Bild: Jessica Reuer

Der Mercedes-Stern auf Instagram

Alumni-Portrait über die Social-Media-Managerin Jessica Reuer

Von Lorena Jahn

Netzwerken und Praxiserfahrung – So lautet die Devise von Jessica Reuer. Wie sie, ganz ohne Marketinghintergrund, von ihrem Studium in Tübingen zu ihrer Arbeit bei Mercedes Benz kam, lest ihr in diesem Beitrag. 

 

Sie liebt Kaffee, sie liebt es, sich im Sommer auf ihr Motorrad zu schwingen, aber ganz besonders liebt sie eines: Ihren Job. Jessica Reuer ist Social Media Managerin bei Mercedes-Benz. Zuständig ist sie für das Geschäftsfeld Mercedes-Benz Cars und betreut hier unter anderem den internationalen YouTube-Kanal oder die Unternehmenswebsite. Daneben ist die 31-Jährige für den Instagram-Auftritt von Mercedes-Maybach zuständig.

Ihre Aufgaben sind vielfältig: „50 Prozent der Themen meiner Arbeit begegnen mir jede Woche, 50 Prozent davon sind ungeplant und spontan. Social Media ist eben super schnelllebig“, erklärt sie. Umso wichtiger sei es daher, auf tagesaktuelle Ereignisse rasch zu reagieren, „Black Lives Matter“ nennt sie hier zum Beispiel. Wenn Louis Vuitton-Chefdesigner Virgil Abloh gemeinsam mit dem Mercedes-Designchef Gorden Wagener eine exklusive G-Klasse AMG designt, die zugunsten von Künstler*innen in Corona-Zeiten versteigert wird, oder andere spektakuläre Neuheiten erscheinen und Events stattfinden, ist Jessica zur Stelle, um das Ganze medial bestmöglich aufzubereiten und zu präsentieren. 

Von Stuttgart bis Ibiza: Der Arbeitsalltag als Social-Media-Managerin 

Bild: Jessica Reuer.

Daneben zählen vor allem die Koordination sowie die thematische und strategische Planung des Contents zu Jessicas Routineaufgaben. Sie steht im ständigen Austausch mit ihren Kolleg*innen der unterschiedlichen Fachbereiche – von Mercedes-Benz Vans, den Classic-Kollegen über die E- bis hin zur S-Klasse – um immer auf dem neuesten Stand zu sein. Regelmäßig erhält sie aus den Abteilungen produzierten Content, den es gilt, zum bestmöglichen Zeitpunkt auszuspielen und auf dem jeweils geeigneten Kanal, national oder auch global, zu platzieren. Damit das funktioniert, zählt es auch zu ihren Aufgaben, die Resonanz der User*innen auf den verschiedenen Kanälen genau zu beobachten und zu analysieren. Den Großteil der Content-Produktion aber übernehmen externe Agenturen aus aller Welt. Damit stellt ein weiterer wichtiger Part ihrer Tätigkeit der Austausch mit den Kooperationspartner*innen sowie die Organisation von Dreharbeiten – darunter die Wahl des präsentierten Fahrzeugs, der moderierenden Person und der Location – dar. Exklusive Drehs finden dann auch gerne mal auf Ibiza in der prallen Sonne oder in Italien statt, zu denen Jessica in „Pumps und schickem Täschchen“ reist. „Ich stehe hinter der Marke. Ich finde gut, was wir machen“, sagt die 31-Jährige. Sie kann sich theoretisch auch vorstellen, irgendwann einmal den Arbeitgeber zu wechseln und beispielsweise für Kapten & Son, dm oder Mymuesli zu arbeiten. „Du solltest dich mit dem Produkt identifizieren. Wenn ich ein Produkt gut finde, kann ich überzeugendes Marketing machen“, sagt die Stuttgarterin.

An einen aktiven Wechsel denkt Jessica derzeit jedoch keineswegs: „Meine Arbeit macht mir unfassbar viel Spaß. Bis ich mich langweilig gearbeitet habe, dauert es“, sagt sie. Im Bereich Marketing, in dem Jessica auf jeden Fall bleiben möchte, sind die Möglichkeiten bei Mercedes-Benz vielfältig. Lust hätte sie beispielsweise auch im Kampagnen-Team für TV-Spots oder für ein spezifisches Mercedes-Benz-Modell zu arbeiten. Eine Zeit lang ins Ausland – nach England oder Kalifornien zum Beispiel – das kann sich die ansonsten heimatverbundene Jessica in naher Zukunft gut vorstellen. Irgendwann einmal freiberuflich zu arbeiten wiederum nicht: „Ich gebe im Job immer 100 Prozent, aber wenn ich Feierabend habe, dann habe ich Feierabend und wenn ich Urlaub habe, dann habe ich Urlaub. Ich bin ein Mensch, der Struktur und Ordnung liebt“, begründet Jessica ihre Haltung. Ihr sei vor allem Verantwortung im Beruf wichtig: „Ich trage viel Verantwortung und ein Fehler kann großen Schaden anrichten, einen Shitstorm zum Beispiel, aber genau diese Verantwortung möchte ich auch.“ Sie selbst habe einen solchen Shitstorm bisher noch nicht erlebt, erinnert sich aber an einen spektakulären Fall ihrer Kollegen: „Ein russischer Kunde war mit unserem Service unzufrieden. Also hat er seinen Mercedes-AMG mit Benzin übergossen und angezündet. Das Ganze hat er dann gefilmt und auf YouTube veröffentlicht“, erinnert sich Jessica.

Von der rasenden Reporterin zur Studentin der Medienwissenschaft

Entdeckt hat Jessica ihre Medienaffinität schon früh. Noch heute erinnert sie sich an die Blaupunktkamera, die ihr Vater einst kaufte und ihr den Namen der rasenden Reporterin Karla Kolumna einbrachte. Während Jessicas Familie ihren beruflichen Weg in die Medienbranche schon damals geebnet sah, war sie selbst lange nicht sicher, was sie beruflich machen wollte: „Nach dem Abi 2009 wusste ich nicht so recht, was ich machen soll – so geht es ja vielen“, sagt sie. „Also ging ich auf die Website der Uni Tübingen und habe mir die Studiengänge von A bis Z angesehen“, fährt sie fort. Bei dem damals noch ziemlich neuen Studienfach Medienwissenschaft sei sie dann schließlich hängen geblieben: „Die Mischung aus PR und Journalismus hat mir besonders gefallen – die Kursinhalte haben mich angesprochen“, weiß Jessica noch heute. Trotz Zusage für ein Studium an der Hochschule der Medien in Stuttgart hat sich Jessica schließlich für Tübingen und einen universitären Abschluss entschieden. Im Nebenfach hat sie zunächst Spanisch studiert, ist dann aber nach langem Hadern mit sich selbst zur Allgemeinen Rhetorik gewechselt: „Ich bin eher der Typ, der etwas durchzieht, habe mich dann letztlich aber für den Wechsel entschieden.“ Sich die Fehlentscheidung einzugestehen und für den Wechsel zu entscheiden, sieht Jessica heute auch als prägenden Schritt für ihr späteres Berufsleben an.

Zu ihren absoluten Highlights im Studium zählt sie ein Projekt unter der Leitung von Professor Bernhard Pörksen und Wolfgang Krischke, einem Journalisten der FAZ, in dem Studierende das Buch „Die gehetzte Politik: Die neue Macht der Medien und Märkte“ publiziert haben. „Ich durfte Marietta Slomka damals interviewen“, erinnert sich Jessica. Schmunzelnd erzählt die Social Media Managerin von Meinungsumfragen, die damals noch per Hauspost versendet wurden. „Praktisch ausgetobt“, wie sie selbst sagt, habe sie sich vor allem auch in Projekten von CampusTV oder dem Freien Radio Wüste Welle, wo sie erste professionelle Erfahrungen im Umgang mit der Kamera und in Bereichen der Schnitttechnik sammeln konnte.

Der Weg von der überschaubaren Agentur zum 300.000-Mitarbeiter-großen Konzern

Bild: Jessica Reuer.

Neben ihrem Studium war es Jessica vor allem auch wichtig, berufliche Erfahrungen zu sammeln und sich in der Medienbranche zu orientieren. Neben ihrer Tätigkeit als freie Mitarbeiterin bei der Esslinger Zeitung absolvierte sie zwei Praktika: Eines bei der Eberspächer Climate Control Systems GmbH & Co. KG in England, an deren Esslinger Standort sie später auch als Werkstudentin tätig war, und eines bei der orgeldinger media group GmbH, einer kleinen PR-Agentur in Esslingen. „Dort wurde mir im Anschluss an das Praktikum ein Volontariat angeboten. Ich wusste zu der Zeit gar nicht, was das ist“, erinnert sich Jessica. „Als ich meinen Kommiliton*innen davon erzählt habe, waren die total begeistert, dass ich schon im dritten Bachelorsemester ein Volontariatsangebot in der Tasche hatte. Nach meinem Bachelorabschluss habe ich mich dann bei zwei, drei anderen Volo-Stellen beworben und nur Absagen bekommen. Da wusste ich, dass das was Gutes sein muss“, erzählt sie. Also entschied sich Jessica gegen einen Master und für das Volontariat in der PR-Agentur. „Zu 100 Prozent ausschließen würde ich einen Master nie. Für meine jetzige Stelle macht es fachlich und finanziell aber keinen Unterschied, ob ich einen Bachelor oder Master habe“, sagt Jessica.

Nach ihrem Volontariat arbeitete sie weiterhin in der Agentur als Redakteurin für Bewegtbildkommunikation. Jessica sammelte in dieser Zeit vielfältige Erfahrungen – vom Drehbuch und Konzepte schreiben bis hin zu Interviewführung und Filmeschnitt. Vor allem knüpfte sie aber auch Kontakte zu interessanten Kunden: Darunter die Dekra, die Messe Stuttgart oder die Mercedes-Benz Bank. Dennoch kam Jessica nach vier Jahren Agentur an den Punkt, so nicht weiter machen zu wollen. Die heutige Social Media Managerin brauchte eine Veränderung. Die Nachricht, dass Daimler jemanden mit Agenturerfahrung für die Besetzung der internen Kommunikation sucht, kam da wie gerufen. Prompt hat Jessica die Chance genutzt und sich ohne viel Hoffnung auf die Stelle beworben. Dass sie am Ende überzeugen konnte und die Stelle bekommen hat, beschreibt sie heute als „unfassbares Glück.“ „Das war einfach mega cool damals. Von einer 15-Mann-Agentur zu einem Konzern mit 300.000 Mitarbeiter*innen war was ganz Neues“, erinnert sie sich. Die Zeit in der internen Kommunikation nutzte Jessica von Beginn an, um sich innerhalb des Konzerns bestmöglich zu vernetzen. So kam es, dass sie sich zwei Jahre nach ihrer Einstellung intern auf ihre heutige Position bewarb, nachdem ihr Vorgänger auf sie zukam und sie für die Stelle im Marketing empfohlen hatte: „Das war eine Ehre für mich. Eigentlich musst du dafür Marketing studiert haben“, erzählt sie. Im Vorstellungsgespräch habe sie dann einfach mit offenen Karten gespielt: „Das war echt witzig. Ich bin da ganz offen rein gegangen und habe aufgezählt, was ich alles kann und auch, was ich alles nicht kann, aber wie ich das fehlende Wissen durch Fleiß und Lernbereitschaft wettmachen und aufholen kann.“ Mit ihrer offenen Art scheint Jessica überzeugt zu haben, denn trotz fehlendem Marketingstudium bekam sie die Stelle als Social Media Managerin und setzte sich gegen mehrere Bewerber durch, die vom Studium her besser gepasst hätten.

Vom Netzwerken und Durchbeißen: Jessicas Tipps an die Studierenden

Bild: Jessica Reuer.

Heute ist Jessica froh, den Weg aus der Agentur gewagt zu haben und rät: „Viele bekommen ihren Hintern nicht hoch. Wenn man jung, motiviert und lernbereit ist, sollte man aber immer alles versuchen.“ Sie selbst beschreibt sich als positiven Menschen, der immer versucht, das Beste aus allem zu machen. „Ich ziehe aus allem eine Lehre, egal, ob etwas gut oder schlecht gelaufen ist. Es passiert alles aus einem Grund.“ Jessica kann heute behaupten, nichts zu bereuen: „Ich würde alles wieder so machen.“ Auch die Zeit in der Agentur, die sie oftmals viel Kraft und Nerven gekostet hat, möchte die 31-Jährige trotz allem nicht missen: „Das war eine super Schule. Ohne diese vier Jahre hätte ich meinen Job heute nicht. Ich habe dort viel gelernt, vor allem, mich durchzubeißen, durchzusetzen und niemals aufzugeben.“ Das sind Eigenschaften, die Jessica uns Studierenden ans Herz legen möchte. Zudem habe ihr auch die Berufserfahrung, die sie während des Studiums gesammelt hat, enorm geholfen. Dazu zählt nicht nur ihre Auslandserfahrung während des Praktikums, sondern auch ihr Nebenjob als Kassiererin bei Penny. Neben all diesen Eigenschaften ist es vor allem das ständige Erweitern ihres Netzwerks, sei es im Studium oder im Beruf, das Jessica zu ihrem Erfolg verholfen hat. Bei aller Motivation und Lernbereitschaft darf eines aber nie fehlen: „Eine Portion Glück zählt auch immer dazu.“

 Zudem habe ihr auch die Berufserfahrung, die sie während des Studiums gesammelt hat, enorm geholfen. Dazu zählt nicht nur ihre Auslandserfahrung während des Praktikums, sondern auch ihr Nebenjob als Kassiererin bei Penny. Neben all diesen Eigenschaften ist es vor allem das ständige Erweitern ihres Netzwerks, sei es im Studium oder im Beruf, das Jessica zu ihrem Erfolg verholfen hat. Bei aller Motivation und Lernbereitschaft darf eines aber nie fehlen: „Eine Portion Glück zählt auch immer dazu.“

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