Das Geschäft mit Social Media: Die Musikbranche passt sich an!

Von Josephin Noka

Ein Live-Konzert, ein Auftritt im Fernsehen oder im Radio: In der Welt eines Musikers gibt es viele Bühnen, die er betreten mag. Doch eine ganz besondere ist in den letzten Jahren hinzugekommen, die des Social Media. Sie verspricht eine exklusivere Nähe zwischen den Künstlern und der Öffentlichkeit, doch scheint dahinter nicht nur ein sozialer Akt zu stehen, sondern eine Marketingstrategie, die für die Musikbranche zum Pflichtprogramm geworden ist.

Facebook, YouTube und Instagram, all diese Plattformen ermöglichen uns, das Leben mit anderen Menschen virtuell zu teilen. Dabei erstreckt sich der Inhalt unserer Postings von einem Foto unseres Mittagessens bis hin zu einem Workout-Video, das mit unserem momentanen Lieblingssong hinterlegt wurde. Der Einfluss der Musikindustrie hat in den sozialen Netzwerken stark zugenommen.

Eine US-amerikanischen Studie aus dem Jahr 2015 bestätigt, was vielen Usern immer mehr auffällt: Instagram-User in Amerika geben mehr Geld für Musik aus und investieren mehr Zeit als normale Musikkonsumenten in Musik (Nielson, 2016).

Der Spagat zwischen Musik und visuellem Inhalt

Im Juni 2018 hat die App eine neue Funktion hinzugefügt, die den Usern die Möglichkeit gewährt, ihre Postings zusätzlich mit Musik zu hinterlegen. Durch eine Lieder-Bibliothek kann ein 30-sekündiger Abschnitt eines Liedes ausgewählt werden, um die Emotionen besser zu unterstreichen. Videobeiträge in den sogenannten Storys sind auf der App auf 15 Sekunden begrenzt. Über diese zu kurze Werbezeit klagt der deutsche Musiker Maurice Ernst aus der Band Bilderbuch, der ganz deutlich eine Verschiebung der Musikkanäle beobachtet und sich dazu in einem Stern-Interview äußert:

„Wo finden denn heute noch Musikvideos statt? Es gibt logischerweise kein Musikvideo-Fernsehen mehr, kein MTV. Facebook spielt für Musiker und Künstler auch keine Rolle mehr. Wir sind da ein bisschen rausgeekelt worden. Jetzt sind alle auf Instagram und dort kann man keine längeren Videos hochladen. Das Medium Musikvideo ist in einer richtig schwierigen Phase. Auf einmal müssen Musiker wie wir unsere Songs innerhalb von 15 Sekunden präsentieren. Dass der visuelle Content und die eigentliche Musik immer weiter auseinander driften, erinnert mich als Musiker daran: Junge, mach Musik!“ (Stern, 2019)

Die Frage, ob er Musiker oder Social Media-Experte sei, beantwortet Maurice Ernst damit, dass er letztere Bezeichnung nicht ausschließen würde. Für den Bilderbuch-Frontsänger besteht jedoch Hoffnung: Instagram hat kürzlich angekündigt, dass die Story-Länge auf eine Minute verlängert werden soll. Ob das die Aufmerksamkeit letztendlich stärker auf die Musik zu lenken vermag , ist fraglich. Schließlich liegt der Hauptfokus der Plattform auf dem visuellen Inhalt.

Mehr Follower, bessere Chancen!

 

Beyoncé. Screenshot von Instagram

Die sozialen Netzwerke und die Musikbranche scheinen miteinander verwoben zu sein und profitieren dadurch hauptsächlich aus wirtschaftlicher Sicht. Nicht nur teasern Künstler auf hohem Niveau ihre neuen Lieder oder Konzerte an, sie setzen ebenso auf nicht musikalischen Inhalt. Die Sängerin Beyoncé, die sich mit satten 128 Millionen Followern auf Instagram behaupten kann, befindet sich mit ihren Musik-Kolleginnen Ariana Grande und Selena Gomez unter den 9 Accounts mit den höchsten Followerzahlen auf Instagram. In Kooperation mit Adidas gründete die Sängerin im Jahr 2016 eine neue Sportmarke namens „Ivy Park“. Damit ist sie nicht allein:  Die US-amerikanische Musikerin Rihanna nutzt ihre Social Media Kanäle, um aktiv Werbung für ihre neue Kosmetik-Reihe zu machen.

Rihanna. Screenshot von Instagram

Ob für die Musik oder ein Kosmetikprodukt, wer eine hohe Followerzahl verzeichnen kann, erreicht neben einer höheren Aufmerksamkeit natürlich auch mehr potenzielle Käufer und bringt seine treuen Fans dazu, die eigene Kasse klingeln zu lassen. Jedoch erfordert das regelmäßigen Content, welcher der Öffentlichkeit auf dem Silbertablett serviert wird. Sowohl private als auch geschäftliche Inhalte dienen dazu, die Follower bei (Kauf-)Laune zu halten.

Social Media Auszeit

Trotz des großen Erfolgs, den viele Musiker im digitalen Zeitalter erleben, nehmen sie sich ab und an auch eine Auszeit von der Bühne der Sozialen Netzwerke. Der Sänger Ed Sheeran fand 2015 eine ganz einfache Erklärung für seine einjährige Pause und postete auf Instagram:

 “…I find myself seeing the world through a screen and not my eyes so I’m taking this opportunity of me not having to be anywhere or do anything to travel the world and see everything I missed,…”

Was als Marketing funktioniert, fordert von den Künstlern eine ständige Präsenz im Internet, und dass diese ermüdend sein kann, ist nachvollziehbar. Auch die erfolgreiche Sängerin Adele beugt sich nicht dem Social Media Wahn. Die Sängerin äußerte in einem Interview, dass sie keinen Zugang zu ihrem Twitter Account hätte und sie froh darüber sei, das nicht selbst verwalten zu müssen (Skavlan Talkshow, 2015).

Die Musikbranche hat ihre Wege gefunden, um im Zeitalter der Digitalisierung erfolgreich zu bleiben. Die Konzentration der Selbstvermarktung über Social Media Kanäle ist eine neue Strategie des Marketings, die sich ständig im Wandel befindet. Musiker, die ihre Social Media Kanäle selbst betreiben, erleben einen Zwang, immer und überall erreichbar zu sein und abliefern zu müssen. Da scheint es doch nicht verkehrt, diese Aufgabe an ein Management abzugeben oder sich selbst mal eine Social Media Pause zu gönnen. Wie viel „Persönliches“ am Ende hinter einem Social Media Account wie von  Beyoncé steckt, bleibt ein Rätsel. Und das ist okay, schließlich geht es um die Musik, die entsteht und Menschen verbindet.

Quellen:

https://medium.com/cuepoint/what-instagram-discovered-in-our-first-nielsen-music-study-de1a2740c005#.7t5pv0tum

https://www.warnermusic.de/news/2015-12-14/ed-sheeran-macht-eine-laengere-social-media-pause-und-bereist-die-welt