Film und Gesellschaft. Abschlussartikel

von Selina Juliana Sauskojus

Film und Gesellschaft – darum drehten sich meine Artikel, die ich im Laufe des vergangenen Jahres verfasst habe. Dass Film und Gesellschaft auf verschiedenen Ebenen zueinander finden können, ist einem Rezepient beim ersten Schauen eines Filmes oft überhaupt nicht bewusst. Es ist längst nicht mehr nur die Gesellschaftskritik „durch die Blume“, bei der sich Film und Gesellschaft verbinden.

Kritik

Das Erste, woran man denkt, ist sicherlich die klassische Gesellschaftskritik. Diese spielte tatsächlich in den meisten Rezensionen die größte Rolle. Ob bei Dawn of the Dead, Edward mit den Scherenhänden oder Solitude – alle drei Filme üben fantasievolle Kritik am Status quo. Von der Konsumgesellschaft bis zur Entfremdung von sich selbst und der Gesellschaft; der Ausdruck ist subtil. Den erhobenen Zeigefinger sparten sich die Regisseure Romero, Hoge und Burton gekonnt.

Industrie

Ralf Michael Fischer zeigte in seinem Gastbeitrag, dass mit Gesellschaft nicht nur das soziale Konstrukt gemeint sein kann, sondern durchaus auch eine Industrie – die Filmindustrie nämlich, die Kultregisseur Stanley Kubrick zu seinem „Protestfilm“ Spartacus animierte.

Spiritualität

Doch auch der Kern der Gesellschaft – der Mensch selbst – kann Thema des Films sein. Dies zeigt der Malicks Tree of Life. Woher kommt der Mensch? Wie kann er sich in das Gesellschaftsgefüge einbinden? Was bedeutet die Gesellschaft und deren Erwartung für das Individuum? Dass diese Ansätze streitbar sind und oft auch missverstanden werden können zeigte die Reaktion auf den Film. Negative Kritiken, Kinobesucher mitten in der Vorstellung den Saal verließen – Malicks Beobachtungen der Gesellschaft waren für manch einen vielleicht doch etwas unangenehm und kryptisch.

Politik

Die Reaktion und Wirkung eines Filmes können von Machern und Regisseuren oft nicht vorhergesehen werden. Ob Oliver Stone wusste, dass seine historische Rekapitulation des Kennedy-Attentates JFK – Tatort Dallas ein politisches Erdbeben verursachen würde, ist unwahrscheinlich. Doch genau dies geschah. Die amerikanische Gesellschaft verlangte nach diesem Film Aufklärung und Stellungnahmen. Die Politik musste handeln und Akten offenlegen – ohne Oliver Stones Arbeit wären all jene vermutlich bis heute unter Verschluss.

Dystopie

Manche Regisseure beobachten jedoch nicht die Vergangenheit oder den Status Quo – sie interessiert die Zukunft. Und diese sieht meist eher düster aus – dystopisch eben. Joseph Gordon-Levitt stellte in seinem Erstlingswerk Don Jon dar, wo die digitalisierte Gesellschaft hindriften kann, wenn sie den Bezug zur Realität verliert. An einem jungen Pärchen illustriert er, wie sich Erwartungen verschieben und Bindungen verändern. Nicht nur Dystopie, sondern vielleicht auch Warnung.

Auf eine höhere Ebene hievt diese dystopische Problematik die Serie The Walking Dead. Die Gesellschaft wie wir sie kennen gibt es in diesem Universum nicht mehr. Die Gesellschaft bröckelt und Menschlichkeit, wie man sie kannte, weicht einem Auge um Auge-Konzept.

Dunkle Voraussagen darüber, wo die Gesellschaft hintreibt, sind vermutlich nach der klassischen Gesellschaftskritik die häufigste Form der Auseinandersetzung zwischen Filmemachern und Gesellschaft.

Fazit

Film und Gesellschaft gehören unweigerlich zusammen. Jeder Film spiegelt Gesellschaft wieder, kritisiert sie in irgendeiner Form oder reagiert auf sie. Sie hilft der Gesellschaft sich selbst zu verstehen, Traumata zu verarbeiten und Katastrophen vorherzusehen. Mal in höherem Maße, mal in geringerem. Denn, so sagte es bereits die Künstlerin Marina Abramovic: „Die wichtigste Aufgabe der Kunst ist es, der Gesellschaft zu dienen.“ Und das tut die Filmkunst vermutlich unmittelbarer als jede andere Form der Kunst.

Bild: flickr.com/Kenneth Lu (CC BY 2.0); Bearbeitung Sanja Döttling

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