Wenn Schimpansen unsere Flugzeuge fliegen…

von Sebastian Seefeldt

Eine Welt ohne Facebook, Myspace, Blogs, Youtube, Filehostern, Bildhostern oder kurz gesagt: Eine Welt in der wir unsere eigene Meinung nicht mehr verbreiten dürfen – Dank vier kleinen Buchstaben könnten einige Konzerne bald in der Lage sein das gesamte Internet zu zensieren.
Was sich zuerst anhört wie eine schlechte Nachahmung von George Orwells 1984 könnte bald traurige Realität werden. Dank Menschen, die sich so vor einer Tastatur ähnlich verhalten wie ein Schimpanse im Cockpit einer Boeing – also kein Wissen von der Materie haben – könnte bald ein Gesetzesvorschlag mit weitreichenden Folgen verabschiedet werden. Folgen die nicht nur die US Bürger betreffen, sondern Folgen die sich auf den gesamten Globus ausbreiten könnten. Doch wovon rede ich hier eigentlich?

Schwerstverbrecher: Justin Bieber

Wäre der Gesetzesentwurf bereits in Kraft gewesen als ein gewisser Blondschopf seine Musikkarriere auf Youtube

Justin Bieber wurde durch YouTube berühmt

startete, wäre er wohl mehrere Jahre für Urheberrechtsverletzung ins Gefängnis gewandert. Nein, diese Aussage ist falsch, ein Portal wie Youtube wäre unter solchen Bedingungen niemals entstanden. Ob man nun die Vorstellung, Justin Bieber hinter Gittern zu sehen, befriedigend findet oder nicht, Fakt ist: Wir alle nutzen Youtube und wären somit alle von dessen Verschwinden betroffen. Verantwortlich dafür sind zwei Gesetzesentwürfe, zum einen der Stop Online Piracy Act (SOPA), zum anderen der Protect IP Act (PIPA).  The Guardian hat die SOPA-Problematik knapp zusammengefasst und verschafft einen guten ersten Überblick. Doch wieso hält die US-Regierung diese beiden Gesetze überhaupt für nötig?

Zur Zeit regelt der Digital Millennium Copyright Act das Urheberrecht in den USA. Kurz zusammengefasst: Ein Provider (z.B. Youtube) ist nicht für den Inhalt der von Usern auf die Plattform online gestellt wird verantwortlich. Allerdings muss er dafür sorgen, dass Material welches das Urheberrecht verletzt, auf Verlangen des Rechteinhabers entfernt wird. Der Musik- und Filmindustrie ist das aber nicht genug, sie fordern, dass auch alle die dem Täter direkt oder indirekt Helfen bestraft werden müssten. Genau hier beginnt das Dilemma. „Die Entwürfe würden es Firmen ermöglichen, in den USA den Zugang zu ausländischen Websites zu sperren. Wenn Inhaber von Urheberrechten der Meinung sind, dass eine Seite gegen ihre Interessen verstößt, könnten sie, wird das Gesetz verabschiedet, eine sogenannte Court Order beantragen, eine richterliche Verfügung. Ist diese erlassen, müssten Werbefirmen, die Anzeigen auf der Seite schalten, das unterlassen. Auch Geldtransferdienste wie Paypal müssten sich dann von der beanstandeten Seite zurückziehen. Der Betreiber würde somit finanziell ausgehungert, seine Geschäftsgrundlage zerstört“, wie die Zeit berichtete. Dem nicht genug: die Konzerne hätten die Möglichkeit per DNS-Blocking ganze Webseiten unerreichbar zu machen. Dieses Video fasst die gesamte Problematik sehr treffend zusammen. Alle Portale, auf denen potentiell Urheberechtverletzungen satt zu finden sind – sei es nun Youtube, Facebook, Twitter oder ähnliche Dienste – laufen Gefahr über Nacht abgeschaltet zu werden. Beachtet man nun die Tatsache, dass jede Firma, die auch nur eine einzige Filiale in den USA betreibt, dem US Recht unterworfen ist, wird klar, dass auch wir in Deutschland schnell von der neuen Rechtsprechung betroffen wären (nicht dass der Verlust von sozialen Netzwerken schon genug wäre). Selbst Konzerne wie die deutsche Telekom müssten sich also auch dem neuen Recht beugen. Wieso sollte man also überhaupt SOPA befürworten?

„Es ist alles eine Frage der Grenzen“

Aktuell gibt es 142 öffentliche SOPA Befürworter, darunter vor allem große Medienkonzerne, wie z.B. die Motion Picture Association of America (MPAA) und National Cable & Telecommunications Association (NCTA). Neben den offensichtlichen Argumenten der Medienbranche gibt es aber auch noch wirklich „gute“ Gründe die für SOPA sprechen. Wenn es möglich ist, eine Internetseite eins zu eins zu kopieren und die Kunden so zu täuschen und ihnen Plagiate zu verkaufen, dann muss es eine Möglichkeit geben, dagegen vorzugehen und die aktuelle Rechtsfassung beinhaltet kein anwendbares Gesetz. Es wird also eine Möglichkeit  benötigt Plagiate zu stoppen. Die Diskussion sollte also nicht lauten ob wir SOPA brauchen oder nicht, sondern: Wie weit sollte SOPA gehen? Genau dieses Thema behandelt der Netcast von twit.tv.

„All Your Internets Belong to US“

Dieses mehr als passende Wortspiel stammt von dem Blogger Michael Geist der in seinem Beitrag sehr schön die Effekte von SOPA auf Kanada aufzeigt. Seine Folgerungen  können äquivalent für Europa übernommen werden, passend hierzu dieser Artikel von Netzpolitik.org. Der Widerstand gegen SOPA ist groß, sowohl von Konzernen und Organisationen wie Google, EFF und EU einerseits, andererseits von Netzbürgern selbst. So rufen beispielweise Wikipedia  und Anonymous zum Widerstand auf. Hauptgründe sind meistens das Recht auf freie Meinung und der Vorwurf Amerika würde sich die Mechaniken von Unterdrückerregimen aneignen und der Vorwurf des puren Lobbyismus.
Während die SOPA Anhänger auch in ihrem neuen Antrag OPEN (Online Protection and Enforcement Act) keine wirklichen Eingeständnisse machen, findet die Netzgemeinde bereits Wege die Zensur zu umgehen. Die Proteste zeigen Erfolg, so ziehen sich immer mehr öffentlich Befürworter zurück, so auch die nach eigenen Angaben größte Domain-Registrar weltweit Go Daddy. So offen der Ausgang des Disputs auch sein mag – so brisant wie im Jahr 2012 war die Debatte um die Freiheit im Internet wohl noch nie.

Foto: flickr/iloveJB123 (CC BY 2.0), flickr/Jed Hastwell (CC BY-SA 2.0)

Hacker – Die dunkle Seite der Macht

Sind Hacker die Robin Hoods des 21. Jahrhunderts? Nicht unbedingt. Denn Gut und Böse, richtig oder falsch, sind in vielen Fällen relativ. Denn ohne Licht kein Schatten.

Das Internet und die Kinder – Gefahren im Netz

Das Internet ist wie ein Rummel: Es gibt für jeden etwas – aber auch Pornographie und Gewalt. Für Kinderaugen ist das nicht geeignet. Wie kann man Kinder besser über die Gefahren des Internets aufklären und zugleich davor schützen?

Autor will Blogger wegen schlechter Rezensionen verklagen

von Alexander Karl

Ein Autor und dessen Verlegerin wollen eine Bloggerin verklagen, weil sie eine schlechte Rezension über ein Buch verfasst hat? Nein, das ist kein Witz, es scheint bittere Realität zu sein! Während sich die Bloggerin auf die Meinungsfreiheit beruft, wittert der Autor mafiöse Strukturen. Aber der Reihe nach.

Eine Rezension – und die Klage droht

Der Blog Bücherzeit bespricht das Buch „Twin-PRYX. Zwillingsbrut“. Die Bloggerin Myriel gibt offen zu, nur 90 Seiten des 900 Seiten starken Werks gelesen zu haben: „Denn auf diesen Seiten sind mir schon so viele Dinge aufgefallen und haben mir quer im Magen gelegen, so dass ich gar nicht erst wissen möchte, wie es weiter geht.“ Dementsprechend fällt auch die Rezension aus: „Noch einige mehr dieser Ungereimtheiten sowie eine ziemlich schwerfällige Sprache haben die Lektüre für mich zu einer Qual gemacht, so dass ich nicht mal ein Zehntel dieses Ziegelsteins geschafft habe. Daher kann ich auch kein einziges Indianer-Armband für unsere Dracula-Nachfahren vergeben.“

Das ist für einen Autor vielleicht nicht schön zu hören, aber nun mal eine Kritik, mit der man Leben muss, wenn man ein Buch schreibt. Anscheinend nicht für John Asht. Denn er antwortet im Kommentarfeld:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Damit jedoch nicht genug! Denn die Verlegerin schaltet sich nun ein (hier der komplette Antwortpost). Kurz gesagt wirft sie der Bloggerin eine „feindliche und destruktive Kampagne“ gegen Autor und Verlag vor, kritisiert den „Decknamen“ (man nennt es im Internet auch Nickname) und hält es für nicht professionell, bereits nach 90 Seiten aufzugeben. Während sich die Bloggerin auf den Artikel 5 des Grundgesetzes beruft, kontert die Verlegerin erneut: „Es tut mir leid, Ihnen sagen zu müssen, dass ich mich John Asht anschließen werde und ab Montag gerichtlich gegen Sie vorgehe, falls Sie diese Rezension nicht sofort entfernen.“

Meinungsfreiheit oder Narrenfreiheit?

Soweit zur ersten Runde. Doch John Asht lässt das nicht auf sich sitzen und schreibt in seinem Blog wiederum:

Heute aber, im zweiten und vielleicht auch letzten noch freien Internetjahrzehnt, kann jeder veröffentlichen, was er will – egal ob er etwas drauf hat oder auch nur eine frustrierte Niete ist: Er veröffentlicht vor allem Texte, weil’s nix kostet – und weil er irrtümlich glaubt, dass das „Freie Internet“ einen vor Strafverfolgung schützt – oder weil er „Meinungsfreiheit“ mit „Narrenfreiheit“ verwechselt.

Es folgen einige diffamierende Worte gegen eine „Studienhopperin“ (anscheinend die Autorin des Bücherzeit-Blogs), deren Buch bei einem Verlag abgelehnt wurde und sich nun rächen will – mit einer schlechten Rezension. So schildert zumindest Asht die Vorgänge. Nun sind wir wieder an dem Punkt der Anzeige – wie John Asht sagt „wegen Verstoßes gegen § 15 UWG „Geschäftlicher Verleumdung““. Und weiter heißt es in einem Nachtrag: „Er [Ashts Blog] hat viel Staub aufgewirbelt und mir letztendlich den erhofften Beweis erbracht, dass es tatsächlich so etwas wie „Rezensenten-Mafia für geistig Arme“ gibt.“

Doch damit nicht genug. Asht schreibt auf seinem Blog weiter:

Nach drei Tagen Provozier-Blog ist nun die Falle definitiv zugeschnappt – der Jäger zählt seine Beute: etliche 700 Screenshots von kriminellen Negativ-Rezensionen meines Romans „TWIN-PRYX, Zwillingsbrut“ – samt Namen, Blogadressen, Homepages, Foren, Gruppen, etc. Kriminell darum, weil keiner dieser gehässigen Rezensenten jemals das thematisierte Buch in der Hand gehalten hat, geschweige denn gelesen. Und jetzt drehen wir ganz sachte den Spieß um – seine Spitze heißt UWG.

Doch die Spitze des Eisbergs ist noch nicht erreicht: Wie der Blog „Kotzendes Einhorn“ schreibt, finden sich in einer früheren Version des Blogbeitrags von Asht (hier als Screenshot)  eine „explizit zweideutige Formulierung im Nachtrag zu Ashts Rant, die man als Vergewaltigungsaufruf missverstehen könnte“.

Noch einmal: Es geht hier um einen kleinen Verlag und einen Autor, die Rezensenten mit juristischen Schritten drohen – nämlich auf Basis des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Ich bin kein Jurist, doch schaut man sich einmal den Gesetzestext zum Thema „Geschäftliche Verleumdung“ an, kann ich als Laie keinen Verstoß erkennen – außer, man würde das Internet als einzigen Verstoß betrachten.

Denn dann wäre jede Amazon-Rezension potenziell geschäftsschädigend, jeder Kommentar zu dem YouTube-Video eines noch weitgehend unbekannten Künstlers könnte seine Karriere zerstören und so weiter. Um Ashts Überlegungen aber noch weiter zu drehen: Darf ich im Freundeskreis meine Meinung über ein Buch äußern, dass ich bisher erst angelesen habe? Darf ich auf Facebook einen Kommentar dazu posten? Darf ich behaupten, dass ich Justin Bieber nicht mag, obwohl ich nur eine Hand voll Songs von ihm kenne und nicht die komplett Diskografie?

Was vor oder hinter den Kulissen gelaufen ist oder in welcher Beziehung Autor und Bloggerin zueinander stehen, ist mir nicht bekannt. Vielleicht ist dies der Grund für den kleinen Skandal, vielleicht auch nicht. Fakt aber ist: Ein Autor, der sein Werk veröffentlicht, muss sich darauf gefasst machen, dass es nicht jedem gefallen kann. Es ist diskutabel, ob man für eine Rezension das Buch komplett gelesen haben muss – ich finde nicht. Denn Literaturagentur wie auch Lektoren lesen maximal fünf Seiten eines Buches, bevor sie zu einem ersten Urteil kommen – nämlich ob Potenzial vorhanden ist oder nicht. Wenn eine Leserin nach 90 Seiten kapituliert und dies offen zugibt, dann ist das ihr gutes Recht. Und kein Grund, um die deutschen Gerichte zu bedienen. Erschreckend ist zudem der Ton, mit dem Asht gegen Blogger zu Felde zieht: Denn ohne das Internet und die Möglichkeit zu bloggen, würde man auf sein Buch kaum aufmerksam werden und er selbst könnte seine Tiraden nicht öffentlich machen.

Übrigens: Im Internet formiert sich Widerstand gegen dieses Verhalten: Lesekreis.org, rezensionen-sam und natürlich zahlreiche Kommentare bei Bücherzeit. Und ich überlege mir gerade, ob das nicht eine (zugegeben schlechte) Werbekampagne ist…

Foto: flickr/Maria Reyes-McDavis (CC BY 2.0); Screenshot: buecherzeit.wordpress.com/2011/11/16/john-asht-twin-pryx-zwillingsbrut/ (24.01.2012)

 

Schon GEZahlt?

von Sebastian Luther

Die GEZ ist unbeliebt, unbeliebt wie wohl kaum eine andere Behörde. Auch das milde Grün von Logo und Umschlag vermögen nicht über diese Tatsache hinwegzutäuschen. Sie finanziert, was den Bürgern eine unabhängige, überparteiliche Meinungsbildung ermöglichen soll: Die Öffentlich-Rechtlichen. Was vielen von uns lieb ist, wird aber ab 2013 vor allem teurer.

GEZaubert?

Den Stolz, der zwischen den Zeilen mitschwingt, kann man kaum überlesen: „Der Erfolg des Marktführers Tagesschau mit Marktanteilen von rund 32 Prozent ist ungebrochen.“ So heißt es in einer Mitteilung der ARD zu den Zuschauerzahlen, veröffentlicht im März vergangenen Jahres. Im Jahr 2010 kam das Nachrichtenflaggschiff der ARD auf durchschnittlich 9,14 Millionen Zuschauer und verwies die Konkurrenz von ZDF und RTL auf die nachfolgenden Plätze. Doch längst ist die Dominanz der Öffentlich-Rechtlichen im Gesamtvergleich gebrochen: Betrachtet man die relevante Währung in der Fernsehbranche, die Marktanteile, liegt RTL hier zwar mit momentanen 13,5 Prozent vorne, kann den Atem der Öffentlich-Rechtlichen aber im Nacken spüren. Möglich macht all das hauptsächlich der Bürger, der brav seine GEZ-Beiträge entrichtet, die sich, entsprechend seiner medialen Ausstattung, auf einen Betrag zwischen 5,76 € und 17,98 € monatlich belaufen. 2010 kam dabei die stolze Summe von 7.402.420.986,36 € zusammen.

abGEZockt?

7,4 Milliarden Euro – eine Zahl, hinter der man sich nicht zu verstecken braucht. Oder eben doch – tritt nämlich der Wutbürger auf den Plan, der sich aus voller Kraft über Niveauverfall allerorts beschwert. Denn ARD, ZDF und Co. verwenden diese Summe nicht nur für die Produktion von Nachrichtensendungen, sondern auch etwa für den Kauf von teuren Sportrechten oder die Produktion von Telenovelas. Ab nächstem Jahr könnte sich zu diesen Vorwürfen in ähnlicher Lautstärke ein weiterer, alt bekannter, gesellen: Zu hohe Beiträge. So haben die Länderparlamente beschlossen, ab Januar 2013 die GEZ-Beiträge abzuschaffen und eine Haushaltspauschale von 17,98 €, dem momentanen Höchstbetrag also, einzuführen. Begründung? Das Problem der Schwarzseher soll damit beseitigt werden, da fast jeder irgendwo in Deutschland einen Wohnsitz gemeldet hat, an dem die Beiträge dann fällig werden. Denn die nicht ganz unbeliebte Praxis, die Gebühren nicht zu bezahlen, bzw. nur ein Radio anzumelden, wo man eigentlich auch einen Fernseher hat, „gewöhnt viele – auch jugendliche – Menschen an die Illegalität, schafft Ungleichheit unter den Nutzern“, so Paul Kirchhof, Verfassungsrechtler und gedanklicher Vater der Umstellung von Beitrag auf Pauschale. Die Zahlungsmoral ist vor allem in Ballungsräumen und unter jungen Erwachsenen schlecht und liegt stellenweise bei unter 80 Prozent. Kirchhof sieht auch kein Problem darin, den Beitrag von Haushalten einzuziehen, die tatsächlich keine Empfangsgeräte besitzen. Seine Aussage lautet sinngemäß: Jeder in der Bundesrepublik profitiert von den Öffentlich-Rechtlichen, egal ob er/sie fernsieht oder nicht.

Was den Blutdruck des Wutbürgers jedoch vorerst nur reflexartig nach oben ausschlagen lässt, bringt Unternehmer jetzt schon zum Haare raufen. Für sie gilt im neuen System ein nach Anzahl der Mitarbeiter gestaffelter Betrag. Zudem wird die gängige Praxis Autoradios aus gewerblich genutzten Fahrzeugen auszubauen hinfällig, gezahlt werden muss trotzdem. So muss dann etwa ein Bäcker mit 60 Mitarbeitern, zwölf Läden und acht Fahrzeugen anstatt wie jetzt 423 Euro, ab 2013 knapp über 2000 Euro zahlen.

Quo vadis, Öffis?

Die Änderungen in der Finanzierung und Beschwerden über die schleichende Boulevardisierung machen eine Grundsatzdebatte, wie sie über Beiträge und Programminhalte geführt werden sollte, nicht leichter. Flächendeckende Beitragsbemessung hin oder her, die Höhe wirft die Frage auf, ob Kirchhofs Begründung hier noch greift. Profitieren denn wirklich alle davon, dass sie theoretisch fernsehen könnten, und profitieren sie auch noch in dem Maße davon, dass sie Beiträge zahlen müssen, egal ob sie fernsehen oder nicht? Hinzu kommt, dass die GEZ in Zukunft ihren Außendienst, die „Schnüffler“, nicht mehr braucht. Einsparungen, die wohl nicht an die Verbraucher weitergegeben werden.Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk ist für die Konstituierung eines unabhängigen Meinungsmarktes unerlässlich und wird von den Bürgern auch in dieser Funktion wahrgenommen, das belegen die Zahlen. Was sie jedoch nicht belegen, ist die Beliebtheit der Sender und ihrer Programminhalte. Der Unmut über die Beiträge wächst bei vielen angesichts neuer Talkshows, Volksmusiksendungen, Sportübertragungen, vermeintlich immer schlechter werdenden „Tatort“ Folgen und Rosamunde Pilcher Verfilmungen. Immer wieder wird auch die Konvergenz der Inhalte hin zu den Privaten kritisiert. Diese Liste ließe sich aus Sicht jedes einzelnen Zuschauers beliebig fortsetzen, weil jeder etwas im Programm findet, das er oder sie 1. noch nie gesehen hat, 2. für völlig irrelevant hält und 3. mit Sicherheit auch noch vollkommen überteuert sein muss. Einzig und allein „Wetten, dass ..?“ stampft weiterhin unangeschlagen als das letzte Schlachtschiff bundesrepublikanischen TV-Spektakels in gewohnter Manier durch das Samstagabend Programm, wenngleich auch ab April mit neuem Kapitän. Da aber die K-Frage bis jetzt ungeklärt ist und für einen potentiellen Nachfolger der Maßstab „Gottschalk“ gilt, ist die Zukunft der Sendung ungewiss.

Es ist eben eine breite Diskussion, die hier nötig ist. Eine Diskussion über Sinn und Unsinn in Programm, Organisation und Struktur der Öffentlich-Rechtlichen. Denn mit der Umsetzung Kirchhofs Plans wurden die Finanzen gesichert. Ob auch ihre Zukunft gesichert wurde, bleibt abzuwarten.

 

 

Dschungel – und jeder schaut zu. Ein Plädoyer.

Das Dschungelcamp hat Traumquoten – und steht wie immer in der Kritik. Ekel-TV, pfui! Falsch, denn so offen und ehrlich ist kaum eine Sendung. Und natürlich so lustig.

Tot – und trotzdem online

Das Papier-Testament hat ausgedient – die letzten Worte werden virtuell gesprochen. Einige entscheiden sich für Blog- oder Videonachrichten, doch mittlerweile gibt es auch Facebook-Apps, mit denen man vorsorglich Nachrichten aufzeichnen kann. Makaber oder praktisch?

Das Ende der Suche

„Wir denken nicht, wir googeln“ – doch Google funktioniert grundlegend anders als das menschliche Gehirn. Ein Ausweg wäre das „Semantische Web“ und die „Semantischen Suchmaschinen“, die uns nicht mehr nur Suchergebnisse auflisten, sondern Antworten auf unsere Fragen geben.

Werbung, die keine ist. Der Fall Facebook

Facebook wird immer beliebter – nicht nur für die User, sondern auch für die Werbeindustrie. Mit den „Sponsored Stories“ schafft es das Netzwerk, sich noch tiefer in unser Leben zu bohren. Doch wie weit geht Facebook?

Online-Piraten im Visier

von Sandra Fuhrmann

Online-Piraten geraten immer mehr ins Visier der Ermittler. Nachdem die deutsche Kriminalpolizei im letzten Jahr kino.to vom Stecker nahm, soll es jetzt auch dem Nachfolger kinox.to an den Kragen gehen. Die USA aber gehen noch einen Schritt weiter: Mit einem neuen Gesetzesvorhaben könnte auch YouTube illegal werden.

Mission Internet

Jeder der dieser Tage versucht, die Seite http://tvshack.net/ aufzurufen, wird auf ein interessantes Beispiel für die Bemühungen der USA im  Kampf gegen Online-Piraterie stoßen. Vorzufinden ist auf der Seite nicht, wie vielleicht erwartet, eine Liste mit Verlinkungen zu anderen Seiten, deren Inhalt aus nicht lizensierten Streams von Filmen und Fernsehshows besteht. Stattdessen stößt der Besucher auf eine eindrucksvolle Anzeige, die auf die Beschlagnahmung der ursprünglichen Seite und diverse Strafen hinweist, die Verstöße gegen das Copyright zur Folge haben – gekrönt ist dieser Hinweis von drei offiziellen Wappen der US-Regierung.
Richard O’Dwyer hätte wohl nie damit gerechnet, dass sein Angebot jemals der Grund für solche Furore sein wird. Seit Mai 2011 läuft ein Verfahren wegen krimineller Urheberrechtsverletzung gegen den 23-jährigen Studenten aus Großbritannien.  Die ICE (Immigration and Customs Enforcement) fordert die Auslieferung des jungen Briten an die USA, um den Fall vor einem dortigen Gericht verhandeln zu können.  O‘Dwyers Anwalt argumentiert, dass sich der Server, von dem aus die Seite betrieben wurde, nicht in den USA befand und die Angelegenheit somit unter britisches Recht fällt. Die ICE jedoch erhebt Anspruch auf alle Angebote, die von einer .net- oder .com-Domain aus betrieben werden. Die für diese Domains zuständige Firma hat ihren Sitz in Virginia und damit auf US-amerikanischem Boden. Eine Lösung des Streits steht somit weiterhin aus.

Kriminell aber so nützlich

Sind wir bald alle Piraten?

Klickt man auf den Warnhinweis auf der beschlagnahmten Seite wird man zu einem Video weitergeleitet, das noch einmal die Schwere des Vergehens „Online-Piraterie“ verdeutlichen soll. Dieses Video steht auf einer Seite von YouTube.  Beschäftigt man sich nun mit der geplanten Erweiterung des Gesetzes, das zu O’Dwyers Anklage führte, muss man sich fragen, wo die US-Regierung ihre Videos wohl in Zukunft einstellen will, sollte das neue Gesetz tatsächlich in Kraft treten.
Denn: Mit dem SOPA (Stop Online Piracy Act) nämlich soll zukünftig all jenen die Suppe versalzen werden, deren Seiten das Ziel haben, US-Eigentum zu stehlen und auch solche, die gegen das geltende US-Recht verstoßen, Verstöße erleichtern oder diese nicht verhindern. Dazu gehören dementsprechend auch Facebook, Twitter, Google und YouTube. Tausendfach werden beispielsweise auf YouTube urheberrechtlich geschützte Songs und Videos eingestellt, die sich dann über Facebook und Twitter verbreiten. Es wären genau genommen Seiten weltweit, die von diesem Gesetzt betroffen wären – es wäre das gesamte Internet.

Protest auch aus den eigenen Reihen

Dass die US-Regierung mit dem SOPA eine Grenze überschreitet, darüber sind sich die meisten einig. Der Journalist und Medienexperte Felix Salmon stellt in seinem Blog die Frage, ob es unter den gewöhnlichen Internetusern überhaupt Befürworter des Gesetzes gibt. Sogar unter US-Abgeordneten regt sich mehr und mehr Protest gegen den Entwurf. In einem Brief verschiedener Kongressmitglieder an die Vorsitzenden des Komitees werden die Argumente erläutert, die gegen die Verabschiedung des Gesetzes sprechen.
Kritikpunkte gibt es viele. Zum einen ist es die angeblich schlechte und vage Formulierung in der Vorlage. So wird viel Raum für Interpretation und Willkür geschaffen. Und wem soll das Gesetz nun überhaupt nützen? Die gewöhnlichen User sind es offenbar nicht. Ein Vorwurf lautet, dass die Politik sich von Lobbygruppen wie der Film- und Musikindustrie beeinflussen lasse, da diese die Politiker mit Geld für ihre Wahlkämpfe versorge.
Es ist in der Tat eine feine Suppe, die uns die US-Regierung da eingebrockt hat. Auch Online-Innovationen werden durch das geplante Gesetz blockiert. Gerade kleine Firmen und Start-Ups haben oft nicht genug Geld für Überwachungsstrukturen und zur Abwehr von Klagen. Hätte es das Gesetz schon im Jahr 2005 gegeben, wäre beispielsweise YouTube niemals entstanden.

Mit dem SOPA muss sich die USA nun wohl selbst an die Nase fassen. Ganz gemäß ihrem selbst geschneiderten Ruf haben die USA in der Vergangenheit wiederholt andere Länder, wie China, auf das Recht zur freien Meinungsäußerung hingewiesen. Mit dem neuen Gesetzt jedoch würden Access und Service Provider dazu gezwungen Inhalte zu überwachen und zu sperren, um Verstößen aus dem Weg gehen zu können. Eine Maßnahme deren Auswirkungen sich gerade in China bereits beobachten lassen.

Am Pranger – doch zumindest nicht allein

Das Internet ist ein „dunkler Ort“, der „Urheberrechtsverletzungen geradezu fördert“. Zu diesem Schluss kam offenbar auch die Europäische Kommission. Denn nicht nur die US-Regierung kann wegen ihres Gesetzesentwurfs an den Pranger öffentlicher Beschimpfung gestellt werden. Längst gibt es in Europa einen ähnlichen Gesetzesentwurf, gegen den sich ähnlicher Protest regt. Das ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) wird bereits seit gut zwei Jahren im Stillen verhandelt. Unter den 39 teilnehmenden Staaten befinden sich neben den EU-Ländern auch die USA. Beschlossen wurde der Beitritt vom EU-Rat während einer Sitzung des Fischereiausschusses. Die Angst vor dem großen Dunkel und schneller Handlungsbedarf scheinen entsprechend groß zu sein.

Außergewöhnliche Umstände

Vielleicht ist die Frage ja gar nicht die, ob es eine Regelung geben muss, sondern mehr die, wie eine solche Regelung aussehen und wie sie umgesetzt werden soll. Dass das Internet ein außergewöhnlicher Raum ist, der auch außergewöhnliche Maßnahmen erfordert, wird wohl kaum jemand bestreiten. Doch bedeutet das nicht, dass es eventuell unangemessen ist, hier gewöhnliche Gesetze zum Einsatz zu bringen? Einen interessanten Anstoß dazu liefert die Quadrature de Net. Wenn in unserer modernen Zeit jeder Weltweit Zugriff auf im Internet verbreitete Kultur und andere Informationen hat, wie sinnvoll ist es dann eine alte Idee darauf  anzuwenden, die für jeden Akt eine ausdrückliche Genehmigung einfordern möchte?

Foto: flickr/~dolldreamer~ (CC BY-NC-SA 2.0)