Inklusiver Sport in den Medien

Chance und Herausforderung

Von Felix Groß, Nico Henkel

Ein Feuerwerk der Inklusion. Es ist 21:37 Uhr als die Berliner Innensenatorin Iris Spranger die Special Olympics National Games 2022 in der Alten Försterei, dem Fußballstadion der Union Berlin, feierlich eröffnet. Wenige Momente später erleuchtet das olympische Feuer. Wie Inklusion und Sportveranstaltungen Hand in Hand gehen.

Die Spiele können beginnen. Ein Moment, der mir sicherlich noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Gemeinsam mit dem Unified Basketballteam Zuffenhausen 89er durfte ich bei den Nationalen Spielen in Berlin 2022 antreten.

 

Während Neuigkeiten, Transfergerüchte und selbst Beziehungsprobleme von Fußballspielern die Titelseiten oder Online-Eilmeldungen einiger Zeitungen einnehmen, bekamen die Special Olympics National Games eine geringe Aufmerksamkeit. Und doch muss positiv erwähnt werden, dass die Berichterstattung über inklusive Sportveranstaltungen in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat. So wurden beispielsweise die diesjährigen Special Olympics National Games, durch den Sportsender Sky[1] verfolgt und einzelne Berichte über die Sportarten sowie Interviews mit Athlet*innen veröffentlicht. Und auch viele weitere große Medienhäuser berichteten davon.

 

Inklusion – Gleichbehandlung durch Gesellschaft

Zunächst sollte hierbei klargestellt werden, was unter dem Begriff Inklusion verstanden wird. Im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention[2] von 2009 bedeutet Inklusion, dass allen Menschen in allen gesellschaftlichen Bereichen eine selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilhabe möglich ist. [3]Durch die Förderung von speziellen Einrichtungen muss Menschen mit einer Behinderung so ein ungehinderter Zugang und eine umfassende Beteiligung an allen Lebensbereichen möglich gemacht werden. Dabei soll sich nicht die Person mit Behinderung an die Rahmenbedingungen anpassen, sondern die Gesellschaft soll auf sie zugehen und als gleichwertig behandeln.

 

Nach diesem Verständnis von Inklusion hat also die Gesellschaft die Pflicht, auf Menschen mit Behinderung zuzugehen und sie gleichwertig zu behandeln. Katarina Witt, die mehrfache Weltmeisterin im Eiskunstlaufen äußerte sich diesbezüglich in einem Interview mit EUROSPORT bei den Special Olympics National Games 2022:

 

„Es ist total wichtig, dass das so viel Aufmerksamkeit bekommt, dass diese gelebte Inklusion eigentlich immer selbstverständlicher werden sollte und das Menschen mit einer körperlichen oder geistigen Behinderung vollwertige Mitglieder unserer Gesellschaft sind.“ [4]

 

Über die Prägnanz der Sichtbarkeit von Menschen mit Beeinträchtigung in sozialen Medien sagt der renommierte Journalist, Autor und Herausgeber, Raúl Aguayo-Krauthausen, dass gerade Medien eine wichtige Rolle dafür spielen, woran sich die Wahrnehmung unserer Gesellschaft orientiert, wenn es um Behinderung geht. Er kritisiert hierbei[5], dass die Vorstellungen davon, was Behinderung sei oder bedeute von Menschen geprägt sei, die häufig wenig Berührungspunkte mit den Lebensentwürfen der Menschen mit Behinderung haben. Das könne zu dem Problem führen, dass eine Gruppe von Menschen im gesellschaftlichen Diskurs unsichtbar wird.

 

Als Gegengewicht einer solchen Befürchtung wirken Aktivist*innen, wie Raúl Aguayo-Krauthausen, die in sozialen Medien ihre eigene Sichtweise durch soziale Medien veröffentlichen. Auf seiner Internetseite[6] veröffentlicht Raúl Aguayo-Krauthausen Interviews in verschiedenen Formaten wie Podcasts und YouTube Videos oder Blogbeiträge. In verschiedenen Podcastformaten widmet er sich politischen Themen und auch dem Thema Inklusion (Podcast die neue Norm).

Medienberichte als Gegengewicht

Auch Medienberichte können als Gegengewicht wirken, indem durch Interviews und eine Berichterstattung die Sichtweise von Menschen mit Behinderung in die Vorstellungen davon, was Behinderung sei, einfließen. Gerade große Veranstaltungen können dabei besonders wichtig werden, denn sie ziehen eine mediale Aufmerksamkeit auf sich. Daher könnten die Special Olympics World Games 2023 in Berlin eine Chance sein, die mediale Behandlung von Inklusion weiter voranzutreiben.

Vom 17ten bis 25ten Juni 2023 finden über mehrere Standorte in Berlin verteilt die Special Olympics World Games statt. Die Special Olympics World Games[7] sind die weltweit größte inklusive Sportveranstaltung und sind somit auch die weltweit größte Sportbewegung für Menschen mit einer geistigen Behinderung oder Mehrfachbehinderung. Die Weltspiele werden erstmals in Deutschland stattfindenden. Dabei werden etwa 7.000 Athleten aus 190 Delegationen, die in 26 verschiedenen Sportarten antreten, erwartet. Zudem werden 20.000 Helfer*innen dazu beitragen, dass die Weltspiele in Berlin stattfinden können.[8]

Die mediale Aufmerksamkeit für inklusive Veranstaltungen ist für den Prozess der Inklusion also wichtig, da sie dazu führen soll, dass Menschen mit Behinderung als gleich wahrgenommen werden. Doch noch wichtiger als überhaupt eine mediale Aufmerksamkeit erscheint, wie über Menschen mit Behinderung berichtet wird und welche Wahrnehmungen dann an die Leser*innen herangetragen werden. Menschen mit Behinderung werden medial oft als Opfer, Leidende oder auch Helden dargestellt, wodurch die Wahrnehmung eines schweren Schicksals vermittelt wird, das ausgehalten oder bezwungen werden muss. Der Verein Sozialhelden hat daher ein Projekt namens Leidmedien gegründet, das sich unter Anderem an Medienschaffende wendet und Tipps dazu gibt, auf welche Weise eine Berichterstattung über Menschen mit Behinderung stattfinden sollte. Auf der Internetseite Leidmedien.de[9] können Medienschaffende Tipps über Begriffe über Behinderung, Leitfäden, Klischees, Positivbeispiele und barrierefreie Kommunikation einholen. Ein Tipp dabei ist Beispiel, dass die behinderten Interviewten ein Anliegen, ein Projekt oder eine Idee haben, zu der sie interviewt werden. Gegenstand des Interviews sollte also allein diese Themen sein und nicht die Behinderung der Person.

Für die Special Olympics World Games 2023 tut sich die Chance auf, dass Inklusion vielen Menschen ins Gedächtnis gerufen wird, die ansonsten wenig Berührungspunkte mit dem Thema haben. Damit ein Beispiel dafür gelingen kann, wie inklusive Sportveranstaltungen und die mediale Berichterstattung zu einer besseren Wahrnehmung der Gesellschaft führen kommt es allerdings auf das Wie an.