Billy ohne Bücher
von Alexander Karl
Es ist das Tüpfelchen auf dem i, es bezeugt den Wandel einer ganzen Industrie. Und doch ist es eigentlich nur ein Regal – aber eines mit hohem Stellenwert. Das BILLY-Regal von IKEA, einst das Bücherregal für jedermann, folgt dem veränderten Kundenhabitus und macht die Böden tiefer. Weg vom typischen Bücherregal, hin zum Staubfänger für Krimskrams. Denn gelesen wird ja jetzt papierlos.
E-Books im Kommen
Nachdem in den vergangenen Jahren bereits der Musik- und Filmmarkt kräftig durchgeschüttelt und das Motto „höher, schneller – online“ abgefeiert wurde, sieht sich Dank Amazons Kindle und weiteren Konkurrenzprodukten der Buchmarkt zunehmend auf der Sprung ins Netz. Nicht nur die alten Buchhandlungen in den historischen Innenstädten haben ausgedient und sind gegen Thalia-Filialen in Einkaufscentern und Amazon ersetzt worden – auch das gute alte Buch kommt immer virtueller daher.
Gerade auch in den USA schreitet die Digitalisierung immer weiter voran, Amazon verkauft mittlerweile mehr E-Books als „paper-books“. So heißt es im Economist: „In the first five months of this year sales of consumer e-books in America overtook those from adult hardback books.“ Doch diese Entwicklung zieht auch Probleme nach sich: Die Gefahr der Buch-Piraten steigt. Denn Buch-Dateien sind deutlich kleiner als Filme oder Musikalben – und können so noch schneller illegal heruntergeladen werden. Das zweite Problem: Die habtische Präsens in den Buchhandlungen fehlt. Während ein Spotankauf früher durch Werbung in den Schaufenstern der Büchereien zustande kam, lassen wir uns heute doch Amazon Empfehlungen und Bewertungen zum Kauf führen.
Virales Marketing für Bücher
Um aber die Bücher auch in der digitalen Welt an den Käufer zu bringen, setzten immer mehr Verlage auf Social Media und Fanpages im Web. Neben der mittlerweile standardmäßigen Fanpage auf Facebook versuchen die Verlage, den Strom der Leser auf teilweise sehr aufwendige Webseiten zu lenken.
So wie etwa die House of Night-Seite des S. Fischer-Verlags. In der Online-Community sind Blutstropfen sind die einzige Währung. Als Neuling auf der Seite ist man ein Jungvampir und bekommt Blutstropfen, wenn man Quizfragen beantwortet oder Zaubersprüche veröffentlicht. Der Leser ist dann nicht mehr nur Rezipient, sondern Teil des Buch-Universums. Diesen Schritt ging jetzt auch Joanne K. Rowling: Mit Pottermore sollen nicht nur die Potter-E-Books verkauft werden, sondern auch Hogwarts-Fans aus aller Welt die Möglichkeit haben, sich auszutauschen und kreativ auszutoben.
Und damit sich der ganze Aufwand lohnt, sollen die Rezipienten möglichst selbstständig möglichst viel Werbung machen – Stichwort virales Marketing, also Werbung, die sich wie ein Virus ausbreitet.
Ganz neu: Instand E-Books
Von Online-Nachrichtendiensten sind wir ja schon gewöhnt, dass im Sekundentakt Meldungen über Erdbeben, Wahlen und Co. über die Bildschirme flimmern. Im Buchmarkt war das bisher anders: Bis ein Buch geschrieben, lektoriert und schlussendlich gedruckt ist, vergehen teilweise Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Doch auch hier – E-Book sei Dank – wird nun neuerdings auf die Tube gedrückt. So heißt es im Blog Hyperland:
„Genau sieben Tage oder 144 Stunden nachdem ein Spezialkommando der US-Navy Seals Osama Bin Laden in seinem Versteck in Pakistan erschossen hatten, erschien auf Amazon.com das Buch „Beyond Bin Laden: America and the Future of Terror“, das, so der Verlag Random House, endlich eine Antwort geben sollte auf die Frage: Was ist genau passiert? Und was kommt als Nächstes auf uns zu?“
Logisch, ohne die Zeit für den Druck wird der Prozess des Publizierens beschleunigt. Aber kann man innerhalb von so kurzer Zeit ein sauber recherchiertes Buch auf den Markt bringen? Oder ist es wie bei der ARD, die noch zu Lebzeiten die Nachrufe für wichtige Persönlichkeiten vorbereitet und sie dann bei Bedarf bringt?
Wie sich der Buchmarkt weiterentwickeln wird, lässt sich nur schwerlich beurteilen. Kindle-Gegner und Befürworter haben gute Arguemte für oder gegen das E-Book. Doch eines ist klar: Egal ob für Marketing, als Händler oder gar als Medium – am Internet kommt das Buch nicht mehr vorbei.
Foto: Alexander Karl; Screenshot http://www.houseofnight.de/ (19.09.2011)
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