Bachelorarbeit in Tansania (4/4)
Von Hannah Baumecker
Die Dreharbeiten sind abgeschlossen, das Projekt jedoch noch nicht. Die ersten Tage der Reise durch Tansania waren anstrengend und nervenaufreibend. Noch ist die Reise jedoch nicht vorbei und auch die letzten Etappen hielten noch einige Überraschungen für uns bereit.
Im vorherigen Beitrag habe ich den ersten Teil des Austauschprojekts mit Tansania, aus dem meine Bachelorarbeit hervorgeht, vorgestellt. Im folgenden Beitrag beschreibe ich für euch die letzten Etappen und die Postproduktion des Films.
Dritte Etappe: Sansibar
Nach den mehr oder weniger produktiven Drehtagen in Dodoma ging es mit dem Bus zurück nach Dar es Salaam. Hier übernachteten wir, um am nächsten Tag mit der Fähre nach Sansibar überzusetzen. Die Vorfreude in der Gruppe war riesig – endlich etwas Zeit für uns und ein bisschen Urlaubsgefühl… doch Fehlanzeige. Das Sansibar, das uns bei unserer Ankunft auf der Insel erwartete, schockierte uns. Alles, was jenseits der All-Inclusive-Anlagen und den dazugehörigen weißen Sandstränden zu finden war, zeigt die eigentliche Situation der Insel. Müllberge, Armut und Bauruinen. Die bittere Wahrheit der sogenannten Trauminsel war nur schwer wegzudenken und so kam das ersehnte Urlaubsgefühl leider nicht auf.
In den zwei Tagen auf der Insel war auch nicht besonders viel Freizeit eingeplant. Der Zeitplan beinhaltete hier wieder zusammenhangslose Workshops, Führungen und kaum Zeit zur freien Verfügung. Entweder man wusste nichts von unserem Besuch oder die vermittelten Inhalte passten überhaupt nicht zu unserem Projekt. Diese Zeit hätte man definitiv besser nutzen können.
Vierte und letzte Etappe: Dar es Salaam
Die Rückkehr nach Dar es Salaam bedeutete für uns alle nur noch eins: Endspurt! Die letzten Tage vor der Heimreise waren angebrochen. In dieser letzten Zeit sollte das gesammelte Material zum Film gemacht werden. So weit so gut. Doch diese Kalkulation war für alle Teilnehmenden völlig unverständlich. Wie sollten in so kurzer Zeit die Aufnahmen von fünf Drehtagen gesichtet, ausgewählt und geschnitten werden?
Da alle Gruppen diese Aufgabe als unmöglich empfanden, wurden die Anforderungen der Organisatoren etwas runtergeschraubt und wir versuchten jede freie Minute zu nutzen, um am Ende des Aufenthalts wenigstens eine Art Trailer präsentieren zu können. Leichter gesagt als getan, weil sich bei der Übersetzung der Interviews, die auf Kisuaheli geführt wurden, Schwierigkeiten auftaten.
Unser Gruppenmitglied aus Tansania empfand das deutsche Tempo und unsere Arbeitsweise als zu stressig, da er sich jetzt erst mal von der langen Reise erholen müsse. Da wir aber vollkommen auf ihn angewiesen waren, wurde viel diskutiert und verhandelt, bis wir endlich die Übersetzung der Interviews vorliegen hatten. Unser Teammitglied und die tansanischen Organisatoren des Projekts arbeiteten zusammen, damit die Übersetzung im vorhandenen Zeitraum fertig zu bekommen.
Die Nerven am Ende der Reise lagen blank, die Ergebnisse waren nicht zufriedenstellend und eigentlich wollten alle nur noch zurück nach Deutschland und ein hausgemachtes, deutsches Essen von Mutti verspeisen. Die Filme waren nicht ansatzweise fertig und die Motivation aller Teilnehmenden war einfach aufgebraucht.
Trotzdem gaben wir nochmal alles und versuchten so weit zu kommen wie möglich. Die Koffer waren am letzten Tag schnell gepackt, die Daten doppelt und dreifach auf verschiedenen Festplatten gesichert, bevor das Projekt mit einer viel zu kurzen Feedbackrunde besser gesagt das Ausfüllen eines Feedbackbogens ohne weitere Besprechung, am letzten Tag beendet wurde.
Zurück in Deutschland
Nach der Reise dauerte es eine ganze Weile, bis ich wieder Motivation fand, mich mit dem Projekt zu beschäftigen. Diese Reise nach Tansania, sowie das gesamte Projekt, entsprachen kaum meiner Vorstellung und trotzdem habe ich das Gefühl, dass ich unglaublich viel gelernt habe. Am meisten habe ich gelernt, geduldig zu sein, mich an fremde Arbeitsweisen anzupassen und mich entspannt und tolerant fremder Führung unterzuordnen. Auch wenn das während der Reise sehr anstrengend und frustrierend war, hoffe ich, dass ich diese Fähigkeit beibehalten werde.
Einige Zeit nach der Reise traf ich mich eine weitere Woche jeden Tag mit einer anderen Teilnehmerin des Projekts, die sich ebenfalls dazu entschieden hat, den entstandenen Film als Bachelorarbeit einzureichen. Zusammen schnitten wir das Material und überarbeiteten immer wieder die Storyline.
Da wir nicht in der gleichen Stadt wohnen, zog sich die Bearbeitung ziemlich in die Länge, da die Kommunikation via WhatsApp und Mail eher schwierig war. Außerdem hatten wir ständig Schwierigkeiten mit dem Schnittprogramm und den geänderten Dateien, die wir uns hin und her schickten. Trotzdem macht es natürlich Spaß, so ein Projekt mit einer Teilnehmerin, die alles miterlebt hat, fertig zu machen.
Mittlerweile sind wir fertig mit der Postproduktion und warten auf die Bewertung unserer Abschlussarbeit. Die harte Arbeit hat sich auf jeden Fall gelohnt, da unser Ziel, die Bedeutung von Second-Hand Kleidung für verschiedene Menschen, darzustellen, in unseren Augen geglückt ist.
Rückblickend bin ich froh, dass ich am Projekt teilgenommen habe – auch wenn ich nicht mit allem einverstanden war. Die Erfahrung, in einem fremden Land und mit anderssprachigen Menschen einen Film zu drehen, ist eine, die mir niemand mehr nehmen kann. Für meinen Berufswunsch als Fernsehjournalistin wird mir das, was ich lernen durfte, auf jeden Fall helfen.