Kultur im Netz – Ein Spannungsfeld: Wer hat Angst vorm Slender Man? Teil II
von Stefan Reuter
In Teil I des Artikels „Wer hat Angst vorm Slender Man?“ wurde aufgedeckt, wie aus einer simplen Fotomontage der unheimliche Star eines Alternate Reality Games mit dem Titel Marble Hornets wurde. Teil II hinterfragt, welche modernen Erzählmittel die Macher von Marble Hornets verwenden und verfolgt die mediale Karriere des Slender Man weiter.
Von Hexen, Zombies und dem Slender Man

Die Macher des Projekts Marble Hornets verbinden zwei filmische und serielle Erzählparadigmen des 21. Jahrhunderts. Mit Hilfe des Internets und minimalem Budget schaffen sie eine Erzählung, die sich vor ihren Vorbildern nicht zu verstecken braucht. Die verwendeten zwei Paradigmen sind: Found Footage, das Realität und Fiktionalität verschwimmen lässt, und und puzzlehaftes, mit Rätseln gespicktes Erzählen.
The Blair Witch Project von 1999 stellt den Durchbruch des sogenannten Found Footage-Filmes dar, in dem künstlerisch erschaffenes Filmmaterial als „echte Dokumentaraufnahmen“ behandelt werden. Eine Gruppe von Studenten will der Legende einer Hexe auf den Grund gehen, die angeblich in den Wäldern um Burkittsville, Maryland, ihr Unwesen treibt. Sie verschwinden spurlos, lediglich die Videoaufzeichnungen ihrer Suche werden gefunden. Diese liefern das Material für den Film. Ihr dokumentarischer Gestus und die unprofessionell wirkenden Bilder, aufgezeichnet mit einer Handkamera, machten The Blair Witch Project zu einem Kinoerfolg.
Die scheinbare Authentizität und die radikal subjektive Kameraführung sorgen für pure Gänsehaut. Die Ästhetik scheinbar echter Videos sorgt vor allem im Bereich des Horrofilms für etliche Nachahmer: Der bereits vierte Teil der Paranormal Activity-Reihe ist vergangene Woche in den deutschen Kinos gestartet. Überwachungskameras sollen Aufschluss über unerklärliche Ereignisse in einigen Häusern geben und deren Ursache ergründen. Im Laufe der Handlung nimmt der Spuk immer weiter zu und der Zuschauer verfolgt das scheinbar authentische Geschehen durch das Auge der Kamera.
Das Genre des Found Footage-Films ist inzwischen sehr vielfältig. In der spanischen Produktion REC von 2007, ihrer amerikanischer Neuverfilmung Quarantine und Diary of the Dead von George A. Romero, der 1968 mit The Night of the Living Dead den modernen Zombiefilm erfand, kommt der Zuschauer den wandelnden Toten dank Found Footage näher als im lieb sein kann. In Trollhunter werden skandinavische Trollerzählungen auf links gedreht und modernisiert. Währenddessen zeichnet in Cloverfield eine Handkamera gleich die Zerstörung New Yorks durch ein gigantisches ausserirdisches Monster auf.
Im Fall von Marble Hornets macht die Verwendung der narrativen Technik des Found Footage doppelten Sinn: Zum einen ist sie naturgemäß günstig zu produzieren und benötigt wenig Equipment. Die Macher Troy und Joseph mussten sich nur eine Story überlegen, einige Freunde als weitere Darsteller verpflichten. So konnten sie schnell die ein- bis zehnminütigen Einträge drehen, ohne zuvor großen Organisationsaufwand betreiben zu müssen. Zum anderen profitieren sie natürlich von der scheinbaren Authentizität und dem Wandeln zwischen Fiktion und Realität.
Messages everywhere, signs everywhere
Wie bereits erwähnt wirft die Erzählung von Marble Hornets unzählige Fragen auf: Was ist Filmemacher Alex wirklich zugestoßen? Wer ist User totheark? Was hat es mit dem Slender Man auf sich?
Ein weiteres Vorbild von Troy und Joseph könnte die Serie Lost von J. J. Abrams und Damon Lindelof sein. Sie gilt als Paradebeispiel einer modernen Form seriellen Erzählens. Lost ist ein Spiel mit Wahrnehmung, wirft Fragen auf und bietet verschiedene Lesearten für das puzzlehafte und fragmentarische Erzählen an. Die Geschichte der Überlebenden auf einer scheinbar einsamen Insel oszilliert dabei zwischen Abenteuergeschichte, Drama und philosophischer Parabel. Die Tübinger Medienwissenschaftlerin Susanne Marschall (siehe unten) erklärt worin der Reiz dieser Erzählform liegt und unterscheidet, in Anlehnung an Umberto Eco, zwei verschiedenene Kategorien des Zuschauers:
Die erste Kategorie genießt die Serie, weil sie hervorragend und mit großem Aufwand erzählt, besetzt und inszeniert ist. Der Modell-Leser der zweiten Kategorie schätzt die Vielschichtigkeit und spielt das Rätselspiel mit, weil es seinen Bildungsstand bestätigt. Was er nicht weiß, googelt er im globalen Gedächtnis des Internets und erlebt dabei manche Überraschung, unter anderem dass der Schauspieler Terry O’Quinn in puncto weltweiter Popularität zumindest unter den Internetnutzern dem Philosophen John Locke für eine Weile den Rang abgelaufen hat. […] Fortgeschrittene Mediennutzer stöbern die Episoden zusätzlich im Netz auf, genau in der Struktur, in der man sich als Lost-Fan bereitwillig verheddert. Dort schreiben sich Serien wie Lost und Heroes auf den Portalen Lostpedia und Heroespedia und in zahllosen Blogs fort und fort.
Auch Marble Hornets setzt auf aktive Zuschauer, die versuchen, sich zu vernetzen und so Verborgenes zu entdecken. Im Video Indicator des geheimnisvollen Users totheark verweisen zwei Satzfragmente auf diese tiefere Ebene: „Messages everywhere, signs everywhere“. Eine Aufforderung, diese Nachrichten und Zeichen zu suchen. Und tatsächlich: Im selben Video erscheint ein Binärcode, der übersetzt und rückwärts gelesen, bedeutet: HE LIES. Doch wer lügt? Alex‘ Freund Jay? Was ist die Lüge? Ähnlich wie Lost wirft Marble Hornets mit jeder Antwort neue Fragen auf.
Eine weitere Ähnlichkeit besteht darin, dass nicht strikt chronologisch erzählt wird. Jay arbeitet sich durch Alex‘ Material, stellt interessante Funde online und versucht sie zu kontextualisieren, um zu verstehen, was geschehen ist. Die Zuschauer folgen ihm dabei und tauchen so immer weiter in die Geschichte ein. Die besonders aktiven unter ihnen tauschen auf diversen Wikis verschiedene Hinweise, entschlüsselte Nachrichten und Theorien aus.
Slender Man transmedial

Marble Hornets war das Erste einer Reihe von Alternate Reality Games, die von Amateuren produziert wurden und sich irgendwie mit dem Slender Man beschäftigen. Ein weiteres ist EverymanHYBRID (EMH). Es startete 2010 und öffnete eine Metaebene, die den Hype um den Slender Man, der inzwischen fester Bestandteil einiger, vor allem amerikanischer, Online-Communities geworden war, reflektiert. Vor allem amerikanische Jugendliche nutzen die Figur, um Freunde und Geschwister zu erschrecken und diese Streiche online zu stellen, außerdem wurde der Slender Man selbst in Sketchen veralbert. EMH selbst beginnt als eine Art Online-Fitnessratgeber mit Videos auf YouTube, wobei in einigen der Slender Man im Hintergrund zu sehen ist. Dieser wurde von einem Freund der Videomacher gespielt, um auf den Hype aufzuspringen. Es handelt sich also um einen Gag innerhalb der Videos. Allerdings kommt es bald zu einem Twist: eine Gestalt taucht auf, die nicht von dem Freund gespielt wird. Aus den humoristischen Gesundheitsvideos entwickelt sich so ein Horrorthriller, der wie Marble Hornets mit Pseudoauthentizität spielt. EMH geht allerdings einen Schritt weiter, was die Erzählplattformen angeht. Beispielsweise gab es Liveaufzeichnungen von Streams, in denen Fans Fragen an die vermeintlichen Fitnessberater, also die Macher von EHM, stellen konnten und so selber Teil des ARG wurden. Eine der Protagonistinnen postete auf ihrem Blog ab und an Songs, die von den Usern auf mögliche Hinweise zur Geschichte analysiert wurden. Dieselbe Figur war zudem auf Twitter aktiv.
Der Slender Man selbst ist inzwischen, gepusht durch die ARGs und andere Fanbeiträge, zu einem transmedialen Phänomen geworden. Er ist der Star von Slender, einem Indie-Game, das kostenlos heruntergeladen werden kann. Der Spieler begibt sich, lediglich mit einer Taschenlampe ausgerüstet, in einem finsteren Wald und einem verlassenen Gebäude auf die Suche nach acht Notizen. Dabei ist ihm der Slender Man auf den Fersen. Jedes Mal, wenn der Spieler ihn erblickt und sich wegdreht, wird der Slender Man beim nächsten Zusammentreffen näher herankommen. Logischerweise heißt es GAME OVER, wenn der Slender Man die Spielfigur in die Finger bekommt.
Trotz, oder gerade wegen dieser einfachen Mittel ist Slender eine sehr gruselige Erfahrung, wie unzählige Videos von kreischenden Spielern beweisen. Einen weiteren Gastauftritt hat „Slendy“, wie er inzwischen liebevoll genannt wird, im Musikvideo „First Of The Year (Equinox)“ des Dubstepproduzenten Skrillex.
Auch einer Filmkarriere steht nicht mehr viel im Wege, auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter konnte ein entsprechendes Projekt sein Ziel von Zehntausend Dollar bereits erreichen. Die Popularität des Monsters nimmt immer weiter zu, weswegen das Augreifen des Mythos für eine professionelle Filmproduktion nicht vollkommen abwegig ist. Wer bis dahin auf dem Laufenden bleiben will, kann Slendy natürlich auf Facebook adden oder ihm auf Twitter folgen.
Fotos: flickr/Ella Patenall (CC BY 2.0), flickr/mdl70 (CC BY 2.0)
Quelle: Marschall, S. (2008). Semipermeable Welten. Automimetische Szenografien des Bewusstseins im fiktiven Film. In M. Bauer, F. Liptay & S. Marschall (Hrsg.), Kunst und Kognition (S. 27-55). München: Wilhelm Fink.



Dies und mehr kritisiert UN-Sonderberichterstatter La Rue in seinem Bericht. Doch auch die oftmals fehlende Transparenz bei der staatlich durchgeführten Sperrung von Internetseiten ist ihm ein Dorn im Auge. Als besorgniserregend erachtet er zudem die Schaffung neuer Gesetze, die einerseits den Ausdruck im Internet nachträglich als kriminell erklären und andererseits „vorsorglich“ die Meinungsfreiheit im Internet einschränken. Außerdem kritisiert er verstärkt stattfindende Eingriffe von Staaten in die Arbeit von Intermediären. Intermediäre sind private, digitale „Organisationen“, die Intermediationsfunktionen wahrnehmen, das heißt ähnlich einer Agentur dem Internetnutzer Dienstleistungen vermitteln.
Es ist Neun Uhr morgens in Berlin und mein erster Arbeitstag als Werbetexterpraktikant bei
Ich denke also weiter nach. Und jetzt auch etwas schneller. Vielleicht liegt die größte Herausforderung des Werbetexters überhaupt darin, möglichst viele Ideen nicht innerhalb von zwei Tagen, sondern innerhalb von zwei Stunden zu erdenken. Das Geschäft mit Wort und Bild erlaubt es nicht, allzu lange zu sinnieren oder darauf zu warten, dass einem ein Licht aufgeht.





Die Oma mit dem Märchenbuch auf dem Schoß – das war gestern. Heutzutage werden Bücher nicht mehr gelesen, sondern erlebt. Das zumindest lässt das neue Produkt von Sony für die Play Station 3 vermuten. „Wonderbook“ verbindet Geschichtenerzählen mit interaktivem Spiel. Der erste Titel, der für die Wonderbook-Technologie erschienen ist, trägt den Titel „Buch der Zaubersprüche“. Der Move-Motion-Controller der Konsole wird auf dem Bildschirm zum Zauberstab, das futuristisch anmutende blau-graue Buch zum Zauberbuch.
„Das Buch der Zaubersprüche“ ist ein Spiel, das sich um das Zauberbuch herum entfaltet. Die reale Umgebung wird dabei von der Kamera erfasst und so mit ins Spiel eingebunden. Die „Lektüre“ des Buches wird grafisch unterstützt, am Anfang mit vielen vorgelesenen Texten und Filmchen in Faltbuchoptik, die man durch die Wahl bestimmter Wörter – wie beim Lückentext – beeinflussen kann. Später kann sich der Spieler selbst darin üben, Zauber auszuführen.
Nicht nur Sony war auf der Buchmesse vertreten. Nintendo stellte für die Nintendo Wii nicht ein einziges neues Spiel, sondern eine ganz neue Konsole vor. Die Wii U tritt die Nachfolge der 

Wo ein neuer Markt entsteht, da gibt es gleich 





