And the Oscar goes to…

Es ist nun schon Tradition, dass unsere Redakteure ihre Oscar-Favoriten präsentieren. Auch dieses Jahr waren Jasmin und Marius bereit sich dieser Aufgabe zu stellen und ihre Tipps abzugeben.

Wie immer gilt: Wer am häufigsten danebenliegt, muss zur Strafe den schlechtesten Film 2015 anschauen. Diese Wahl überlassen wir wieder dem Komitee der Goldenen Himbeere. Diese ernennen traditionell am Vorabend der Oscars ihre Favoriten in schlechtester Leistung.

Jasmin M. Gerst Marius Lang

Favorit

© 2015 Twentieth Century Fox

© 2015 Twentieth Century Fox

Der diesjährige Favorit ist keine Überraschung. Mit zwölf Nominierungen steht THE REVENANT von Alejandro G. Iñárritu ganz oben auf der Liste, dicht gefolgt von Mad Max mit zehn und DER MARSIANER – RETTET MARK WATNEY mit sieben Nominierungen. Ich war unter anderem noch von Spotlight richtig begeistert, der sich mit dem leider immer noch aktuellen Thema des Kindesmissbrauchs unter katholischen Priestern auseinandersetzt – ein sehr ehrlicher und bewegender Film.

Dennoch wird THE REVENANT der große Abräumer des Abends werden: Sowohl bei den Golden Globes als auch beim British Academy Film Award konnte er viele Nominierungen in Auszeichnungen verwandeln.

 Puffer

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© 2016 Warner Bros. Entertainment Inc.

© 2016 Warner Bros. Entertainment Inc.

Nachdem Alejandro González Iñárritu bereits im letzten Jahr groß abräumen konnte, und unter anderem die Preise als bester Regisseur und für den besten Film mit nach Hause genommen hat, gilt sein neuer Film THE REVENANT auch in diesem Jahr und mit 13 Nominierungen als einer der großen Favoriten des Abends. Der packende Rachewestern im verschneiten Ödland überzeugt durch starke Darstellungen und fantastische Bilder. Dicht auf den Fersen sind ihm Ridley Scotts erster guter Film seit Jahren, THE MARTIAN und mein persönlicher Favorit des Abends und meines Erachtens nach der beste Film des Jahres, MAD MAX: FURY ROAD, mit jeweils sieben, respektive zehn Nominierungen. Beides Sci-Fi-Filme mit verschiedenen Herangehensweisen, einmal als optimistischer Weltraumeroberungsfilm und einmal als grelle Postapokalypse. Alle drei Filme können sich gute Aussichten auf die technischen wie auch die ganz großen Kategorien machen.

Generell sind fast alle Filme, die nominiert sind, nicht zu verachten. gerade in der wichtigsten Kategorie könnte es doch noch eine Überraschung geben, wenn beispielsweise THE BIG SHORT oder SPOTLIGHT die begehrteste STATUE abholen. Ich meinerseits drücke MAD MAX die Daumen etwas fester als den anderen Filmen.

 

Verlierer

© 2015 20th Century of Fox

© 2015 20th Century of Fox

Wie auch schon letztes Jahr sind unter den nominierten Schauspielern nur Weiße und unter den Regisseuren keine Frau. Aus diesen Gründen musste die Academy erneut viel Kritik bereits nach der Bekanntgabe der Nominierungen einstecken.

Es dürfte also spannend werden, da deshalb einige Prominente den Oscars fernbleiben wollen. Darunter zum Beispiel Will Smith, der mit seinem Film ERSCHÜTTERNDE WAHRHEIT nicht ein einziges Mal nominiert wurde. Haben sie vielleicht deshalb Chris Rock mit der Moderation beauftragt?

Und nun zum Wesentlichen: Mit ganzen zehn Nominierungen startet der Actionfilm MAD MAX: FURY ROAD von George Miller. Für mich ein paar Nominierungen zu viel, SPOTLIGHT oder ROOM hätten dafür ein paar mehr verdient. Für MAD MAX: FURY ROAD, aber auch für DER MARSIANER – RETTET MARK WATNEY wird es schwer werden, da die Konkurrenz meines Erachtens einfach zu groß ist.

 

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© Universal Pictures

© Universal Pictures

Alle Jahre wieder und bereits im Vorjahr kritisiert ist der große Verlierer leider erneut die Diversität in den nominierten Filmen. Großartige Filme, die eine deutlich diverseres Team hatten, wie etwa der brillante BEASTS OF NO NATION sind gar nicht oder nur in geringerem Maße nominiert. Unter den Schauspielern und Regisseuren ist nicht ein einziger Schwarzer und in letzterem Fall auch keine Frau zu finden. Die Sache ist symptomatisch für die Academy, die zum Großteil aus alten, weißen Männern besteht. Viele afroamerikanische Gäste wollen nun die Verleihung boykottieren.

Wirklich schräg ist allerdings, dass einige große, afroamerikanische Filme des Jahres zwar nominiert sind, aber nur in den Kategorien in denen die Preisträger dann weiß wären. CREED, ein Meisterwerk schaffte es tatsächlich nur eine Nominierung zu erhalten, für Sylvester Stallone, als Nebendarsteller und die beiden nominierten Drehbuchautoren von STRAIGHT OUTTA COMPTON sind, Überraschung, auch weiß.

Ungeachtet dieses schweren Fauxpas der Academy werden wohl auch einige der großen Filme des letzten Jahres leer ausgehen. THE DANISH GIRL hat zwar ein wichtiges Thema, geht daran jedoch wieder auf völlig klischeehafte Weise heran und ist auch sonst kein guter Film. Verdientermaßen wird es hier keine Preise geben. Auch BRIDGE OF SPIES, Stephen Spielbergs Spionagethriller, macht sich Hoffnungen auf die großen Kategorien, wird dabei jedoch wohl auch leer ausgehen.

 

Missachtet

Mir blutet das Herz, wenn ich die wenigen Nominierungen bei CAROL (6) oder THE DANISH GIRL (4) sehe. Beide Filme sind wirklich genial: schauspielerische Leistung, Kamera, Kostüme und Szenenbild. Für die so prüde Academy ein bisschen zu viel Sexualität auf einmal, wie es mir scheint. Dennoch sehr sehenswerte Filme mit ausgezeichneten Schauspielern. Diese Entscheidung der Academy wirft zudem kein besseres Licht auf die kommende Verleihung.

 

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Ganz klar, einer meiner liebsten Filme des Jahres, CREED, wurde völlig missachtet, mit Ausnahme von Stallone als bestem Nebendarsteller gab es keine Nominierungen und in den wichtigen Kategorien hätte er fast immer eine verdient gehabt. Ryan Coogler hätte durchaus als bester Regisseur neben den anderen genannt werden müssen und Michael B. Jordan wäre meines Erachtens die einzige ernstzunehmende Konkurrenz im Feld des besten Darstellers gewesen. Auch der Harte Thriller SICARIO hätte seinen Platz in den großen Kategorien verdient gehabt und auch Schauspieler Idris Elba hätte für seine gewaltige Darstellung in BEASTS OF NO NATION eigentlich in einer der Darsteller-Kategorien Beachtung finden müssen.

Bester Film

THE REVENANT räumte schon bei den bisherigen Verleihungen ordentlich ab und das auch verdient. Großartiger und mitreißender Film, der nicht nur die Nominierung sondern auch den Oscar verdient hat. Nicht nur visuell überragend, sondern auch überzeugend gespielt – für mich ein gelungenes Westen-Drama!

Hoch im Kurs stehen bei mir außerdem noch ROOM und SPOTLIGHT – die beide sehr aktuelle Themen behandeln und mich in ihren Bann ziehen konnten. Gegen THE REVENANT werden sie sich allerdings nicht durchsetzen können.

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Kurioserweise ist dies die Kategorie, in der man noch am ehesten überrascht werden könnte. Der brutale Western THE REVENANT gilt als die wahrscheinlichste Wahl, doch auch alle anderen Filme haben ihre Anhänger und Chancen. Einzig BROOKLYN scheint, als eher langweilige, zu sichere Alternative ganz aus dem Spiel zu sein. Da fragt es sich eher, warum dieser Film überhaupt in dieser Kategorie zur Debatte steht. Eine Möglichkeit ist, dass sich THE REVENANT und MAD MAX: FURY ROAD die Kategorien als bester Film und beste Regie teilen. Hierbei muss ich allerdings mit meinem Herzen gehen und als besten Film MAD MAX in den Raum stellen, einen der kompromisslosesten und härtesten Filme seit langem. Allerdings würde ich mich auch für die anderen nominierten Filme freuen.

Beste Regie

© 2015 Twentieth Century Fox

© 2015 Twentieth Century Fox

Wow, Alejandro G. Iñárritu haut schon wieder einen Film mit phänomenalen Kritiken raus. Letztes Jahr gewann er vier Oscars mit BIRDMAN und auch dieses Jahr hat der mexikanische Regisseur gute Chancen. Iñárritu überzeugt mit seiner technischen Affinität zur Kamera und hat meiner Meinung nach auch die Academy ein weiteres Mal überzeugt. Er schafft es, dem Zuschauer die Natur in einer Weise zu zeigen, dass man sich wie mittendrin fühlt und mitleidet.

Wie bereits erwähnt ist THE REVENANT visuell einfach nur genial und kaum zu toppen, deshalb auch ein verdienter Oscar an Alejandro G. Iñárritu.

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Flickr.com/Eva Rinaldi (CC BY-SA 2.0)

Flickr.com/Eva Rinaldi (CC BY-SA 2.0)

Auch hier ist das Rennen eng. Adam McKay liefert seine bisher beste Arbeit mit THE BIG SHORT, ein Film über Finanzkrise und einen Haufen unsympathischen Typen, die darin Gewinne machen und auch Lenny Abrahamson konnte mit ROOM eine solide Arbeit einreichen, wenngleich auch eine furchtbar deprimierende. Doch auch hier sind die Favoriten Alejandro González Iñárritu für THE REVENANT und George Miller für MAD MAX: FURY ROAD. Einziger ernsthafter Konkurrent ist hierbei wohl Tom McCarthy, der mit SPOTLIGHT einen der besten Filme des Jahres lieferte, eine packende Geschichte um Journalisten, die tiefgehenden Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche von Boston aufdecken. Auch hier wäre der Preis gegönnt. Doch wie zuvor muss ich auch dieses Mal mit meinem Herzen gehen und fordern, dass George Miller den Oscar mit nach Hause nehmen darf.

Bester Haupt-/Nebendarsteller

© 2016 Twentieth Century Fox Film Corporation

© 2016 Twentieth Century Fox Film Corporation

Obwohl es für Leonardo DiCaprio bereits die vierte Nominierung ist, blieb der Platz für die goldene Trophäe auf seinem Kaminsims bisher leer. Aber mit seinem neusten Film THE REVENANT hat das Warten meiner Meinung nach nun ein Ende. Für diese schauspielerische Leistung muss er ihn einfach bekommen – ich habe ihm mit ihm gelitten und mit ihm gekämpft und diese harte Arbeit sollte endlich mal belohnt werden. Er hat sich mal wieder selbst übertroffen und wieder einmal alles aus sich rausgeholt! Grandios!

Auch Tom Hardy hat einen guten Job in THE REVENANT gemacht, aber für ihn wird es eng werden. Mark Ruffalo (SPOTLIGHT) und Mark Rylance (BRIDGE OF SPIES) kämpfen unter anderem gegen ihn an. Dennoch denke ich, dass Mark Rylance in seiner Rolle in BRIDGE OF SPIES das Rennen machen wird. Dieser war nämlich so gut, dass er Tom Hanks fast die Show gestohlen hat!

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© 2016 Warner Bros. Entertainment Inc.

Die Kategorie des besten Hauptdarstellers ist vermutlich die, die mich am unzufriedensten gestimmt hat, da weder Michael Fassbender noch Eddie Redmayne (der überschätzteste Schauspieler der vergangenen Jahre) hier zu Recht stehen. Stattdessen fehlt vor allem Michael B. Jordan, der in dem fabelhaften Sportdrama CREED so grandios spielte, hier völlig. Wie dem allerdings auch sei, dieses Jahr ist es soweit. Leonardo DiCaprio nimmt seinen Oscar für THE REVENANT nach Hause und verdient diesen auch. In der Rolle des Trappers Hugh Glass lieferte DiCaprio eine der besten Darstellungen seiner Laufbahn ab und der Preis für eine derartige Leistung kann nicht mehr lange warten lassen.

In der Kategorie des besten Nebendarstellers sind auch in diesem Jahr wieder eine Reihe großer Leistungen vertreten. Am meisten stechen jedoch Tom Hardy, wiederum für THE REVENANT, und Sylvester Stallone für seine bislang beste Filmleistung in CREED heraus. Hier tritt Stallone erneut in die Rolle des alten Boxers Rocky Balboa der den Sohn eines alten Freundes trainiert. Eine fantastische Leistung und mein Favorit in dieser Kategorie.

Beste Haupt-/Nebendarstellerin

© Universal Pictures Room

© Universal Pictures Room

Mit ihrer Leistung in ROOM hat Brie Larson viele überrascht. Sie spielt eine junge Mutter, die gemeinsam mit ihrem kleinen Sohn festgehalten wird und dann versuchen sie zusammen zu fliehen. Die Romanverfilmung basiert auf dem Fall Fritzl, der seine eigene Tochter jahrelang im Keller gefangen hielt. Als Vorbereitung auf ihre Rolle soll sich Larson für einen Monat abgeschottet haben. Für dieses Engagement und ihre überzeugende Leistung ist sie für mich die Siegerin dieser Kategorie.

Bei den weiblichen Nebendarstellerinnen wird es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Kate Winslet in STEVE JOBS und Alicia Vikander in THE DANISH GIRL werden.

Vikander spielt an der Seite von Eddie Redmayne die Frau des transsexuellen Malers Einar Wegener. Sie zeigt uns die Welt einer starken Frau in den zwanziger Jahren. Jeder der den Film gesehen hat, wird mir zustimmen, dass Alicia Vikander absolut beeindruckt hat – mit einem schauspielerisch hervorragenden und gefühlvollen Drama.

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© Wilson Webb  DCM

© Wilson Webb DCM

Einer meiner liebsten Filme des letzten Jahres, CAROL, handelte von einer Liebe zwischen zwei Frauen. Allerdings nicht auf die klischeehafte „Oh, die sind homosexuell und deswegen ist ihr Leben schwer“-Art, die Hollywood so oft darstellt, sondern ganz normal als gefühlvolle Liebesgeschichte zwischen zwei liebenswerten Menschen, die zufällig beide Frauen sind. Dieser Film hatte zwei Hauptdarstellerinnen. Nur eine davon ist allerdings hier als Hauptdarstellerin nominiert. Cate Blanchett wird diesen Preis auch mit nach Hause nehmen, allerdings hätte auch ihr Gegenpart, gespielt von Rooney Mara in dieser Kategorie nominiert werden sollen. Denn so ist die einzige ernsthafte Konkurrenz für Blanchett Brie Larson, aus ROOM, wo sie eine Mutter spielt, die mit ihrem Kind nach jahrelanger Gefangenschaft endlich in die Freiheit kommt.

Rooney Mara hat es in dieser Kategorie leider schwer, auch wenn ich mich sehr freuen würde, wenn sie hier den Preis gewinnen würde. Doch der Favorit ist ganz klar Jennifer Jason Leigh als die Gefangene Daisy Domergue in THE HATEFUL EIGHT. Leigh spielte sich die Seele aus dem Leib und wird wohl auch dafür ihren Preis erhalten. Erneut ist hier THE DANISH GIRL nominiert, diesmal vertreten durch Alicia Vikander und erneut völlig unverdient. Allerdings wird somit das Feld der Konkurrenz ausgedünnt für Leigh und Mara.

Vorschaubild: flickr.com/lincolnblues (CC BY-NC-ND 2.0)