Junge Animateure
von Marius Lang
Ein wanderndes Haus, liebestolle Zombies, betrunkene Puppen in einer Hommage an Manet. Die Filme, die im Wettbewerb Young Animation des diesjährigen Internationalen Trickfilmfestivals in Stuttgart liefen, waren oft ungewöhnlich. Fantastisch, urkomisch, todtraurig und manchmal verwirrend.
Das ITFS würdigte auch in diesem Jahr die Werke junger Filmtalente und Studenten von Film- und Kunsthochschulen weltweit im Wettbewerb Young Animation.
Hier zeigte sich, dass man auch die Werke jüngerer Filmemacher beileibe nicht unterschätzen sollte. Dem Gewinner winkte der Preis von 2.500 €, gestiftet von der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg und der MFG Filmförderung Baden-Württemberg, gewinnen. Die dreiköpfige Jury, die die schwere Entscheidung zu fällen hatte, war dabei international besetzt. Die Jury bestand aus Solomon Maramba aus Ghana und Annegret Richter aus Deutschland. Das letzte Mitglied war Atsushi Wada aus Japan, der selbst mit einem Film im Hauptwettbewerb an den Start gegangen war.
Es fällt schwer, unter den zahlreichen Bewerbern den einen auszumachen, der als Sieger dient. Jede erdenkliche Form des Animationsfilms war vertreten, vom simplen Zeichtrick, über Puppenanimation bis hin zu technisch beeindruckenden 3D-Computer-Animationsfilmen. Und auch die Genres waren weit gefächert. So gab es humorvolle Filme, beispielsweise der französische Film A la Francaise, in dem Hühner die Rollen der Aristokraten am Hofe Versailles einahmen. Oder der israelische Film Happily Ever After, ein 3D-Animationsfilm, der die Panik eines jungen Mannes vor einem Leben mit seiner Partnerin bebildert oder der Silhouettenanimationsfilm á la Lotte Reiniger Night of the Loving Dead, eine britische Horrorkomödie um liebestolle Zombies.
Andere Filme wussten zu unterhalten, regten dabei aber auch verstärkt zum Nachdenken an. Etwa One Day, ein französischer Film. Es geht um ein Haus, das nachts um die Welt wandert und seinen Bewohner nicht zur Ruhe kommen lässt. Oder auch die russische Produktion My Strange Grandfather, eine Geschichte von der Beziehung eines jungen Mädchens mit ihrem bizarren, aber kreativen Großvater. Außerdem gab es Dokumentationen wie etwa den deutschen Film Abdullah von Jakob Besuch, in dem der titelgebende Abdullah von seiner Jugend im Drogenmilieu berichtet.
Zuletzt gab es natürlich noch all jene Werke, die so manchem Zuschauer eher bizarr vorkommen würden, weil sie künstlerischen Anspruch über Verständlichkeit stellten.
Die Jury entschied sich schließlich dafür, einen solchen, mehr der Kunst wegen geschaffenen Film auzuzeichnen: Eine Murul (Breakfast on the Grass) von 2011. Es ist eine Gemeinschaftsproduktion von Erik Alunurm, Mari Pakkas, Mari Liis Rebane und Mihkel Reha aus Estland. Der Puppentrickfilm handelt von betrunkenen Gestalten, die zu den Klängen von Ravels Boléro durch einen Park wanken und in der letzten Einstellung Édouard Manets Gemälde Le Dejéjeuner sur l’herbe von 1863 bilden. Für manch einen, der die Filme miterlebte, mag diese Entscheidung nicht vollständig einleuchtend sein. Am besten man liest sich die erhellende Begründung der Jury durch:
Die Menschen bewegen sich komisch und wackeln, fallen um, stehen wieder auf und fallen wieder. Unvorhersehbare Bewegungen der Körper und eine irritierende Kameraperspektive fordern das Publikum heraus. Aber er Film hält sich an keine Regeln, sondern folgt in seiner seiner künstlerischen Gestaltung, der Animation, der Puppen und der Musik einem ungeschliffen und wenig perfekt Konzept. Vielen Dank für diese großartige Hommage an Priit Pärn und Èdouard Manet.
Fotos: Internationales Trickfilm Festival Stuttgart
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