Printmedien im digitalen Zeitalter – Verlieren Jugendliche das Interes-se am Lesen?
Von Valentina Becker
Deutschland ist ein Zeitungsland. Genauer gesagt der fünftgrößte Zeitungsmarkt der Welt. Laut dem BDZV (Bundesverband für Digitalpublisher und Zeitungsverleger) gibt es hierzulande 320 Tageszeitungen, 17 Wochenzeitungen und drei Sonntagszeitungen. Dieses breite Spektrum stellt ein Abbild der Meinungsvielfalt in Deutschland dar. Jedoch ist es kein Geheimnis, dass die Zahlen der Zeitungsabonnements für die Printausgabe stetig zurückgehen. Viele Leserinnen und Leser entscheiden sich für die „Online-Variante“. Vor allem aber junge Menschen verzichten auf das Lesen von Zeitungen und Zeitschriften. Doch woran liegt das?
Medienland Deutschland
Die heutige Gesellschaft ist eine Mediengesellschaft. Fast jede Form der öffentlichen Kommu-nikation erfolgt über die Medien. Sie beeinflussen unser tagtägliches Leben und gewinnen dabei immer mehr an Bedeutung. Dabei ist es egal, ob es sich um die klassischen Printmedien oder die moderneren, neuen Medien wie das Internet handelt. Die Printmedien prägen die Gesellschaft vor allem als Massenkommunikationsmittel und dienen der Unterhaltung, Bildung und Informa-tionsbeschaffung. Die Online-Medien glänzen vor allem durch ihre Verfügbarkeit, der Aktuali-tät und sie sind praktisch.
Zeitungsmarkt Deutschland
Meinungsvielfalt in den Medien ist uns Deutschen beim Lesen von Zeitungen besonders wich-tig. Über das ganze Land zieht sich ein Netz aus teilweise kleinsten Lokalblättern, großen Regi-onalzeitungen und überregionalen Titeln. Die auflagenstärksten Zeitungen sind die Süddeutsche Zeitung, die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) und die Bild-Zeitung. Bei den Wochen- und Sonntagszeitungen liegen Die Zeit und die Bild am Sonntag ganz vorn (IVW – Informations-gemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.v.). Insgesamt hat es die Printmedien aber in den letzten Jahren hart getroffen. Die Zahlen der regelmäßigen Zeitungsle-ser*innen gehen stetig zurück. Das kann man auch in der folgenden Statistik über die „Entwick-lung der verkauften Auflagen der Tageszeitungen in Deutschland“ sehen.
Immer mehr Leserinnen und Leser, vor allem junge Menschen, greifen nicht mehr auf gedruckte Medien zurück. Sie bedienen sich zur Informationsbeschaffung an den digitalen Medien – dem Internet. Grund dafür ist die Digitalisierung.
Eine Branche im Umschwung
Der Internet-Boom begann Ende der 90er Jahre. Und damit auch die Zeit des Umdenkens für die Verlagshäuser in der Zeitungsbranche. Das Internet ermöglichte praktisch jedem, Artikel zu veröffentlichen und zu lesen. Deutsche Zeitungs- und Zeitschriftenverleger mussten diesem Trend folgen und online publizieren. 1996 waren damit schon 39 Zeitungen auch online im World Wide Web aktiv. Heutzutage gibt es mehr als 2,6 Millionen Exemplare über E-Paper (BDZV – Bundesverband für Digitalpublisher und Zeitungsverleger).
Virtuelle Welt
Digitale Medien bieten die Möglichkeit, Inhalte interaktiver und reicher zu gestalten. Neben Tex-ten, können Videos, Audioelemente, Infografiken und Bilder eingebunden werden. Das bietet eine ansprechende und vielseitige Leseerfahrung. Zudem hat die Integration von sozialen Medi-en, wie Instagram oder TikTok, den Printmedien ermöglicht, ihre Reichweite zu erhöhen. Le-ser*innen können die Artikel jetzt nicht mehr nur lesen, sondern auch teilen, kommentieren und mit anderen öffentlich diskutieren. Das fordert auch die Integration zwischen Leser*innen und Verlagen. Durch datengesteuerte Technologien können Verlage Inhalte basierend auf den Inte-ressen und dem Leseverhalten ihrer Nutzer*innen personalisieren. Stichwort: Algorithmen. Das ermöglicht eine maßgeschneiderte Erfahrung für jede Leserin und jeden Leser. Davon sind vor allem junge Menschen begeistert. Sie bekommen die benötigten Informationen mit ein paar Klicks und müssen nicht in einer Zeitung blättern.
Vom Bücherwurm zum Digital Native
Lesen ist etwas Schönes. Sich abends unter die Decke einkuscheln und mit einer Taschenlampe die Seiten eines Buches anstrahlen, um bis in die Nacht hineinzulesen. Das klingt nach Aben-teuern und unendlichen Geschichten. Nach Liebe, Aufregung, Zauberern und Hexen. Doch wer macht das heutzutage noch? Welcher Jugendliche nimmt sich abends noch ein Buch mit ins Bett? Kaum einer. Laut einer Pisa-Sonderauswertung zum „Lesen im 21. Jahrhundert“ verlieren die Schülerinnen und Schüler sogar ganz das Interesse am Lesen. Sie lesen nur noch, wenn sie müssen. Das gilt, egal ob die Texte gedruckt oder online abrufbar sind. Somit bleiben Bücher, Comics, aber vor allem auch Fachzeitschriften und Zeitungen auf der Strecke. Die Grundschul-Lese-Untersuchung von 2021 hat herausgefunden, dass ein Viertel der Viert-klässlerinnen und Viertklässler in Deutschland nicht den Standard für eine Lesekompetenz be-sitzen. Das bedeutet, dass die Zehnjährigen Schülerinnen und Schüler Texte nicht so lesen kön-nen, dass sie sie im Nachhinein auch wirklich verstehen. Auch das ist den sozialen Medien ge-schuldet. Das zeigt auch der Vergleich der Pisa Sonderauswertung: Schüler*innen, die nie ein Buch lesen erzielten im Bereich Lesekompetenz die gleiche Anzahl, wie die Schüler*innen die Bücher häufiger auf digitalen Geräten lesen. Wohingegen Schüler*innen, die häufiger Bücher in analoger Form lesen, durchschnittlich 44 Punkte mehr erreichten. Insgesamt sind Jugendliche durch Apps wie Instagram oder Facebook gewöhnt nur noch kurze Texte oder Memes zu lesen, deren Inhalt selten fachlichen Hintergrund bedarf. Diese Erkenntnis wird auf langer Sicht noch einige Herausforderungen im Bereich Bildung mit sich bringen.
Fazit
Insgesamt hat sich die Zeitungsbranche in den letzten Jahren stark verändert. Und auch die Ge-sellschaft hat durch die Digitalisierung einen Umschwung erlebt. Trotz der Herausforderungen bietet das digitale Zeitalter auch viele Chancen für Printmedien. Eine effektive Anpassung an die neuen Technologien und Lesegewohnheiten ist entscheidend, um relevant und wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Integration digitaler Elemente, eine starke Online-Präsenz, Qualität und Innova-tion sind Schlüsselfaktoren, um den Erfolg in diesem sich ständig wandelnden Medienumfeld zu sichern. Trotzdem ist es wichtig ab und zu Bücher, Zeitungen oder Zeitschriften in Printform zu lesen. Vor allem auch jungen Menschen sollten analoge Medien wieder nähergebracht werden.
Quellen:
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Dr. Sälzer C. (2018). Lesen im 21. Jahrhundert: Lesekompetenzen in einer digitalen Welt. Deutschlandspezifische Ergebnisse des PISA-Berichts „21st-century readers“. OECD. Abge-rufen am 21.07.2023 von https://www.oecd.org/pisa/PISA2018_Lesen_DEUTSCHLAND.pdf