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Fridays For Future – Eine Generationenfrage?

Von Philipp Harig

„Die Klimakrise ist eine reale Bedrohung für die menschliche Zivilisation – die Bewältigung der Klimakrise ist die Hauptaufgabe des 21. Jahrhunderts.“ (Quelle: fridaysforfuture.de)
Dieses Zitat ist das Leitmotiv der globalen sozialen Organisation Fridays For Future. Doch die Gesellschaft ist sich uneinig darüber, wie die Bewegung zu bewerten ist. Sind junge Menschen überhaupt qualifiziert genug, um ihre eigene Meinung bei einer so komplexen Thematik zu vertreten?

Am 20. August 2018 schwänzte Greta Thunberg erstmals die Schule, um vor dem Reichstagsgebäude in Stockholm für den Klimaschutz zu protestieren. Schnell unterstützen sie viele Jugendliche in Schweden und durch den Hashtag #FridaysForFuture wurde die Bewegung durch die sozialen Medien auf der ganzen Welt bekannt. Schüler*innen und Student*innen gingen dafür jeden Freitag in bis zu 100 Ländern auf die Straße, um auf die Klimakrise aufmerksam zu machen, damit die Politik stärkere Maßnahmen ergreift. Während die Bewegung sich anfangs nur auf junge Menschen beschränkte, gibt es mittlerweile auch die Gruppe Parents for Future, die aus der Eltern- und Großelterngeneration besteht und dieselben Ziele verfolgt.
Trotzdem gibt es zahlreiche Anschuldigungen der älteren Generation gegenüber der jungen Aktivist*innen, wodurch die Organisation der Jugendlichen oft nicht ernst genommen wird.

Die „kranke“ Greta

Greta Thunberg, Gründerin der Organisation FFF, wird vorgeworfen, ihre Reden nicht selbst zu schreiben. Es wird behauptet, sie sei von ihren Eltern oder großen Konzernen gesteuert. Auf Facebook widerspricht die junge Schwedin und stellt klar, dass sie ihre Texte sehr wohl selbst verfasse und nur manchmal Wissenschaftler*innen um Rat frage, damit alle Fakten korrekt sind. Eine weitere Anschuldigung gegen die Klimaaktivistin ist ihre „Krankheit“. Bei ihr wurde das Asperger Syndrom diagnostiziert, eine spezielle Form von Autismus, wodurch sie im Bundestag von AfD-Politiker Marc Jongen als „krankes Kind“ bezeichnet wurde. Für sie selbst sei das Asperger Syndrom allerdings keine Krankheit, sondern ein Geschenk, denn dadurch habe sie mit den Schulstreiks angefangen, welche ihr und ihrer Botschaft mediale Aufmerksamkeit verschafften.

Schulstreik für die Zukunft

Doch der wahrscheinlich größte Kritikpunkt an den Demonstrationen ist, dass dadurch jeweils ein Tag Unterricht pro Woche verpasst wird. Auf der Kultusministerkonferenz wurde klargestellt: „Die Teilnahme an Demonstrationen rechtfertigt nicht das Fernbleiben vom Unterricht oder eine sonstige Beeinträchtigung des Unterrichts. Das Demonstrationsrecht kann in der unterrichtsfreien Zeit ausgeübt werden.“ (deurag.de; Schwänzen für FFF) Das bedeutet, dass die Schule theoretisch auch disziplinare Maßnahmen in Form eines Schulverweises ergreifen könnte, sollten Schüler*innen vom Unterricht fern bleiben, um an den Streiks teilzunehmen. Allerdings können sich Schüler*innnen mit einer Entschuldigung, die jeweils einzeln von der jeweiligen Schule akzeptiert werden muss, vom Unterricht abmelden. Hierfür wird jedoch ein zwingender Grund benötigt, der die Schulen überzeugt. Sollten also einzelne Schulen komplett verbieten, dass Schüler*innen die Demonstrationen besuchen, würde es zu einem Rechtsstreit kommen. Als zwingenden Grund könnten die Schüler*innen beispielsweise (zugespitzt) argumentieren, dass ihnen ihre Ausbildung nichts bringe, sollten sie an den Folgen des Klimawandels sterben. Die Bewegung Parents For Future stellt sich bei diesem Thema klar hinter die jüngere Generation, indem das Mittel Schulstreik unterstützt wird. Doch auch führende Politiker*innen kritisieren die Versammlungen während der Schulzeit und betonen, dass der Inhalt des Unterrichts wichtiger sei. Die Jugendlichen sollten deshalb den Klimaschutz der Politik überlassen. Doch wer so etwas sagt, hat das System des Schulstreiks nicht verstanden oder will es nicht verstehen. Denn, wie der Name schon sagt, ist es ein Streik, der natürlich während der Arbeits- beziehungsweise Schulzeit stattfinden muss, da die Klimaerwärmung als ein wichtiges Thema erachtet wird, das nicht warten kann. Politiker*innen würden Pilot*innen oder Zugführer*innen doch auch nicht nahelegen, in ihrer Freizeit zu streiken. Anhand solcher Aussagen wird dann schnell klar, dass junge Menschen von eher konservativ eingestellten Parteien oft nicht ernst genommen werden. Zudem wird die fachliche Kompetenz Jugendlicher in Frage gestellt, indem zum Beispiel Christian Lindner von der FDP den Klimaschutz „eine Sache für Profis“ nennt und bei jungen Menschen am Begreifen der Zusammenhänge zweifelt. Allerdings unterstütz die Wissenschaft klar die Forderungen von Fridays For Future, was dazu geführt hat, dass die Bewegung Scientists For Future gegründet wurde. Die Organisation besteht aus deutschen, österreichischen und schweizer Wissenschaftler*innen, welche betonen, dass die Regierungen schnell handeln müssen, um die Erderwärmung zu stoppen und eine lebenswerte Zukunft für kommende Generationen zu sichern.

Alt gegen Jung

Greta for President. Anhänger*innen der Fridays For Futre Pionierin. Bild: Unsplash.

Das wohl größte Problem ist aber, dass es für große Teile der älteren Generationen sehr schwer scheint, die eigenen Fehler einzugestehen, von nun an deutlich stärker auf die Umwelt zu achten und sich für Veränderung einzusetzen. Denn im 20. Jahrhundert war die Anerkennung des Klimawandels noch nicht in der Gesellschaft angekommen, da wenig über den menschlichen Einfluss darauf bekannt war. Begriffe, wie Nachhaltigkeit oder erneuerbare Energien waren noch nicht von so großer Bedeutung. Gerade deshalb ist die heutige Aufklärung der breiten Masse über diese Begrifflichkeiten sehr wichtig – viele Menschen begreifen scheinbar immer noch nicht die dramatischen Langzeitfolgen des Klimawandels – Massenaussterben von Tierarten oder eine Flüchtlingswelle von 200 Millionen Menschen bis zum Jahr 2040 zum Bespiel. Indem auf individuelle Treibhausgasemission geachtet wird, kann jede*r seinen Beitrag leisten, beispielsweise indem unnötige Flüge oder Autofahrten vermieden werden. Nichtsdestotrotz sind strukturelle Maßnahmen, die nur auf politischer Ebene beschlossen werden können, deutlich schwerwiegender. Aber auch hier trägt jede*r selbst eine Verantwortung. Moralische Pflichten werden nicht dadurch aufgehoben, dass andere sich nicht an sie halten. Die einfachste Möglichkeit für die breite Masse, in naher Zukunft eine Veränderung zu bewerkstelligen, ist die Bundestagswahl 2021. Genau dort muss ein starkes Zeichen für den Klimaschutz gesetzt werden. Da hierbei die Über-60-Jährigen die größte Wählergruppe ausmachen, ist es wichtig, dass junge Menschen an die ältere Generation im näheren Bekanntenkreis, die oft seit Jahrzehnten dieselbe Partei wählt, appellieren, um so das Bewusstsein für die Zukunft neu zu entfachen und ein klares Ergebnis im Sinne der Umwelt bei den Wahlen zu erzielen. Durch jede weitere Person, die sich für Organisationen, wie Fridays For Future, einsetzt, wird die Politik stärker dazu gedrängt, drastische Maßnahmen auch wirklich durchzuführen. Allerdings gibt es trotz alledem natürlich noch Menschen, die den Einfluss des Menschen auf das Klima klein reden oder gar komplett leugnen. Diese stützen sich dann oft auf faktisch falsche Thesen. Wie einig sich aber wirklich die Wissenschaft im Bezug auf die Erderwärmung ist, wird oft unterschätzt. Denn es ist wissenschaftlich eindeutig belegt, dass der Mensch Hauptverursacher des Klimawandels ist. Diesem Konsens stimmen Wissenschafts-Akademien aus 80 Ländern zu, außerdem viele weitere wissenschaftliche Organisationen und – laut mehrerer Studien – rund 97 Prozent der Klimawissenschaftler*innen.   

Warum hast du nichts getan? – Solche Fragen werden zukünftige Generationen dann wohl oft stellen, wenn sie in einer Welt aufwachsen, die vom Klimawandel geprägt ist. Deshalb ist es wichtig, dass in der jetzigen Zeit, wenn es noch nicht zu spät ist, die gesamte Gesellschaft und die Politik zusammenarbeiten, damit die Folgen des Klimawandels so milde wie möglich ausfallen. Organisationen, wie Fridays For Future und Parents For Future, spielen hierbei eine immens wichtige Rolle.