“ geschafft, das Musical wieder salonfähig zu machen, ja sogar das Genre von der großen Leinwand auf den kleinen Bildschirm zu holen. Als im Jahr 2009 die Serie auf dem US-Sender FOX erstmals ausgestrahlt wurde, sprach Ryan Murphy, Co-Creator und ein Executive Producer der Serie, davon, „a sort of postmodern musical“ machen zu wollen. „Fox was not interested, and neither was I, in doing a show where people burst into song”, sagte er gegenüber der New York Times. Denn diese abrupten Wechsel von Narration in Musik- und Tanzperformance waren genau das, was die frühen Musicals in den 1930iger bis 1950iger Jahre oftmals ausmachte.

In den vergangenen Dekaden hingegen spielte das Musical-Genre eine eher untergeordnete Rolle, doch mit Filmen wie „Moulin Rouge!“ (2001) und „Burlesque“ (2010) konnte es zuletzt wieder im Mainstream Fuß fassen. Das Problem mit der unnatürlichen Gesangs- und Tanzsequenzen umgeht „Glee“, indem es diese Elemente sinnvoll in die Handlung einbettet. Immerhin handelt es sich bei „Glee“ um einen Show-Chor, da muss geprobt und aufgetreten werden. Dies ähnelt dem Prinzip der bekannten Show-Musicals aus dem letzten Jahrhundert wie etwa „Singin‘ in the Rain“ (1952).

Neben dem Show-Musical gibt es noch zwei weitere Subgenres: Das Fairy Tale-Musical und das Folk-Musical – diese drei Typen unterscheidet zumindest Rick Altman, der mit „The American Film Musical“ ein Standardwerk zum Musical vorgelegt hat.

Coming Out in Songs

Fernab seiner Musical-Elemente setzt „Glee“ aber auf eine Dramady-Mischung, die mehr als nur Teenie-Probleme beinhaltet. So wird Homosexualität und seine Akzeptanz in der Gesellschaft wird immer wieder thematisiert. Nicht nur die männliche Homosexualität wie bei Kurt (gespielt von Chris Colfer), sondern auch die weibliche wie bei Santana (gespielt von Naya Rivera). Der Prozess des Coming-outs ist ein großes Thema, die Reaktion ihrer Freunde ist zumeist positiv, doch deutlich wird immer wieder: Noch reagieren nicht alle Menschen mit Akzeptanz und Toleranz auf das vermeintlich Unnormale. „Glee“ trägt aber mit der offenen Thematisierung dazu bei, dass sich dies ändert – das belegt sogar eine Studie. Zahlreiche weitere Figuren – der im Rollstuhl sitzende Artie, die an Zwangsstörungen leidende Lehrerin Emma, die Zöllibatsclub-Präsidentin und plötzlich Schwangere Quinn – sorgen für abwechslungsreiche und sozialkritische Storylines, die sich auch über mehrere Staffeln spannen.

Doch als Musical-Serie funktioniert „Glee“ nur, weil es diese ganzen Elemente verwebt und aufgreift: Die Songs sprechen den Figuren aus der Seele und passen zur Diegese. Wenn Santana passend zu ihrem Outing „I Kissed a Girl“ von Katy Perry singt, mag dies wohl naheliegen (Folge 7/ Staffel 3). Aber die Performance als Antwort auf die dumme Anmache eines Schülers zu nutzen, bei der sich Santanas weiblichen Club-Kolleginnen bildlich an ihre Seite stellen und den Song mit ihr singen, zeugt von der starken Verknüpfung von Diegese und Gesang bzw. Tanz.

Wie „Glee“ zukünftig ohne Cory Monteith sein wird, bleibt abzuwarten. Sicher ist aber, dass sein Tod in der dritten Folge der fünften Staffel thematisiert werden wird. Dass dies (auch) musikalisch sein wird, ist anzunehmen.

 

Foto: flickr.com/Kirstin Dos Santos (CC BY-SA 2.0)

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