Bild: Katrin Schwendner

DAS SIND PRINZIPIEN, DIE WIR AUCH IN UNSEREM PRIVATEN ALLTAG NUTZEN UND WÜNSCHENSWERT FINDEN.

Interview mit einer Change Managerin – Teil 2/3

Von Lisa Hornung

Katrin Schwendner ist sowohl Senior Projektleiterin im Change Management als auch Beraterin für Organisationsentwicklung in einem internationalen Konzern. Im zweiten Teil dieser Interview-Serie spricht sie über die Anwendung theoretischer Grundlagen in ihrem Arbeitsalltag.

Falls ihr vorab den ersten Teil des Interviews lesen wollt, findet ihr diesen hier. Schaut gerne vorbei!

Im Change Management gibt es einen vielfältigen theoretischen Background. Was rätst du jemandem, der Change Manager werden will? Gerade mangels spezieller Studiengänge?

Einmal sind die Grundlagen der Kommunikation wichtig, weil Change ja nur über Kommunikation funktionieren kann. Entweder über die Kommunikation mit einer Person (zum Beispiel einer Führungskraft) oder über Kommunikation mit ganzen Teams zu ihren Projekten oder zu neuen Themen. Wenn man sich Change Management von der Seite der Kommunikation nähert, ist das auf jeden Fall gut. Wir müssen ja auch immer wieder beschreiben: Warum verändern wir uns? Was passiert jetzt? Was erwarten wir? Was wollen wir mit dieser Veränderung erreichen? Und natürlich ist das Thema Agilität in aller Munde, also sollte man sich dann auch damit auseinandersetzen. Da gibt es viele weitere Themen, in die man mal hineinschnuppern kann – das ist natürlich immer eine Gusto-Frage. Man sollte aber verschiedene Modelle und Theorien kennen, um gute Impulse geben zu können und eine sinnvolle Diskussion entstehen zu lassen. Es macht – wie bereits gesagt – keinen Sinn, wenn man linear einem Modell folgt und das einfach von Anfang bis Ende durchzieht. Die Situation verändert sich ständig und man muss immer wieder in der Lage sein neue Impulse zu geben. Dabei ist auch immer die Frage, ob es sich hierbei um eine persönliche Entwicklung dreht oder um die Entwicklung eines ganzen Unternehmens. Ich denke, das ist auch eine wichtige Eigenschaft von Beratern: Dass man sowohl den Kunden, als auch den Prozess im Auge behält.

In der Change Management Literatur wird viel vom Umgang mit Widerständen berichtet. Wie viel Widerstand nimmst du in deinem beruflichen Alltag wirklich wahr?

Es gibt für Veränderungen immer einen gewissen Leidensdruck und der muss meistens relativ groß sein. Die Leute müssen es fühlen können: „Wir müssen weg von da, wo wir jetzt sind.“ Erst dann sind die Leute auch bereit, sich auf den Weg zu machen. Und genau diese Argumentation müssen wir ganz klar darstellen können. Was einem natürlich immer wieder begegnet, ist eine gewisse Angst. Es ist ganz klar: Keiner verändert sich so gerne. Das stellen wir auch in unserem normalen Leben fest. Wir ziehen ja auch nicht jedes Jahr freiwillig um oder wechseln den Beruf. Es stellt sich zwar auch immer die Frage, wie massiv die Veränderung für eine Person wirklich ist aber meistens kommt da als erstes Mal die Angst auf. Und wie reagieren Menschen unter Angst? Da gibt es Manche, die werden dann eher aggressiver und kämpfen gegen die Veränderung an. Das wird dann in den ganzen Diskussionen als Widerstand erlebt. Aber es ist wichtig, dass man sich auch in diese Perspektiven hineinversetzen kann und versteht, was die Leute eigentlich bewegt. Erst dann kann man sie auch da abholen, wo sie emotional gerade stehen. Es nützt nichts, wenn man die wunderbarsten Hochglanz-Geschichten formuliert, wenn die Leute einfach immer noch Angst haben. Wir müssen versuchen auf diese Ängste einzugehen und ihnen einen gewissen Raum bieten. Erst dann kann man auch den nächsten Schritt gehen. Das sind so Phänomene, die mir im Alltag natürlich begegnen – also das ist echt ein großes Thema. Das äußert sich zwar in unterschiedlichen Stärken aber die Leute wollen sich oft einfach nicht verändern und hinterfragen. Und dann ist die Frage: Wie gut können wir die Veränderung verkaufen? Also ein Stück machen wir natürlich auch Marketing für neue Themen.

Du hast vorhin neben der Kommunikation auch die Agilität erwähnt. Hilft Agilität im Umgang mit Widerständen? Und was ist Agilität für dich?

Also bei Agilität kommt ja bei ganz vielen erstmal die Scrum-Methode in den Kopf. Davon würde ich mich lösen. Da würde ich eher danach schauen: Was sind denn die agilen Prinzipien? Das sind Prinzipien, die wir auch in unserem privaten Alltag nutzen und wünschenswert finden. Wir machen etwas und dann holen wir uns oftmals das kurzzyklische Feedback: „Ich habe jetzt das gemacht, was hältst du davon?“. Wenn ich das Wohnzimmer neu einrichte, frage ich meine Familie auch, wie sie etwas finden. Und dann versuche ich im Konsens zu entscheiden. Wollen wir die Wand jetzt gelb, grün oder rot streichen? Bei vielen Projekten, die wir privat machen, gehen wir auch iterativ vor. Wir holen uns Feedback ein und arbeiten zusammen. Das sind viele Dinge, die wir uns eigentlich wünschen und die wir dann letztendlich auch in einem Unternehmen auf eine ähnliche Art umsetzen. Da haben wir aber natürlich etwas andere Rahmenbedingungen. Man muss immer aufpassen: Die Werte, die wir brauchen, können wir sicher gut mit der ein oder anderen agilen Methode paaren. Aber es kommt nicht darauf an, ein Methoden Experte zu sein und etwas strikt umzusetzen, wenn wir die Werte dann im Endeffekt nicht authentisch leben können.

Im letzten Teil dieser Serie spricht Katrin über die Entwicklung von Hierarchien. Seid gespannt!