Eine Woche Zeichentrick – das ITFS geht zu Ende
von Marius Lang
Wieder einmal ist das Gloria voll besetzt. Wer keinen Sitzplatz mehr bekommen hat, steht auf dem Gang des Kinosaals. Es ist an der Zeit, das ITFS ausklingen zu lassen und die diesjährigen Preisträger zu würdigen. Der Festakt beginnt mit einer Clipshow, bestehend aus den Highlights des diesjährigen Festivals. Und davon gibt es eine ganze Menge. Kein Wunder, waren doch die letzten sechs Tage vollgepackt mit interessanten Veranstaltungen rund um den Animationsfilm. Gezeigt wurden Ausschnitte aus der Vergabe des Animationssprecherpreises (Sieger: Ralf Schmitz), Eindrücke von der Game Zone mit Besuch von Nils Bomhoff (Rocket Beans TV und ehemals MTV GameOne) oder einer Show mit Simpsons-Macher David Silverman und Schwabenkomiker Dominik „Dodokay“ Kuhn („Die Welt auf Schwäbisch“), ein Opern-Flashmob, Bilder vom Open-Air-Kino auf dem Schlossplatz und viele weiter Highlights die in diesem Jahr das ITFS wieder einmal unvergesslich gemacht haben. Ja, jeder einzelne Tag hatte seine besonderen Höhepunkte, kein Wunder, bei etwa 200 einzelnen Veranstaltungen rund um ein einziges Thema: Trickfilme.
Laola für Team und Partner
Dies schlug sich auch in den Besucherzahlen nieder. Rund 80.000 Trickfilmfans pilgerten dieses Jahr nach Stuttgart, trotz widriger Umstände. Den Streik habe man gespürt, meinen die ITFS-Geschäftsführer Dittmar Lumpp und Ulrich Wegenast. Da fragt man sich, wie viele Besucher gekommen wären, hätte die Bahn nicht gestreikt.
„Ich kann schon sagen, dass wir sehr zufrieden sind“ fasst Ulrich Wegenast seine Eindrücke von 6 Tagen ITFS zusammen. „Wir hatten ein tolles Festival, ein intern harmonisches Festival“ setzt Dittmar Lumpp fort. Klar, dass dies nicht ohne die rund 80 Kooperationspartner und das engagierte Festivalteam möglich gewesen wäre. Bei der Abschlussveranstaltung wird das gesamte Team auf die Bühne geholt und sowohl das Team als auch die Partner des ITFS werden vom Publikum mit je einer Laola-Welle verabschiedet.
Preise in Massen
Dann ging es schon an die Vergabe der Preise. Einige davon waren bereits im Vorfeld vergeben worden, darunter der oben erwähnte Animationssprecherpreis oder die bereits am Freitag in einer eigenen großen Veranstaltung vergebenen Animated Com Awards, die Preise für angewandte Animation in den Bereichen Werbung, Technologie und Kommunikation. Der Hauptpreis ging hierbei an „League of Legends: Warriors“ unter der Regie von Arnaud & Jérôme. Doch es gab noch immer mehr als genug Preise, oder Trickstars, wie die Preise des ITFS genannt werden, zu verleihen.
Den Auftakt des Preisregens machte hierbei der Tricks for Kids-Award für den besten animierten Kurzfilm für Kinder. Die Jury für diesen Preis bestand aus einer bunten Truppe Zehnjähriger, die zur Vergabe allesamt auf die Bühne kamen. Der Preis ging an Neige/Snow aus Frankreich. Da die Regisseure des Films nicht anwesend sein konnten, schickten sie ihre Danksagung per Videobotschaft ins Gloria.
Schnell, Schnell
Doch es blieb wenig Zeit zum Verweilen. Der Zeitplan für diese letzte Veranstaltung war eng gestrickt, wie so oft bei solchen Preisverleihungen. Verständlicherweise konnten so auch nicht alle ausgezeichneten Filme in voller Länge gezeigt werden. Doch immerhin werden immer wieder Ausschnitte aus den Filmen gezeigt, vereinzelte Filme schaffen wegen ihrer kurzen Laufzeit sogar den Sprung, in voller Länge gezeigt zu werden.
Dies galt freilich nicht für Resan Till Fjaederkungens Rike/Beyond Beyond, eine schwedisch-dänische Koproduktion und der Gewinner des Preises in der Kategorie Animovie für den besten animierten Langfilm. Auch hier war der Regisseur des Films nicht zugegen, doch seine Produzentin nahm den Preis entgegen.
Wie wir bereits berichtet haben, ging der Preis in der Kategorie Young Animation für den besten Studentenfilm an My Milk Cup Cow aus Japan. Die junge Regisseurin Yantong Zhu von der Tokyo University of the Arts ist bereits ein bekannteres, junges Gesicht beim ITFS. Bereits im Vorjahr war sie zu Gast beim Festival und als Teilnehmerin des 48-Stunden-Jams, bei dem in nur 48 Stunden ein neuer, vollständiger Animationsfilm entstehen soll, dabei. In ihrem Film geht es um ein kleines Mädchen, deren Vater ihr versichert, dass am Grunde ihres Milchbechers eine Kuh lebt. Als Gewinnerin zeigt sie sich überrascht und schüchtern und bedankt sich bei ihrem eigenen Vater.
Wie jedes Jahr vergibt auch das Publikum einen Preis. Der vom SWR gestiftete Publikumspreis ging in diesem Jahr an One of a Kind von Rok Predin aus Großbritannien. Der Film erzählt in netter 3D-Animation die Geschichte des Lebens, des Menschen und des Universums, flott und humorvoll. Der Film hat seine Auszeichnung verdient. Erst zum zweiten Mal wird dagegen der von Tele 5 gestiftete Leider-Geil-Award vergeben. „Dieser Preis soll Filme auszeichnen, die einfach anders sind“, sagt Christoph Wegenast, Stellvertretender Geschäftsführer von Tele 5 und Bruder von ITFS-Geschäftsführer Ulrich Wegenast. Der Gewinner des Preises war in diesem Jahr Light Motif aus Frankreich von Frederic Bonpapa. Der Film ist ein wunderbar animiertes Kunstwerk voller Farben, Musik und einem Äffchen. Ohne Äffchen, aber trotzdem kein bisschen schlechter, der Gewinner des Lotte-Reiniger-Förderpreises für den besten Abschlussfilm: The Bigger Picture von Daisy Jacobs aus Großbritannien. Der Film ist ein wunderbarer Mix aus verschiedensten Animationstechniken und erzählt die tragikomische Geschichte von zwei ungleichen Brüdern und ihrer pflegebedürftigen Mutter.
Ein Blick in die Zukunft
Der letzte Preis des Abends war freilich der Grand Prix für den Besten Animationsfilm des internationalen Wettbewerbs. Überreicht wurde der Preis von Brigitte Lösch, Vizepräsidentin des Baden-Württembergischen Landtags, und von Susanne Eisenmann, Stuttgarter Bürgermeisterin für Kultur, Bildung und Sport. Die beiden hoben zuvor noch die Bedeutung des ITFS für Stuttgart und das Land hervor. Der große Gewinner des Abends kam dann schließlich aus Frankreich: Le sense du Toucher/The Sense of Touch von Jean-Charles Mbotti Malolo. Der Preisträger kam auch etwas zerstreut daher und gibt zu, dass er völlig vergessen hatte, dass sein Film im internationalen Wettbewerb läuft und auch vergessen hatte, das Formular für seine Einladung auszufüllen. Dennoch, er hat es geschafft zu kommen. Sein Film ist eine schön gezeichnete Liebesgeschichte ohne Worte, dafür mit Zeichensprache und Choreographien.
Zum Abschluss gab es nur noch eines zu tun: Den Festivaltrailer für das 23. ITFS im Jahr 2016 zu sehen. Ein Ereignis bei dem dann auch media-bubble.de wieder zu Gast sein wird.
Fotos: Internationales Trickfilm-Festival Stuttgart