Die Gewinner des „Internationalen Wettbewerbs“

von Andrea Kroner

Eine andere Seite der DDR, die man so normalerweise nicht sieht. Ein langweiliger Schultag. Rhythmusgefühl mit schrägen Formen. Die Angst, etwas vergessen zu haben. So lassen sich die Gewinnerfilme des ITFS in Kurzform beschreiben, doch was macht sie zum Besten, das die Animationsbranche zu bieten hat?

Grausame Realität – Kaputt

Es ist sehr schwierig, eine Dokumentation in einem Animationsfilm zu verarbeiten. Doch genau das ist hier gelungen. „Kaputt“ erzählt vom Alltag im berüchtigten Frauengefängnis „Burg Hoheneck“ der DDR. Die Zellen waren vollkommen überbelegt und es lastete ein enormer Leistungsdruck auf den Gefangenen. Sie mussten Bettwäsche für westliche Konzerne in Rekordzeit produzieren und wurden dabei gegeneinander aufgestachelt. Dadurch erzielten alle hohe Gewinne, außer den Gefangenen.

Das Besondere ist, dass zwei Gefangene über ihre Erlebnisse sprechen und ihre Schilderungen im Film illustriert werden. Die Bilder sind äußerst abstrakt und einfach gehalten und zeigen deutlich die Monotonie und Einfachheit des Alltags. Alles sieht sich ähnlich und es werden kaum Farben verwendet. Dadurch wird eine starke Atmosphäre erzeugt, die den Zuschauer direkt in den Film hineinzieht. Die Jury findet es wichtig, diesen Teil der Geschichte in Erinnerung zu behalten und hat den Film deshalb mit dem „Grand Prix“ und 15.000€ Preisgeld ausgezeichnet.

Schulalltag extrem – Afternoon Class

Das Dasein eines Schülers ist nicht immer leicht. Ständig muss man aufpassen und so viel lernen. Das fällt nicht immer leicht und vor allem nachmittags lässt die Konzentration erheblich nach. Da ist die Versuchung manchmal ziemlich groß, einfach einzuschlafen. Schnarchende Nachbarn machen es dem Protagonisten nicht gerade einfacher. Und als sein Kopf auch noch so schwer wie eine Bowlingkugel oder gar ein Amboss wird, kann er der Versuchung immer schwieriger widerstehen und gibt am Ende nach. Jetzt kann sich auch der Lehrer ein Nickerchen gönnen, da sowieso niemand mehr wach ist.

Dieser Film dauert nur knapp vier Minuten, doch diese Zeit wird optimal genutzt. Das Timing stimmt perfekt und auch die Pointen stehen an den passenden Stellen. Dafür verleiht ihm die Jury den „Lotte Reininger Förderpreis für Animation“, mit 10.000€ dotiert, und erhofft sich viel für die Zukunft des Regisseurs.

Bewegung wird zu Musik – Rhizome

Am Anfang stand ein Ton von vielen kleinen Kugeln, die aneinander stießen. Doch daraus entwickelte sich immer mehr. Die Töne und auch die Formen wurden immer differenzierter und ausgefallener, bis daraus am Ende ein regelrechter Strom wurde, der alles zusammenbrachte. Die Formen verschmolzen zu einem großen Ganzen und es entstand ein richtiges Lied. Dahinter steht eine wesentlich größere Aussage: Alles im gesamten Universum hängt irgendwie zusammen und bildet dadurch eine große Einheit. Dadurch kann selbst aus den kleinsten Dingen etwas Großartiges entstehen. Leider wird der Film durch mangelnde Variation in Bild und Ton auf Dauer etwas langweilig. Für die einfallsreiche Idee erhielt das französische Studio eine besondere Aufmerksamkeit durch die „Jury Special Mention“ beim ITFS.

Was wäre wenn – Paniek!

Bestimmt jeder hat sich auf dem Weg schon einmal gefragt, ob der Ofen wirklich ausgeschaltet oder das Bügeleisen ausgesteckt ist. Wenn diese Gedanken sich jedoch verbinden, kann daraus ein wahres Schreckensszenario werden – Kopfkino vom Feinsten auf der Leinwand.

Die Geschichte beginnt vollkommen harmlos und unspektakulär: Eine Frau packt ihr Auto für einen Urlaub und fährt los. Doch nach und nach fallen ihr immer mehr Dinge ein, die sie vergessen haben könnte. Und gemeinsam ergeben diese Vorkommnisse das absolute Chaos, das in der Explosion des ganzen Hauses endet – zumindest in der Vorstellung der Protagonistin. Denn, als sie in heller Panik wieder zuhause ankommt, ist alles beim Alten. Doch in ihrer Eile hat sie die Handbremse vergessen und ihr Auto löst eine Verkettung von Unfällen aus. Diese lustige Produktion, in die man sich unglaublich gut hineinversetzen kann, hat den Zuschauern so gut gefallen, dass er mit dem „SWR-Publikumspreis“ und 6.000€ Preisgeld ausgezeichnet wurde.

Etwas ganz besonderes

Jeder der Filme zeigt eine ganz besondere Seite des Animationsfilms und ist auf seine eigene Art großartig. Doch die Sieger sind nur ein paar von vielen, interessanten Ideen und Herangehensweisen. So war jeder ein Sieger, der die schöne Filmvielfalt des ITFS sehen und genießen durfte.

 

Foto: ITFS