„Satire und Aufklärung nach Charlie Hebdo“ mit Martin Sonneborn

Von Andrea Kroner

Martin Sonneborn irritiert durch Versuche der „Weltverbesserung“ und hat auch schon für einige Skandale gesorgt. Doch wofür steht er und was möchte er erreichen? Bei ihm ist das schwer zu sagen, denn keiner weiß, was er wirklich ernst meint!

 Die Arbeit eines Abgeordneten

„Vorsicht Satire!“, müsste man fast rufen, bevor er den Mund öffnet, denn selbst als Abgeordneter des Europaparlaments sind die meisten seiner Aussagen keinesfalls ernst gemeint, eher das Gegenteil ist die Regel. Das wird besonders deutlich, als er seine Arbeit weiterempfiehlt, weil er für 33.000€ im Monat erst um 12 Uhr zu den Abstimmungen erscheinen muss. Die Arbeit selbst als Fraktionsloser sei nicht immer einfach, denn Sonneborn ist dort in den Reihen bei Weitem nicht der Verhaltensauffälligste. Bei den Fraktionslosen sitzen alle, die zu extrem sind, um in eine bestehende Fraktion zu passen oder gar nicht aufgenommen werden wollen. Viele von ihnen sind rechtsradikal, nationalsozialistisch oder judenfeindlich eingestellt. Sein Antrag auf einen anderen Platz wurde jedoch leider abgelehnt.

 Einmal im Monat gibt es einen Ortswechsel, wenn alle Abgeordneten für Abstimmungen nach Straßburg gebracht werden. Ob wohl auch alle Limousinen der Abgeordneten von Brüssel dorthin gefahren werden? Darauf hat Sonneborn leider nie eine Antwort bekommen. Die Abstimmungen selbst werden jedoch so schnell durchgeführt, dass sich ein einzelner Abgeordneter nicht mit allen Themen befassen kann. Aber als „Kleiner“ kann Sonneborn sowieso nichts erreichen, da es feste Fraktionen mit genügend Stimmen gibt.

Was Satire ändern kann                                                                                                               

In seiner Magisterarbeit hatte Sonneborn noch geschrieben, dass es in der heutigen Zeit für die Satire keine Möglichkeit mehr gäbe, etwas zu verändern. Während seiner Zeit als Redakteur des Satiremagazins „Titanic“ wurde er jedoch eines Besseren belehrt und hat gemerkt, dass Satire viel Potenzial zur „Weltverbesserung“ habe. Deshalb glaubt er auch nicht, dass er es eines Tages leid sein könne, die Schwachstellen seiner Gegenüber satirisch aufzuarbeiten.

 Anders als viele andere glaubt er nicht, dass Satire Grenzen hat, im Gegenteil: Er bekräftigt sogar, dass es der Auftrag der „Titanic“ sei, monatlich die Grenzen der Satire neu auszuloten. Das gilt auch für Gleichberechtigung in der Satire. Es sei diskriminierend, eine Gruppe nicht satirisch zu behandeln. Und viele in den betreffenden Gruppen wollen auch gar nicht ausgespart werden, so stammen die besten Karikaturen über Behinderte seiner Meinung nach von einem britischen Rollstuhlfahrer. Deshalb findet Sonneborn auch, dass man nicht grundsätzlich sagen kann, was für Satire erlaubt ist und was nicht. Daran anknüpfend stellte sich die Frage, ob er überhaupt zur Empathie fähig sei und Mitleid für seine Opfer empfinden könne. Für ihn hat diese Eigenschaft jedoch nichts mit seiner Arbeit zu tun, denn sein Ziel sei es nicht, andere Menschen zu verletzen, sondern zum Nachdenken zu provozieren.

Satire ist in

In letzter Zeit hat die Satire stark an Popularität gewonnen: Im Internet wird man zwangsweise mit ihr konfrontiert und Ironie ist für viele ein Schlüssel zum Erfolg geworden. Deshalb möchte Sonneborn mit seiner Arbeit zu einer neuen Ernsthaftigkeit zurückfinden und Satire nur mit einem überdachten Ansatz und aufklärerischen Moment machen. Ihm geht es dabei weniger um den Witz, als vielmehr um das Offenlegen von Ereignissen, die in anderen, seriösen Formaten nicht gezeigt oder gesagt werden dürfen. So hat er in „Sonneborn rettet die Welt“ ein Interview mit der Deutschen Bank geführt, welches ihm „drehbuchähnlich“ vorgegeben war – sowohl die Fragen, als auch die Antworten wurden ihm im Vorfeld zugeschickt. Trotz dieser Einschränkungen ist er zu dem Termin erschienen und hat gezeigt, wie sich „seriöse“ Medien ihre „freie“ Berichterstattung diktieren lassen. Bei solchen Aktionen profitiert er stets von seiner überwältigenden Glaubwürdigkeit, denn augenscheinlich tritt er immer so seriös auf, wie sein Gegenüber.

Sein Einsatz für die kleinen Dinge

Nach einem donnernden Applaus und vielen Lachern beendete Sonneborn seinen gelungenen Auftritt. Zum Abschluss ließ er es sich jedoch nicht nehmen, noch anzukündigen, dass er sich als Abgeordneter im Europaparlament für die Anliegen einsetzen möchte, die sonst wenig interessieren. Darunter fallen beispielsweise die Idee, dass man in Zukunft Geld für die Nutzung von Google bekommen solle oder die Wiedereinführung der Gurkenkrümmungsverordnung. Dadurch möchte er seine Politikerkollegen in Bedrängnis bringen und zeigen, wie sinnlos so manche politische Entscheidung ist. Was er damit wirklich erreichen kann, wird die Zukunft zeigen.

Foto: Wikimedia.org