Scrollst du noch oder weißt du’s schon?
Von Anita Mäck
Kommunikation funktioniert in unserer Welt längst global. Wir rufen Informationen ab oder stellen sie ein und teilen unser Wissen mit allen Menschen, die einen Zugang zum Netz haben und danach suchen. Währenddessen wächst das Internet kontinuierlich. Sowohl die Anzahl der Server, die Informationen bereitstellen, als auch die Zahl der Nutzer sowie die Intensität der Interaktionen erhöhen sich.
Unsere Erdkunde-Lehrerin in der Schule sagte damals, es sei nicht wichtig alles zu wissen, man müsse nur wissen, wo es steht. Recht hat sie, dachten wir. Ihre Aussage nahm einen gewissen Druck von uns. Das Gefühl, es sei nicht schlimm etwas nicht zu wissen, bezog sich also auf unser Erdkunde-Buch. Heute steht uns eine viel größere Quelle zur Verfügung, das Internet. Das Scrollen auf unseren Smartphones und Tablets ist zur alltäglichen Bewegung geworden. Vergessen wir sie einmal zu Hause, fühlen wir uns nackt. Wie lebt es sich in unserer Informationsgesellschaft? Wie gehen wir mit der Bandbreite an Inhalten um?
Wissen auf dem Silbertablett serviert
Der Begriff der Informationsgesellschaft ist bislang nicht allgemein definiert und wird häufig mit dem der Wissensgesellschaft gleichgesetzt. Er steht für eine Gesellschaftsform, die Informationsverarbeitung, insbesondere über Computer und Internet, nutzt, um Wissen zu teilen. Dies können wir stets erweitern und wiederum anderen Menschen, einschließlich der Ursprungsquelle, zur Verfügung stellen. Durch dieses Verhalten entstand z.B. Wikipedia, die größte Wissensdatenbank der Welt. Der mittlerweile einfache Zugang zu einer mächtigen Bandbreite an Wissen verführt dazu, unmittelbar zum Smartphone zu greifen, wenn man etwas nicht weiß. Im Internet trifft man dann auf Menschen, denen man im realen Leben normalerweise nicht begegnen würde. Oldtimer-Fans etwa tauschen sich in Foren über ihre geliebten Autos aus. Dabei spielt es keine Rolle, dass sie quer über den Globus verteilt wohnen, solange sie über dasselbe Automodell sprechen. So vielfältig und weit unsere Welt durch das breite Angebot an Informationen wird, so eng rückt sie dadurch auch zusammen.
Intelligenter Umgang mit Wissen als Schlüsselkompetenz
„If I have seen further it is by standing on the shoulders of giants. “ Mit diesem Satz wollte Isaac Newton ausdrücken, wie wichtig es vor allem in der Wissenschaft sei, Informationen zu teilen, um Dinge nicht permanent ein weiteres Mal erfinden zu müssen. Gemeint ist also die Möglichkeit, die eigene Forschung auf den Ergebnissen anderer „Giganten“ aufbauen zu können. Doch nicht nur die Menge an Wissen vergrößert sich, auch die Verfügbarkeit erhöht sich kontinuierlich. Informationen bereitzustellen kostet vergleichsweise wenig. Das „virtuelle Bücherregal“ ist also günstiger als ein echtes, lässt sich einfacher aufbauen und mit ein paar gezielten Klicks intelligent durchsuchen. Wer sich nicht auf unseren rasanten technologischen Wandel einstellt, läuft Gefahr, zum sogenannten Analphabit zu werden. Ja, der Begriff ist richtig geschrieben. Er beschreibt diejenigen, die den Umgang mit Computern und digitalen Informationen scheuen. Wer nicht fähig ist, das Internet geschickt zu verwenden, bekommt früher oder später berufliche und gesellschaftliche Nachteile zu spüren.
Sich im komplexen Informationsdschungel zurechtzufinden und Wissen intelligent zu nutzen, erfordert wiederum Kenntnisse über die Vorzüge und Tücken des Internets. Hier sind u.a. Medienkompetenz, Recherchekompetenz und Urteilungsvermögen über die Qualität von Quellen gefragt. Genauer gesagt sollten sich Nutzer mit internetfähigen Geräten auskennen und wissen, mit welchen Schlagworten sie etwa zu ihrer gewünschten Information gelangen. Darüber hinaus sollte man Quellen kritisch auf ihre Richtigkeit prüfen, da im Netz jeder alles veröffentlichen und miteinander verlinken kann. Durch den einfachen Zugang zum Internet hinterfragen wir Inhalte häufig nicht näher, vor allem, wenn wir sie schnell benötigen. Warum sollten wir uns auch die Mühe machen, selbst nachzudenken, wenn wir die Information nach ein paar Klicks auf dem Silbertablett serviert bekommen? Vielen Nutzern fällt daher falsches Wissen nicht auf, welches sie dann weitertragen.
Doch wir beziehen nicht nur Informationen, wir liefern sie auch. Inzwischen ist es keine Neuigkeit mehr, was William Gibson, ein US-amerikanischer Science-Fiction-Autor, auf den Punkt bringt: „Wir leben in einer Informationsgesellschaft. Das lernt man schon in der Schule. Was man dabei nicht lernt, ist, dass man dabei auf Schritt und Tritt Spuren hinterlässt, immer und überall, winzige Bruchstücke, scheinbar bedeutungslose Datensplitter, die wieder aufgefunden und neu zusammengesetzt werden können.“ *
Immer schneller, immer weiter, immer mehr – was ist das richtige Maß?
Unsere Welt gestaltet sich durch rapiden Wissenszuwachs zunehmend komplexer. Umso wichtiger ist es, sich ihr anzupassen, um sie zu verstehen. Sowohl im Berufsleben als auch bei der privaten Nutzung ist es von Bedeutung, sich den Möglichkeiten des Internets zu öffnen und den entsprechend richtigen Umgang mit Informationen zu erlernen. Jedoch sollte man sich trauen selbst zu denken, Inhalte kritisch zu hinterfragen und nicht alles sofort glauben, was im Internet und über andere Medien vermittelt wird.
Wie schnell unsere Welt noch werden kann, ist nicht abzusehen. Oben noch als Empfehlung formuliert, stellt sich am Ende durchaus die philosophische Gegenfrage, ob der technologische und gesellschaftliche Wandel neben Anpassung auch Raum für etwas Abstand lässt? Wir definieren einen unzureichenden Wissensstand bei uns selbst als Auslöser für die Suche nach Information. Doch was genau bedeutet unzureichend für uns im digitalen Zeitalter? Wir haben rund um die Uhr die Möglichkeit Suchmaschinen zu befragen, aber sollten wir uns deshalb bei jeder noch so kleinen Wissenslücke „unnormal“ fühlen?
Foto: flickr.com/Ewa Rozkosz (CC BY-SA 2.0)
*Dieses Thema wird in anderen Teilen der Artikelreihe genauer beleuchtet, weshalb es hier nur der Vollständigkeit halber angedeutet ist.