Marvels Weltraum-Experiment
von Marius Lang
Die ersten beiden Szenen von James Gunns Guardians of the Galaxy reichen komplett aus, um den Ton des Films zu treffen. Wir beginnen auf der Erde, 1988, wo die Mutter des kleinen Peter Jason Quill soeben ihren Kampf gegen den Krebs verliert. Zum Abschied schenkt sie ihrem Sohn ein kleines Paket, kurz darauf stirbt sie und der völlig aufgelöste Peter läuft von Zuhause weg, direkt in die Arme von Außerirdischen, die ihn prompt mitnehmen.
Der perfekt abgestimmten Eröffnung folgt Zeitsprung über 26 Jahre, auf den verlassenen Planeten Morag, wo der mittlerweile erwachsene Quill (Chris Pratt), ein Hitzkopf und Kleinkrimineller, der sich selbst gerne Star-Lord nennt, landet, um ein mysteriöses Artefakt zu bergen. Er schaltet seinen Walkman an und tanzt durch eine Höhle, während die Opening Credits ablaufen. Der fröhliche Musik und Quills quirliger Tanz und unbeschwertes Auftreten schaffen den Kontrast zur tragischen ersten Szene und so öffnet sich Marvels neuester Film, der definitiv beste Film des Sommerstund.
Aus den Tiefen der Trickkiste
Guardians of the Galaxy kann man getrost als Marvels bislang größtes Experiment bezeichnen. Selbst hartgesottene Fans sind nicht allzu vertraut mit den Hauptfiguren, die zum extrem weiten Space-Storyverse des Comicverlags gehören, von den Nebenfiguren sollte man gar nicht erst anfangen.
Die Comicreihe begann ursprünglich in den 60er Jahren, der Film beruft sich jedoch weitgehend auf die wiederbelebte Version der Guardians of the Galaxy von 2008, wenngleich mit der für Marvel-Filme üblichen etwas anderen Herangehensweise an die Grundlage. Dies konnte durchaus der erste Flop unter den Filmen des Marvel-Filmuniversums werden. Glücklicherweise kam es anders, was unter anderem der mitreißenden und dabei schlichten Story zu verdanken ist.
Auf Morag entdeckt Quill das gesuchte Objekt, wird jedoch vom Bösewicht Korath (Djimon Hounsou), unterwegs im Auftrag von Ronan the Accuser (Lee Pace), dem faschistischen Hauptantagonist des Films, gestellt, dem er mit dem Artefakt nur knapp entkommt. Beim Versuch, das Diebesgut schnell zu verkaufen gerät Quill mit Assassinin Gamora (Zoe Saldana) sowie den „Kopfgeldjägern“ Rocket (Bradley Cooper), einem sprechenden, streitsüchtigen Waschbär und Groot (Vin Diesel), einem gewaltigen Baumalien, aneinander. Alle vier werden festgenommen und eingesperrt. Im Gefängnis bildet sich eine den Umständen geschuldete Allianz aus den vier und dem bereits einsitzenden Drax the Destroyer (David Bautista). Gemeinsam bricht man aus, mit dem Ziel, das Artefakt teuer zu verkaufen. Doch der Weg der bunten Truppe gestaltet sich als schwerer als zunächst erwartet und wo man hinkommt, sind Ronan und seine Schergen, Korath und Gamoras Adoptivschwester Nebula (Karen Gillan) dem Team auf der Spur.
Action, Spaß und der Sound der 80s
Soweit nur zur Geschichte, die vielleicht nicht die tiefste unter den Comicverfilmungen ist, ihren Zweck aber voll und ganz erfüllt. James Gunn, Filmfans bekannt vor allem durch seine vorherigen Filme Slither (2006) und Super (2010), entpuppt sich als die perfekte Wahl als Regisseur. Sein Film ist mit Sicherheit der Film, der zur Zeit noch am losesten mit der Story der übrigen Marvel-Filme verbunden ist, dafür ist es aber auch definitiv der Film, der am leichtesten zugängig ist. Auch ohne Wissen über das Story-Universum kann man problemlos gewaltigen Spaß haben. Selten hat ein Film, trotz über zwei Stunden Laufzeit, so wenig Länge spüren lassen. Brillanter Humor jagt wilde, wunderschön aussehende Actionszenen, hin unter wieder unterbrochen von traurigeren oder ruhigeren Szenen. Das alles wird untermalt von einem wunderbaren Soundrtrack aus den 80er Jahren.
Wenn es überhaupt einen Wehrmutstropfen an dem Film gibt, so sind es die Bösewichte. Ronan ist ein recht blasser Oberbösewicht, nicht anders als direkt aus einem schlechten Cartoon entnommen. Korath ist zwar interessant, bekommt dafür aber definitiv zu wenig Screentime und auch von Nebula wünscht man sich ein Wiedersehen, in dem sie mehr Facetten erhält. Dennoch ist das Cast, die Schauspieler dieser drei eingeschlossen, bis in die kleinste Rolle großartig besetzt. Getragen wird alles von Chris Pratts charismatischer Performance als Star-Lord. Auch Zoe Saldana spielt Gamora erwartungsgemäß gut, als starke Figur, die sich nichts gefallen lässt. Die Überraschung allerdings dürft der ehemalige Pro-Wrestler David Bautista als Drax sein, dessen Rolle wesentlich mehr Tiefe erhält, als ursprünglich gedacht.
Anschauen. Weil sehr gut.
Generell könnte man noch wesentlich länger über den Film schwärmen. Doch zuviel sollte nicht gesagt werden. Ein Tipp für Fans: achtet auf Easter Eggs, der Film ist voll davon. Und nun bleibt nur noch die Frage, warum dies eigentlich noch Leute lesen und noch nicht im Kino sind. Verschwindet und seht euch den coolsten Film dieses Sommers an.
Foto: Walt Disney
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