Die Finanzkrise? Ein Sachbuch als Film

Von Maya Morlock

Das Drama „The Big Short“ von Regisseur Adam McKay, das am 14. Januar startet, durchleuchtet die Ursachen der Finanzkrise in den USA, die von 2007-2010 Millionen Menschen das Leben erschwerte. Schlüsselfiguren werden gezeigt, die das Unheil kommen sahen und gekonnt ihren Vorteil daraus zogen. Das Staraufgebot ist gigantisch: Cristian Bale, Ryan Gosling, Brad Pitt und Steve Carell!

Der Zahlenprophet

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„Ich verstehe keine Ironie – ich bin auch nicht witzig – ich lese Zahlen!“ Der ehemalige Neurologe Michael Burry (Christian Bale „Batman Begins“ oder „American Hustle“) ist ein Sonderling: Bei dem Vorstellungsgespräch eines Bewerbers ist er abwesend und scheint sich nicht für dessen Qualifikationen zu interessieren. Vielmehr ist er damit beschäftigt, wild mit den Schlagzeugstöcken irgendwo herumzuhämmern. Der Blick ist abwesend und durch das eine Glasauge weiß man nie wohin er gerade sieht. Die meiste Zeit hört er Heavy-Metal-Mucke in einer ohrenbetäubenden Lautstärke. Als der Bewerber fragt, ob er nun eingestellt sei, meint Burry nur: „Äh, ja…ja natürlich…arbeiten Sie.“ Doch hinter dem etwas autistisch wirkenden Mann steckt ein Genie, das als Einziger durch die Logik der geliebten Zahlen den Finanzcrash drei Jahre zuvor entdeckt. Nun beginnt er Leerkäufe von Aktien großer Investmentbanken zu tätigen – sicher, es zahle sich bald aus.

Das gierige Gesindel

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Einige Wenige erkennen Burrys Genie und steigen in das Geschäft ein. Einer davon ist der Deutsche-Bank-Makler Greg Lippman (Ryan Gosling „Das perfekte Verbrechen“ oder „the inside of march“), der den risikofreudigen Spekulant und Trader Steve Eisman (Steve Carell „Dinner für Spinner“) mit ins Boot holt. Zwei Neulinge an der Wallstreet bekommen über einige Ecken das Treiben mit und durchschauen den Plan – sie hängen sich an den einstigen Star-Investor Ben Rickert (Brad Pitt „Mr. and Mrs. Smith“), der ihnen den Einstieg an die Börsenspitze erleichtert. Im Grunde wird erklärt, wie es zu diesem Finanzcrash gekommen ist und welche Personen, die weitsichtig genug waren, Profit aus ihm zogen. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Sachbuch von Michael Lewis, der die Schlüsselfiguren benennt und Themen, wie die Kreditausfallversicherung und die Immobilienblase, erklärt und kritisch beäugt.

Info hui – Spannung pfui

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Dieses Finanzspektakel ist eindeutig etwas für Interessierte der Materie. Rein filmische Spannung kommt nicht auf, da der Clou, der Finanzcrash, schon in der zweiten Szene verraten wird. Während die Filmcharaktere nach fast zwei Jahren der Spekulation so langsam ungeduldig werden und anfangen, an ihren Investitionen zu zweifeln, weiß der Zuschauer genau, was kommen wird. Es geht eher darum, die Hintergründe aufzuzeigen und sie dem Zuschauer zu erklären. Dazu werden auch filmische Brüche benutzt, die normalerweise zu den „No-Gos“ gehören: Bei inhaltlichen Themen kommt es schon mal vor, dass der Schauspieler direkt in die Kamera spricht und dem Kinobesucher Fachwissen erklärt. Besonders heikle Informationen werden auch in Schriftform eingeblendet, um sich zu vergewissern, dass sie wirklich angekommen sind. Auch die Kamera verhält sich filmisch unnatürlich: Viele Zooms werden verwendet, zwischenzeitlich erinnert die Kamera eher an eine Interviewsituation, als an einen gescripteten Film. Der Fokus liegt auf der Adaption eines Sachbuches, weshalb es einleuchtet, dass der Inhalt und die Materie des Finanzcrashs wichtiger sind, als gekünstelte filmische Spannung. Soweit bekannt wird auch kaum etwas hinzugedichtet, nur um die Aufmerksamkeit oder das Interesse zu steigern.

Für Interessierte und diejenigen, die es werden wollen ein Muss. Für Liebhaber anderer Genres und Kinobesucher die sich lieber in andere Welten entführen lassen, anstatt mitzudenken, wohl eher nicht. Ein guter Film – der jedoch eindeutig Geschmackssache ist.

Fotos: ©2015 PARAMOUNT PICTURES