Tansania

Bachelorarbeit in Tansania (3/4)

Von Hannah Baumecker

Der Zeitpunkt, auf den die ganze Gruppe gewartet hat und warum wir uns eigentlich zum Projekt angemeldet haben, ist endlich gekommen! Die Reise nach Tansania und weiter in Richtung Bachelorarbeit geht endlich los… 

Der zweiwöchige Aufenthalt in Tansania ist in mehrere Etappen aufgeteilt: In diesem Post möchte ich euch den ersten Teil der Reise nach Tansania und das Thema des Films vorstellen.

Flug Tansania

Über den Wolken. Foto: Hannah Baumecker

Während des Aufenthalts in Deutschland begann die Themenfindung mit dem Wunsch, eine Dokumentation über die sehr verschiedenen Klamottenindustrien der beiden Länder zu drehen. Da dieses Thema jedoch riesig und schwer zu durchschauen ist, wurde uns klar, dass wir konkreter werden müssen. Durch Gespräche innerhalb unserer Gruppe und vor allem mit den anderen tansanischen Teilnehmenden wurde uns mehr und mehr bewusst, was für eine Rolle gebrauchte, meist gespendete Kleidung auf dem tansanischen Markt spielt. Die Menschen in Tansania tragen fast ausschließlich Second-Hand Klamotten aus dem europäischen oder amerikanischen Raum.

Alternativlosigkeit oder Fashion-Statement?

Im Gegensatz zu dieser Alternativlosigkeit in Tansania zeigt sich ein völlig anderes Bild in Deutschland. Hier wird Second-Hand Mode mehr und mehr zum angesagten Trend und das Tragen gebrauchter Kleidung zum Fashion-Statement. Diese sehr unterschiedlichen Bedeutungen der Kleidung – vor allem für Menschen, die damit ihren Lebensunterhalt verdienen, sowohl in Deutschland als auch in Tansania – soll Thema unseres Films werden.

In Deutschland haben wir dafür in zwei grundverschiedenen Second-Hand Geschäften mit den jeweiligen Besitzerinnen Interviews geführt. Einer der Läden verkauft gespendete Kleidung und teilt den Gewinn mit den Spendenden, während der zweite Laden gebrauchte Kleidung auf Großmärkten und alte Lagerbestände als Massenwaren einkauft und gewinnbringend weiterverkauft. Die beiden Interviews gaben interessante Einblicke in das Geschäft mit gebrauchter Kleidung und wie die beiden sehr unterschiedlichen Frauen so ihren Lebensunterhalt verdienen. 

In Deutschland an Informationen und Interviews zu kommen war sehr einfach, während die sich die Recherche in Tansania als sehr schwierig und aufwändig herausstellte.

Doch dazu erfahrt ihr im folgenden Reisebericht mehr…

Erste Etappe: Dar es Salaam

Die lange Reise führt uns im Spätsommer 2019 nach Dar es Salaam, die größte Stadt in Tansania. Hier trifft unsere lustige Reisegruppe zum ersten Mal, seit fast vier Monaten, wieder auf die tansanischen Teilnehmenden und auf die ostafrikanische Kultur. Der zu erwartende Kulturschock bleibt jedoch aus, da wir in den ersten Tagen bis auf einen kleinen Spaziergang ums Hotel keinerlei Kontakt zur Außenwelt haben.

Die Tage sind durchgeplant mit kleinen Workshops zur kulturellen Verständigung und „Kennenlernen des Landes“. Es ist jedoch wirklich schwierig ein Gefühl für ein Land und eine Kultur zu bekommen, wenn man dafür das Haus nicht verlassen darf.  Außerdem sollen wir recherchieren, um am nächsten Ziel, Dodoma, mit den Dreharbeiten beginnen zu können. Durch die tansanische Gemütlichkeit sind die ersten Tage eher langsam und ziemlich unproduktiv…

Zweite Etappe: Dodoma

Tansania Bus

Busfahren auf tansanisch. Foto: Hannah Baumecker

Dar es Salaam und Dodoma trennen ungefähr 450 Kilometer voneinander. Eine Strecke, die in Deutschland circa fünf Stunden mit dem Auto dauern würde. Nicht aber in Tansania: Hier wurde uns eine Fahrzeit von acht Stunden angekündigt, die jedoch als äußerst optimistisch verlacht wurde. Wir brauchten schließlich zehn Stunden! Unser Kleinbus quälte sich mit unzähligen anderen motorisierten Gefährten ins Landesinnere und ächzte dabei, als würde er jede Sekunde einfach auseinanderfallen. Ähnlich ging es nach einigen Stunden auch uns Insassen. Jedes Körperteil tat weh, da wir unbequem zwischen unserem Gepäck und den anderen Teilnehmenden eingepfercht reisten.

Das Ziel der Busreise ließ die Stimmung leider nicht steigen. Wir waren in einem sehr abgelegenen Hotel in der Pampa vor Dodoma, Tansanias Hauptstadt, untergebracht und außer unserem Hotel gab es leider nichts in der Umgebung – wirklich nichts. Wieder keine richtige Chance, um selbstständig das unbekannte Land zu erkunden.

Dreharbeiten mit Hindernissen

Die sechs Tage, die wir in Dodoma blieben, waren unsere Drehtage. Das Equipment wurde uns nur in diesem Zeitraum zur Verfügung gestellt. Da wir aber in Tansania sind, verloren wir schon den ersten Tag, weil das Equipment nicht pünktlich geliefert wurde. Das nächste Problem hatten wir dann MIT dem Equipment selbst. Die einzelnen Sets waren unvollständig und die Einzelteile waren ungepolstert und rücksichtlos in schmutzige Plastikkoffer gepackt. Der zweite Tag ging also für das Reinigen, Tauschen, Testen und Vervollständigen des Equipments ins Land.

Auch am dritten Tag wurden wir wieder vor ein großes Hindernis gestellt. Die Genehmigungen, die nach Aussagen der deutschen Organisatoren bereits im Voraus beschafft worden sind, fehlten. Ohne Genehmigung in Tansania zu drehen (und Fotos auf öffentlichen Plätzen zu machen) ist eine Straftat. Es ging also wieder zu viel Zeit verloren, um auf mehreren Behörden die Genehmigungen zu erbetteln. Danach, wir konnten es selbst kaum glauben, konnten wir endlich mit den Dreharbeiten starten.

Second Hand

Second-Hand Handel auf den Straßen von Dodoma. Foto: Hannah Baumecker

In den nächsten Tagen drehten wir hauptsächlich auf zwei großen Second-Hand-Märkten, die sich in Dodoma befanden. Wir führten Interviews mit Ladenbesitzern (wobei man sich die Shops eher als Garagen vorstellen muss), einer Schneiderin, die sich mit vielen anderen am Markt angesiedelt hat, um die neuerworbenen Klamotten zu ändern, und einem Marktmanager. Sie alle gaben uns nach ausführlicher Erklärung des Projekts und etwas Überzeugungskunst ausführliche Infos darüber, was Second-Hand Kleidung für sie persönlich und als Geschäftspersonen bedeutet.

Vorurteile über Vorurteile…

Natürlich hatten wir auch in diesen Tagen Schwierigkeiten, da wir als fünfköpfige Gruppe, bestehend aus vier weißen jungen Frauen und einem jungen Mann aus Tansania, schon sehr auffielen. Viele Leute riefen uns Dinge hinterher, die man uns lieber nicht übersetzen wollte, wir wurden geschubst und unser Equipment wurde angerempelt. Man erklärte uns, dass viele Tansanier Vorurteile uns gegenüber haben. Sie gehen davon aus, dass wir einen Film über die Armut des Landes drehen und damit in Europa Geld verdienen. Dass wir jedoch aus lerntechnischen Gründen hier sind und uns bilden wollen, möchte man uns nicht recht glauben…

Wie die Reise weiter geht und wie sich der Film und das ganze Projekt weiterentwickeln, könnt ihr im nächsten Beitrag lesen.