Hat die Generation Praktikum ein Ablaufdatum?

Von Marie-Luise Michel

Ob Medienwissenschaftler oder BWLer – sie alle vereint der Wunsch nach mehr Praxiserfahrung. Dabei kommt häufig das Klischee des ewigen Praktikanten auf. Welche Rolle der Mindestlohn dabei spielt, erfahrt ihr in diesem Beitrag.

Die Bezeichnung „Generation Praktikum“ ist eine Kreation des Journalisten Matthias Stolz. 2005 hat er in einem Artikel von ZEIT Online dem Phänomen der ewigen Praktikanten einen Stempel verpasst, der vielen Leuten auch noch Jahre danach ein Begriff ist. Man fragt sich nun, ob die Bezeichnung im Jahr 2018 immer noch zutrifft. In seinem Artikel erklärt er, dass ein Praktikum früher dazu gedacht war, in einen unbekannten Beruf hineinzuschnuppern. Dies sei inzwischen nicht mehr so, da Praktikanten eigentlich genau wissen, in welchem Beruf sie einmal arbeiten möchten. Praktika werden viel mehr zu einer Dekoration des Lebenslaufs, um so mit möglichst viel Praxiserfahrung zu punkten. Grundsätzlich kann man sich wohl mehr die Frage nach der Motivation dahinter stellen – hangelt sich jemand von einem Praktikum zum anderen, weil er/sie keinen Job findet oder möchte der- oder diejenige tatsächlich etwas dazu lernen? Weil das Absolvieren von Praktika so viele, wenn nicht sogar unsere gesamte Generation betrifft, habe ich mich mit den Rechten und Pflichten von Praktikanten auseinandergesetzt.

Mindestlohn: Der Grabstein der Generation Praktikum?

Ob der „Grabstein“ das richtige Synonym hierfür ist, darüber lässt sich streiten. Laut Andrea Nahles ist die Generation der ewigen Praktikanten seit Einführung des Mindestlohns zumindest Geschichte. In einer Broschüre des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales äußert sie sich dazu: „Das Modell Generation Praktikum ist endgültig vorbei. Praktika sind für junge Menschen auf dem Weg ins Berufsleben gedacht, damit sie erste Praxiserfahrungen sammeln und sich beruflich orientieren. Sie sind aber nicht für Arbeitgeber gedacht, die meinen, sie bekämen qualifizierte Leistung zum Dumping-Preis.“

Das heißt, der Arbeitgeber ist seit dem 1. Januar 2015 bei einer Praktikumsdauer von mehr als drei Monaten dazu verpflichtet, dem Praktikanten den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 € zu zahlen.  Seit dem 01. Januar 2017 ist der Mindestlohn auf 8,84 € gestiegen. Dem Gesetz nach wird der Mindestlohn alle zwei Jahre neu vereinbart. Man kann daher zum 01. Januar 2019 damit rechnen, dass dieser auf 9,19 € steigt. Pflichtpraktika sind von dieser Regelung bisher ausgenommen.

Wenig Begeisterung auf Arbeitgeberseite

Die Mindestlohnregelung mag zwar vor einer Ausbeutung der Praktikanten als billige Arbeitskraft schützen, die Freude darüber hält sich bei Arbeitgebern allerdings in Grenzen. Veit Mathauer ist Geschäftsführer der PR-Agentur Sympra in Stuttgart und berichtet von starken Veränderungen sowohl für Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer. Die Agentur hat die Praktikumsdauer inzwischen von 6 auf 3 Monate halbiert, da sich der Nutzen eines Praktikanten nicht mehr mit dem finanziellen Aufwand rechnet. „6 Monate sind wegen des Mindestlohns finanziell nicht mehr machbar – Praktikanten werden uninteressant für die Agentur“, erzählt Mathauer. Es lohnt sich daher mehr, einen Trainee einzustellen, der für einen längeren Zeitraum in Projekte eingebunden ist. Auch Praktikanten ziehen hier den Kürzeren, da sie nach einer dreimonatigen Einarbeitungsphase eigentlich schon wieder ihre „Koffer packen“ müssen und ihre gesammelten Erfahrungen nicht in den Agenturalltag einbringen können.

Die Vor- und Nachteile der Mindestlohnregelung lassen sich vermutlich nicht verallgemeinern – es hängt laut Mathauer viel mehr vom Geschäftsmodell des jeweiligen Arbeitgebers ab.

Irgendwas mit Medien

Die Verbindung zur Medienwissenschaft soll hier natürlich auch nicht zu kurz kommen. Denn gerade in der Medienwelt sind die Möglichkeiten für ein Praktikum so vielfältig wie die Branche selbst. In kaum einem anderen Berufsfeld sind so unterschiedliche Qualitäten und Fähigkeiten gefragt. Vom Kameramann über die Regieassistenz bis hin zur Unternehmenskommunikation ist alles möglich. Drei Mewis berichten in einem Interview über ihren Arbeitsalltag und ihre persönliche Erfahrungen. Im nächsten Beitrag könnt ihr in einem Jobprotokoll lesen, was die drei zu erzählen haben.