Journalismus im Internet und eine Krake. Namens ACTA.

 von Felicitas Schneider

„Die Öffentlichkeit ist verunsichert, die Gerüchteküche brodelt. Die wenigen geleakten Informationen zu ACTA lesen sich wie ein Horrorkatalog für einen Bürgerrechtler“, schreibt die Stop-ACTA-Site.

Es bleibt alles beim Alten „deshalb sehen wir es auch nicht so kritisch, wie es einige Initiativen sehen“ dementiert Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Aber, worum handelt es sich bei ACTA, dem Anti-Counterfeiting Trade Agreement, eigentlich und was für eventuelle Auswirkungen hat das auf den (Bürger)Journalismus?

Was ACTA ist und wieso es kritisiert wird

Proteste gegen ACTA gab es auch in Deutschland – wie hier in Augsburg am 11.2.2012

ACTA – ausgeschrieben Anti-Counterfeiting Trade Agreement – ist eine Art Pendant zu den amerikanischen Anti-Piraterie-Gesetzen PIPA und SOPA. Seit 2007 wird das ACTA-Abkommen unter anderem von den USA, Japan und den 27 EU Mitgliedsstaaten unter völligem Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt. Hauptgegenstand des ACTA-Abkommens, welches eine Ergänzung zum TRIPS-Abkommen darstellt, ist die Verschärfung des Urheberrechtsschutzes durch striktere Ahndung von Urheberechtsverletzung und Produktpiraterie – vor allem im digitalen Raum. Erst auf stärker werdenden Druck der Öffentlichkeit wurde das „geheime Abkommen“ nach und nach veröffentlicht. Diese Geheimhaltung ist bedenklich, wie viele Juristen u.A. Thomas Stadler, Betreiber des Blogs „Internet-Law“ und Professor Metzer von der Universität Hannover kritisieren. Bedenklicher ist auch, dass das Dokument unter Ausschluss der WTO und des Europa Parlaments erstellt wurde, womit deren Mitspracherecht nicht gewahrt worden ist, obwohl das Abkommen den internationalen Handel und das europäische Recht betrifft.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass ACTA weit über das europäische Recht hinausgeht. Europäisches Recht ist jedoch auf keinen Fall gleichzusetzen mit deutschem Recht. Viele Neuerungen durch ACTA sind längst nationales, nicht jedoch internationales Recht. So ist Artikel 27 des ACTA Abkommens, welcher Auskunftsansprüche gegen Provider vorsieht, schon lange deutsches Recht, nicht jedoch europäisches Recht.

Jedoch findet sich in Artikel 27 des Abkommens auch eine Neuerung für deutsches Recht. Diese ist, laut Rechtsanwalt Ferner, eine ausgesprochen gefährliche Neuerung. Der Artikel besagt, dass nicht nur Besitzer, sondern auch Dritte (beispielsweise Provider) haftbar gemacht werden können. Dies kann durchaus dazu führen, dass Anbieter wie Twitter und diverse Blogdienste Inhalte schon beim Verdacht einer Urheberrechtsverletzung zurückhalten und gar nicht mehr online stellen.

Durch ACTA sollen zudem Daten beschlagnahmt werden dürfen, wenn der Rechteinhaber Zweifel am rechtmäßigen Besitz der Daten äußert (Art. 12 ACTA). Dies entspricht zwar laut Rechtsanwältin Heidrun McKenzie schon der deutschen Gesetzgebung, nicht jedoch der Europäischen.

Des Weiteren dürfen, ohne die vorherige Anhörung des Betroffenen, Rechtliche Maßnahmen verhängt werden. Dieser Artikel verstößt gegen das (deutsche) Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG).

Durch die Artikel 12 und 27 des ACTA-Abkommens wird somit sehr deutlich, dass ACTA hauptsächlich die Rechte der Urheber schützen will und wenig Spielraum für die Verteidigung der Betroffenen einräumt. Das wiederum wird dazu führen, dass es eine massive Reduzierung der Informationsmöglichkeiten für die Nutzer geben wird.

ACTA + Onlinejournalismus = ?

Aber welchen Einfluss wird der Artikel 12 auf den Onlinejournalismus haben? Denkt man beispielsweise daran, wie Informationen über das Erdbeben, den Tsunami und den Super GAU in Japan an die Öffentlichkeit gelangten, so waren es nicht Pressemitteilungen der Regierung, sondern Tweets und Blogbeiträge von Betroffenen, die internationale Journalisten mit Informationen versorgten.

Wie griffig ist außerdem das Argument, dass Beiträge in Form von Youtubevideos „zensiert“ würden weil im Hintergrund urheberechtlich geschützte Musik läuft und dadurch eine Verletzung des Urheberrechtes vorliegen würde? Man denke beispielsweise an die Ausstrahlung eines Interviews von einem Festival bei Youtube. Während die Künstler interviewt werden, hört man im Hintergrund einen anderen Act auftreten. Würde das Interview daraufhin zensiert werden, weil der Interviewer die Rechte an der „Hintergrundmusik“ nicht besitzt? Solche Prognosen klingen absurd, werden von ACTA Gegnern jedoch immer wieder angeführt.

Was geschieht also, wenn diese Befürchtung nicht hypothetisch bleibt, sondern Realität wird? Gesetz dem Fall, Journalisten und Bürgerjournalisten veröffentlichen Inhalte (wenn auch in eigenen Worten), die sie zuvor auf Seiten wie Zeit.de gelesen haben, geben jedoch nicht an, woher ihre Informationen stammen, wie das bei Tweets oder Facebookposts meist der Fall ist – würden die ACTA-Neuerungen in diesem Fall greifen?

Würde Journalismus am Ende schrecklich teuer, weil man für alle Informationen die Rechte kaufen bzw. für sie bezahlen müsste? Verstieße dies nicht gegen eine der fundamentalen Ideen des Internets, Informationen kostenlos und weltweit zugänglich zu machen?

Was würde passieren, wenn man auf einem viel frequentierten Blog karikierende, Zeitgeschehen kommentierende Fotos und Werbeanzeigen postet, welche man zuvor im Internet gefunden hat, jedoch nicht angibt, woher der Fundus stammt?

Wie weit wären Journalisten die im Internet veröffentlichen, von diesen neuen, strengeren Richtlinien betroffen?

Während derzeit noch unklar ist, ob das Europa-Parlament  das ACTA-Abkommen unterzeichnen wird und Deutschland die Ratifizierung vorerst auf Eis gelegt hat, möchten Länder wie Polen, Tschechien und Lettland nach heftigen Protesten aus der Bevölkerung  vorerst die Ratifizierung des Abkommens aussetzen. Viele Fragen stehen im Raum.  Allerdings ist es, wie Thomas Stadler, Betreiber des Blogs „Internet-Law“ anmerkt, schwierig, fundierte, sachliche Fakten über ACTA zu finden. Fragen wie beispielsweise zu den Zusammenhängen zwischen ACTA und Online Journalismus sind dadurch nur schwerlich zu beantworten. Wem das 52-seitige Dokument Aufschluss bietet, der kann sich die Fragen selber beantworten. Wer das nicht möchte oder wem das nicht genügt, der kann sich anderweitig Informationen beschaffen, z.B.: über das Internet. Vorausgesetzt, es gibt sie dort noch.

 

Foto: flickr/ Johanna Bocher (CC BY-NC-ND 2.0); Sophie Kröher

Der Kampf um die Kohle – Kreative im Internet

von Sandra Fuhrmann

Ein Blick in die Zukunft – was würden SOPA und Co. für Kreative wirklich bedeuten?

„Pervers. Antiliberal. Antiinnovativ.“ Die Kommentare, die man im Internet zu den neuesten Gesetzesplänen der Regierungen findet, sind meist wenig schmeichelhaft. Die verschiedenen Protestaktionen der letzten Wochen haben sie erst auf den Bildschirm des öffentlichen Interesses geholt:  ACTA, SOPA und PIPA. Ob schwarze Seiten bei Wikipedia oder bei Straßendemonstrationen in Polen. Bei Internetnutzern, Anbietern von Internetseiten und sogar verschiedenen Parteien regt sich heftiger Wiederstand gegen die geplanten Abkommen die der Internetpiraterie weltweit zu Leibe rücken sollen.

Wer bereits von den Gesetzen gehört hat, kennt auch die wesentlichen Kritikpunkte: Behinderung von Innovationen und Meinungsfreiheit, Überwachung der Nutzer, keine Transparenz beim Entstehungsprozess der Abkommen und eine Behinderung des Kulturaustauschs. „Gesetze, die die Reichen reich halten sollen und die Armen arm“, heißt es im selben Kommentar, der unter einem Online-Artikel der Zeit zu finden ist. Gerechter Zorn gegen eine ungerechte Sache?

Zumindest in Internetnutzerkreisen scheint es darüber wenig Zweifel zu geben. Doch bei aller Empörung: Ist der Grundgedanke, der hinter ACTA und Co. steht tatsächlich so schlecht? Schließlich haben die Gesetze letztendlich nichts anderes zum Ziel, als die Überwachungskamera im Supermarkt um die Ecke: Das Eigentum derer zu schützen, denen es rechtmäßig zusteht.

Im Kreuzfeuer

Der deutsche Journalist Christoph Keese bezieht in seinem Blog „der Presseschauder“ kritisch zu den Protesten Stellung:

Bei der Durchsetzung des Urheberrechts geht es eben nicht um Zensur, sondern um den Schutz von Kreativen vor Ausbeutung. Urheberrechts-Aktivisten wollen, dass nicht Kim Schmitz sich eine neue Villa und fünf neue Coupés zulegt, sondern dass Wolfgang Blau genug Redakteure hat, um vernünftig arbeiten zu können.

Damit setzt er sich prompt einem Kreuzfeuer aus Gegenargumenten und Kritik aus.  Zum Großteil beruhen Keeses Argumente auf Überlegungen, die für alle schwer nachvollziehbar sein dürften, die sich nicht von Studien- oder Berufswegen aus mit Umwandlungsraten, Grenz- und Vollkosten oder Deckungsbeiträge auskennen. Kurz zusammengefasst lautet Keeses Fazit, dass mehr Piraterie zwangsläufig zu einem Rückgang der Produktion und damit zum Aussterben der professionellen Künstler führen muss.

Wie hoch der Schaden ist, beziffert die Welt: 1,2 Milliarden Euro für Deutschland, 1,7 Mrd. für Frankreich, 9,9 Mrd. für alle EU-Länder zusammen. In den USA sind die Zahlen sogar noch verheerender: Zwischen 200 und 250 Milliarden US-Dollar Verlust jährlich und der Abbau von 750.000 Arbeitsplätzen. Es liegt also nahe, Keese recht zu geben. Doch es bleibt ein aber…

Ja, aber..

Ja, aber wie kommen diese Zahlen überhaupt zustande? Hätte jeder, der Musik illegal herunterlädt, die CD tatsächlich gekauft, wenn ihm diese kostenlose Möglichkeit nicht zur Verfügung stünde? Die Zahl an illegalen Kopien mit der Verlustmenge zu korrelieren scheint unangemessen.

And there’s another problem: even in the instances where Internet piracy results in a lost sale, how does that lost sale affect the job market? While jobs may be lost in the movie or music industry, they might be created in another. Money that a pirate doesn’t spend on movies and songs is almost certain to be spent elsewhere.

Diese These ist sicher ein interessanter Gedanke. Allerdings ist fraglich, ob man so weit gehen möchte zu behaupten, dass Online-Piraterie Arbeitsplätze in anderen Branchen schafft. Die Annahme, dass nicht für Musik oder andere Inhalte ausgegebenes Geld automatisch in andere Produkte investiert wird, scheint ein wenig wage. Den betroffenen Künstlern würde das, ganz nebenbei, wenig nützen. Der Vorschlag ihren Beruf an den Nagel zu hängen und stattdessen in eine lukrativere Branche zu wechseln, dürfte bei ihnen auf wenig Euphorie treffen.

Der Mythos

Eine Studie der Harvard Business School aus dem Jahr 2009, in der festgestellt wird, dass sich die Zahl der Musikproduktionen seit dem Jahr 2000 jährlich mehr als verdoppelt hat jedoch, stützt die Anti-ACTA-Argumente. Die Musikindustrie versucht demnach lediglich den Mythos von den Schäden durch Internet-Piraterie aufrecht zu erhalten. Ganz ähnliche Aussagen kommen interessanterweise von manchen Produktionsfirmen und Künstlern selbst. So ist Mikael Hed, Chef der Firma Rovio Mobile, die durch das Social Game „Angry Birds“ bekannt wurde, der Meinung, dass die Popularität von Produkten durch die Verbreitung über Piraterie sogar gesteigert werden könnte. Rovio Mobile wolle aus den Fehlern der Musikindustrie lernen, so Hed und behandle seine Kunden aus diesem Grund als Fans.

Eine „teure und teilweise auch überflüssige Verwertungskette“ nennt Sänger und Labelinhaber Bruno Kramm viele Berufe in der Musikindustrie. Seine Band „Das Ich“ habe für ihre Tournee im Jahr 2000 gerade einmal 97 Mark von der GEMA erhalten. Der Verteilungsschlüssel bevorzuge automatisch große Rechteinhaber wie beispielsweise Dieter Bohlen. Da durch das Internet jedoch jeder zu seinem eigenen Produzenten werden kann, bieten sich dadurch ganz neue Möglichkeiten. Kramm bezeichnet es als ein „demokratisches und unermessliches Promotionsinstrument“.

Müssen es also tatsächlich gleich die ganz harten Geschütze sein? Nicht einmal Keese bestreitet, dass einige Formulierungen bei ACTA zu wünschen übrig lassen. Genau gesagt, würde das Abkommen das Promotion-Instrument Internet in seiner Unermesslichkeit massiv beschneiden. Dass es auch andere Mittel und Wege gibt, dafür ist die Band „The Indelicates“ der Beweis. Die Briten bieten ihre Songs kostenlos zum Download an und schlagen ihren Fans vor, einfach so viel dafür zu zahlen, wie ihnen der Song wert ist – und das offenbar mit Erfolg.

„Das Gesetz ist der Freund des Schwachen.“ Vielleicht trifft dieses Zitat auf ACTA nicht unbedingt zu. Aber schließlich gab es zu Zeiten Schillers auch noch kein Internet. Also halten wir uns doch lieber an Montesquieu, der sagte „Etwas ist nicht recht, weil es Gesetz ist, sondern es muss Gesetz sein, weil es recht ist.“ und vergessen dabei nicht, dass die Zahlen, die über die Verluste kursieren, sich teilweise um Milliardenbeträge voneinander unterscheiden.

Fotos: flickr/See-ming Lee (CC BY-SA 2.0) , flickr/AK_74 (CC BY-NC-SA 2.0)

Verführerisch einfach und ein bisschen ‚evil‘

von Jelena Hauß

Eine Veränderung und zwei Sichtweisen, die unterschiedlicher kaum sein könnten: „Datenschutz bleibt höchste Priorität“, sagt Google.Google will User komplett überwachen“, schreibt Andreas Müller auf netzpolitik.org. Der Internetkonzern ändert zum 1. März 2012 die Geschäftsbedingungen für alle seine Dienste und wird hierbei erwartungsgemäß von der Netzpolitik-Community genau beobachtet. Doch auch für nicht interessierte Mediennutzer sind die Veränderungen relevant, ist es doch heute kaum möglich, sich ohne Google im Netz zu bewegen. Welche Inhalte und welche Vor- und Nachteile diese neuen Geschäftsbedingungen mit sich bringen, soll der folgende Überblick klären.

Einfacher ist besser!

In diesen Tagen „bewirbt“ Google massiv die neue Geschäftsgrundlage: Auf jeder Suchmaschinenseite und bei allen anderen Diensten finden sich Hinweise, Gmail-Nutzer bekamen sogar eine der seltenen Mails direkt vom Konzern. Wer angebotenen Link folgt, um „Mehr erfahren“ zu können, findet in ansprechendem Look die wichtigsten Argumente (und Neuerungen) für die geänderte Geschäftsgrundlage: „Die mehr als 60 verschiedenen Datenschutzbestimmungen für die unterschiedlichen Google-Produkte werden durch eine zentrale, kompaktere und verständlichere Version ersetzt. Wir möchten Ihnen eine unkomplizierte und intuitive Nutzung der Google-Produkte bieten“, liest man dort. Auch eines seiner charmanten Videos bietet der Konzern zur Erklärung an. In dessen zweiter Hälfte wird klar, welches Interesse vermutlich im Mittelpunkt der Neuerungen steht: Es werden die Nutzerdaten einzelner (eingeloggter) Personen über alle Dienste hinweg gebündelt, unabhängig davon, welches Endgerät genutzt wird. Genau diese Tatsache erklärt die harsche Kritik von netzpolitik.org oder auch einen Tweet, in dem es heißt: „‘Be Evil‘ is a simplified and easier to understand version of ‚Don’t be Evil‘“.

Ist einfacher besser?

Ein wichtiges deutsches Onlinemedium schlägt jedoch zunächst andere Töne an: „[U]nbestreitbar Vorteile“ sieht heise online in den neuen Geschäftsbedingungen, böten diese tatsächlich alle Informationen gebündelt an einem Ort, zudem seien diese einfacher zu verstehen als bisher. Golem.de betont zudem, dass viele Dienste weiterhin ohne Anmeldung genutzt werden können, wie etwa die Suchmaschine oder das Kartenmaterial, und, dass personenbezogene Daten nicht an Dritte weitergegeben werden. Die aus der Datenverknüpfung entstehenden Angebote können für den Einzelnen tatsächlich einen Mehrwert bieten – gerade für jene, die sich um die Privatheit ihrer Daten nicht sorgen. Denn: je mehr Google über den Einzelnen weiß, desto passgenauer können Routineaufgaben unterstützt oder passgenaue Angebote offeriert werden.

Jedoch mehren sich im Netz vor allem kritische Stimmen: Zunächst stehen Befürchtungen im Raum, die stets im selben Atemzug wie die Idee der Personalisierung genannt werden; die Filter Bubble kann hier wohl als bekannteste Kritik des vergangenen Jahres genannt werden. Abseits dieser Gefahr der Hoheit über Wirklichkeitskonstruktionen drohen jedoch viel größere Gefahren, im Extremfall sogar Lebensgefahr, wie Zeit Online thematisiert: Im Netzwerk Google+ müssen sich Nutzer mit Klarnamen anmelden. Durch die Protokollierung von Nutzerverhalten und Aufenthaltsorten über alle Dienste hinweg können so beispielsweise Dissidenten in totalitären Staaten in ernsthafte Schwierigkeiten bekommen, wenn ihre Daten in falsche Hände geraten.

Juristisch alles andere als eindeutig

Eine interessante Analyse aus juristischer Sicht bietet Thomas Stadler vom Blog Internet Law. Er belegt auf Basis der Texte von Google, dass das Unternehmen tatsächlich sicherstellt, dass das Nutzerverhalten umfassend protokolliert werden darf. Gleichzeitig zweifelt er jedoch einzelne Passagen an, die im Konflikt zum deutschen Telemediengesetz (TMG) stehen könnten. Schließlich verweist er auf ein grundsätzliches Problem, das so etwa auch für Facebook gilt: „Die Datenverarbeitungsprozesse die bei einem Unternehmen wie Google anfallen, das verschiedenste Services (Suchmaschine, soziales Netzwerk, E-Mail-Dienst, Werbeplattform, Statistik-Tools etc.) anbietet, lassen sich über das Prinzip der informierten Einwilligung nicht mehr abbilden, weil dafür das Informationsdefizit des Nutzers gegenüber dem Anbieter zu groß ist.“ Derweil haben die Datenschutzbeauftragten der EU noch kein abschließendes Urteil gefällt. Sie baten gar Google um Aufschub der Einführungsfrist, um die neue Geschäftsgrundlage eingehend prüfen zu können – wozu das Unternehmen jedoch keinen Anlass sieht. Es bleibt zu hoffen, dass die Brüsseler Experten ebenso wie Thomas Stadler genau hinschauen und handeln – wobei er selbst in seinem oben zitierten Artikel Zweifel über das tatsächliche Eingreifen der EU äußert.

Nutzerdaten als Wettbewerbsvorteil

Ein anderer Blogger nennt die Neuerungen einen „Paukenschlag“, mit dem Google frühere Prinzipien über Bord wirft: Habe man sich zu anderen gegen Zeiten die nun kritisierte Verknüpfung ausgesprochen, beschreite Google jetzt neue Pfade. Zeit Online gibt einen Einblick, warum dieser Richtungswechsel notwendig wurde: Es könnte dem Hauptgeschäft des Konzerns, den Anzeigen, neuen Aufwind geben und höhere Preise für Werbeflächen rechtfertigen. Und so sind die neuen Geschäftsbedingungen auch ein Indikator für das Internet zu Beginn des Jahres 2012: Dort wird der Kampf um Nutzer, ihre Daten und damit zusammenhängende Verdienstchancen immer entschlossener geführt. So bringt Google sein Netzwerk „+“, den wohl einzigen ernst zu nehmenden Konkurrenten zum Giganten Facebook, auch durch die neuen Geschäftsbedingungen in eine bessere Position.

Der Onlineprotest gegen SOPA und ACTA in den vergangenen Wochen hat gezeigt, dass sich im Web tatsächlich auch Bewegungen hinsichtlich netzpolitischer Themen bilden können. Es bleibt zu hoffen, dass die Nutzer auch zunehmend für das Gebaren Googles sensibilisiert werden und so Veränderungen erwirken können. So lange gibt es für die Nutzer jedoch nur zwei Möglichkeiten: Akzeptieren, was da kommen möge – oder sich abmelden vor dem 1. März.

 

Foto: flickr/surrealpenguin (CC BY-SA 2.0)

Literatur im Fernsehen? Eher unsexy!

Literatur spielt im Fernsehen kaum noch eine Rolle. Sind Bücher per se fernsehresistent? Nein! Nur hat man es in Deutschland bisher noch nicht geschafft, sie wirklich gut aussehen zu lassen.

Tschüss Megaupload, Hallo SOPA & PIPA!

von Iris Hofmann

Du hast eine Datei, die du via Internet mit einem Freund teilen willst? Kein Problem, wozu gibt es Filesharing-Dienste? Datei hochladen, Link dazu verschicken, fertig – und das alles völlig legal. Natürlich nur, solange die Datei nicht urheberrechtlich geschützt ist. Doch das Urheberrecht wurde den Betreibern von Megaupload nun zum Verhängnis. Der bekannte Filehoster wurde  wegen Verdachts der Piraterie aus dem Netz genommen – Verhaftung mehrerer Verantwortlicher der Webseite inklusive.

Screenshot, 23. Januar 2012, 15:21 Uhr: Die Überbleibsel des ehemaligen Filehoster-Giganten

Ein millionenschweres Geschäftsmodell

Was Megaupload von anderen Filehostern wie beispielsweise Dropbox oder Rapidshare unterschied, war das Geschäftsmodell. Im Gegensatz zu ihnen bot Megaupload seinen Nutzern ein sogenanntes „Belohnungsprogramm“ an. Neben den kostenlosen Upload-Möglichkeiten mit wenig Kapazität legten sich Uploader auch die kostenpflichtigen Premium-Accounts von Megaupload zu. Nun galt es, so viele Downloads wie möglich zu erzielen, denn ab einer gewissen Anzahl von Downloads wurde der Uploader mit einem Geldbetrag belohnt.

Je beliebter also die zum Download angebotene Datei, desto mehr Einnahmen für den Uploader. Eine schöne Motivation, Uploads so ansprechend wie möglich zu gestalten. Und was könnte für Nutzer ansprechender sein, als der Download einer Datei, die sonst nur käuflich zu erwerben ist und auf diese Weise kostenlos auf dem Computer landet? Da die Urheberrechtsinhaber dieser Dateien aber kein Geld bekamen, war das leider eine illegale Aktivität.

Fraglich ist natürlich, inwieweit die Betreiber Bescheid wussten beziehungsweise an den illegalen Deals beteiligt waren. Sie selbst weisen zwar alle Vorwürfe von sich, aber laut US-Behörden wurden E-Mails entdeckt, die den Verdacht der vorsätzlichen Piraterie bestätigen.

Kann ein Filehoster überhaupt illegale Uploads verhindern?

Grundsätzlich gilt: Jein.

In Deutschland haben Filehoster eine bestimmte Prüfungspflicht. Sie müssen Filter einsetzen, die mögliche illegale Inhalte erkennen, und Inhalte von ihren Servern löschen, wenn das die Rechteinhaber fordern. Trotzdem ist es unmöglich, den kompletten Inhalt zu prüfen. Filesharing-Dienste bewegen sich daher in einer rechtlichen Grauzone, die bisher geduldet wurde, nun aber Gefahr läuft, von den US-Behörden verboten zu werden.

SOPA & PIPA – Umstrittene Gesetzesvorlage der US-Behörden

Denn die beiden Gesetzesvorlagen SOPA (Stop Online Piracy Act) und PIPA (Project IP Act)sollen nun umgesetzt werden, um Urheberrechte im Internet stärker zu schützen und ihren Missbrauch zu bekämpfen. Allerdings werden die Anti-Piraterie-Gesetze derzeit von vielen Seiten kritisch diskutiert. Am Mittwoch, dem 18. Januar 2012, fand der Protest gegen die Gesetzesvorlagen seinen Höhepunkt im sogenannten „Blackout-Day“. Die englischsprachige Version von Wikipedia sowie viele andere Webseiten blieben aus Protest 24 Stunden lang schwarz. Unter anderen Wikipedia, Google und wordpress.org erläuterten auf ihren Seiten die Gründe des „Blackouts“ und forderten die Menschen auf, Petitionen zu unterzeichnen, um SOPA und PIPA zu verhindern. Die Webseite sopastrike.com veröffentlicht nun Fakten zum Internetstreik. Zehn Millionen Menschen unterzeichneten Online-Petitionen gegen die Gesetzesvorlagen und über 115.000 Webseiten beteiligten sich am Internetstreik. Natürlich wurde auch via Twitter viel protestiert und diskutiert. Allein am Blackout-Day wurden über 2 Millionen Mal „#sopa“, „#pipa“ und „#wikipedia“  getwittert.

Die Proteste zeigten schließlich  Wirkung. US-Senator Harry Reid twitterte am 20. Januar, dass die Abstimmung über den „Project IP Act“ zunächst einmal verschoben wird. Auch die Gesetzesvorlage „Stop Online Piracy Act“ wird vorerst gestoppt. Die Entwürfe sollen nun nochmal überprüft und teilweise abgeändert werden.

Aber warum rufen die Vorlagen überhaupt so viel Protest hervor?

Kritiker vermuten, dass das Gesetz nicht nur der US-Regierung, sondern auch der Unterhaltungsindustrie eine umfassende Internetzensur erlauben würde. Auf den ersten Blick recht einleuchtend wirkt, dass SOPA Webseiten als urheberrechtsverletzend einstuft, wenn der Betreiber „kriminelle Verstöße“ gegen das Urheberrecht „ermöglicht oder selbst begeht“. SpiegelOnline mutmaßt aber, dass die Regelungen leicht ausgenutzt werden könnten. Zum Beispiel könnte man gegen Enthüllungsplattformen wie WikiLeaks, die vielen Politikern ein Dorn im Auge sind, spielend leicht vorgehen, denn WikiLeaks etwa hatte erst vor kurzem urheberrechtlich geschützte Handbücher für Überwachungstechnologie online gestellt. Zudem müssten Filehoster ihre Dienste aufgeben, da sie grundsätzlich die Möglichkeit zum Upload urheberrechtlich geschützter Inhalte bieten. Aber nicht nur Filehoster hätten ein Problem. Allgemein müsste künftig jede Seite, die es Nutzern ermöglicht, sich aktiv einzubringen und somit auch Urheberrechtsverstöße zu begehen, jeden einzelnen Inhalt überprüfen. Wie sollten Facebook und Co. diese Aufgabe stemmen?

Da laut SOPA-Gesetz sogar die Reproduktion urheberrechtlich geschützter Inhalte verboten wäre, würde man sich strafbar machen, indem man im Internet einen selbst nachgesungenen Song veröffentlicht.

Natürlich ist es wichtig, die Rechte von Urhebern zu schützen, da diese besonders im Internet durch die schnelle und leichte Reproduzierbarkeit von Daten gefährdet sind. Trotzdem müssen die US-Behörden einen Weg finden, der keine Zensur beinhaltet, denn sonst werden allgemeine Rechte gefährdet.

 

Screenshot: www.megaupload.com, 23. Januar 2012, 15:21 Uhr (von Iris Hofmann); Foto: flickr/Jed Hastwell (CC BY-SA 2.0)

Twitter und Co.: Zensur mit Hintertür?

Es scheint die Ära einer neuen Zensurstruktur angebrochen zu sein, die einem Spagat gleicht. Twitter macht den ersten Schritt, der Google-Dienst Blogger folgt. Droht eine Welt der Beschränkungen?

Was Hollywood versäumt hat

von Alexander Karl

Die Traumfabrik produziert weiterhin Erfolge: So spielten US-Filme im Jahr 2010 insgesamt 23,6 Milliarden Dollar ein, auch dank der neuen 3D-Technologie. Mit verantwortlich dafür sind auch die Sequels, die vor allem im Jahr 2011 wieder viele Fans in die Kinos lockten: Der letzte Teil der Harry Potter–Saga zog fast 6,5 Millionen Deutsche ins Kino, andere Fortsetzung von Twilight über Hangover bis Fluch der Karibik waren ebenfalls Zuschauermagneten. Doch die Zahl derer, die diese Filme auch außerhalb des Kinos gesehen haben, liegt wohl deutlich höher – dem Internet sei Dank. Mit Streaming-Portalen wird das Bett zum bequemen Kinosessel, ohne Werbung und natürlich ohne Kosten. Und daran ist Hollywood größtenteils selbst schuld.

Anachronismen in Zeiten der digitalen Revolution

Die Filmindustrie hat das Internet verschlafen. Zwar nutzt sie es, um den Kinofan mit Werbung zu bombardieren und Trailer auf YouTube zu stellen, doch ein richtiges Filmangebot gibt es nicht. Stattdessen erinnert die Verwertungskette der Filmindustrie an eine Zeit vor dem Internet: Wenn man kein Kinoticket kaufen wollte, musste man warten, bis der Film im Fernsehen lief oder ihn auf Video kaufen. Heute steht – meist noch am Tag der Veröffentlichung – der Film schon längst auf diversen Plattformen online.

Ein Beispiel: Der aktuelle Filmhit Ziemlich beste Freunde erscheint erst am 7. September 2012 auf DVD. Das ist in sieben Monaten. Bis dahin wird der Film millionenfach online – und umsonst – angesehen werden.

Die Unterhaltungsindustrie versucht nun mittels SOPA und Co. die Online-Piraterie einzuschränken. Dabei wäre der sinnvollere Weg, endlich Filme legal online zur Verfügung zu stellen. Wie das gehen kann, zeigt ein Blick auf die Musikbranche: Die Tauschbörsen wurden als Grund für den Niedergang der Musikindustrie angesehen und wären es schlussendlich wohl auch geworden, hätte sich Apple nicht ein Herz gefasst und mit iTunes allen Usern die Möglichkeit gegeben, Musik legal und einfach herunterladen zu können. Denn ohne Zweifel gibt es im Netz eine Gratiskultur, doch wie die Musikindustrie erkannt hat, sind User bereit, Geld für (guten) Conent zu bezahlen – man muss ihn nur anbieten.

Wie einst die Musiktauschbörsen sind die Streaming und Downloadportale nicht das Grundübel der Unterhaltungsindustrie, sondern die Symptome für die verpassten Chancen. Würde es die Möglichkeit geben, aktuelle Kinofilme auch online zu schauen, würden viele User dafür auch Geld ausgeben – daran besteht kein Zweifel. Und jene, die immer noch einen physischen Gegenstand haben wollen, werden auch Geld dafür ausgeben. Dies sieht auch Andreas Busche, Autor des Freitag, so: „Diejenigen, die es immer noch vorziehen, ein fertiges Produkt in den Händen zu halten, wird auch dies nicht abschrecken, viele von ihnen übrigens auch nicht, nachdem sie den Film bereits illegal aus dem Netz gezogen haben.“

Innovation? Fehlanzeige.

Selbst der sonst so innovative Online-Shop Amazon setzt mit Lovefilm.de auf eine ziemlich altertümliche Variante: So können Filme physisch – also als DVD oder Blu-ray – ausgeliehen werden, die dann mit der Post hin- und hergeschickt werden. Der Video on Demand-Bereich ist noch ziemlich klein, zu finden sind hier natürlich keine aktuellen Kinofilme, sondern solche, die bereits auf DVD erschienen sind. Wahrscheinlich würde Amazon das gerne anders haben – für mehr Umsatz würde es definitiv sorgen.

Also: Muss erst wieder Apple mit seiner Interpretation des Fernsehens an die Türen der Film- und Serienmacher rütteln um die Revolution voranzutreiben? Immerhin: Bei Serien entwickelt sich langsam aber sicher ein Verständnis für die Online-Kultur. Die deutschen Erfolgsserie Danni Lowinski kann man sofort nach der TV-Ausstrahlung online schauen, die US-Serie Sons of Anarchy lief legal bei MyVideo, bevor sie im Laufe des Jahres bei Sat.1 oder ProSieben laufen soll. Und auch in den USA haben die legalen Serienangebote Hulu und Netflix weiterhin gute Umsätze – leider kann man sie nicht von Deutschland aus nutzen. Es ist an der Zeit, dass auch Hollywood endlich die Online-Welt für sich entdeckt – und das nicht nur in Sachen Marketing.

Foto: flickr/sugu (CC BY-NC-ND 2.0); Sophie Kröher

Antwort auf SOPA und Co. – Das Darknet

Während SOPA, PIPA und ACTA für Angst und Schrecken sorgen, flüchtet sich so manch einer in die dunklen Seitengassen. Abseits der bekannten Infrastruktur findet sich eine Online-Parallelwelt. Willkommen im Darknet.

Neues Traumpaar? Internet und Politik.

Eine belastete Beziehung, die zwischen der Politik und dem Internet. Gerade auch in Deutschland. Nun entdeckt selbst die Bundesregierung das Internet für sich. In den USA ist man da weiter: Da spielt sogar Facebook Wahl-Orakel.

Das Internet ist Geschichte

Die Angst vor dem Internet ist so alt wie das Internet selbst: Datenschutz und Angst vor einem ‚Big Brother‘, der alles beobachtet. Aber mit jedem Post bei Facebook und Twitter schreiben wir Geschichte. Und die sollte erforscht werden.