Kleiner Held, ganz groß

von Marius Lang

Marvel's Ant-Man Scott Lang/Ant-Man (Paul Rudd)  Photo Credit: Zade Rosenthal © Marvel 2014Einst war Ant-Man, mit bürgerlichem Namen Hank Pym (Michael Douglas), einer der Top-Agenten der USA im Kampf gegen fremde Mächte. Doch als das Militär seine Techniken finanziell nutzen wollte, nahm der brillante Forscher seinen Hut und seine Technologie gleich mit. Heute lebt Hank Pym zurückgezogen und von seiner Tochter  entfremdet. Seine Firma haben längst andere übernommen, geführt von Pyms einstigen Schützling Darren Cross (Corey Stoll). Als Cross jedoch enthüllt, dass er die Technologie von Ant-Man, sich selbst und andere Materie nach Willen kleiner zu machen, entdeckt hat und nun ebenfalls als Waffe vermarkten will, ist Pym zum erneuten Handeln getrieben. Er rekrutiert den Ex-Knacki Scott Lang (Paul Rudd) und bildet ihn gemeinsam mit seiner Tochter Hope van Dyne (Evangeline Lilly) zum neuen Ant-Man aus, um die Pläne seines früheren Schülers zu durchkreuzen.

Soweit zur Story des aktuellsten Films des MARVEL Filmuniversums. Damit haben wir zum ersten Mal seit Captain America (2011) die Einführung eines neuen Helden in einer klassischen Origin-Story. Zugegeben, Avengers: Age of Ultron (2015) konnte auch als Origin-Story gehandelt werden, für Android Vision und in geringerem Maß für die Maximoff-Zwillinge, doch bei Ant-Man passiert es zum ersten Mal seit Jahren, dass die Grundlage eines neuen Superhelden aus dem Hause MARVEL und Disney in einem eigenen Film abgehandelt wird, abseits der Avengers. Dies hält das Team der größten Superhelden der Welt jedoch nicht davon ab, sich zeitweise und zumindest teilweise in die Handlung einzubringen. Doch dazu später mehr.

Experiment geglückt?

Der Film kann ganz klar als Risiko eingestuft werden. Aus mehreren Gründen: Zum einen ist Ant-Man bei jenen, die mit den Comics weniger bewandert sind, eher einer der obskureren Helden, und das obwohl er zur ersten Besetzung der Avengers gehörte. Zum anderen stand der Film in seiner Produktion von Anfang an unter keinem guten Stern. Als erster Regisseur wurde Edgar Wright angestellt. Doch 2014 distanzierte sich der Regisseur von Hot Fuzz und Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt von dem Projekt. Grund hierfür waren wohl kreative Differenzen. Wrights Nachfolger wurde der in Komödien bewanderte Peyton Reed. Doch hat der Wechsel sich bezahlt gemacht? Ist das Experiment geglückt?

Zum größten Teil: Ja. Den Einfluss des Fachmannes erkennt man deutlich: Ant-Man kann getrost als einer der lustigsten Filme der Reihe bezeichnet werden. Wenngleich nicht jeder Gag an sich funktioniert, schaffen es die sympathischen Charaktere selbst diese so an den Mann zu bringen, dass man sich ein Schmunzeln kaum verkneifen kann.

Gute Charaktere

Marvel's Ant-Man L to R: Scott Lang/Ant-Man (Paul Rudd) and Hank Pym/Ant-Man (Michael Douglas) Photo Credit: Zade Rosenthal © Marvel 2014Diese Charaktere, bis in die kleinsten Nebenrollen großartig besetzt, sind dann auch die erste große Stärke des Filmes. Paul Rudd ist ein wahrer Glückstreffer als Hauptfigur Scott Lang, er bringt genau die richtige Mischung aus Humor und Charaktertiefe mit sich, die der Film von seinem Hauptdarsteller verlangen kann. Geschult wird er im Film von Michael Douglas als in die Jahre gekommener Ex-Ant-Man Hank Pym. Und wie könnte man es von dem Schauspieler anders erwarten, Douglas ist großartig. Die Mentoren-Rolle steht ihm gut und doch blitzen da stets die Anzeichen des harten Knochen und alten Haudegens durch, die man von einem pensionierten Superhelden erwarten würde. Auch Evangeline Lilly als Hope van Dyne, Hank Pyms entfremdete Tochter, macht eine exzellente Figur. Tragisch ist dabei nur, dass der Film sie von Anfang an als offensichtliches Love-Interest für Scott Lang eingeplant hat. Das Problem dabei: Hope ist eigentlich als Charakter die eigentlich logische erste Wahl ihres Vaters für den Anzug des Titelhelden. Sie ist hochintelligent, stark, beherrscht die Technik des Helden und ist von Anfang an gewillt, trotz aller Differenzen mit ihrem Vater, ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Die Begründung, warum sie dann nicht zum Helden werden darf, wirkt demzufolge etwas an den Haaren herbeigezogen. Doch am Ende wird man hierfür entschädigt.

Einzige charakterliche Schwäche, wie so oft in den MARVEL-Filmen, ist hierbei der Bösewicht. Der talentierte Corey Stoll ist völlig verschwendet als Fiesling Darren Cross, beziehungsweise Superschurke Yellowjacket. Cross gibt wenig her, er wirkt wie ein zorniges Kind, dass von seinem Zieh-Papa Pym nicht ausreichend geliebt wurde. Dafür sind die Nebenfiguren fantastisch besetzt. Besonders hervorzuheben ist hierbei Michael Peña als Scotts Knast-Kumpel Luis, der einen Großteil der Lacher des Filmes auf seiner Seite verbuchen kann. Dazu tut es immer wieder gut, Peña in einem Film zu sehen. Hinzu kommt ein großartiger Gastauftritt von Anthony Mackie als Avengers-Mitglied Falcon. Dieser Gastauftritt dient dabei noch dazu, Ant-Mans Rolle in dem 2016 erscheinenden Captain America: Civil War aufzubauen.

Traumhaft anzusehen

Marvel's Ant-Man Ant-Man/Scott Lang (Paul Rudd)  Photo Credit: Film Frame © Marvel 2015Neben dem Humor und den guten Charakteren hat der Film noch eine weitere große Stärke: Die phänomenalen Sequenzen, immer dann wenn Ant-Man auf Ameisengröße schrumpft. Daraus hätte man zwar eigentlich noch so viel mehr machen können, doch das was man bekommt, ist schon fantastisch. Die Ameisen, mit denen Ant-Man kommunizieren kann, werden zu einem emotionalen Anker des Films. Die Actionsequenzen sind gut choreografiert und machen exzellenten Gebrauch von der Technik des Helden. Tragisch ist dabei nur, dass der finale Kampf der Hauptfigur mit Schurke Yellowjacket bereist zum Löwenanteil im Trailer des Filmes vorweg genommen wurde. Doch das große Finale des Filmes entschädigt hierfür mehr als ausreichend. Ohne zu viel vorwegzunehmen, es ist der beste Moment des Films und kann getrost als Andeutung darauf gesehen werden, wie künftige MARVEL-Filme, insbesondere der bald erscheinende Doctor Strange, aussehen könnten.

Ant-Man startete als Experiment: Kann man aus einem Helden wie Ant-Man einen Publikumsliebling machen? Die Antwort: Ja, man kann. Mit Guardians of the Galaxy hat das Studio schon bewiesen, dass keine IP zu obskur ist, um daraus nicht einen Hit zu machen. Und auch dieses Mal kann man beruhigt sein, dass der erste richtige Flop von MARVEL noch auf sich warten lässt. Ant-Man macht schlicht Spaß, ein echter Sommerhit und ist dazu schön anzusehen. Dazu nehme man sympathische Charaktere, viel Energie und dazu noch ein gutes Maß Einfallsreichtum und schmecke es ab mit riesigen Ameisen und der perfekte Sommerblockbuster ist fertig. Wer ihn noch nicht gesehen hat, sollte das schleunigst nachholen.

Fotos: Zade Rosenthal © Marvel 2014