Gender Pay Gap – die Sache mit dem Geld…
Gender Pay Gap – schon mal gehört? Dass es Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern für die gleiche Leistung gibt, ist bekannt. Dies musste auch Catt Sadler aus den USA schmerzhaft erfahren: Im Dezember letzten Jahres fand die US-amerikanische Nachrichtenreporterin für den Nachrichtensender E! News heraus, dass ihr männlicher Kollege für die exakt gleiche Arbeit fast doppelt so viel Geld bekam. Sadler verließ daraufhin den Sender und wurde viral dafür gefeiert. Auch hier in Deutschland gibt es noch immer Gehaltsunterschiede – aber wieso eigentlich?
#metoo betrifft nicht nur sexuelle Belästigung oder Übergriffe. Es geht im Großen auch um Sexismus und Ungleichbehandlung zwischen den Geschlechtern (beiderseitig, wohlgemerkt – auch wenn der Fokus hauptsächlich auf den Frauen liegt). In den letzten Dekaden wurde in Sachen Gleichberechtigung enorme Fortschritte gemacht, trotz allem liegt manches noch im Argen, zum Beispiel auf dem Arbeitsmarkt.
#ThrowbackThursday #MetGala pic.twitter.com/S2rTA9eCSw
— catt sadler (@IAmCattSadler) 3. Mai 2018
Du kriegst weniger Gehalt, weil…
Der Arbeitsalltag von Catt Sadler klingt nicht nur aufregend, sondern war es bestimmt auch. Berichterstattung von den Oscars oder Shopping mit Kris Jenner und anschließenden Plauder-Interviews mit den Sprösslingen Kylie und Kendall – Sadler war viel unterwegs und als Nachrichtensprecherin auch das Aushängeschild des TV-Senders E! news.
10 Jahre lang arbeitete sie kontinuierlich, doch letztes Jahr wurde sie von einem Mitarbeiter im Stillen darauf aufmerksam gemacht, dass zwischen ihrem Gehalt und dem ihres Co-Moderators Jason Kennedy wohl große Unterschiede herrschten. Sadler forschte nach und fand heraus, dass ihr Kollege fast das Doppelte verdiente als sie – für die mehrheitlich gleiche Arbeit und dasselbe Arbeitspensum. Ihre Anfragen, ihr Gehalt anzupassen, wurden vom Sender mehrfach abgelehnt, und so entschied Sadler, den Sender zu verlassen. Auf ihrer Website hat sie ein Statement zu ihrem Abgang geschrieben.
Empörter Wirbel und viel Lob
Catt Sadlers Vorfall fand auf Social Media Plattformen wie Twitter und in vielen Online-Medien Gehör und ihr Abschiedstweet vom Sender wurde tausendfach geteilt und kommentiert. Viele Frauen zeigten Solidarität und Unterstützung – ihre schwere Entscheidung, wegen der ungleichen Bezahlung ihren sicheren Job aufzugeben, fand großen Respekt.
It’s true. Today will be my last day on #DailyPop and @enews. I hope you’ll tune in so I can thank you for the memories. I love you guys SO much it hurts.
— catt sadler (@IAmCattSadler) 19. Dezember 2017
Das Beispiel Catt Sadler ist ein Fall unter vielen – nicht nur in den USA oder Deutschland, sondern wohl ein global auftretendes Problem. Der sogenannte „Gender Pay Gap“ (deutsch: Einkommens-Geschlechter-Lücke) wird seit Jahren untersucht.
Was ist der Gender Pay Gap?
Der Gender Pay Gap ist ein Strukturindikator, der den prozentualen Bruttoeinkommensunterschied zwischen Männer und Frauen beschreibt und sowohl in Deutschland als auch in der EU angewandt wird. Dabei gibt es nicht nur diesen einen Wert, sondern es wird zwischen dem unbereinigten und dem bereinigten Gender Pay Gap unterschieden. Diese zwei Werte unterscheiden sich mit ca. 21% und 7% erheblich, denn verschiedenste Faktoren werden zur Bereinigung berücksichtigt.
Unbereinigter oder bereinigter GPG: Was denn nun?
In Deutschland liegt der unbereinigte GPG bei ca. 22% (Stand 2014, Statistisches Bundesamt). Er liegt also im Durchschnitt nicht ganz so hoch wie bei Catt Sadler und ihrem Kollegen, wo der Unterschied bei fast 100% lag. Beim unbereinigten Gender Pay Gap werden die reinen Bruttoverdienste von Arbeitnehmern aus allen Bereichen aufgenommen und verrechnet, ohne weitere sozioökonomische Faktoren zu berücksichtigen. Da aber auch diese Faktoren eine Rolle spielen, errechnet das Statistische Bundesamt auch den bereinigten Gender Pay Gap, der (nur) bei ca. 6% liegt. Miteinbezogen werden dabei Faktoren wie Alter, Bildungsstand, Qualifikationen und Berufsfeld. Das bedeutet also, dass der prozentuale Betrag, der nach der Bereinigung übrig bleibt (also 6%), die Einkommensungleichheit beschreibt, die durch das Herausrechnen dieser Faktoren nicht erklärt werden konnte. Denn der bereinigte Gender Pay Gap berücksichtigt keine Diskriminierung oder strukturelle Entgeltungleichheiten.
„Frauenberufe“ vs. „Männerberufe“
Statistisch ist zu beobachten, dass sogenannte „Frauenberufe“, die im Bereich Pflege und Erziehung liegen, generell schlechter bezahlt werden als typisch angesehene „Männerberufe“, die wiederrum in den Bereichen Technik und Handwerk liegen. Zudem gelten aufgrund unserer gesellschaftlichen Rollenbilder immer noch dementsprechende Stereotypen und Klischees. Diese besagen, dass Frauen eher zu Hause sind und sich um die Familie kümmern und dem Ehemann die Rolle des Versorgers und Mehrverdieners zugeteilt wird. Freilich finden sich diese Ansichten immer weniger und entsprechen so auch definitiv nicht dem Großteil der Realität. Es gibt viele Angebote für Ganztagesbetreuungen und auch Väter bleiben öfters zu Hause und nehmen sich Vaterschaftsurlaub. Wenn aber eine Frau nach der Geburt z.B. nur noch in Teilzeit arbeitet (und ihr Mann in Vollzeit) – so hat dies einfach zur Folge, dass sie weniger verdient.
Und wann wird man jetzt als Frau diskriminiert?
So einen richtigen Durchblick bekommt man bei diesen ganzen Aspekten nicht, was nun Einkommensunterschiede anbetrifft. Der Wirtschaftsverband IW berechnete seinerseits sogar einen Gender Pay Gap von nur 2% in bereinigter Form. Extrem wenig, wenn man den bereinigten und unbereinigten von 6% und 22% betrachtet. Es ist also schwierig, die Lohnunterschiede auf einen reinen Diskriminierungs-Prozentsatz herunterzurechnen.
Sender gibt (unglaubwürdiges) Statement
Was also kann nun der Grund gewesen sein, dass Catt Sadler so viel weniger verdiente als ihr Kollege? Sie ist alleinerziehende Mutter eines Sohnes, arbeitete aber in Vollzeit beim Sender und studierte an der Universität Indiana Journalismus. Außerdem sammelte sie schon während des Colleges Erfahrungen in der Newsbranche. An Qualifikation- und Kompetenzmangel kann es also schon einmal nicht liegen. Lag es dann doch daran, dass Sadler eine Frau ist?
Dies dementierte E! News selbst in einem öffentlichen Statement. Der Sender wünschte ihrem ehemaligen Anchor alles Gute, betonte aber:
“E! compensates employees fairly and appropriately based on their roles, regardless of gender. We appreciate Catt Sadler’s many contributions at E! News and wish her all the best following her decision to leave the network.”
So ganz Glauben schenken kann ich diesem Statement nicht. Irgendeinen Grund muss es ja schließlich gegeben haben, was einen Gehaltsunterschied von ca. 100% rechtfertigt. Schließlich hat fast jeder Nachrichtensender eine weibliche Moderatorin – offenbar nur zur Dekoration, waren meine ersten Gedanken nach dem Lesen dieses Statements. So oder so kann nur gemutmaßt werden, was genau die Gründe für die ungleiche Bezahlung waren. Aber solche Ereignisse bringen wichtige Themen wie den Gender Pay Gap wieder auf die öffentliche Agenda – mit Potenzial zu Veränderungen
Quellen:
http://www.dailymail.co.uk/news/article-5197125/Catt-Sadler-leaves-E-News-male-host-earns-more.html
https://www.usmagazine.com/celebrity-news/news/catt-sadler-leaves-e-over-pay-dispute-earning-less-than-jason-kennedy/
http://www.bpb.de/politik/innenpolitik/arbeitsmarktpolitik/187830/gender-pay-gap?p=all
http://faktenfinder.tagesschau.de/inland/genderpaygap-103.html