Geständnisse eines TV-Fanatikers
von Julia Heitkamp
Am Ende unserer Reise durch die TV-Welt komme ich noch einmal zu meiner Fragestellung zurück, und versuche, diese zu beantworten: Lohnt sich das Einschalten der Flimmerkiste heute überhaupt noch? Oder ist es einfach nur zur Gewohnheit geworden? Und hat das Medium Fernsehen, wie wir es kennen, überhaupt noch eine Zukunft?
Wie schlimm steht es um das deutsche Fernsehen?
Wir haben uns das Fernsehen in den USA angeschaut, die umfassenden Mediatheken und Originalfassungen der preisgekrönten US-Serien gesehen und festgestellt:
Im Gegensatz zum deutschen Fernsehen gibt es zwar von allem mehr – viel mehr Sender, mehr Programme, mehr Abwechslung – aber auch mehr Werbung. Für die rund hundert Sender, die man durchschnittlich empfängt, muss man Gebühren bezahlen; und trotzdem wird man alle paar Minuten mit Werbung beglückt. Da soll sich noch jemand über unser deutsches Fernsehsystem beschweren, denn vergleichsweise läuft sogar auf unseren privaten Sendern weniger Werbung.
Auf der anderen Seite, ist das Niveau der Eigenproduktionen der Amerikanischen Sender – man denke da nur an HBO und ihren Hit „Game of Thrones“, für deutsche Sender unerreichbar. Nicht einmal (oder noch viel weniger) die durch Gebühren finanzierten öffentlich-rechtlichen Sender können sich so aufwendige Produktionen leisten.
Neue Konkurrenten
Aber auch einen Blick in die Tiefen des World Wide Web haben wir gewagt: Video-on-Demand –Anbieter (VoD) wachsen. Bisher sind die in Deutschland verfügbaren VoD-Anbieter keine große Konkurrenz zum Fernsehen, doch sollten die Sender deren Potenzial nicht unterschätzten. Im Netz regelt nicht mehr das Fernsehprogramm unseren Tagesablauf, sondern wir bestimmen das Programm: Kann die altgediente Flimmerkiste da auf Dauer mithalten?
Im besten Fall sollten sich die Sender das Potenzial der VoD-Angebote zu Nutze machen. Die ProSiebenSat.1-Media-Gruppe, zu der auch die Online-Plattform Maxdome gehört, macht hier schon Schritte in die richtige Richtung und bietet Eigenproduktionen zum Nachschauen an. Dass man sich den gewählten Formaten durch die Internetplattformen viel aktiver zuwendet als dem Fernsehen, können die Produzenten für sich nutzen: Nicht nur das Format, auch Werbung wird aktiver wahrgenommen. Ein neuer Werbemarkt ist geschaffen, von dessen Einnahmen, die Sendungen profitieren sollten. Denn um einen Zuschauer vom passiven Fernsehen ins World Wide Web zu locken, bedarf es einer gewissen Qualität.
Auch kleineren Fernsehsendern haben wir unsere Aufmerksamkeit gewidmet: Wie ist es überhaupt möglich, auf dem Markt als Nischensender zwischen den großen, die den Gewinn unter sich aufteilen, zu bestehen?
Als Beispiel haben wir die Strategien, die der Sender Tele 5 verfolgt, unter die Lupe genommen: Was am Budget fehlt, wird mit Mut und Kreativität ausgeglichen. Der Sender Tele 5 setzt dabei vor allem auf Filme und Serien, die man vielleicht sonst nicht unbedingt im Fernsehen findet: B-Movies und Trash wird hier zum Nischenprogramm für Liebhaber gemacht. Ob SciFi oder Wrestling – auf jeden Fall unterscheidet sich das Programm von Tele 5 vom Einheitsbrei so manch anderer großen Sender. Einschalten lohnt sich, wenn man bereit ist was Neues für sich zu entdecken.
Denn genau darum kommt es an – Veränderung statt Stillstand, Mut zum Experiment. Das Fernsehen darf nur sein eigenes Potenzial nicht unterschätzen. Sonst wird der Zuschauer dem Programm entwachsen.
Dagegen haben wir bei den Privaten eine Entwicklung hin zur seichten und belanglosen Programmgestaltung beobachtet. Mit seriöser Schauspielkunst haben Doku-Soaps und Laiendarsteller kaum noch was zu tun. Die Gier nach schnell und billig produzierten Formaten geht zu Lasten der Qualität der Produktionen. Doch es gibt schon einen kleinen Lichtblick : Die ersten Sender beginnen mit der Umstrukturierung ihres Programms, nachdem der Hype um die Scripted Reality-Forrmate endlich vorbei zu sein scheint.
Mut steht am Anfang des Handels …
Ist es also hoffnungslos? Steht das Fernsehen vor dem Niedergang und geht mit dem sinkenden Niveau unter? Nein, denn es gibt ihn noch, den Mut etwas Neues zu wagen und alt Bewährtes zu überdenken. Wer hätte vor einigen Jahren auch nur daran gedacht, dass es ein ZDF ohne Wetten Dass…? möglich wäre…
Trotz aller Kritik, es gibt Ansätze und neue Konzepte für das deutsche Fernsehen – Zwar werden sie nicht immer mit Erfolg und Quoten belohnt, doch immerhin: Der Mut ist da! Es besteht Hoffnung.
Und auch wenn viele es häufig übersehen, es gibt sie doch: Die Perlen im Deutschen Fernsehen. Klassiker wie der Tatort bewegen regelmäßig ein Millionenpublikum vor den Bildschirm und geben einer Nation regionale Profile.
Meiner bescheidenen Meinung nach lohnt sich der Blick in die Flimmerkiste nach wie vor. Die Programmgestaltung der deutschen Sender ist im Umbruch. Was ich bei meinem „Blick in die Röhre“ gelernt habe, ist, dass es nur ein wenig Mut und einer neuen Sichtweise bedarf, um beim Publikum einen Nerv zu treffen.