Daily Soaps – „Wenn man verliebt ist, ist man immer 14!“

von Ricarda Dietrich

„Wenn man verliebt ist, ist man immer 14!“

                                            (Rufus Sturm, Unter Uns)

„Unter Uns“, „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“, „Alles was zählt“, „Sturm der Liebe“, „Berlin Tag und Nacht“, „Rote Rosen“, „Julia, Wege zum Glück“ und die Liste könnte lange weiter geführt werden. Hinter all diesen Namen verbergen sich: Daily Soaps oder Telenovelas.

Unendlichkeit vs. festgelegtes Happy End

Daily Soaps zeichnen sich dadurch aus, dass sie jeden Tag ausgestrahlt werden („daily“) und mehrere Handlungsstränge gleichzeitig verfolgen. Häufig laufen so genannte Drei-Strang-Soaps mit drei gleichberechtigten Handlungssträngen, die sich parallel abspielen. Hier unterscheidet sich die Telenovela von der Soap: Telenovelas haben eine Haupthandlung, mit der alle anderen Nebenhandlungen verknüpft sind. Hier wird ein Multiplot möglich, eine Erzählung mit vielen Nebenschauplätzen, die aber durch ihre Verbindung zur Haupthandlung übersichtlich bleiben. Ein weiterer Unterschied zwischen den beiden Serien-Formaten ist, dass Soaps auf Unendlichkeit ausgelegt sind. Sie sind so konzipiert, dass sie unbegrenzt weiterlaufen können, solange die Quoten stimmen. Telenovelas wiederum zielen von Beginn an auf ein Happy End ab, das nach einigen Monaten Laufzeit erreicht wird. Gemeinsam ist der Soap und der Telenovela, dass jede Folge mit einem Cliffhanger endet, damit die Zuschauerschaft auch am nächsten Tag wieder gespannt den Fernseher einschaltet.

Der Name der „Seifenopern“ stammt daher, dass die ersten Soaps tagsüber im Radio ausgestrahlt wurden. Der Tageszeit zufolge war die Zielgruppe in erster Linie die der Hausfrauen. Die Werbeblöcke während der Soaps wurden zielgruppengerecht von Werbung für Waschmittel dominiert und teilweise wurden sogar die ganzen Soaps von Waschmittelherstellern produziert. Obwohl sich das Publikum wandelte, blieb der Name.

Seit 21 Jahren in der Schillerallee

Aber wer gehört zu dieser Zuschauerschaft? Fragt man ein bisschen rum, dann gibt kaum jemand freiwillig zu, Soaps gerne und täglich zu schauen. „Früher, als Teenager habe ich jeden Tag „Alles was zählt“ geschaut“ bekommt man schon mal als Antwort. Aber das war dann ja aus sozialen Gründen, man wollte am nächsten Tag in der Schule mitreden können. Doch obwohl es offenbar ein belächeltes und verleugnetes Format zu sein scheint, erfreuen sich die Soaps im Fernsehen, wohlgemerkt sowohl auf den öffentlichen als auch auf den privaten Sendern, größter Beliebtheit. Ein bisschen wie bei der BILD-Zeitung. Keiner liest sie und doch ist sie eine der meistgelesen Tageszeitungen Deutschlands.

Aber zurück zu den Serien. Schauen wir einmal auf „Unter Uns“ als Beispiel. Von dieser Soap um die Familie Weigel aus Köln liefen in den letzten 21 Jahren immerhin schon über 5200 Folgen, die Facebook-Seite der Soap hat mehr als 411.000 Likes und es gibt einmal im Jahr ein Fan-Treffen in der Originalkulisse mit dem Cast. Woher kommt der Erfolg des Formats? Wieso hat eine Sendung wie „Unter Uns“ so viele Fans, wenn es doch fast niemand einfach so zugeben will, dass er sie schaut? Sind Soaps so etwas wie ein „Guilty Pleasure“, etwas was wir heimlich konsumieren, aber nicht gerne zugeben, wie abhängig wir davon sind?

Gewohnheit, Identifikation und Eskapismus

In den verschiedensten Foren liest man unterschiedliche Gründe, warum die Fans Soaps anschauen. Manch einer hat irgendwann einmal angefangen und kann gar nicht mehr ohne. Man ist so an die Handlung gefesselt, dass man unbedingt wissen muss, wie es weiter geht. Andere sehen in den Soaps ein Stück Heimat, einen Teil ihres Alltags. Hier kommt ein wichtiger Punkt zur Sprache: Zuschauer, die wirklich jeden Tag zur selben Uhrzeit vor dem Fernseher sitzen und schauen, was in der Schillerallee 10 heute passiert, tun dies häufig schlicht aus Gewohnheit. Soaps sind inhaltlich nicht sonderlich anspruchsvoll und können gut auch der Entspannung nach der Arbeit dienen, sie lassen sich somit wunderbar in den Tagesablauf einbauen.

Andere User geben in Foren auch zu, sich mit der Handlung und den Charakteren gut identifizieren zu können. Die Geschichten seien so aufgebaut, wie sie teilweise auch im echten Leben passieren können und in manchen Situationen findet man sich als Zuschauer selbst wieder. Grade für Jugendliche haben Soaps daher einen hohen Identifikationscharakter.

Und auch für Soaps gilt, was für Serien und Filme genauso wahr ist: Die Menschen leben gerne in einer Traumwelt, sie fliehen aus ihrer eigenen Realität in das Leben anderer und sei es nur für ein paar Stunden. Soaps und Serien eignen sich dafür besonders gut, da sie das Leben der Charaktere durch die längere Zeitspanne noch ausführlicher darstellen können als Filme dies tun.

Allerdings liest man natürlich auch Beiträge, die zugeben, Soaps hauptsächlich zu schauen, um sich über die schlechte Schauspielleistung und die flache und vorhersehbare Handlung lustig machen zu können. Ob das aber wirklich der einzige Grund ist, warum sie jeden Tag vor dem Fernseher sitzen oder ob sich auch dabei nicht irgendwann eine gewisse Abhängigkeit und Neugier etabliert, können wohl nur die Betroffenen selber beantworten.

Nur 13-jährige Teenager?

Neben der flachen Handlung und den schlechten Schauspielern herrscht außerdem das Vorurteil, dass Soaps hauptsächlich von Mädchen im Teenager-Alter geschaut werden. Diese Gruppe mag auch durchaus einen großen Teil der Zuschauerschaft ausmachen, liest man allerdings mal ein bisschen auf der Facebook-Seite von „Unter Uns“, so fällt auf, dass viele Posts von Männern stammen, die ihrem Profilbild nach zu urteilen so etwa um die 40 sind. Telenovelas in der ARD hingegen scheinen vornehmlich von älteren Menschen rezipiert zu werden. Es lässt sich also keine homogene Zuschauermasse für Daily Soaps festmachen. Auch die Möglichkeit, die Folgen im Internet zu jeder Uhrzeit nachschauen zu können, erweitert die Zielgruppe, da somit auch Berufstätige oder Menschen, die nicht um 17.30 Uhr vor dem Fernseher sitzen können, die Möglichkeit haben, die Soaps zu rezipieren.

Und ob man es nun glaubt oder nicht – es gibt sogar eine Award-Verleihung in der Soap-Welt. Seit 2011 werden die „German Soap Awards“ verliehen und zwar auf der Grundlage von Zuschauerabstimmungen im Internet. Da kommt ja fast schon ein bisschen Oscar-Stimmung auf….

Foto: flickr.com/Dosionair (CC BY 2.0)