Social Media – Zu unserer Unterhaltung oder reine Werbeplattform?
Von Hannah Wagner
Wir alle erwischen uns dabei, wie wir stundenlang auf Instagram, YouTube & Co unterwegs sind. Dabei begeistert uns scheinbar am meisten, was andere aus ihrem Leben zu berichten haben. Zunächst gibt es daran nichts auszusetzen. Sich von anderen inspirieren oder unterhalten zu lassen ist keineswegs etwas Schlechtes. Fraglich ist nur, ob Social Media neben dem Aspekt der Unterhaltung noch eine andere Charakteristik besitzt: Die einer Werbeplattform. Ist es mittlerweile sogar soweit, dass die ursprüngliche Funktion – die der Unterhaltung – davon überschattet wird?
BibisBeautyPalace und DagiBee sind nur zwei der größten Influencer*innen-Namen Deutschlands. Beide sind bereits seit 2012 auf der Social Media Plattform Youtube aktiv und laden dort regelmäßig Videos zu den Themen Beauty, Fashion und Lifestyle hoch. Dass ihre Kanäle solch einen Erfolg verzeichnen werden, hätte wohl zu Beginn ihrer Karriere niemand gedacht. Bibi, bürgerlich Bianca Claßen, ist sogar so erfolgreich, dass sie sich 2018 mit ihrem Mann eine Villa im Wert von geschätzten 1,5-3 Millionen Euro leisten konnte. Ist so ein teurer Lebensstil möglich? Bringen Unterhaltungsvideos tatsächlich so viele Einnahmen? Denn eine hohe Klickzahl allein bringt einem schließlich noch keine Millionen. Es muss also noch mehr dahinterstecken. Und das tut es. Das Phänomen nennt sich: Influencermarketing.
Was machen Influencer*innen eigentlich?
Heutzutage wird der Begriff Influencer*in und die damit verbundene Tätigkeitsbeschreibung, Content Creator (deutsch: Inhalt-Produzent*in), viel verwendet. Aber was genau ist ein*e Influencer*in eigentlich? Der Artikel „Influencer Marketing“, der am 12.02.2020 auf der Homepage des Marketing Unternehmens „Reachbird“ veröffentlich wurde, versucht diese Frage zu beantworten. Martin Faltl, Mitglied der GfM Forschungsreihe, definiert den Begriff wie folgt. „Influencer*innen [sind] kreative Idividuen, die regelmäßig, öffentlich zugängliche Inhalte produzieren, die bereit sind, dabei mit Marken zusammenzuarbeiten und deren Inhalte Einfluss auf das Verhalten von Followern haben.“
Genau hier liegt der Knackpunkt. Influencer*innen haben – bei bezahlten Kooperationen mit Firmen – die Aufgabe, ihre Abonnent*innen so zu beeinflussen (aus dem Englischen: to influence), dass diese ihre beworbenen Produkte nachkaufen.
Achtung Schleichwerbung!
Problematisch bei dieser Strategie ist, dass es sich bei der Zielgruppe oft um sehr junge Menschen, teils noch Minderjährige handelt. Gerade Kinder oder Jugendliche im Alter von 10-14 Jahren sind medial noch nicht gut genug geschult, um erkennen zu können, dass es sich bei bestimmten Videos oder Beiträgen um reine Werbung handelt. Wenn Influencer*innen ihre Ausbeute eines Drogeriemarkt-Einkaufs präsentieren, geht es nicht primär um ein bloßes Herzeigen. Zu Beginn des Auftretens des Phänomens „Influencer*in“, gab es noch keine einheitlichen Regeln, zur Kennzeichnung von Werbung auf Social Media-Plattformen. Im Umkehrschluss bedeutete das, dass Influencer*innen sowohl auf YouTube als auch auf Instagram für ein Partnerunternehmen werben konnten, ohne dies eindeutig zu kennzeichnen. Kritisch wird das in Momenten, in denen Influencer*innen ein Bild mit gesponsorten Klamotten posten und dafür, abhängig von der Followerzahl, bis zu hohen vierstelligen Summen einnehmen können. Dabei lässt sich klar die Frage aufwerfen, ob dies moralisch vertretbar ist. Mittlerweile hat sich die Lage aber geändert: 2018 wurde ein Gesetz eingeführt, das die Kennzeichnung von Werbung regelt. Laut diesem Gesetz müssen Influencer*innen, egal ob es sich um bezahlte oder unbezahlte Werbung handelt, diese mit „Werbung, Anzeige oder Ad (die englische Abkürzung für Advertisment)“ kennzeichnen.
Influencer Marketing – Die Werbung von morgen?
Werbung ist ein Phänomen, welches in den Medien besonders durch Fernseh-Spots populär wurde. Wie kam es nun aber dazu, dass mittlerweile viele Produkte immer mehr auf Social Media-Plattformen vermarktet werden. Und liegt in dieser Strategie vielleicht das Potenzial zur „Werbung von morgen“?
Aus dem oben bereits erwähnten Artikel „Influencer Marketing„ geht hervor, dass mittlerweile 80% der Unternehmen Influencer*innen in ihre Marketing-Strategie aufnehmen. Aber woher kommt dieses plötzlich steigende Interesse an Influencer*innen? Zunächst einmal ist es wichtig, den Begriff „Influencer Marketing“ zu definieren. Der Grundgedanke dieses Konzepts besteht darin, dass einerseits Marken und Influencer*innen in gemeinsamer Zusammenarbeit Inhalte produzieren und andererseits, dass beide Seiten davon profitieren können. Durch diese enge Zusammenarbeit können Marken ihre Bekanntheit steigern und gleichzeitig ihr Image verbessern. Für Influencer*innen und ihr Follower-Engagement rentabel, da sie ihre Fangemeinschaft mit hochwertigen Inhalten, aufpoliert durch die Kooperationen mit großen Firmen, versorgen können.
Warum selber Werbung machen, wenn es sich auch von alleine regelt?
Für die Unternehmen ergeben sich aber auch noch mehr als die oben bereits genannten Vorteile. Ein Aspekt, der für Unternehmen sehr profitabel erscheint: Influencer*innen produzieren ihre Inhalte selbst. Zwar geben die Firmen klare Richtlinien und Informationen vor, welche die Influencer*innen an potenzielle Neukund*innen weitergeben sollen, allerdings sind ihnen in der Umsetzung keine kreativen Grenzen gesetzt. Dabei sind sie häufig Content-Produzent*in, Fotograf*in, Model, Fotodesigner*in, Videoeditor*in und Social Media Expert*in in einer Person. Bei der Zielgruppengerechten Vermittlung von Inhalten setzen Unternehmen zunehmend auf Mikroinfluencer*innen. Bei diesen Influencer*innen handelt es sich um Personen mit einer Abonnenten-Zahl zwischen ca. 10.000-40.000 Personen. Der Grund für ihre besondere Stellung liegt darin, dass sich solche Influencer*innen meist auf einen bestimmten Bereich spezialisieren. Je nach Nische, welche die jeweiligen Influencer*innen bedienen, erhalten sie verschiedene Kooperationsanfragen: Ein*e Fashion-Influencer*in beispielsweise kann glaubhafter eine Designer-Armbanduhr bewerben als jemand mit dem Fokus auf Nachhaltigkeit.
Ein weiterer Punkt in Sachen Glaubhaftigkeit: Oft sind die Influencer*innen in einem ähnlichen Alter wie die Zielgruppe des jeweiligen Unternehmens. Empfehlungen von „nahbaren“ Influencer*innen erscheinen vertrauenswürdiger und authentischer als die eines Unternehmers. Influencer*innen sollten aber nicht aus reiner Profitgier die Gutgläubigkeit ihrer Abonnent*innen ausnutzen und Dinge bewerben, die entweder von schlechter Qualität sind oder nicht das halten, was sie versprechen.
Heutzutage ist Werbung aus den Social Media-Plattformen, wie Instagram & Co nicht mehr wegzudenken. Viele Influencer*innen verdienen sich damit ihren Lebensunterhalt. Es ist also nicht verwunderlich, dass sich Youtube und Instagram beispielsweise nicht mehr nur als reine Unterhaltungsplattformen sehen, sondern auch zunehmend zu Werbezwecken genutzt werden. Wichtig sollte hier jedoch sein, dass garantiert wird, dass Werbung auch als solche gekennzeichnet wird. Ansonsten handelt es sich um Schleichwerbung und mangelnde Transpararenz und das ist gerade bei einer jüngeren Zielgruppe moralisch verwerflich. Solange sich Nutzer*innen bewusst sind, dass sich hinter den persönlichen Empfehlungen aus dem Internet teilweise auch bezahlte Werbeschaltung verbergen können, ist Social Media eine gute und vermutlich zukunftsweisende Möglichkeit, Produkte zu bewerben. Natürlich sollte man aber nicht alles glauben oder unterstützen, was im Internet gezeigt wird.
Quellen
- https://www.youtube.com/watch?v=X5Fwn5YNqew
- https://www.stern.de/neon/feierabend/youtube–was-bibi-und-co–machen–ist-keine-schleichwerbung-7458418.html
- https://www.ionos.de/digitalguide/online-marketing/social-media/social-media-advertising-werben-in-sozialen-medien/
- https://www.youtube.com/watch?v=ogja5YT7Wfc
- https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/YouTube-Kinder-Influencer-und-massig-Werbung,youtube1492.html
- https://www.reachbird.io/magazin/de/influencer-marketing-definition-vorteile-herausforderungen/